Zentralamerika: Nierenkrankheit bringt Tausende von ZuckerarbeiterInnen um

Dienstag, 13. Dezember 2011

Die reichen Nationen interessierter an Biotreibstoffen als an Lösungen

aus: La Nación (Costa Rica) (Epidemia de mal renal mata a miles de jornaleros de la caña en el Istmo)

(La Isla, Nicaragua, 12.12.11) Maudiel Martínez ist 19 und lächelt schüchtern. Ihr schwarzes Haar ist verknäuelt, ihr Körper nach Jahren der Arbeit in den Zuckerfeldern mager und muskulös. Die meiste Zeit ihrer Adoleszenz war sie gesund und stark und schnitt die Cañna (Zuckerrohr) mit ihrer Machete. Jetzt leidet Martínez an einer Krankheit, die ihre Gemeinschaft (ebenso wie Dutzende anderer in Zentralamerika) zerstört und die Reihen der ErntearbeiterInnen dezimiert. Die Krankheit tötete ihren Vater und ihren Grossvater, drei ältere Brüder leiden daran. “Diese Krankheit frisst unsere Nieren von innen auf. Wir wollen nicht sterben und moralisch geht e suns schlecht, da wir wissen, dass es für uns keine Hoffnung gibt”, erklärte die Frau.

Die Krankheit von Martínez ist der neuralgische Punkt eines tödlichen Geheimnis und die Hinterlassenschaft von Vernachlässigung durch die Indstrie und die Regierungen, einschliesslich jener der USA, die sich gegen Petitionen sperren, das Uebel agressiv zu bekämpfen und eine Lösung zu finden. Die reichen Nationen priorisieren die Produktion von Biotreibstoffen und grosse Zuckerexporte an die US-KonsumentInnen vor der Beachtung der schwierigen Situation der ErntearbeiterInnen.
Taglöhner im Zuckerrohr

Die in anderen Weltgegenden kaum wahr genommene chronische Niereninsuffizienz (spanisches Kürzel: IRC) beschäftigt dagegen eine der ärmsten Bevölkerungen der Welt entlang der zentralemrikanischen Pazifikküste von 1120 km in sechs Ländern. Ihre Opfer sind FeldarbeiterInnen, die mehrheitlich in der Caña arbeiten.

Nach den jüngsten Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO, welche das International Consortium of Investigative Journalists erlangt hatte,  starben von 2005 bis 2009 2800 Männer in Zentralamerika an Nierenversagen. Allein in El Salvador und Nicaragua hat sich die Zahl der Männer, die einem Nierenversaagen erlagen, in den letzten beiden Jahrzehnten verfünffacht. Heute sterben mehr Männer daran als an AIDS, Diabetes und Leukämie zusammen.

“Im 21. Jahrhundert sollte niemand mehr an einer Nierenkrankheit sterben”, urteilt der salvadorianische Arzt Ramón Trabanino, der die Krankheit während 10 Jahren studiert hat. Das Phänomen belastet die Spitäler, erschöpft die Budgets für Gesundheitsversorgung und hinterlässt eine Spur von Witwen und Waisen in ländlichen Gemeinschaften. In El Salvador stellt die IRC die zweitgrösste Todesursache für  Männer dar. In Guanacaste (Costa Rica) musste das Spital von Liberia ein Dialyseprogramm an einem geeigneten Ort einrichten, da es derart von IRC-Patienten überlaufen war, dass es an Betten für andere PatientInnen zu mangeln began.

Das Sterben von Männern überzieht einige ländliche Gemeinden von Nicaragua. Die Comunidad von Maudiel Martínez, La Isla (Die Insel), wird heute La Isla de las Viudas (Die Insel der Witwen) genannt.

Ein Rätsel. In den USA sind Diabetes und Bluthochdruck die Hauptgründe für die IRC, aber die Krankheit, die einen voranschreitenden Verlust der Nierenfunktion verursacht, kann im Allgemeinen kontrolliert warden. Die AerztInnen verstehen ihre Ursachen und Behandlungsmöglichkeiten. Aber in Zentralamerika liegen die Ursachen für die Krankheit im Dunkeln und sie verursacht eine höhere Sterblichkeit. Im Allgemeinen haben die Arbeiter in den Zuckerrohrfeldern in der Pazifikregion weder Zucker noch Bluthochdruck.

Einge WissenschaftlerInnen vermuten, dass das Ausgesetztsein an ein unbekanntes Gift während der Arbeit die Krankheit auslösen kann. Die ForscherInnen vermuten, dass die Dehydration und die Anspannung mutmassliche Hilfsfaktoren sind oder gar die Krankheit verursachen könnten. Die Erntearbeiter werden normalerweise nicht für die Stunde oder den Tag entlöhnt, sondern für das Volumen ihrer Ernte. Deshalb arbeiten sie oft bis zum Punkt schwerer Dehydation oder des Kollapses, und schädigen so möglicherweise jedes Mal ihre Nieren.