(zas, 23.5.16) Am vergangenen 16. Mai setzte Barack Obama
ein neues Gesetz in Kraft, den Transanational Drug Trafficking Act. Die US-Medien
haben dem im Senat von Dianne Feinstein und Chuck Grassley parteiübergreifend
vorgespurten Gesetz bisher geschlossen keine Beachtung geschenkt. Im Gegensatz
zu kolumbianischen Medien. Denn die Neuerung besteht in einer Bestimmung, die theoretisch
auch einfache Coca-BäuerInnen mit der Auslieferung in die USA bedroht. Feinstein
sagt in einer Pressemitteilung:
„Drogengrosshändler von Ländern wie
Kolumbien oder Peru benutzen oft mexikanische Drogenhändlerringe als Maultiere,
um illegale Drogen in die USA zu bringen“. Solche Dealer, so Feinstein und
Grassley, haben sich bisher mit der Schutzbehauptung, sie hätten nicht gewusst,
dass die Ware in die USA ginge, der Auslieferung entziehen können. Damit sei jetzt Schluss.
Letzten Oktober, als die Vorlage im Senat angenommen wurde, zitierte
das kolumbianische Blatt El Tiempo aus dem Gesetz, dass „jede Person, die eine kontrollierte Substanz (aus der Liste verbotener
Substanzen) oder eine Chemikalie herstellt, die weiss, vorhat, oder Grund zur Annahme hat,
dass diese Substanz oder Chemikalie illegal in die USA (…) eingeführt werden wird“,
von der US-Justiz zur Auslieferung ausgeschrieben werden kann. „Diese Änderung ist bedeutsam“, so das
Blatt weiter, „denn sie erlaubt die
Auslieferung jeder Person in Kolumbien, die Coca sät oder produziert, auch wenn
sie selber gar nicht direkt in die USA exportiert“. El Tiempo sieht dieses Gesetz im Widerspruch
zu den auch vom kolumbianischen Präsidenten Santos unterstützen Bestrebungen, von
der gescheiterten Linie des Drogenkriegs made in USA wegzukommen. Der
kolumbianische Justizminister verweist dagegen darauf, dass für eine Auslieferung
ein Teil des Delikts in den USA begangen sein müsse, was beim Coca-Pflanzen
nicht der Fall sei.
Quelle: Colombia Reports |
Colombia
Reports zitiert den bekannten Lobbyisten und Analytiker aus dem Dunstkreis
der Demokratischen Partei, Adam Isaacson vom Washington Office on Latin America,
mit etwas genaueren Hinweisen: „Die
grösste Wirkung dieses Gesetzes könnte darin bestehen, US-Auslieferungs-Gesuche
für Kader von bewaffneten Gruppen zu erleichtern“, die Isaacson als „FARC, ELN und Bacrim“ (heutige
Umschreibung für Para-Militärs) identifiziert. Ein Sprecher der Coca-PflanzerInnen
in Nordost-Kolumbien nennt das Gesetz „gefährlich“:
„Es geht gegen die Abkommen in Havanna
und trägt in tausende von kolumbianischen Familien Unruhe, die als einzige Alternative
den Coca-Anbau hatten“ (id.).
Das Gesetz birgt tatsächlich einen gewissen Sprengsatz für
die Friedensverhandlungen der Guerillas mit der Regierung. Eine Bedingung für
die Waffenniederlegung der FARC ist natürlich, dass keinem US-Auslieferungsgesuch
stattgegeben werde. Beim ELN wird das nicht anders sein. Die US-Drogenbehörde
DEA, in Kolumbien, wo man sie kennt, mit denkbar schlechtem Ruf ausgestattet, hat reichlich Erfahrung darin, den von ihr
gelenkten Drogenhandel Missliebigen anzuhängen. Vermutlich wird das die Verhandlungen
in Havanna, die kurz vor Abschluss zu stehen scheinen, nicht beeinträchtigen.
Aber es wäre ein probates Mittel in den Händen Washingtons, bei allfälligem
späteren „Ungebührlichkeiten“ ehemaliger Guerillas nicht wirklich für law, aber für order zu sorgen.