Mexiko: Tausendköpfiges Monster mit Geld

Freitag, 13. Juli 2012



(zas, 13.7.12) Natürlich hat am 2. Juli es in Mexiko einen Wahlbetrug beträchtlichen Ausmasses gegeben. Natürlich sehen diesen weder die Eliten in Mexiko noch ihre nicht minder demokratiebesessenen Pendants der „internationalen Gemeinschaft“. Folglich taucht das Phänomen auch kaum im Mainstreammedium auf, und wenn, verniedlicht oder vor allem als „Beleg“ dafür, zu welch absurden Verdrehungen „schlechte Verlierer“ greifen.

Die linkszentristische Allianz um López Obrador hat die „Ergebnisse“ offiziell angefochten, natürlich ohne jede Erfolgschance. Zuviel steht auf dem Spiel: Musste beim Wahlbetrug 2006 der PAN-Mann Felipe Calderón mit Betrug ins Amt gehievt werden, um den „Drogenkrieg“ von US-Gnaden –das Massaker von offiziell 60'000 Menschen durch Paramilitärs (Kartelle) und Sicherheitskräfte – erst richtig anzuheizen, gilt jetzt die elitäre Liebe Peña Nieto vom PRI. Er soll dem in der Bevölkerung „diskreditierten“ Krieg einen Anstrich von Polizei- und Justizreform geben, wie das Foreign Relations Committee des US-Senats gerade skizziert hat –  selbstredend unter Führung der US-Dienste (s. Berichte der Washington Post, 12.7.13, und der La Jornada, 13.7.12). Peña Nieto, der Verbrecher von Atenco (s. unter diesem Suchbegriff www.chiapas.ch), muss zudem Privatisierungen vorantreiben, vor allem jene des mexikanischen Öls und der Stromwirtschaft, Dinge, die unter einem Präsidenten López Obrador kaum möglich gewesen wären.

Zu Mechanismen des Wahlbetrugs ein gekürzter Artikel von zwei PRD-PolitikerInnen aus La Jornada, 7.7.12: El fraude electoral en favor del PRI: un monstruo de dinero con mil cabezas.
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Tausendköpfiges Monster mit Geld

Claudia Sheinbaum Pardo und Carlos Imaz Gispert

In den Wochen und Monaten vor den Wahlen vom 2. Juli haben wir multimillionenfache Ausgaben gesehen, die, widerrechtlicher Herkunft,  die Limiten für Kampagnen nach dem Wahlgesetz überschreiten – für den Kauf von TV-Sendezeit (bezahlte Interviews und Kommentare) und für als Propaganda gefertigte Meinungsumfragen […] . all dies bei komplizenhafter Passivität des IFE [ Behörde für die Wahlorganisation] und des TEPIF [Wahlgericht].

Vor und während der Wahlen sahen wir auch einen massiven Stimmenkauf mit Bargeld, Gutscheinen für Benzin, Elektrohaushaltgeräte, Prepaidkarten für Telefongesellschaften und für die Ladenketten Soriana, Aurrerá, Chedraui und Walmart … (im Wert von Milliarden von Pesos widerrechtlicher Herkunft [1 USD ~13.5 Pesos]. Die bekannten und illegalen Praktiken der operación tamal (Frühstück für herbei gekarrte WählerInnen] kehrten zurück; alle wählen (Urnen, in denen 100 Prozent oder mehr gewählt haben, selbst Ortsabwesende und Verstorbene); Stimmenbündel (ein/e WählerIn wirft mehrere Zettel ein) mit 2.5 Millionen Wahlzetteln, die in [der staatlichen Druckerei] Talleres Gráficos de la Nación nach dem offiziellen Ende des Druckens von Wahlzetteln und in Texas (weitere 3 Millionen) gedruckt worden sind; zehntausende von [im Land] reisenden BürgerInnen, die ihre Stimme nicht abgeben konnte, da das IFE absichtlich nicht genügend Spezialurnen aufgestellt hat; Karusselle (Leute, die in mehreren Wahlzentren wählen); casillas zapato („Schuhurnen“, mit der Variante, dass ein paar wenige Stimmen für andere KandidatInnen gezählt wurden, um nicht aufzufallen) [casilla zapato: alle Stimmen in der Urne gehen an einen einzigen Kandidaten]; Herankarren von WählerInnen;  Nötigung von WählerInnen ausserhalb der Wahlzentren; Urnenraub, Wahlzettel werden verbrannt oder auf den Abfall geworfen; Einschüchterung und Gewalt gegen WahlfunktionärInnen und ParteivertreterInnen in den Wahlzentren, einschliesslich Entführung und sogar Ermordung, und körperliche Angriffe auf WahlbeobachterInnen aus der Zivilgesellschaft. All dies bei allgemeiner und komplizenhaften Passivität von Polizei und Wahlbehörden.

Die Ladenkette Soriana gibt bekannt, dass aufgrund einer behördlichen Weisung alle ihrer vom PRI Prepaid-Karten eingefroren sind… (s. dazu Demokratiecoups - Station Mexiko)
 Weiter waren wir ZeugInnen des Spiegelverhaltens bei der Erfassung der Resultate im Programa de Resultados Electorales Preliminares [PREP,  Programm für die vorläufige Stimmenauszählung], welches darauf hinweist, dass es sich nicht um einen Zufallsfaktor bei der Erfassung der Akten handelt, sondern um einen numerischen Faktor, der die Resultatserfassung checkt und adjustiert.

Am Schluss des Wahltages sind in den Distriktzentren des IFE Urnen ohne oder mit gebrochenem oder evident verändertem Siegel gesehen worden; ungefaltete Wahlzettel in den Urnen (unmöglich, wären sie während des Wahlvorgangs eingelegt worden, da sie schlicht nicht hinein passen würden) ; Geisterurnen (die nie installiert wurden, aber in den Angaben des PREP auftauchen – unmöglich, ohne bewussten Eingriff, oder installierte Wahlzentren,  die im PREP nicht auftauchen; Manipulation oder Fälschung von Akten oder deren Erfassung im PREP (sie differieren – beträchtlich – von den Aushängen bei den Wahlzentren); […] der unerklärliche Prozentsatz der Beteiligung in vielen ländlichen Gebieten (weit über dem Durchschnitt), der mit dem Wahlverhalten nirgends auf der Welt übereinstimmt, mit einer Ausnahme: dem Wahlbetrug 1988 in Mexiko. All dies evidente Anomalien, die aber das IFE weder sieht noch korrigiert.

Und zu allem Überdruss erlebten wir in der Wahlnacht eine neue Welle von Desinformation seitens der  Umfrageinstitute und der TV-Sender mit manipulierten Exit Polls. Wir sahen die Bundesregierung und den Präsidenten des IFE, wie sie mit der Eile von Dieben, unter Verletzung des Wahlgesetzes, Peña Nieto zum Sieger erklärten – bevor die Akten erfasst oder die Distriktsauszählung erfolgt war, also bevor Resultate vorlagen! Wir sahen den IFE-Präsidenten, wie er diese Wahlen zu den saubersten der Geschichte erklärte - als sie noch im Gange waren! – und wie er ein paar Tage später dazu aufrief, die Resultate anzuerkennen – ohne dass eine offizielle [also nicht vorläufige] Auszählung der Stimmen, als es sie also noch gar nicht gab! Und wie wenn dies nicht reichte, erklärte der Präsident des Wahlgerichts gleichzeitig, indem er meinte, dass, was man im Feld nicht gewinne, nicht am Tisch erreicht werden  könne, alle möglichen gesetzlichen Einsprachen für abgewiesen, ohne dass diese überhaupt erhoben worden wären!