Basem Tajeldine*
Gestern war ich an einer Lnychaktion präsent. Ich habe mit
eigenen Augen gesehen, was wir seit langem denunzieren: Die venezolanische
Rechte hat ihr Ziel erreicht, in relevanten Sektoren der venezolanischen
Gesellschaft Hass und Mordlust zu verankern.
Das, was ich sah, war entsetzlich. Ein makabres, die Grenzen
überschreitendes Fest der Nekrophilie. Nachdem der Unglückliche gefangen war,
kamen die Jugendlichen des Stadtteils Lomas de Avila aus ihren Appartements,
die Baseballschläger in der Hand, um ihren Hass und ihr Ressentiment an dem auszulassen,
von dem einige sagen, er habe einen Raub begangen. Niemand überprüfte dies. Der
Arme, schon angeschossen, blutend und geschlagen von den ersten, die zur
Lynchaktion herbeieilten, war danach bewusstlos. Jetzt begann das sadistische Lynchen
mit den Baseballschlägern. Einer nach dem anderen und manchmal mehrere zusammen
schlugen sie ihm auf den Kopf und die Rippen. Schliesslich kam einer der Mörder
und schoss eine Salve auf den Armen ab, der weder Zeit hatte zur Reue noch um
Milde zu bitten. Der Tote war schon richtig tot und doch gingen die Schläge einige
Minuten lang weiter. Niemand wollte die Chance auslassen, seine Wut raus zu
lassen. Viele Nachbarn feierten, pfiffen und schlugen Pfannen zu den Rufen: «Tötet den Dieb! Sicher ein Chavista! Fester
drauf! Er soll sterben!»
Da rief eine empörte Nachbarin laut: «Diesen Wahnsinn kann niemand rechtfertigen.» Doch was nützte ihr
ihre berechtigte Empörung! Ihre Nachbarn beleidigten sie und schrien: «Hau ab, verdammte Chavista! Krepier auch
du!»
Die Frau versteckte sich verängstigt.
Wir erleben schwierige Zeiten kapitalistischer Barbarei. Wie
früher schon und während des 2. Weltkriegs feiern unheilvolle Ideologien
Urständ. Und wie stets ergreifen sie die «Mittelschicht», die ihre Rolle auf
dem Schachbrett spielt. Militärisch ausgebildete Gruppen, die auf Mord sinnen,
haben sich einiger Wohngebiete mit Unterstützung der AnwohnerInnen bemächtigt.
So fing der Paramilitarismus in Kolumbien an. Venezuela hat sich
«kolumbianisiert.» Ich bin traurig und schockiert. Vorallem aber fühle ich mich
so impotent, weil ich nicht habe machen können. Lomas del Avila ist eine von
gefährlichen paramilitärischen Gruppen, unterstützt von wutentbrannten Bürgern,
beherrschte Zone.
·
Resumenlatinoamericano.org,
11.7.17: Venezuela: Un nuevo asesinato fascjista tras bnrutal linchamiento. Der
Autor ist Militanter der sozialistischen Partei PSUV. Lomas del Avila befindet
sich im Osten von Caracas.
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(zas, 13.7.17) Am 8. Juli tweetete
der venezolanische Ombudsmann, Tarek William Saab: «Um 2:07 erhielt ich einen Anruf von @FreddyBernal, dass in der
Siedlung Los Verdes des Stadtteils El Paraíso gelyncht werden soll.» Die
Guardia eilte zum Ort und konnte den Mann retten. Er war nackt an einen Pfosten
angebunden. «Wir stellten fest», so
Saab danach, dass die Täter «völlig
straffrei und am helllichten Tag agierten.» Er legte Fotos vor, die einige
der Täter zeigten, gleich «wie in Fällen
der Meuten im Einkaufszentrum CCCT und in der Mehrzahl der fast 30 gleich
gelagerten Fälle in den Monaten April und Mai. Die Täter bleiben unbehelligt.» (Im
CCCT kam es zwei Mal zu schlimmen Verprügelungen vermeintlicher Chavistas durch
Gruppen, die nach einer nahe gelegenen «Strassenblockade gegen die Diktatur» noch
shoppen wollten. Die «Chavistas»
entpuppten sich beide Male als AnhängerInnen der Opposition, die allerdings
entsetzt waren über das Vorgehen der «Freiheitskämpfer».)
Saab sagte weiter zum «Fall des geschundenen, an einen
Pfosten in El Paraíso gefesselten Herrn», dass die Guardia Nacional Bolivariana
ihn vor «diesen neuen Neonazis» noch
rechtzeitig retten konnte, «die jetzt für
einige zu «Helden» geworden sind. Wer
ihm das Seil um den Hals legt, und seine Komplizen, sind Mörder in spe und
müssen als solche behandelt werden. Diese Art von Neonazismus schreitet in Riesenschritten
in Venezuela voran, ohne dass die Justiz trotz vieler Beweise dieser Barbarei Einhalt
gebieten würde. Und morgen ist es schon sehr spät.»
In den Sozial Media zirkuliert ein Video einer aufgebrachten Bürgerin vom «Ereignis»,
die den Geschundenen als Dieb bezeichnet und meint, dies sei eine Lektion: In
ihrem Wohnbezirk dulde man keine Diebe.
Sabas Kritik an der Justiz bezieht sich hauptsächlich auf
die Generalstaatsanwaltschaft, deren Chefin jetzt als Kader der PutschistInnen
agiert. Gerade heute hat Maduro an einer Versammlung von Opfern der
Gewaltangriffe von 2014 gesagt,
es sei jetzt klar, warum gegen die damaligen Täter bis heute kein
Strafverfahren eingeleitet worden sei.
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Wir könnten von weiteren Mordfällen der letzten drei Tage berichten,
etwa vom Kandidaten für die Konstituante, der vorgestern an einem Meeting
erschossen wurde, oder vom Autofahrer, der ebenfalls gestern oder vorgestern das
tödliche Pech hatte, in eine Barrikadenfalle zu fahren. Doch legen wir den
Asbestanzug an und wenden uns einer dpa-Nachricht zu:
92 Tote in 100 Tagen bei Protesten in Venezuela(dpa) · Bei den Protesten gegen die sozialistische Regierung von Präsident Nicolás Maduro ist in Venezuela erneut eine Person ums Leben gekommen. Ein 16-Jähriger sei bei einer Demonstration in der Region Carabobo erschossen worden, teilte die Generalstaatsanwaltschaft am Montag mit. Damit ist die Zahl der Todesopfer bei den seit 100 Tagen andauernden Protesten auf 92 gestiegen. Die Opposition rief für kommenden Sonntag zu einer Volksabstimmung gegen die von Maduro geplante Wahl zu einer verfassunggebenden Versammlung auf. Die Regierungsgegner lehnen die Wahl als verfassungswidrig ab. Sie werfen dem Staatschef vor, die Versammlung mit seinen Anhängern besetzen zu wollen, um seine Macht weiter zu festigen.
Eine seit Monaten repetierte Art von Meldung: Es wird wohlweislich
nicht direkt formuliert, aber so oft suggeriert, dass es längst schon zum
Allgemeinwissen gehört: Die Regierung ist schuld am Morden. Im Fall des
genannten 16-Jährigen stammt die «Information»
von zwei rechten Abgeordneten. Aus diesen Kreisen sind mehrmals von den «Freiheitskämpfern»
ermordete Unbeteiligte oder Chavistas als von der «Diktatur» ermordete Oppositionelle
hingestellt worden, wogegen dann deren Angehörige protestiert haben. Es kann
natürlich sein, dass es sich im vorliegenden Fall anders verhält. Für uns
entscheidend ist zu kapieren, dass sich die Nachrichtenagenturen und generell
der mainstreamisierte Medientross markant anstrengen müssen, einzig und allein
diese Nachricht mitzuschneiden und in die hiesigen Desinformatiosnkanäle zu speisen.
Einige dieser «kritischen Medienschaffenden» konsultieren wohl prinzipiell
ausschliesslich lokaler Imperiumsmedien, andere werden bewusst lügen.
Wer ein genaueres Bild über die Todesfälle haben will,
konsultiere eine detaillierte
Untersuchung vom 10. Juli in venezuelanalysis.com, mit Erläuterungen zu
jedem einzelnen Todesfall. Zwar ist eine
beträchtliche Anzahl ungeklärt oder umstritten, in den klaren Fällen aber «führt»
die Rechte als Urheberin von Morden. Man stelle sich eine Berichterstattung
vor, die etwas mit dieser komplexen Realität zu tun hätte! Doch regime change muss sein.
aus der Untersuchung von venezuelanalysis.com |
Ein letztes noch: Viele in Venezuela sehen in diesen «Entgleisungen»,
von denen sich die Opposition nie distanziert, natürlich die Miserabilität
dieser Figuren und den allenfalls kommenden Terror im Falle eines rechten Sieges.
Darüber hinaus aber wird in vielen Berichten aus Venezuela betont, diese «Vorfälle»
seien integrierter Teil der Strategie der paramilitärischen Komponenten der «friedlichen
Bürgerrevolution». Angst und Hass sollen die Fundamente eines
gesellschaftlichen Zusammenlebens undenkbar machen. Deswegen komme es kaum je
auch nur zu einer halblauten Distanzierung der rechten Eliten.
Mehrere solcher «Vorfälle» auf Video erinnern an den weissen
Mob auf den Strassen von Santa Cruz 2008 in Bolivien. Er jagte und demütigte
damals Indígenas auf den Strassen der putativen Sezessionshauptstadt. Es war,
als habe die SA wieder marschiert.