(zas, 2.3.15) Zu den
Wahlen momentan nur soviel: wenig, sehr wenig ist klar. Es gibt tonnenweise
Gerüchte, kaum gesicherte Daten – weder vom Wahlgericht Tse noch vom FMLN.
San Miguel hat der
Frente-Kandidat gewonnen, gegen den „ewigen“ Bürgermeister und
Todesschwadronist. Will Salgado, der seine Niederlage zugegeben hat. Santa Tecla, an San Salvador anschliessende
Departmentshauptstadt von La Libertad, seit 1997 vom FMLN regiert, hat ARENA
gewonnen, Bürgermeister ist neu der Sohn des Parteigründers und Massenmörders D’Aubuisson.
Diese Niederlage ist keine Überraschung. Dass wir aber Santa Ana und die
meisten Gemeindden in diesem Departement verloren haben, schon mehr. Der
nicht-wiedergewählte Bürgermeister von Sta. Ana, Peñate, erklärte die
Niederlage heute mit einer geringen Wahlbeteiligung, Resultat von Angst und
Verwirrung. Angst vor den Maras, Verwirrung u.a. wegen vielen Unklarheiten über
die neuen Stimmabgabemodalitäten.
Zu San Salvador und den
umliegenden Gemeinden gibt es eigentlich keine gesicherten Angaben. Warum?
Verschiedene Gründe, von denen einige wohl noch im Dunkeln liegen.
Noch heute Vormittag gab
es in San Salvador und wohl auch anderswo Wahltische, an denen die Auszählung
nicht abgeschlossen war. Manche
Wahlzentren hatten diese Arbeit erst heute früh erledigt. Zentraler Faktor: die
von der Verfassungskammer des Obersten Gerichts noch während der offiziellen
Wahlkampfperiode verfügte Modalität der „gekreuzten Stimme“ (die Möglichkeit,
KandidatInnen verschiedener Parteien zu wählen) und ihrer Gewichtung. Wir
hatten gestern drei Wahlgänge: Parlament, zentralamerikanischen Parlament
Parlacen und Gemeinden. Um 17h wurden die Wahllokale geschlossen und mit der
Auszählung begonnen, nach Gesetzt als erster jene des Parlacen. Es gab hier wie
beim Parlament 5 Wahlmöglichkeiten: eine Stimme für die jeweilige Partei, oder
für die Partei und einige ihrer KandidatInnen, nur für einige ihrer
KandidatInnen, für die gekreuzte Modalität und schliesslich für die
parteiunabhängige Kandidatur (davon gab es im
Departement San Salvador und ich glaub landesweit genau eine!).Die Auszählung und ordentliche Aktenerfassung der verschiedenen abgegebenen Stimmen (und ihrer Modalitäten) für die insgesamt zehn antretenden Parteien (und Koalitionen) in San Salvador war derart kompliziert, dass sie im grössten Wahlzentrum des Landes im Schnitt zwischen Mitternacht und zwei Uhr zu Ende ging. Darauf folgte die ebenso umständliche Prozedur für das Parlament und erst am Schluss die Auszählung der Gemeindewahlen, die traditionell und einfach war: Hier wurde nur die bandera, das Parteiemblem angekreuzt. Nun muss man wissen, dass die Leute an den Wahltischen etwa ab 4h früh in der brütenden Hitze im Einsatz waren, praktisch ununterbrochen. Resultat: enorme Müdigkeit, die allenfalls von BetrügerInnen für Tricks gebraucht werden konnte, bis auch sie einfach zu müde waren, um dafür noch viel Energie aufzubringen. Dafür mutmasslich tausend kleine Fehler. Zur Abrundung: An praktisch allen Wahltischen gab es lange Diskussionen, meist ehrlich geführt, über das Was? Und Wie? des nächsten Schritts der Auszählung, an der sich Abgeordnete der Wahlbehörden, der Wahlstaatsanwaltschaft oder auch inter/nationale WahlbeobachterInnen mit ihren Mutmassungen beteiligten.
Departement San Salvador und ich glaub landesweit genau eine!).Die Auszählung und ordentliche Aktenerfassung der verschiedenen abgegebenen Stimmen (und ihrer Modalitäten) für die insgesamt zehn antretenden Parteien (und Koalitionen) in San Salvador war derart kompliziert, dass sie im grössten Wahlzentrum des Landes im Schnitt zwischen Mitternacht und zwei Uhr zu Ende ging. Darauf folgte die ebenso umständliche Prozedur für das Parlament und erst am Schluss die Auszählung der Gemeindewahlen, die traditionell und einfach war: Hier wurde nur die bandera, das Parteiemblem angekreuzt. Nun muss man wissen, dass die Leute an den Wahltischen etwa ab 4h früh in der brütenden Hitze im Einsatz waren, praktisch ununterbrochen. Resultat: enorme Müdigkeit, die allenfalls von BetrügerInnen für Tricks gebraucht werden konnte, bis auch sie einfach zu müde waren, um dafür noch viel Energie aufzubringen. Dafür mutmasslich tausend kleine Fehler. Zur Abrundung: An praktisch allen Wahltischen gab es lange Diskussionen, meist ehrlich geführt, über das Was? Und Wie? des nächsten Schritts der Auszählung, an der sich Abgeordnete der Wahlbehörden, der Wahlstaatsanwaltschaft oder auch inter/nationale WahlbeobachterInnen mit ihren Mutmassungen beteiligten.
Als zweites gab und gibt
es bei der Erfassung der eingescannten und übermittelten Daten der Wahlakten Abstürze.
Ob dies an technischem Versagen oder Sabotage liegt, wird sich hoffentlich
zeigen. Aus Kostengründen – dank auch verschiedener Erlasse der
Verfassungskammer ist das Budget der Zentralregierung extrem knapp – hatte das
Wahlgericht TSE beschlossen, die Übermittlung und Erfassung nicht mehr an teure
Multis zu vergeben, sondern in Eigenregie zu übernehmen samt der Indienstnahme
des Service von 20 salvadorianischen Unternehmens für spezifische Bereiche. Das hat nicht geklappt. Gegen Mittag
verkündete das TSE, der Fehler sei gefunden und das fehlbare Unternehmen durch
ein anderes ersetzt worden. Allein, das Problem bleibt bestehen. Bis jetzt ist
auf der Resultatehomepage (elecciones2015.tse.gob.sv) nichts Vernünftiges zu
finden.
Tatsache ist, dass auch
die sonst (auch im Fall von Niederlagen)zuverlässige interne FMLN-Auszählung nicht
vom Fleck gekommen ist. So dass seriöse Angaben über einen beschränkten Kreis
von Gemeinden hinaus noch nicht möglich sind. Natürlich benutzt dies die
Rechte, um auf Siegesstimmung zu machen. So gibt ARENA an, in der Hauptstadt knapp
in Führung zu liegen. Eine Aussage, die stimmen kann oder auch nicht.
Als Letztes noch dies: Es
heisst, landesweit sei die Stimmbeteiligung tief gelegen. Ob dies stimmt, weiss
ich aus den angeführten Gründen nicht. Falls ja, hätte hier zweifellos die
breite Verunsicherungskampagne der Rechten Früchte getragen. Angst vor Mara-Gewalt
am Wahltag (in der Hauptstadt sind offenbar Comunidades von den Maras zur Stimmabgabe
für die Rechte „angehalten“ worden), aber vor allem auch Unsicherheit bezüglich
der Stimmabgabemodalitäten und der Seriosität des TSE. Noch wenige Tage vor dem
Wahltermin sah sich die dem Kapital und insbesondere der US-Botschaft
verpflichtete Verfassungskammer des Obersten Gerichts zu einer in juristischem
Kauderwelsch verfassten „Resolution“ zum Wahlprozess bemüssigt, die inhaltlich
eigentlich nichts Neues gebracht, aber Anlass für die wildesten, über social
media und traditionelle Medien verbreiteten, absurden Spekulationen gegeben hat.
Gleichzeitig stellten die grossen Medien im Dienste von ARENA das TSE als
Haufen der Inkompetenz und des Wahlbetrugs dar (das TSE ist nicht mehr unter
alleiniger Kontrolle der Rechten). Mit der Botschaft ans gemeine, nicht direkt
kontrollierte Volk: Wofür auch wählen gehen? Mir ist interessanterweise in
diesen Tagen aufgefallen, dass ich noch nie derart oft hintereinander Leute
sagen hörte, „die Politiker“ seien sowieso alle gleich korrupt etc. Das ist die
unabdingbare Kehrseite eines Diskurses einer „Zivilgesellschaft“, die sich
weder links noch rechts, sondern in der Aufgeklärtheit (und den Finanzströmen
der westlichen Botschaften und NGOs) verortet weiss. Das alte „Argument“ der
Rechten, wenn die Leute nicht mehr freiwillig bei ihr mit marschieren: Die Linken
sind auch nicht besser.
Das bisher Gesagte heisst nicht, dass der FMLN
gestern nicht relevante Erfolge erzielt hat. Wir wissen es einfach noch nicht.
Vielleicht in ein paar Stunden. Doch irgendwann werde ich schlafen und
hoffentlich nicht der beginnenden grassierenden Erschöpfungskrankheit zum Opfer
fallen.