Venezuela: Desinfo trotz Sieg

Montag, 8. Oktober 2012



(zas, 8.10.12) Nach der Auszählung von 80 Prozent der Stimmen rund 10 Punkte Vorsprung! 7.4 Mio. stimmen für Chávez, 6.2 Mio. für die Rechte. Soviel zum „Kopf-an-Kopfrennen“, das uns die Medien im Dienste der transnationalen Rechten stets vorausgesagt haben. Eine Stimmbeteiligung von über 80 Prozent. Kein unmittelbarer Versuch der Opposition und der US-Botschaft, das Resultat als Betrugsergebnis hinzustellen. Schon im Laufe des Wahltages hatte sich dies abgezeichnet. Oppositionskandidat Henrique Capriles versicherte am Sonntagnachmittag, das Resultat des Wahlrates CNE so oder so anzuerkennen und keine „eigenen“ Exit-Polls-Resultate noch vor Urnenschluss und Resultatveröffentlichung des CNE bekannt zu geben. Capriles tat dies unter explizitem Bezug auf „andere Stimmen“ im Oppositionslager. Und er anerkannte die Autorität des CNE zum ersten Mal in dieser expliziten Form. Neupositionierung im Hinblick auf die Gouverneurwahlen vom nächsten Dezember, in denen chavistischen Korrupten die Rechnung präsentiert werden kann? Auswertung erster interner Exit Polls – die Mehrheit der Bevölkerung hatte am Mittag schon gewählt – die es angesichts der klaren Differenz und gleichzeitig des internationalen Renommés des CNE als wenig ratsam erschienen liessen, auf die Karte der Strassendestabilisierung zu setzen?
Es stimmt, die Rechte hat sich gestärkt. Doch dass dem Chavismus dieser überzeugende Sieg gelungen ist, relativiert diese Stärkung. Gegen alle realen Probleme, gegen alle Ermüdungen ein erneutes Explodieren der Veränderungslust, gegen eine gestärkte Rechte die klare Botschaft: Kein Weg zurück in den kapitalistischen Horror! Das ist viel, sehr viel, darüber freuen wir uns nicht nur in ganz Lateinamerika und der Karibik, sondern daraus können wir auch in Griechenland, Italien und generell Europa Kraft schöpfen.
Der Angriff geht weiter. Das Papier des Council on Foreign Relations von EX-US-Botschafter Duddy in Caracas, Venezuela: Destabilisierungsoptionen der USA, widerspiegelte die Entscheidung, dass der Angriff auf den bolivarischen Prozess auch nach einem allfällig nicht zu bestreitenden Wahlsieg von Chávez weitergehen soll, gerade im Hinblick auf seinen erhofften Krebstod. Der heutige Artikel der „New York Times“, Chávez Wins New Term in Venezuela, Holding Off Surge by Opposition, liefert schon die ersten Elemente für die entsprechende Einstimmung. Zwar habe Chávez die Wahl gewonnen, „doch der polarisierende Präsident regiert ein verändertes Land. Er kränkelt und steht als politisch angeschlagener Sieger einer ermutigten Opposition gegenüber … Mr. Chávez verbrachte fast das ganze Jahr damit, Mr. Capriles und seiner AnhängerInnen zu beleidigen und zu provozieren. In der Nacht vom Sonntag musste er sich dem Fakt stellen, dass die Leute, die er als verkommen Nichtsnutze, kleine Yankees und Faschisten verhöhnte, fast die Hälfte des Elektorates stellten.“ Wer immer noch nicht verstanden hat, dass der Chavismus passé ist, bekommt die Worte eines zentralen Lateinamerika-Sprachrohrs des US-Establishments serviert: „Michael Shifter, Präsident des Inter-American Dialogue, nannte die Wahlen ‚einen fundamentalen Wendepunkt’. Er sagte, Mr. Chávez werde ‚mit einer Gesellschaft umgehen müssen, die sich von jener seiner letzten Amtsperiode stark unterscheidet, einer Gesellschaft, die aufgewacht ist und besser organisiert und selbstbewusster’“.
Also, eigentlich hat die Rechte die Wahlen gewonnen, deshalb wird sie „selbstbewusster“, das heisst, aggressiver, destabilisierender auftreten (unter US-Patronat, versteht sich), Chávez kann einpacken.
Das hätten sie gern. Aber setzen wir auf die Kräfte, die wie die Sozialorganisationen in ihrem Statement im vorherigen Blogeintrag für eine demokratische Radikalisierung der Revolution kämpfen, dafür, dass auch die Statuen der Brunnen zum bolivarischen Tanz ansetzen, wie das die Hiphoper von Nosotros con Chávez in ihrem schönen Die Einnahme von Caracas sagen!