Alfredo Serrano Mancilla
(16.12.15) Macri klärte jeden Zweifel in wenigen Tagen. Die wirtschaftliche
Ausrichtung seiner Parteiallianz Cambiemos wird fort zu evidenter. Kaum eine
Woche ist seit seinem Regierungsantritt vergangen und die argentinische Rechte hat
sich beeilt, keine Zweifel an ihren wirtschaftlichen Vorhaben für die nächsten
Jahre aufkommen zu lassen. Am wichtigsten war der Positionsbezug für die argentinische
Landwirtschaft, also der wenigen grossen Agroexportunternehmen. Er bestand in
der Aufhebung der Exportabgaben auf Weizen, Mais und Fleisch und einer
Reduzierung der Sojaabgaben um 5 Punkte. Dies bedeutet, dass Präsident Macri
den grossen Agroexportunternehmen weitere USD 4 bis 8 Mrd. Gewinne gestattet. Ab
jetzt kehren wir in die Zeit der Bittstellerei zurück. Von jetzt an wird bei diesen
grossen Wirtschaftsmächten mit der Bitte angestanden, sie möchten „gut und
grossherzig“ sein und der Republik helfen, indem sie einen Teil der Beute abliefern.
Die Souveränität wird mit dieser neualten Idee des Bittstellens bei den
wirklich wirtschaftlich Mächtigen absolut begraben werden. Die Dollarströme
kehren in die Hände der Eigentümer von argentinischem Grossgrund zurück. Sie
werden die reale Wechselkurspolitik machen. Man nennt das Markt, auch wenn es
keiner ist. Vielmehr handelt es sich um einige wenige Personen mit Namen und Vornamen,
die das Währungsoligopol in Argentinien wieder innehaben werden. Sie werden
entscheiden, wie viel und wie ausgegeben wird, für was, für wen und für welches
Wirtschaftsmodell. Das Ziel ist ein Revival für das 21. Jahrhundert: ein vom
Agroexportsektor abhängiges Wirtschaftsmodell, in wenigen Händen konzentriert,
mit einem Muster der ungleichen Eingliederung in die Welt.
Damit die wirtschaftspolitische Gleichung perfekt stimmt, bestand
der nächste Schritt in der Aufhebung der Beschränkungen für den Dollar-Erwerb.
Der Wechselmarkt wurde also liberalisiert. Erneut richtet der Euphemismus von
der Freiheit Verheerungen an. Freiheit heisst, dass nur diejenigen, die über
sehr grosse Wirtschaftsmacht verfügen, den realen Wechselkurs bestimmen können.
Aber im Diskurs ist von ganz anderen Dingen die Rede. Verkauft wird die Idee,
dass von nun an alle ArgentinierInnen freien Zugang zu Dollars bis zum Betrag
von $ 2 Millionen haben. Es ist unnötig zu erwähnen, dass nur sehr, sehr Wenige
Zugang zu dieser Monatssumme haben.
Der Dollar und sein Macri. Quelle: Celag. |
So wird die aus der Kirchnerzeit stammende Limite
eliminiert, die beabsichtigte, den Zugang der BürgerInnen zu Dollars
kontrolliert zu handhaben. Natürlich war diese Massnahme sehr umstritten, denn
niemand liebt eine Beschneidung des Zugangs zu der der eigenen Kaufkraft
entsprechenden Dollarmenge. Doch war dies mehr als nötig, weil grundsätzlich nur
so eine effektivere Devisenzuweisung für ein etwas einschliessenderes
Wirtschaftsmodell möglich war, das soziale Rechte garantiert, souveräner in
strategischen Bereichen ist und besser die Industrialisierung zwecks Importsubstitutionangehen
kann. Es geht darum, zu entscheiden, ob der Dollar, von wem immer, wie immer,
wann immer behändigt werden kann oder ob im Gegenteil Massnahmen zugunsten
seines mehr entwicklungspolitischen Gebrauchs ergriffen werden.
Macri räumt alle Zweifel aus. Er will, dass der Dollar für
alle frei verfügbar sei, die ihn erwerben können. Das bedeutet nicht, für alle ArgentinierInnen.
Das bedeutet, dass ab diesem Moment es einige wenige mit grosser Wirtschaftskraft
sein werden, die den neuen Wechselkurs bestimmen. Sie werden den Dollarpries
bestimmen. Die Zentralbank wird durch nicht mehr als zehn Grossunternehmer (aus
dem Agrarsektor) ersetzt. Die Falle ist perfekt. Es sind die Gleichen, die von
der Exportzollaufhebung profitieren (mehr Dollars in ihren Händen), die jetzt
den Wechselkurs festlegen. Und natürlich sind des die Gleichen, die bei einer
Abwertung gewinnen. Wenn man also heute 10 argentinische Pesos für einen Dollar
tauscht, wird diese Rate zunehmen, auf voraussichtlich mindestens 14 Pesos pro
Dollar. So gewinnen die Exporteure, die für jeden Exportdollar nun mehr Pesos
erhalten. Auf der anderen Seite sind auch immer die Geichen, die Mehrheit, deren
Kaufkraft gemindert wird. Die Abwertung verteuert die Importe. Für jeden Import
im Wert eines Dollars müssen nun mehr Pesos ausgegeben werden. Deshalb ist das
Wirtschaftsmodell klar: Abwertung, die die Mehrheit schikaniert, um eine
Minderheit zu begünstigen.
Und um auf diesen Teufelskries eins draufzugeben, verspricht
Macri, dass es nicht an Dollars fehlen werde. Wie das? Woher nimmt er sie? Sehr
einfach. Er wird sie bei den grossen internationalen Privatbanken ausleihen (schon
verhandelt mit JP Morgan, Deutsche Bank, Citibank, HSBC, Goldman Sachs). Das
heisst, dieses Fest wir die ArgentinierInnen mehr ausländische, also ewige
Verschuldung kosten.
So hat Cambiemos, die macristische Allianz, angefangen,
Argentinien zu ändern: mit Verschuldung, Abhängigkeit von sehr wenigen
Agroexporteuren und, gewiss, mit Verarmung der Mehrheit aufgrund einer
ungerechten Abwertung.
Nichts bleibt auf diesem eigentlichen macristischen Dollarweg
dem Zufall überlassen.
* celag.org, 16.12.15: Electroshock
económico de Macri. Der Autor leitet Celag, das Centro Estratégico Latinoamericano
de Geopolítica