Bericht aus Honduras

Donnerstag, 20. Juni 2019



19.6.19, 22h45

Seit mehr als anderthalb Monaten erlebt Honduras intensive und tägliche Proteste der Plataforma en Defensa de la Salud y la Educación. Die Regierung setzte auf massive Repression, Spaltung und Manipulation der öffentlichen Meinung. Aber sie zog dabei weder die strukturelle Krise im Land noch den Kampfgeist der Bevölkerung in Betracht. Nach 45 Tagen hat sich der Eindruck selbst bei konservativen Medien verallgemeinert, dass sich die Krise verschärft hat und die Schwäche der Regierung offensichtlicher denn je ist und dass die Regierungshandlungen weder legitim noch legal sind. Täglich unterstützen weniger Organisationen und Leute [den Präsidenten] Juan Orlando Hernández.
Die Plataforma en Defensa de la Salud y la Educación ruft nach einem alternativen Dialog, damit die gesellschaftlichen Sektoren Übereinkünfte erzielen können, aber ruft auch dazu auf, die Strassenbesetzungen, Departementsversammlungen etc. nicht aufzugeben.
Seit zwei Wochen haben sich die Strassenbesetzungen intensiviert, täglich gibt es Berichte von neuen Besetzungen zentraler Verkehrswege, Protesten in fast allen Städten und willkürlicher Repression.
In dieser sich verschärfenden Krise haben Unternehmersektoren scharf Stellung gegen die Regierung bezogen. Die Krise erreicht jetzt den [Unternehmerverband] COHEP, der im Gegensatz zur bisherigen Praxis keine gemeinsamen Stellungsnahmen für die Regierung mehr zustande bringt.
Die sozialen Sektoren haben keine Einheit über die Forderungen der streikenden Berufsgremien hinaus erzielt. Sie haben aber in den Städten und Dörfern systematisch und koordiniert auf die Aufrufe der Lehrerinnen und Ärzte geantwortet. Der Transportsektor streikt für eigene Forderungen und hat sich den Strassenblockaden angeschlossen.
Tegucigalpa erlebt eine schwere Unterversorgung mit mit Benzin und in einigen Stadtteilen macht sich Nahrungsknappheit bemerkbar.
Heute haben die Spezialeinheiten der Polizei (die Cobras), die Policía Nacional Civil und und die Kripo einen nationalen Streik für mehr Lohn ausgerufen. Das hat nun über den Strassenkampf im ganzen Land hinaus zu Plünderungen und Verkehrszusammenbrüchen auf den grossen Strassen des Landes geführt. Die Zufahrten zu San Pedro Sula, Ceiba, Tocoa, Choloma, Cortes, Choluteca, Villanueva, La Esperanza etc. sind besetzt.
Um 22h30 suchte die Regierung in verzweifeltem Kampf um Zeitgewinn ein Abkommen mit dem Transportsektor. Sie verkündet, alles sei gelöst, während der «zivile Ungehorsam» die Strassen landesweit überflutet. Es gibt auch Berichte von Zusammenstössen bei den Besetzungen mit mehreren Schussverletzten in der Hauptstadt.
Die Gerüchte von Ausgangssperre und einem Staatsstreich machen wild die Runde.
Gesicherte Erkenntnisse gibt es keine. Eindeutig ist aber eine Truppenmobilisierung zur Verteidigung von Institutionen, Häusern von FunktionärInnen der Regierung und einigen Unternehmen. Eben so klar ist aber der Einbruch der Regierungsunterstützung seitens traditioneller Verbündeter wie der katholischen Kirche, die sogar das Volk zu Einheit gegen Ungerechtigkeit und Korruption aufgerufen hat, und sogar in der Regierungspartei, wo Kräfte um Ex-Präsident Lobo zum Sturz von Juan Orlando Hernández aufgerufen haben.
Das Szenario ist für die Regierung extrem kritisch; aber sie zählt aber weiterhin mit der Unterstützung der Streitkräfte und der USA. Vielleicht aber nur noch für kurze Zeit … Wir werden sehen, was morgen läuft.

* Coalición Contra la Impunidad Honduras, https://m.facebook.com/HnCCI: «De un Amigo desde Honduras»
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(zas, 20.6.19) Die Lage ist heute (Vormittag in Honduras) sehr wirr, es zirkulieren unbestätigte Gerüchte von Zusammenstössen zwischen der Polizei und der Armee. Einschätzungen aus der Bewegung gehen von erhöhter Repression in den kommenden Tagen aus. Laut einem Kommuniqué des Universitätsspitals von Tegucigalpa von heute früh sind gestern Nacht 12 Verletzte hospitalisiert worden, darunter drei Menschen mit Schussverletzungen. Der 29-jährige Luis Antonio Maldonado starb gestern Nacht im Spital an den Folgen eines Kopfschusses.
Als der Generaldirektor das Quartier der seit Dienstag Nacht streikenden Spezialeinheiten der Polizei (Cobras) besuchen wollte, antworteten ihm die Revoltierenden mit Tränengas und Schüssen.
Mel Zelaya, der Chef der Linkspartei Libre, antwortete auf ein Frage in einem Radiointerview, ob er seine beträchtliche Mobilisierungskapazität für eine Oppositionsallianz aller Parteien gegen JOH einsetzen würde, für Libre sei im jetzigen Moment eindeutig die Plataforma en Defensa de la Salud y la Educación massgeblich. Jeder andere Zusammenschluss könnte vom Regime als Mittel zur Spaltung des Volkes verwendet werden. Alle Militanten von Libre seien verpflichtet, sich den Mobilisierungen der Plataforma anzuschliessen. Heute wurde auch bekannt, dass gegen einen führenden Exponenten eines linken Flügels in Libre, Gilberto Ríos von der Organisation der Necios, Haftbefehl ergangen ist, da er als intellektuelle Figur hinter der Finanzierung von Mara-Aktivitäten stehe. 


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