(zas, 20.6.16) Einen Hintergrundbeitrag zum Verständnis der
aktuellen Kämpfe in Oaxaca und anderswo in Mexiko enthält der Artikel Las Zonas Económicas
Especiales y la represión a la CNTE von Agustín Ávila Romero, der an der
Universidad Intercultural de Chiapas lehrt. Der Kampf der
LehrerInnengewerkschaft CNTE geht gegen das neue neoliberale Erziehungsgesetz,
das unter dem Vorwand von Professionalisierung des Lehrkörpers insbesondere auch
dessen Verbundenheit mit den kommunitären Strukturen der indigenen
Bevölkerungen tilgen will. Es ist kein Zufall, so der Autor, dass dieser Kampf
besonders im Südosten Mexikos eine breite Unterstützung findet.
Denn hier plant die Regierung im Verbund mit Weltbank und
Interamerikanischer Entwicklungsbank (IADB) die Errichtung von
Sonderwirtschaftszonen (ZEEs, Zonas Económicas Especiales); das entsprechende
Gesetz wurde am letzten 1. Juni im Amtsblatt publiziert. Betroffen ist ein
Riesengebiet, das von der Atlantikküste des Staates Veracruz nach Chiapas an den
Puerto Chiapas am Pazifik und von dort nach Norden bis zum Puerto Lázaro
Cárdenas in Michoacán reicht. Hierher sollen internationale Investitionen fliessen.
In einem dem Autor zugänglichen Dokument des Finanzministeriums werde
„klar gefordert, dass in den Staaten Chiapas, Oaxaca, Guerrero und Michoacán energische Massnahmen für die Herstellung von Sicherheit und sozialer Stabilität ergriffen werden.“
Weshalb die involvierten Ministerien
„mit dem Sicherheitskabinett zusammenarbeiten, um jegliche soziale Manifestation, die die Verwirklichung der Sonderwirtschaftszonen erschweren könnte, einzugrenzen und aufzubrechen“.
Ávila Romero schreibt weiter:
„Denn diese Zonen werden nicht nur ausländischen Unternehmen ausgehändigt, sondern sie verändern vorallem das bäuerliche und indigene Leben, das sich in diesen Staaten unseres Landes konzentriert. In diesem Sinn sind Lehrerinnen und Lehrer, die kollektive Werte, Verbundenheit mit dem Territorium und kulturellen Praktiken der ethnischen Selbstbehauptung und einer harmonischen Beziehung mit der Natur fördern, FeindInnen. Sie widersetzen sich diesem neuen Prozess der Kolonialisierung und der Einhagung der Commons, der von der Bundesregierung und ihren transnationalen Partnern organisiert wird.“
Nicht nur die Weltbank hat mit Knowhow zur Sonderzonen-Offensive
beigetragen, wie sich aus dem Dokument des Finanzministeriums ergibt, sondern
vorallem die IADB. Diese unterstützt demnach
„nicht nur den Planungsprozess der Sonderwirtschaftszonen in Bereichen wie städtische Entwicklung und begleitende Politmassnahmen, sondern sie hat eine Strategie der gesellschaftlichen Stabilität erarbeitet, die den Investitionsfluss in die ZEEs garantieren soll.“
Hier haben wir den Hintergrund für die aktuelle Strategie
der Destabilisierung und enormen Kriminalisierung der sozialen Bewegungen.
„Zu beachten ist, dass die Sonderwirtschaftszonen auch die territoriale Neuordnung von bäuerlichen Comunidades nahe der Küste von Chiapas, der Landenge von Tehuantepec und des Hafens von Lázaro Cárdenas impliziert. [Im Dokument] werden klar gemischte Landeigentumsformen behandelt für die Bereiche Agroindustrie, Bergbau, Wasserkraft und Infrastruktur, die im Süd-Südosten schon erkennbar sind. Und die diese Regionen der extraktivistischen Strategie unterordnen, um ihre Erze, Erdöl, Wasser und Arbeitskräfte zu plündern.“
Eine Organisation wie die CNTE mit ihrer Verbundenheit mit
der Armutsbevölkerung wird hier zum Angriffsobjekt.