Kuba entsendet weitere Ärzte und erprobt Medikamente gegen Covid-19

Samstag, 2. Mai 2020

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Kuba / Soziales

Fachpersonal für Soforthilfe bei Katastrophen und Epidemien weltweit im Einsatz. Erste Erfolge bei Eindämmung des Virus in Kuba erreicht

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Kubanische Gesundheitsspezialisten treffen in Südafrika ein, um die Bemühungen zur Eindämmung Covid-19 zu unterstützen
Kubanische Gesundheitsspezialisten treffen in Südafrika ein, um die Bemühungen zur Eindämmung Covid-19 zu unterstützen
Havanna. Mehr als 1.450 kubanische Mediziner sind inzwischen in 22 Ländern im Kampf gegen das neuartige Coronavirus im Einsatz. Dies berichtet die Nachrichtenagentur Prensa Latina. Sie sind Teil der 2005 von Fidel Castro ins Leben gerufenen Hilfsbrigade "Henry Reeve", die auf Katastrophensituationen und schwere Epidemien spezialisiert ist und seitdem weltweit zum Einsatz kommt. Zuletzt startete ein Kontingent aus 217 Ärzten und Pflegekräften nach Südafrika. In Europa arbeiten kubanische Mediziner neben Italien inzwischen auch im Fürstentum Andorra an der Bekämpfung des Virus.
Bereits Mitte März machten sich Brigadisten auf nach Italien, das sich damals auf dem Höhepunkt der Pandemie befand. Wenige Tage zuvor, am 11. März, wurden auf Kuba selbst die ersten Corona-Fälle entdeckt, verursacht durch Touristen aus der Lombardei.
Die umfangreichsten Einsätze laufen derzeit in Katar, wo ab dem 15. April 229 Fachleute gelandet sind, sowie in Angola mit 219 Ärzten und Pflegekräften. "Kubanische Ärzte sind exzellent, wir haben positive Erfahrungen gemacht", erklärte der Co-Direktor des nationalen pandemischen Programms in Katar, Abdullatif Al Khal. Der Golfstaat habe vor einigen Wochen um medizinische Unterstützung gebeten und Kuba habe "als freundliches Land seine Hand ausgestreckt", so Al Khal.
Neben den genannten Staaten sind viele kleinere Kontingente der Henry-Reeve-Brigade derzeit in Lateinamerika und der Karibik im Einsatz, unter anderem in Mexiko, Honduras, Jamaica, Barbados, Haiti und Belize.

Im Einsatz gegen Covid-19: Die Brigade „Henry Reeve“

Im Einsatz gegen Covid-19: Die Brigade „Henry Reeve“
Die sozialistische Insel reiht sich zudem in die Liste der Staaten ein, die eine Therapie zur Behandlung von Covid-19 entwickeln. Bisher ist vor allem sein rekombinantes Interferon Alpha-2B bekannt, das ursprünglich für andere Anwendungszwecke entwickelt wurde, in China jedoch auch zur Behandlung von Corona-Patienten eingesetzt wird. Studien zu dessen Wirksamkeit sind derzeit im Gange.
Mit einer lokal applizierbaren Immuntherapie (amerika 21 berichtete) unter dem Namen "CIGB-2020" hat Kuba zudem ein Mittel zur Aktivierung der angeborenen Immunabwehr gegen Covid-19 entwickelt, das seit kurzem im Rahmen einer klinischen Studien überprüft wird. Vorläufige Ergebnisse belegen offenbar eine Zunahme der Makrophagen und Lymphozyten im Blut der Probanden, bis zur möglichen Zulassung stehe jedoch noch ein längerer Weg bevor. Darüber hinaus testet Kuba auch den Neuraminidase-Hemmer Oseltamivir, der normalerweise zur Behandlung der gewöhnlichen Grippe eingesetzt wird und hierzulande unter dem Handelsnamen "Tamiflu" bekannt ist.
Kubas Mediziner richten ihre Blicke derzeit jedoch vor allem auf das HIV-Medikament Kaletra, das eine Kombination der beiden Präparate Lopinavir und Ritonavir darstellt und trotz einer eher ernüchternden Studie aus China von russischen Medizinern für vielversprechend gehalten wird. Das Mittel ist Gegenstand der großen WHO-Studie "Solidarity", bei der vier verschiedene Medikamentenkombinationen auf ihre Wirksamkeit zur Behandlung von Covid-19 untersucht werden sollen. Kaletra hätte ebenso wie Oseltamivir den Vorteil, dass es von Kuba selbst in größerer Stückzahl hergestellt werden könnte. Wie die Parteizeitung Granma berichtet, konnte das Pharmaunternehmen Novatec erste Chargen von Kaletra auf der Insel produzieren. Es habe "gute Ergebnisse" bei der Behandlung gezeigt.

Checkpoint der Quarantänezone in La Fe auf der Insel der Jugend
Checkpoint der Quarantänezone in La Fe auf der Insel der Jugend
Auf Kuba selbst wurden mittlerweile erste Erfolge bei der Eindämmung des Virus erreicht. Bis Dienstagabend sind 1.467 Personen positiv auf SARS-CoV-2 getestet worden, 575 Personen gelten als geheilt. Die Anzahl der aktiven Fälle ist seit dem 24. April rückläufig und beträgt derzeit 802. Bisher sind auf der Insel 58 Personen an den Folgen der Erkrankung verstorben.
Bei der Bekämpfung des neuartigen Coronavirus setzt die Insel vor allem auf "Abstandhalten" und die gezielte Verfolgung von Infektionsketten durch Gesundheitspersonal. Bereits Anfang März war der Bevölkerung zudem das Tragen von Mundschutzmasken angeraten worden.
In fast allen Provinzen sind Quarantänezonen zur Eindämmung der 39 bekannten lokalen Übertragungsketten eingerichtet worden. Aktuell ist dabei Centro Habana in den Fokus gerückt, vor allem die Gegend um Los Sitios. Risikogruppen und Gesundheitspersonal werden dort mit dem Impfstoff Vamengo-bc gegen Mengingokokken geimpft, was die allgemeine Immunität stärken soll. Die jüngsten Quarantänegebiete sind auf der Insel der Jugend eingerichtet worden, wo am vergangenen Mittwoch vier Wohngebiete mit über 3.000 Bewohnern unter strikte Quarantäne gestellt wurden.

Seit Anfang März obligatorisch: Tragen von "nasobucos"
Seit Anfang März obligatorisch: Tragen von "nasobucos"
Nach Santiago de Cuba hat jetzt auch die Provinz Pinar del Río eine nächtliche Ausgangssperre verhängt, nachdem sich in der Gegend von „La Ceiba“ (Gemeinde Guane) ein Infektionsherd gebildet hatte. Die Wohnung darf in der Provinz zwischen 20 Uhr und 6 Uhr morgens nur noch für den Gang zum Arzt verlassen werden.
Wie der epidemiologische Leiter des Gesundheitsministeriums, Dr. Francisco Durán, erklärte, bewege sich das Land inzwischen in Richtung des "best case"-Szenarios unter den drei nationalen Modellen zum Verlauf der Pandemie. Der Gipfelpunkt wird für die erste Maiwoche erwartet. Durán warnte davor, "jetzt die Regeln zu lockern oder bei der Disziplin nachzulassen". Danach sieht es bisher nicht aus: Die Ende März beschlossenen und seitdem mehrfach verschärften Maßnahmen, darunter auch die vollständige Grenzschließung, wurden um weitere 30 Tage bis Ende