Rating-Agenturen – kurz erklärt

Sonntag, 15. Dezember 2013




 Da liest man in der NZZ von gestern (14. 12.13, S. 31) zwei Kurzmeldungen:


Rating-Agentur setzt Italien unter Druck
(dpa) · Die Rating-Agentur Standard and Poor's droht mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens. Ein Abstieg in den Ramsch-Bereich wird nicht ausgeschlossen. Sollte die Regierung wichtige Reformen nicht umsetzen, könnte die Kreditbewertung gesenkt werden, so lautete die Warnung der Agentur am Freitag.

Tun wieder nicht recht, die Italos. Immer noch Kündigungsschutz!


Besseres Rating für Lettland in Aussicht
(Reuters) · Die Rating-Agentur Standard & Poor's stellt Lettland kurz vor der Einführung des Euro eine Anhebung der Bonitätsnote in Aussicht. Der Ausblick werde auf positiv angehoben, teilte S&P am Freitag mit. Dies spiegle Lettlands starkes Wachstumspotenzial und die bevorstehende Mitgliedschaft in der Euro-Zone wider, hiess es.


Maxima ist eine Supermarktkette aus Litauen, mit starker Präsenz im boomenden Lettland. Leider etwas ins Gerede gekommen, weil ihr Management von den lettischen Angestellten verlangt, in Windeln an der Kasse zu sitzen. Um diese ewigen unter WC-Vorwand durchgezogenen Kaffeepausen unter Kontrolle zu kriegen.

Am 27. November 2013 stürzte das Dach einer Maxima-Verkaufsstelle ein und begrub über 50 Tote unter sich. Das Maxima-Management reagierte mit gewohnter Kompetenz: Man sei sich keiner Schuld bewusst und die Waisenkinder der toten würden keine finanzielle Unterstützung bis zur Volljährigkeit erhalten.
Aus einem Kommentar der Lithuania Tribune:

"In Vilnius habe ich noch und noch gehört, dass die Maxima-KassiererInnen mit Windeln arbeiten, da es ihnen nicht erlaubt ist, den Arbeitsplatz zu verlassen. ZeugInnen berichten, dass, als der Alarm in Maxima in Riga losging, die KassiererInnen geheissen wurden, zu bleiben und auf eine Bewilligung der Leitung zu warten. Die litauischen Windelgeschichten wurden entsetzliche lettische Wirklichkeit – du arbeitest weiter, auch wenn das Dach über dir einstürzt. "
Quelle: BBC


Russia Today verwies am 12. Dezember 2013 auf ein Interview des Maxima-Bosses Ignas Staskevicius, in dem er den Windelsachverhalt bestätigte. Schon vor zehn Jahren hatte ein Maxima-Chef erklärt, die zu windeltragen verknurrten Angestellten sollten dankbar dafür sein, sonst müssten sie sich prostituieren.
Zu Recht verweist Russia Today auf den Fall des US-südkoreanischen Maquilaunternehmens

Kuyungshin-Lear, das für die Produktion von Autozubehör seine 3500 Angestellten in Honduras ebenfalls in Windeln zwingt. Lettland darf in den Euro-Ruin aufsteigen, und das putschistisch modernisierte Honduras durfte ein Freihandelsabkommen mit der EU unterzeichnen.
ArbeiterInnenprotest gegen Entlassungen bei Lear in San Pedro Sula, Honduras von April 2013. Im August 2013 machten die Gewerkschaften den Windel-terror öffentlich.


Der lettische Ministerpräsident Dombrovskis trat nach dem Dacheinsturz zurück. Zu seinem Wirken, das den lettischen Unterklassen eine selbst für "randeuropäische" Verhältnisse extreme neoliberale Schocktherapie bescherte und jetzt den Eurobeitritt, gehörte auch, was die kanadische CTV News festhielt:

"Aber […] KritikerInnen merken an,  dass die Abschaffung der staatlichen Baubehörde durch seine Budgetkürzungsregierung die Aufsicht schwächte, die vielleicht nötig gewesen wäre, um potenzielle Baufehler im Supermarkt zu entdecken".