USA: Auch in Nicaragua “durchgreifen”

Dienstag, 1. August 2017



(zas, 1.8.17) Der US-Kongress ist gut im Sanktionieren. Man hört davon in den Medien. Untergegangen ist der Umstand, dass Ende letzten Monat das US-Repräsentantenhaus eine verschärfte Form des schon vor einem Jahr abgesegneten, aber im Senat nie behandelten Nica Act praktisch einstimmig verabschiedete. Im Frühherbst steht die Senatsrunde an. Kommt der Gesetzesentwurf auch im Senat durch, muss das State Department binnen 90 Tagen einen Bericht über die Korruption von sandinistischen FunktionärInnen, über „Fortschritte“ im Wahlsystem, über „Verbesserungen in der Menschenrechtslage u. a. abliefern.
Eine Verschärfung besteht darin, dass in Sachen Wahldemokratie ein Anfang Jahr zwischen der Regierung Ortega und dem OAS-Generalsekretär Luis Almagro getroffene Übereinkunft noch nicht einmal Erwähnung findet. Almagro konnte damals den Wahlprozess im Land nicht unter die Regie seiner Organisation stellen.
Dem State Department dürfte einiges in Nicaragua definitiv nicht passen (so die Unterstützung für Venezuela). In diesem Fall würde der Nica Act zwingend die dank US-Vetomacht garantierte Blockierung aller Kredite multinationaler Finanzinstitute (Weltbank, Interamerikanische Entwicklungsbank etc.) nach sich ziehen. Die in den rechten Nicamedien ausgiebig befragte Hauptsponsorin des Nica Act, die US-Repräsentantin Ileana Ros Lehtinen, verschweigt dieses „kleine Detail“ und redet lieber über Konditionen für die US-Finanzhilfe im Rahmen eines regionalen Zurichtungsprogramms, der Alliance for Prosperity. Real bedeutet der Nica Act die Wiederaufnahme der Modalitäten des US-Wirtschaftskriegs der 1980er Jahre. Der Gesetzesentwurf will dafür folgende Generallinie verankern (Sec. 6): „Das State Department und die United States Agency for International Development sollte die Auslandshilfe für das nicaraguanische Volk priorisieren, um der Zivilgesellschaft bei Demokratie- und Governanceprogrammen einschliesslich einer Menschenrechtsdokumentation zur Seite zu stehen.“
Die sandinistische Regierung hat mit der Anstrengung eines Wiederaufnahmeverfahren vor dem Internationalen Gerichthof in Den Haag geantwortet. 1986 hatte Nicaragua von diesem
Gericht das Recht auf Wiedergutmachung durch die USA zugesprochen erhalten. Washington hatte damals einen tatsächlich terroristischen Krieg gegen die junge Revolution finanziert und dabei, wohl entscheidend für das Urteil, auch den einzigen Handelshafen des Landes demoliert. Die USA haben sich einen Deut um das verbindliche Urteil geschert.
Dass der Nica Act ein Instrument der wirtschaftlichen Aggression ist, lässt sich auch den Worten des Chefs der IWF-Mission im Land entnehmen: „Wir sehen dies [Nica Act] mit Besorgnis. Uns scheint, er könnte negative Implikationen für Nicaragua haben.“ Vermutlich meint das, dass der Fonds nun Druck auf die Regierung Ortega in Richtung eines „Einlenkens“ ausüben will. Das dürfte nicht so einfach werden. Bei aller berechtigter Kritik am derzeitigen Zustand des Sandinismus (Korruption, Autoritarismus, Clanmacht, reaktionäre Deals mit Unternehmen und Kirchenhierarchien etc.) zeichnen sich Daniel Ortega und seine Regierung durch eine klar anti-imperialistische Haltung aus - und eine Politik der sozialen Fortschritte.
19, Juli 2017: Unterwegs aus den Gemeinden nach Managua zur Feier des 38. Jahrestags der Revolution. Solche Bilder wünscht man in Washington nicht mehr zu sehen.