Als
Einleitung zu den beiden Texten aus Venezuela unten:
(zas,
17.7.16) Die Medienmaschine fängt gerade zu rollen an. In Venezuela herrscht
heute ein Zahlenkrieg zwischen dem rechten Parteienbündnis MUD (Tisch der
Demokratischen Einheit) Rechten und dem Chavismus über die jeweilige
Beteiligung am rechten „Plebiszit“ und dem chavistischen Übungsdurchgang für
die Wahl der Konstitutante am 30. Juli. Die MUD ventiliert bei angeblich 95 %
der ausgezählten Wahlstimmen eine Beteiligung von fast 7.2 Millionen, die
mutmasslich auf etwas über 7.5 Millionen gehoben werden wird. Damit liesse sich
auf jeden Fall behaupten, sie lägen über der Zahl der Präsidentschaftsstimmen
von Maduro bei den letzten Wahlen. Der für die Konstituantenübung zuständige
Nationale Wahlrat CNE will bis morgen definitive Zahlen vorlegen.
Beide
Seiten üben sich in Triumphalismus. Bei den Rechten sind ihre 7+ Millionen mit
Bestimmtheit gelogen. Dies lässt sich nicht nur aufgrund ihres unbändigen
historischen Drangs zur Wahlmanipulation sagen (zuletzt beim Sammeln für das
Abberufungsreferendum gegen Maduro, bei dem sie „unnötigerweise“ zehntausende
von „Unstimmigkeiten“ und offenen Betrugsmanövern plazierte). Sondern auch
aufgrund des absoluten Mangels an Kontrollmöglichkeiten (nur schon gegen
Mehrfachwählen zählt sie auf das „Gewissen“ der Leute) und der klaren Unmöglichkeit,
in nur zwei Wochen eine solche Abstimmung sauber organisieren zu können. Daran
ändern fünf rechtsradikale ehemalige lateinamerikanische PräsidentInnen sowie fünf
RektorInnen militant antichavistischer Universitäten – die sogenannten „GarantInnen“
– keinen Deut. (Der ehemalige mexikanische Präsident Fox meinte
gestern an einem Meeting im wohlhabenden Osten von Caracas: „Dieser Kampf ist schon gewonnen. Schritt
für Schritt, Stimme für Stimme wird der Diktator gehen“.) Ein wenig
schlauer ist der Chef des rechten Umfrageinstituts Datanális, Luis Vicente
León, der die Plebiszitbeteiligung zwar als „spektakulär“
bezeichnet,
um danach aber anzufügen, ihn interessierten weniger die absoluten Zahlen, als
was „mit den Stimmen, die es gab“,
gemacht werde.
Klar
scheint bisher einzig, dass die von den Rechten zuvor als erwartet ventilierte
Stimmbeteiligung deutlich unterschritten wurde. Nun wird es weniger die MUD
sein, die entscheidet, welche Schlüsse daraus zu ziehen seien, dafür mehr Washington.
Wir werden in den nächsten Tagen sehen, ob sie in die geplante Richtung der
Steigerung der Gewalt bis zum 30. Juli und der Ausrufung einer „Gegenregierung“
etc. gehen, oder ob ein Schwenker in Richtung temporäre Deeskalation angesagt
ist. Doch offizielle Stellungsnahmen aus Spanien und Deutschland weisen schon in
die entgegengesetzte Richtung. Sollte sich die venezolanische Regierung
erfrechen, trotz „Plebiszit“ an ihrem Vorhaben einer Konstituante festzuhalten,
forderte
der spanische Aussenminister Alfonso Dastis von der EU gezielte
Sanktionsmassnahmen. Die Vizesprecherin des deutschen Auswärtigen Amtes, Maria
Adebahr, schlug
in die gleiche Kerbe: „Aus unserer Sicht
hat das Plebiszit klar den Willen des Landes zum Ausdruck gebracht“: Maduro
habe, so die Dame weiter, auf das Vorhaben einer Konstitutante verzichten. Mit
solch internationalem Rückenwind ruft der rechte Parlamentspräsident Julio Borges
schon für heute den Beginn der „Stunde
Null“ aus, „die nichts anderes als
eine ‚Eskalation‘ der Proteste ist, ‚damit die Regierung ‚den Schrei eines
ganzen Landes‘ hört“, wie ihn die rechte Zeitung El Universal zustimmend
zitiert und erläutert.
___
Ein Video der chavistischen Seite. Es ist natürlich kein Beweis für eine umwerfende Beteiligung an der Übung zur Konsituantenwahl. Es vermittelt dafür etwas von einem Geist, den die medialen Giftspritzen schon längst beerdigt glauben. Quelle: Resumen Latinoamericano.
____
Die Resultate vom Sonntag: Reifer Chavismo, medial
aufgeblasene Rechte
Coordinación Nacional de la Corriente
Revolucionaria Bolívar y Zamorra*
16. Juli
2017
Die Rechte
verfügt über eine starke mediale Macht, die com Ausland finanziert und geleitet
wird. Das erlaubt ihr Strickmuster zu kreieren, zu zeigen, dass sie habe, was
sie in Wirklichkeit nicht hat. So beim Plebiszit von diesem Sonntag: eine hohe
Beteiligung, nur wenige Stunden anhielt, nur in den Morgenstunden. Die Strassen
strömten nicht über, wie die Rechten angekündigt hatten, sie stellten nicht
diese Mehrheit, die sie behaupten. So erlebten wir es in den 14 Depaqrtementen,
in denen wir präsent sind; so zeigten es die Social media.
Es ist
wichtig, das zu betonen, um sich nicht von den Zahlen täuschen zu lassen, die
sie verkünden werden. Wir wissen, dass die Lüge für die rechte Leitung eine
zentrale Form ist, Politik zu machen, um die Leute zu überzeugen zu versuchen.
Aus verscheidenen Gründen: Weil sie keine für die Vermittlung ausreichende
Wahrheit haben, weil die Täuschung im Medienkrieg für sie zentral ist. Aber
heute sah man klar, dass dass sie nicht die Anzahl Leute mobilisieren, die zu
mobilisieren sie behaupten.
Was den
Chavismus betrifft, haben wir uns in Mobilisierung, Disziplin und Reife geübt, um
uns einem Schlüsselmoment dieser Konfrontation zu stellen. Wir zeigten, dass wir
trotz der an den Tag gelegten Gewalt, der unbeantworteten ökonomischen
Schwierigkeiten, der Monate von Widerstand dort waren, wo wir zu sein hatten:
in den Warteschlangen, probewählend, zeigend, dass sie uns nicht besiegt haben,
dass wir Abertausende sind.
Wir dürfen
nicht in Triumphalismus fallen. Das wäre ein ernster Fehler. Für den 30. Juli
brauchen wir mehr als wir heute machten, denn das gäbe der Verfassungsgebenden
Versammlung die Autorität. Deshalb ist es entscheidend, mit den Versammlungen
im Territorium fortzufahren, mit den offenen Diskussionen in der Comunidad,
denen zuzuhören, die sauer sind, müde, kritisch, die sich entfernt haben. Und
nicht nur deswegen, sondern um die Vorschläge der Leute aufzunehmen: Was
ändern, modifizieren, vertiefen, hinzufügen? Es geht hier nicht um eine Übung
zwecks erleuchteter KandidatInnen, wie einige meinen. Es muss die Frucht
partizipativer und protagonistischer Demokratie sein.
Wir werden
diese Übung in Partizapation in einem Umfeld machen müssen, das gewalttätiger
sein wird. Das hat die Rechte angekündigt, das zeigen die Analysen. Um
forzufahren, werden sie die Lügen ihres Plebiszits als Legitimationsausweis gebrauchen,
vorallem international. Wir müssen aufpassen und Zeugnisse von Intelligenz,
Organisation, Einheit und Protagonismus beim Schutz unserer Territorien
ablegen, wie dies schon die Brigadas de Defensa Popular Hugo Chávez mit einer Karawanne
am 22. Juli von Santa Barbára nach Socopó im Staat Barinas angefangen haben. Am
30. Juli müssen wir viele sein, Millionen.
____
Plebiszit-Rechnungsaufgabe
Misión Verdad*
Verbrannte Hefte. Im besten pyromanischen Stil hat die MUD
(rechtes Parteienbündis) bekannt gegeben, dass sie nach dem Plebiszit die
Hefte, in denen die TeilnehmerInnen an diesem Prozess notiert sind, verbrennen
wird. Diese Aktion gibt dem ganzen
Prozess eine enorme Inkonsistenz, denn sie verhindert eine Nachprüfung, also
die Schlussauszählung der TeilenhemerINnen und der stimmen. Es werden nur die
Stimmzettel in den Schachteln gezählt, ohne sie mit der Anzahl Beteiligter
vergleichen zu können. Ungefähr so wie den Betrug machen und den Beweis
verbrennen.
Zahlen, die nie aufgehen. Nehmen wir an, eine Wahltisch sei 12
Stunden lang geöffnet, von 8 früh bis 8 spät. Und nehmen wir, dass jede Person
eine Minute für die Stimmabgabe brauche, obwohl wir wissen, dass dies bei jeder
schnellen, automatisierten Wahl länger geht. Aber nehmen wir dies für eine
Minute an.
An einem
Wahltisch kann während 12 Stunden maximal 720 Stimmende fassen (wenn dabei
nicht eine Minute verloren geht). In der Mehrheit der Wahlzentren der MUD gibt
es nur einen Wahltisch, andere aber haben bis zu drei Tische. Nehmen wir zugunsten
der MUD an, jedes Zentrum habe drei Tische. Wenn jede/r Abstimmende in einer
Minute abstimmt, kann jedes Zentrum mit drei Tischen 2160 Abstimmende fassen.
Mehr nicht.
Die MUD
kündete am Morgen des 16. Juli mit Pauken und Trompeten die Eröffnung von
landesweit 2030 Wahlzentren an. Multiplizieren wir 2030x2160, kommen wir auf 4‘284‘800
Abstimmende. Die MUD hat die Beteiligung von 10 Millionen vorausgesagt.