„Gelegentlich
müssen wir Ländern den Arm umdrehen, die nicht machen würden, was wir von ihnen
brauchen, gäbe es nicht unsere vielfältigen ökonomischen oder diplomatischen,
und in einigen Fällen, militärischen Hebel.“
Obama Barack, 9.
Februar 2015, The
Vox Conversations
(zas, 6.12.15) Ein Versuch, zusammenzufassen, wie die
nächste Zukunf Venezuelas aussehen kann. So oder so stehen die Zeichen für eine
rasasante Verschärfung der Konfrontation.
Die heutigen Parlamentswahlen sind als ein Gefecht zu begreifen, nicht
als eine abstrakte Übung im Urnengang.
____
Das imperiale Szenarium kennt nur ein Narrativ: Die Rechte
gewinnt morgen überlegen die Parlamentswahlen in Venezuela, alles andere wäre
Wahlbetrug. Falls das Resultat nicht genehm ist, werden wir überschwemmt werden
mit „Infos“ über den Wahlbetrug und den heroischen Kampf „der Demokraten“ gegen
unerträgliche Willkür. Es deutet – leider – vieles darauf, dass Washington und
Anhang dieses Mal entschlossen sind, ihren Unwillen, chavistische
„Unerträglichkeiten“ wie Wahlsiege nicht hinzunehmen, aggressiv umzusetzen. Die
Wirtschaftskrise ist primär von Grosskapital und globalen Machtzentren
angeheizt. Unterstützung finden diese Kreise tatsächlich auch in der
Profitmacherei Grössen aus dem Apparat der Regierungspartei PSUV beim
gigantischen Importbetrug. Wie immer, hat diese Krise jenes Klima der sozialen
Explosion nicht schaffen können, von welchem die Propaganda seit Jahren
fabuliert. Dessen ungeachtet soll sie als legitimierende Kulisse für
„humanitäres“ Intervenieren und gezielte Gewalteskalation der venezolanischen
Rechten dienen. Den Gegner, also die chavistische Basis, weichklopfen. Die
Umstände in Lateinamerika sind günstiger für ein solches Vorhaben als noch vor
einem Jahr, als Washington nach ein paar Monaten unter Druck der
lateinamerikanischen UNASUR-Staaten schliesslich den Wahlsieg von Präsident
Nicolás Maduro anerkennen musste. In wenigen Tagen tritt in Argentinien ein
Präsident an, der bedingungslos auf Seiten der globalen Machtzentren steht, und
in Brasilien haben wir eine massiv geschwächte PT-Regierung.
Nun, ein Wahlsieg der Rechten scheint möglich. Die meisten
Meinungsforschungsinstitute prognostizieren seit Monaten einen Kantersieg der Rechten
bei den Parlamentswahlen vom kommenden Sonntag. Erst in den letzten Tagen
machen manche von ihnen einen etwas knapperen Vorsprung der Rechten aus,
Hinterlaces gar ein Patt. Allerdings: Bis auf wenige Ausnahmen wie Hinterlaces
haben sich die venezolanischen Umfrageinstitute bisher so gut wie in allen 18 Wahlgängen
seit der Wahl von Hugo Chávez zum Präsidenten 1998 massiv „geirrt“.
Vorsicht also mit den Prognosen. Umgekehrt ist sicher, dass
es dieses Mal sehr eng werden kann für den Chavismus. Von einem Gewährsmann drüben
hören wir, die Stimmung im eigenen Lager sei „gedämpft, wenn auch etwas optimistisch“ – das tönte bei früheren
Wahlgängen einiges enthusiastischer! Immerhin scheint die chavistische Schlusskundgebung
von vorgestern im Gegensatz zur rechten Konkurrenzveranstaltung beeindruckend
gewesen zu sein.
Verschiedene Vorkommnisse legen für die Zeit ab heute Sonntag
ein Szenarium gewalttätiges Szenarium nahe, falls die Resultate nicht den
Wünschen der Rechten entsprechen. Dies könnte nicht nur einen chavistischen
Wahlsieg betreffen, sondern auch einen relativ geringen Sieg der Reaktion,
welcher die angeblich anvisierte 2/3-Mehrheit im Parlament in die Ferne rückt.
Und eventuell sogar mehr Parlamentssitze für die Linke als für die Rechte
bedeuten könnte. Wahlbetrug? Manipulative Wahlkreisziehung, sattsam bekannt aus
den USA als gerrymandering? Nichts
dergleichen! Venezuela hat ein Einkammerparlament mit (regionalem)
Minderheitenschutz, der meist im Zweikammersystem kodifiziert ist. Deshalb stellen
kleine, rurale Staaten (oft mit chavistischer Ausrichtung) proportional zur
Bevölkerung mehr Abgeordnete als grössere, städtische. (Das CEPR, Center für
Economic and Policy Research, hat zu diesem Bereich gerade ein Papier
veröffentlicht.) Wer etwa in der Schweiz auch das als Anlass nimmt, um Wahlbetrug
zu insinuieren, müsste erst recht gegen so etwas wie den Ständerat vom Leder
ziehen.
Noch viel weniger opportun wäre natürlich, dass der
Chavismus die Parlamentswahlen gewinnt. Das internationale Narrativ schliesst
diese Möglichkeit von vornherein aus. Das venezolanische Wahlsystem sei überaus
anfällig auf Betrug. Das ist „Quatsch“ mit potenziell tödlichen Folgen. Nicht
vergebens nannte der ehemalige US-Präsident Jimmy Carter, dessen Carter Center mehrmals
Wahlen im chavistischen Venezuela genauestens beobachtet hatte, das dortige
Wahlsystem „das
Beste in der Welt“. Die Stimmabgabe erfolgt elektronisch, aber kombiniert
mit einem Papierausdruck, den die wählende Person vor ihrem „Ok“ zur Computerstimmabgabe
kontrolliert und in einer Urne deponiert. 54 % aller Urnen landesweit werden
von einem von allen Parteien abgesegneten Zufallsgenerator zur sofortigen
Nachkontrolle – Vergleich der elektronischen Zählung mit den Papierausdrucken –
ausgewählt. Zum venezolanischen Wahlsystem siehe "Die
transparenteste Wahl der Welt" und „Venezuelas
Wahlsystem kurz erklärt“ sowie die statistischen
Analysen des CEPR zu den Präsidentschaftswahlen 2014, die für den damals
von Washington und Anhang behaupteten Wahlbetrug eine Wahrscheinlichkeit von 1
: 25 Billionen feststellte.
Ein mögliches Szenarium
Das
rechte Oppositionsbündnis MUD (Mesa de la Unidad Democática, Tisch der
Demokratischen Einheit) hat es strikt abgelehnt, sich darauf zu verpflichten, die
Wahlresultate des Obersten Wahlrats CNE als bindend zu akzeptieren. Im
Chavismus zirkulieren Szenarien für den 6D (6. Dezember, Wahlsonntag), die
davon ausgehen, dass schon am frühen Nachmittag die Rechte, angeblich gestützt
auf Exit polls, über ihre „social media“ ihren Sieg posaunen wird, mit
entsprechendem internationalem Medienecho. Falls dann die offiziellen
Ergebnisse des CNE Stunden später in einem „nicht akzeptablen“ Mass von den
Ankündigungen abweichen, soll automatisch „Wahlbetrug“ assoziiert werden.
Im
Blatt Tal Cual charakterisierte
der MUD-Spitzenpolitiker Julio Borges die sogenannten testigos (ZeugInnen, Wahltischdelegierte der Parteien) seiner Allianz
so:
„Es sind Leute, die bereit sind, ihr Leben zu riskieren, ihre Haut zu
Markte zu tragen. Sie sind bereit, sich mit Kollektiven, Militärs zu schlagen“.
Die Homepage Misión Verdad brachte in einem Beitrag
vom 1.Dezember diese Äusserung in Zusammenhang mit weiteren Vorbereitungen zur
Wahlgewalt. So hat die vom gescheiterten Putsch 2002 her berüchtigte NGO Acción
Ciudadana in Schulungsmaterialien für den 6D betont, wie wichtig die „Unterstützung der Comunidad“ gegen die „diktatorische Haltung“ der
CNE-Delegierten in den Wahlzentren sei, eine Unterstützung, die sich direkt im
Wahlzentrum zu manifestieren habe. Der Wahlapparat der Rechten hat eine Zentrale
eingerichtet, nicht bloss eine Propagandazentrale in Sachen Wahlbetrug, sondern,
so Misión Verdad , vorallem, um
„in Echtzeit ein Bild von Konfliktsituationen und Auseinandersetzungen
mit niedriger Intensität in spezifischen Wahlzentren“
zu
ermöglichen, Szenen,
„die danach dazu dienen, dass die internationalen Gäste der MUD […] den
angeblichen Betrug nach aussen vermitteln sollen, um so die Stunden später
folgenden offiziellen Resultate des CNE zu delegitmieren. El Nacional
[Rechtsblatt] erstellte ‚praktischerweise‘ eine territoriale Karte der
Wahlzentren, wo es mit Sicherheit zu vorher geplanten irregulären Situationen
kommen werde, Orte, wo der Chavismus eine starke Wahlbasis hat.“
MUD-Kampagnenchef
Freddy Guevara betonte
bei der Vorstellung des MUD-Plans für den 6D er die Notwendigkeit, dass die
Rechten schon früh wählen gehen. Das Problem: Chavistas wählen
traditionellerweise oft am Nachmittag. Dann aber, so Misión Verdad, posaunt die
MUD schon ihren mit Exit Polls begründeten Sieg herum und hat ihre Trupps in
und um Wahlzentren in chavistischen Zonen gegen die „diktatorische Haltung“ des
CNE mobilisiert. Entweder könnten dann viele nicht mehr wählen oder die Sicherheitskräfte
würden einschreiten – Diktatur par excellence.
Den CNE delegitmieren
Soweit
eine offenbar im Chavismus für wahrscheinlich gehaltene Vision für den heute.
Wir wissen nicht, wer die Wahlen gewinnt, aber wir wissen, wenn die „Falschen“
sie gewinnen, dann ist der Teufel los und der Imperialismus zur massiven
Eskalation bereit. Ein untrügliches Anzeichen dafür ist eben die auch
international betriebene Delegitimierungskampagne gegen den CNE. Es bleibt
deshalb unerwähnt, dass etwa die von der Opposition ernannten ExpertInnen die
Resultate sämtlicher 19 Überprüfungen des Wahlsystems ohne Einspruch mitgetragen
haben. Oder dass die MUD die Organisation ihrer Primärwahlen zur Ermittlung
ihres letzten Präsidentschaftskandidaten und letzten Mai eines Teils ihrer
jetzigen KandidatInnen dem CNE anvertraut hat!
Solche
„Details“ werden regelmässig ausgeblendet. Zum Beispiel von Luis Almagro, dem
ehemaligen uruguayischen Aussenminister von Pepe Mujica, der seit März OAS-Generalsekretär
ist. In einem aggressiven Schreiben
vom 10. November an den CNE verlangte er Dinge wie die Freilassung von politischen
Gefangenen, also zentralen Figuren im letztjährigen Versuch des blutigen
Regierungsumsturzes, und insbesondere die Zulassung einer
Wahlbeobachtungsmission der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS). Seine
Schilderung der Zustände im Land entsprachen vollumfänglich den Vorgaben seiner
Masters – die OAS bleibt das
mittlerweile reichlich diskreditierte „Kolonialministerium“
der USA (Che Guevara). Pepe Mujica beschied
ihm deswegen: „Ich bedaure den Kurs, den
du eingeschlagen hast; ich weiss, er ist unumkehrbar, deshalb sage ich dir
formell adiós und verabschiede mich“.
Das
Thema der angeblichen „Nichtbeobachtung“ der Wahlen ist ein Dauerbrenner im
Versuch, den CNE zu delegitimieren. Nun, während mancher Wahlen unter
chavistischer Regierung hatten Organisationen wie das Carter Center, die EU und
die OAS die Wahlen scharf beobachtet und mussten Mal für Mal ihre Legitimität
konzedieren, trotz rechtem Dauervorwurf des Betrugs. Einzig der ehemalige
US-Präsident zog daraus den o. e. bemerkenswert ehrlichen Schluss! Venezuela
erklärte danach die Phase internationaler Beobachtung für Vergangenheit und
lässt seither auf internationaler Ebene bloss „die Begleitung“ von vom CNE
eingeladenen Gästen und als politische Geste die Beobachtung durch die UNASUR und
die Wahlgremien des Subkontinents zu. Auf nationaler Ebene sind hingegen viele
Missionen, die meisten davon aus der Rechten, für die Beobachtung offiziell
akkreditiert. Die OAS schliesslich hat sich mit einer rabiaten
Anti-Venezuela-Positionierung ebenso selber aus dem Kreis ernsthafter „Begleitungs“-Anwärter
verabschiedet wie mit Gesellenstücken wie 2011 in Haiti, wo sie schlicht und
ergreifend die vom dortigen Wahlgremium ermittelten Zahlen so umschrieb, dass
der Washington nicht genehme Kandidat aus der Stichwahl rausflog zugunsten des
danach zum Präsidenten erkorenen US-Günstlings Martelly (s. hier
und hier).
Almagro hatte auch „vergessen“, dass eine Reihe weitere OAS-Mitglieder keine
Wahlbeobachtung durch die OAS kennen: etwa die USA, Kanada, Brasilien, Chile,
Argentinien, Peru… (eine Beobachtung in den USA wäre nur schon deshalb speziell
reizend, da dort der höchstrichterlich abgesegnete Wahlausschluss
von Unterklassensegmenten ein grosses Ausmass annimmt).
Die internationale Aggression - Äusserungen
Es
wäre zu monoton, eine Liste von westlichen SpitzenpolitikerInnen zu nennen, die
sich in diesen Tagen und Wochen gegen den „chavistischen Wahlbetrug“
ausgesprochen haben. Erwähnen wir stellvertretend bloss Hillary Clinton und einige
Eurogrössen wie Cameron und Rajoy. Clinton sagte
an einem Treffen des Atlantic Council vom 30. November:
„Das Volk von Venezuela geht an diesem Wochenende an die Urnen und es
liegt wirklich an uns allen in dieser Hemisphäre, sicherzustellen, dass sein
Willen respektiert wird. Diese Verantwortung beginnt mit der Maduro-Regierung,
die bisher alles getan hat, um diese Wahlen zu manipulieren […] Das Volk von
Venezuela soll wissen, dass seine Freunde und Nachbarn in den Amerikas sich für
ihre Sache und ihre Verteidigung mobilisieren.“
Am
1. Dezember veröffentlichten Mariano Rajoy, David Cameron, Felipe González,
Thorbjorn Jagland (Generalsekretär des Europarates) und Ricardo Lagos
(Ex-Regierungschef Chile) die Stellungnahme „Venezuela
grita libertad“. Gleich zu Beginn werden Kolonialismus,
Massenterror, Völkermord ins rechte zivilisatorische Licht gerückt:
„Die Unabhängigkeit der Justiz, die Meinungsäusserungsfreiheit und die
Beachtung freier allgemeiner Wahlen sind untrennbar mit der westlichen
politischen Kultur verbunden und folglich auch mit jener von ganz
Lateinamerika“.
Der
blutige Umsturzversuch letztes Jahr war in Wirklich eine Reihe „friedlicher Demonstrationen“, die vom
Regime unterdrückt wurden. Deshalb verlangen die Verfasser die Freilassung von
Putschisten:
„Einen Demokraten einzusperren heisst, die Demokratie zu verraten. Wir
rufen die venezolanische Justiz dazu auf, sofort Leopoldo López und alle
anderen gefangenen politischen Oppositionellen freizulassen.“
Logischerweise finden die Typen es „höchst beunruhigend“, dass die OAS und
die EU nicht via „Beobachtung“ die Wahlen entscheidend beeinflussen dürfen
darf. Beunruhigend folgende Aussage:
„Wir können angesichts der legitimen Forderungen der demokratischen
venezolanischen Opposition nicht gleichgültig sein“.
Die
Veröffentlichung des Schreibens erfolgte übrigens im Rahmen der LENA, der dieses
Jahr gegründeten Leading European Newspaper Alliance, der El País, Die
Welt, Le Soir, Le Figaro, La Repubblica und aus der Schweiz der Tagesanzeiger
und die Tribune de Genève angehören. Ziel soll der Austausch von Artikeln sein.
Die internationale Aggression –
Desinformationskampagnen
Letzten
Mai fuhren die USA ihren venezolanischen Wahlkampf so richtig hoch: Die
internationalen Medien wurden überschwemmt mit Angaben zu strafrechtlichen
US-Untersuchungen gegen den venezolanischen Parlamentspräsidenten Diosdado
Cabello. Der leite angeblich das von Armeeoffizieren durchsetzte Drogen-Cartel
de los Soles, das im internationalen Drogenhandel zunehmend zentraler werde. Angestossen
hatte die Kampagne schon im Februar das spanische franquistische Blatt ABC, im
Mai übernahm das Wall Street Journal, dem die transnationalen Freimedien brav
folgten. Tenor: Die chavistische Regierung ist kriminell, sie muss beendet
werden. (Vgl. Venezuela
– die Fernsteuerung .) Danach gab es dazu keine „Enthüllungen“ mehr, bis am 11. November wieder
das Journal und CNN en español den transnationalen Kommerzmedien neuen
Brennstoff lieferten. Zwei enge Verwandte der venezolanischen Aktivistin und
Präsidentengattin Cilia Flores seien in Haiti festgenommen und an die USA
ausgeliefert worden, wegen Drogengrosshandels im Zusammenhang mit dem Cartel de
los Soles (vgl. Venezuela:
Zum Angriffsdispositiv.) Tatsächlich handelt es sich bei den beiden Festgenommenen
nicht um Verwandte von Flores, ihre Verhaftung war nach haitischen
Polizeiangaben eine faktische Entführung durch die US-Dienste, das Thema
schlummert seither bis zum nächsten Anlass. Auch diese Episodediente dem Wahlkampf
gegen die „kriminelle“ Regierung.
Als
letzten Coup landete die Propaganda die Erschiessung des rechten Politikers Luis
Manuel Díaz am 25. November an einer Wahlveranstaltung im Staat Guárico. OAS-Almagro
beeilte sich schon am folgenden Tag in einem offiziellen
Communiqué, den Mord richtig einzuordnen. Er
„unterstrich, dass die Ermordung eines politischen Führers eine tödliche
Wunde für die Demokratie bedeutet … Das Ereignis ist keine isolierte Episode,
sondern tritt im Verbund mit anderen Angriffen auf Führungskräfte der Opposition
ein, im Rahmen einer Strategie zur Einschüchterung der Opposition. ‚Tatsächlich
erfasst die Angst die ganze Gesellschaft und erschüttert die ganze
internationale Gemeinschaft‘, sagte Almagro.“
Auch
Hillary Clinton zeigte sich am o. e. Anlass des Atlantas Council empört wegen
der „kaltblütigen Ermordung“ von Díaz.
Im Chor durften natürlich Organisationen wie die Menschenrechtskommission CIDH der
OAS und Amnesty International nicht fehlen. Amnesty setzt sich in Sachen
Venezuela in beeindruckendem Ausmass zur Söldnerkraft herab (.s Regime-Change
humanitär und Correos 181,
„Amnesty International wäscht weiss“). Jetzt weiss
sie:
„Die Ermordung von Luis Manuel Díaz zeichnet ein
erschreckendes Bild der Lage der Menschenrechte in Venezuela.“
State-Departmentsprecher
John Kirby tweetete:
„Dies ist der tödlichste [sic!] mehrerer Angriffe der letzten Zeit auf Oppositionskandidaten“.
Natürlich beeilte sich die Medieninternationale, die
düsteren Umrisse des venezolanischen Unterdrückungsregimes entsprechend zu
würdigen. Nun, hätten sich Almagro, Clinton, Amnesty etc. pp. nicht sofort
begierig auf den „Diktaturmord“ gestürzt, hätten sie mitbekommen, das sin der
Gegend seit langem ein mörderischer Kampf zwischen zwei in „Gewerkschaften“
beheimateten Mafias herrscht, bei dem es um lukrative Pfründe für die
Zuverfügungstellung von Jobs vorallem im Tiefbausektor geht. Diese berüchtigten
mafiösen „Gewerkschaften“ haben das Recht, mindestens drei Viertel der
Arbeitsplätze zu vergeben. Díaz gehörte einer der beiden Mafias an, deren
Auseinandersetzung letzten Mai zweier seiner Vertrauten das Leben kostete. Er selber
sass bis vor kurzem wegen zweier Morde im Gefängnis, bis ihn ein Untersuchungsrichter
laufen liess. Díaz wurde mit einer auch bei einem anderen Mafiamord dieses Jahr
gebrauchten Waffe erschossen. Die Polizei hat mittlerweile einige der
materiellen Täter identifiziert und teilweise schnappen können. Die Frage an
AD, die Mitgliedspartei der MUD und der Sozialistischen Internationalen: Wie
kommt so einer auf ihre Liste für Parlamentskandidaten?
Die internationale Aggression – die militärische
Komponente
Ende
Oktober teilte
John Kelly, Chef des Südkommandos der US-Armee mit, er bete jeden Tag dafür,
dass Venezuela wegen seiner enormen wirtschaftlichen Probleme nicht kollabiere.
Im Falle einer dadurch bewirkten
„humanitären Krise […] könnten wir reagieren
und täten dies via Organisationen wie die UNO, die OAS oder die FAO.“
Am 8. November gab
der venezolanische Verteidigungsminister Vladimir Padrino López bekannt, dass
zwei Tage zuvor ein Aufklärungsflugzeug der US-Air Force, eine Dash-8,
begleitet von einer C17 Globemaster, die für „den strategischen und
schnellen Truppentransport“ benutzt wird, über einer Gegend des ölreichen
Staats Zulia Runden flog, bevor es abdrehte. Vor wenigen Tagen sei zudem der
US-Flugzeugträger George Washington in Kalifornien ausgelaufen und werde sich
just zur Wahlzeit in der Nähe Venezuelas befinden. Am 30. November teilte
der Minister mit, das Land befinde sich im Alarmzustand wegen unüblicher
US-Militärflüge in seinem Norden, Süden und Westen.
Die spanische Zeitung ABC, historisch klar im Faschismus verortet
und dieser Tradition auch heute treu bleibend, publizierte am 3. Dezember einen
Artikel (La oposición confía en que un sector del Ejército dé
un paso frente a Maduro) , wonach ein Teil der Opposition im
Falle eines „CNE-Betrugs“ auf einen „institutionellen
Sektor“ der Streitkräfte setze. Der ABC-Korrespondent Emili Blasco, der gelegentlich
antichavistische Leaks aus US-Geheimdienstkreisen kolportiert, schreibt:
„Was im Gang ist, ist kein Putsch,
sondern eine Operation, damit der sogenannte ‚institutionelle Sektor‘ der Armee
seine Stimme öffentlich erhebe und in den Kasernen Unterstützung finde, so dass
die Regierung einen Schritt zurückgehen müsse. ‚Es ist nichts, was am ersten
Tag abgeht, sondern es wird eine Eskalation sein‘, versichert eine der
Personen, die sich für dieses Szenarium einsetzt. In dem Mass, wie Tag für Tag
der Druck des Volkes und des Auslands steigt, werden sich auch mehr Mitglieder
der FANB [Streitkräfte] für die Respektierung des Volkswillens einsetzen.“
Blasco zitiert ein Grundlagenpapier für diese Bestrebungen, angeblich
verfasst von einer Consultingbude namens Orbis Consultores. Laut diesem Papier
wäre es das „wichtigste“ Ziel der
Opposition heute Sonntag, in der FANB
„einen radikalen Stimmungswechsel zu
produzieren … Der ‚institutionelle‘ Sektor kann sich durch massive Proteste
legitimiert fühlen ... Eine überwältigende Stimmabgabe für den Wechsel könnte
dazu dienen, ‚das Erscheinen von Armeegruppen zu fördern, die entschlossen
wären, für eine Anerkennung des Triumphs der Opposition Druck auszuüben. Die
Nicht-Anerkennung dieses Sieges würde zuerst ‚eine Pro-Wechsel-Fraktion in den
Kasernen sichtbar machen, die danach genügend reale Einflusskapazität gewinnen
könnte, , um eine politische Lösung ohne unüberwindbare Traumatas zu erzielen“.
Wie weit das Stimmungsmache ist, wie weit reale Putschversuche
reflektiert, können wir nicht beurteilen.
Wie spannungsgeladen
das Klima ist, zeigt auch die Meldung, wonach eine Verschiebung des für den 21.
Dezember vorgesehenen Mercosur-Gipfels im Gespräch sei. Neben der Entwicklung
in Venezuela soll dabei auch die Krisenlage in Brasilien einen Einfluss haben.