Venezuela: Die Kommune ist die territoriale Zelle des Sozialismus

Sonntag, 28. April 2019


(zas, 28.4.19) Ein Interview mit einem Kommunensprecher in Caracas. Eine Stimme von unten, die reale Schwierigkeiten der Basisprozesse anspricht und einerseits den Kampf mit/gegen die Regierung und andererseits deren Funktion als Schutzmauer für die Unterklassen  thematisiert.
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Federico Simonetti befragt Gsus García, Sprecher der Comuna Socialista Altos de Lídice, einer Gegend im Gemeindebezirk La Pastora von Caracas.

FS: Zuerst das Wichtigste: Die von euch entwickelte Erfahrung nennt ihr Comuna Socialista Altos de Lídice. Warum sozialistisch? Was versteht ihr darunter?
GG: Eine neue Art, die Sachen zu machen. Eine andere Form, als die, in der wir erzogen wurden. Von einem wissenschaftlichen Standpunkt fehlt uns vielleicht noch viel, um in der Idee unseres Sozialismus weiterzukommen. Aber ich denke in der Kommune gibt man das beste Beispiel für den Aufbau des Sozialismus in der Praxis. Vielleicht ist einer der grossen Fehler der bolivarischen Revolution, all diese Prozesse nicht systematisiert zu haben. Hier hat Reinaldo (Itzurrita)[i] vorwärts gemacht, ja, Reinaldo hat da viel Bewegung reingerbacht. Wenn wir an der Kollektivierung des Tuns arbeiten, auf jeder Ebene - Gesundheit, sozial, wirtschaftlich, produktiv – dann machen wir Sozialismus. Natürlich haben wir weiter viele Beziehungen mit rein kapitalistischer Logik. Aber wenn der Reichtum, den wir mit unserer Arbeit erschaffen, gleich aufgeteilt oder direkt in Soziales investiert wird, wenn es nicht um Profit geht, sondern um die Probleme in der Comunidad, dann erschaffen wir etwas Neues. Das war anders früher. Wenn jemand im Viertel in eine soziale Hilfe oder in die Feier des Tages des Kindes investierte, dachte man: «Dieser Typ ist Copain, der ist o. k.». Nein! Hier geht dieses Ding mit den guten Leuten nicht mehr, das muss sich in ein Regierungssystem wandeln. Und wenn wir das in ein System der territorialen Regierung umwandeln, dann schaffen wir Sozialismus. Da sind wir uns sicher. Im kapitalistischen Rahmen haben wir keine Figur dieser Art gefunden. Deshalb denken wir, dass wir in der Kommune[ii], im System der Territorialarbeit, in der sozialistischen Kommune den Sozialismus gebären.



[i] Früher Minister für Kommunen, heute Mitglied der Verfassungsgebenden Versammlung.
[ii] Territoriale Dachorganisation mehrerer kleinräumigerer Consejos Comunales, Basisorganisationen in der Nachbarschaft.

Venezuela: Ablenkungsmanöver, Kriegsvorbereitungen?

Montag, 22. April 2019


(zas, 22.4.19) Die State-Department-Sprecherin Morgan Ortagus teilte letzten Freitag per Twitter mit: „Wir applaudieren der Regierung von Malta die ihren Luftraum für russischen Flüge gesperrt hat, die das brutale ehemalige Regime in Venezuela versorgen sollen. „Wir rufen alle Länder auf, Maltas Beispiel zu folgen und die Kreml-Unterstützung für den Diktator Maduro zu stoppen.“
Am Montag zuvor veröffentlichte CNN auf der Basis der Aussagen eines/er nicht namentlich genannten, aber „mit der Sache vertrauten“ Offiziellen von neuen Ideen zum Umgang mit Venezuela, die das Pentagon aufgrund einer Anweisung von Sicherheitsberater John Bolton entwickle: „Das Pentagon entwickelt neue militärische Optionen für Venezuela, gerichtet auf die Behinderung des russischen, kubanischen und venezolanischen Einflusses im Regime von Präsident Maduro, die aber vor jeden kinetischen Militäraktion Halt machen.“ CNN fügt an: „Und obwohl Aussenminister Mike Pompeo kürzlich erklärte, ‚alle Optionen’ lägen auf dem Tisch, sagen verschiedene Pentagon-Offizielle weiterhin, im Verteidigungsministerium gäbe es keinen Appetit auf einen US-Militäreinsatz gegen das venezolanische Regime (…) Stattdessen könnten zu den Abschreckungsoptionen auch US-Marinemanöver unmittelbar in der Region, die humanitäre Hilfe betonen, und mehr militärische Interaktionen mit Nachbarländern gehören. Die Idee wäre, jede russische, chinesische oder kubanische Vorstellung, sie könnten unwidersprochen Zugang zur Region haben, in Frage zu stellen.“
Die Malta-Episode wird von russischen Behörden mehr als Propagandashow behandelt. Ein Mitglied des Zentrums für Sicherheitsstudien der Akademie der Wissenschaften wird zum US-Vorhaben, russische Transporte zu blockieren, in einem Bericht von Sputnik so zitiert: „Es ist wenig wahrscheinlich, dass die USA die internationale Gemeinschaft beeinflussen können. Es gab schon ähnliche Ideen, wenn auch in anderem Kontext, um die europäischen Häfen für russische Schiffe zu sperren. Aber sie hatten keinen Erfolg.“
Dennoch werden sich solche Meldungen wohl häufen. Der Gegner soll natürlich über widersprüchliche Wortmeldungen und Handlungen im Ungewissen gelassen werden, ob es zum offenen Krieg kommt oder nicht. Einiges spricht dagegen, aber das auszuschliessen könnte geradezu einer Einladung zum Militärangriff gleichkommen. Unterdessen wird die wirtschaftliche Strangulierung intensiviert, die Menschen werden je länger je mehr psychisch angegriffen werden, die Militarisierung unter dem Radar in Form von z. B. paramilitärischem Aufmarsch an den Grenzen Venezuelas und/oder koordinierter bewaffneter Angriffe im Innern unter dem Deckmantel der „Freiheitskommandos“, welche Trumps Marionette Guaidó angeblich zu Tausenden bereit hält, verschärft sich.
Auch wir, die solidarischen Antikriegskräfte international, werden so auf Trab gehalten – manchmal vielleicht fundiertes, oft aber oberflächliches geostrategisches Werweissen droht, unsere Überlegungen auf ein abschüssiges Terrain zu verlegen, auf „Geostrategisches“, weg von der gesellschaftlichen Auseinandersetzung in und zu Venezuela. Einfach gesagt: Wenn die ganze Zeit von der „sozialistischen Misswirtschaft“ in Venezuela die Rede ist, hat das vielleicht auch damit zu tun, dass vielerorts die Frage nach einer anderen Gesellschaft als der der kapitalistischen Zerstörung aufkommt. Und natürlich damit, die vernichtende Grausamkeit des „Sanktionsregimes“ zu verschleiern. Versuchen wir, uns an solchen Inhalten zu orientieren, auch an den spärlichen Informationen darüber, wie die Menschen, die Klassen, in Venezuela mit der Lage umgehen. Ohne deswegen natürlich die reale Kriegsdrohung aus den Augen zu verlieren.

„Venezuelas Platz als Land der oberen Mittelklasse wiederherstellen“

Sonntag, 21. April 2019


(zas, 20.4.19) Vor einer Woche veröffentlichte der Recherchierjournalist Max Blumenthal den  Artikel US Military Attack on Venezuela Mulled by Top Trump Advisors and Latin American Officials at Private DC Meeting. Blumenthal berichtete darin über ein vom Center for Strategic and International Studies (CSIS) organisiertes Off-the-record-Treffen am 10. April zum Thema „Assessing the Use of Military Force in Venezuela“ ( Einen Militäreinsatz in Venezuela einschätzen). Das CSIS ist ein seit Jahrzehnten besonders eng mit dem militärisch-industriellem Komplex in den USA verbundener Thintank. Zwei zum Geheimtreffen eingeladene Personen (Sarah Baumunk vom CSIS und Santiago Herzoiga von Hills & Company, einer führenden Wirtschafts- und Strategieconsultingbude in Washington), bestätigten das Treffen. Gekommen waren, so Blumenthal, „einige der einflussreichsten BeraterInnen in Sachen Venezuela-Politik der Trump-Administration. Darunter aktuelle oder ehemalige Offizielle des State Departments, des National Intelligence Council, des National Security Council und Admiral Kurt Tidd, der bis vor kurzem das US-Südkommando kommandiert hatte. Ranghohe Offizielle der Botschaften von Kolumbien und Brasilien sowie die Washingtoner Vertretung der Schattenregierung des venezolanischen Putschleaders Juan Guaidó nahmen ebenfalls teil.“
Blumenthal, Sohn eines mit Hillary Clinton verbandelten Politikers und bekannt auch als Autor eines Buches auf der Bestsellerliste der New York Times, hängt die Liste der rund 40 zum Treffen Eingeladenen an seinen Artikel an. Nach den Misserfolgen der bisherigen Putschstrategie (die „humanitäre“ Show an der kolumbianisch-venezolanischen Grenze am 23. Februar, die einander folgenden, bisher fruchtlosen Aufrufe Guaidós zu Grossmobilisierungen – die nächste ist auf den 1. Mai angesagt  - u. a.) „signalisiert das CSIS-Treffen, dass die Administration Trump militärische Optionen wieder ernsthafter prüft“. Über den Verlauf des Treffens lagen Blumenthal keine Informationen vor.
aus der TeilnehmerInnenliste. Bild: Grayzone.
 Interessant dafür seine Angaben zu den Teilnehmenden, dem „Who’s Who der PutschberaterInnen der Trump-Administration“. Mit am Relevantesten zweifellos der frühere State-Department-Diplomat William Brownfield, der als eine der treibenden Kräfte hinter dem aktuellen Sanktionsregime gegen Venezuela gilt und sich ihres verbrecherischen Charakters bewusst ist (s. dazu «Zur Logik der Sanktionen»). Zu den bekannteren Neocons in der heutigen Venezuela-Politik zählt Roger Noriega, berüchtigt aus den Jahren der Zentralamerika-Kriege von Reagan und Bush Sr., später u. a. Leiter der Lateinamerikaabteilung State Department. Er hatte Ende letzten Oktober im Miami Herald Brownfield für eine besondere Position in Sachen Venezuela vorgeschlagen: „Eine drängende Aufgabe ist die Weisung an die US-Armee, sich zusammen mit unseren Verbündeten für wahrscheinliche Notsituationen zu wappnen, um Menschenleben zu retten und die Ordnung wieder herzustellen. Der Karrierediplomat a. D. William Brownfield ist dafür ein logischer Kandidat.“
Auch Noriega befleissigte sich im Herald der mittlerweile zum Markenzeichen dieser Szene gewordenen Sprache: „Die Führer der venezolanischen Kabale – Maduro, Tareck El Aissami und Diosdado Cabello – haben sich für einen kriminellen Weg entschieden, der sie in ein amerikanisches Gefängnis oder in einen frühen Tod führen wird“. Pedro Burelli, ein weiterer Teilnehmer am CSIS-Treffen, früher bei JP Morgan und vor Regierungsantritt von Chávez Chef der venezolanischen Ölgesellschaft PDVSA, teilte letzten Januar Maduro per Twitter Folgendes mit: „Hör zu, du hast in den nächsten 24 Stunden nur zwei Optionen: 1. Wie [der frühere Diktator von Panama] Noriega büssen für Drogenhandel und danach Internationaler Strafgerichtshof in Den Haag wegen Menschenrechten; 2. Oder à la Gaddafi.“ Weitere Kostprobe: John Bolton, Trump’s Nationaler Sicherheitsberater, Faschist und besessener Kriegstreiber, sagte am 1. Februar in einem Radiointerview: „Nun, ich sagte gestern in einem Tweet, ich wünsche ihm [Maduro] einen langen und ruhigen Ruhestand an einer schönen Küste weit weg von Venezuela. Und je schneller er das ausnützt, desto eher wird er wahrscheinlich einen netten Ruhestand an einer hübschen Küste haben statt in einer anderen Küstenregion wie Guantánamo.“ Als die USA den ganzen Bankensektor Venezuelas mit Sanktionen belegte, meinte der gleiche Bolton am 22. März 2019 unter Bezug auf einen der grössten Unholde in der sog. Popkultur: „Die Wirkung der Sanktionen ist kontinuierlich und akkumuliert sich. Es ist wie in ‚Star Wars’, wenn Darth Vader jemanden erwürgt. Das machen wir wirtschaftlich mit dem Regime.“
Wir sehen, wes Geistes Kind diese Figuren sind.
Bolton, Vader
Blumenthal stellte weitere TeilnehmerInnen des Geheimtreffens vor, Figuren der staatlichen Entwicklungsagentur USAID, Michael Shifter, Chef des Inter-American Dialogue (Führungsfiguren aus Politik und Wirtschaft der Amerikas), Emiliana Duarte, Artikelverfasserin im Caracas Chronicle, dem rechtsextremen englisch-sprachigen Oppositionsorgan, von dem Artikel auch in der „trotzkistischen“ Westschweizer Homepage Alencontre verbreitet werden u.a. Halten wir uns noch einen kleinen Moment beim Treffenteilnehmer Fernando Cutz auf. Der Mann leitete unter Obama die Südamerika-Abteilung des Nationalen Sicherheitsrats. Seine Teilnahme an der Kriegsberatung des CSIS steht für den „überparteilichen“ Willen, in Lateinamerika (und zuvorderst in Venezuela) um jeden Preis „aufzuräumen“. Ein Ziel der von ihm mitformulierten Intervention in Venezuela formulierte er einem Streitgespräch in CGTN America, dem Amerikas-Ableger des chinesischen Medienkonglomerats CGTN, am letzten 12. Februar tatsächlich so: Es gehe darum, „Venezuelas Platz als Land der oberen Mittelklasse wiederherstellen“ (Min. 22:15).
Die verschärften Angriffe auf Kuba (s. Die USA wollen die Monroe-Doktrin gegen Kuba wieder aufleben lassen) oder etwa die Sanktionierung der wichtigen nicaraguanischen Bank Bancorp durch das US-Finanzministerium am 17. April machen deutlich, woher der wind weht. Bancorp hatte Finanztransfers für die venezolanische Hilfe an Sozialprogramme in Nicaragua getätigt. Gegen Venezuela wird das Sanktionsprogramm der ökonomischen Erdrosselung und Verschärfung der Alltagsnot schon fast im Wochenrhythmus verschärft. Und doch propgierte Rick Scott, Senator aus Florida, in einer Rede vor dem American Enterprise Institute vom 11. April eine US-Militärintervention: “Und wenn Armeeeinsatz seitens der USA und unserer Verbündeter in der Region nötig ist, um die Plage von Maduro und seinen Schurken loszuwerden, dann dürfen wir ihn nicht ausschliessen.“ Es gibt viele derartige Beispiele aus der letzten Zeit. Es gibt auch Gegenstimmen. Der in Sachen US-Politik gegen Lateinamerika relevante Miami Herald etwa oder in CNN Juan Gonzalez, früher Kader für Lateinamerika im State Departtment und heute für diese Region zuständig in der ebenfalls am CSIS-Treffen beteiligten Cohen Group, einer weiteren Washingtoner Strategieconsulting, wandten sich postwendend gegen die These von Rick Scott. Tenor dieser Fraktion: „Wir können sie mit Sanktionen aushungern, ohne Komplikationen mit Armeeeinsätzen zu riskieren.“ Dennoch ist unbestreitbar, dass sich die Prokrieg-Statements von EntscheidungsträgerInnen häufen. Alles nur psychologische Kriegsoperation, alles nur Wahlkampf?
Im März 2016 pries Obamas Finanzminister Jack Lew die US-Sanktionspolitik, warnte aber auch davor, dieses hervorragende Instrument – oft eine „silver bullet“ - der globalen Machtpolitik nicht durch inflationären Gebrauch abzunutzen. Werden Sanktionen zu flächendeckend eingesetzt, wirken sie kontraproduktiv: Die Sanktionierten suchen nach Wegen für Finanztransaktionen ausserhalb des Dollarsystems, wo doch „die Zentralität unseres Finanzsystems seit dem 2. Weltkrieg eine Quelle enormer Stärke für unsere Wirtschaft, ein Vorteil für US-Unternehmen und eine treibende Kraft für die globale US-Führung gewesen sind“. Die Neocons in Washington belegen heute in rasendem Tempo stets weitere nicht-genehme Akteure rund um den Globus mit Sanktionen, mit dem Ergebnis, dass diese unter Leitung von Russland und China nach Wirtschaftsbeziehungen ausserhalb des Dollars suchen. Promovieren tonangebende Machtcliquen in den USA einen neuen „permanenten Krieg“ auch, um das von Lew genannte Risiko zu neutralisieren? Im Falle von Venezuela zusätzlich auch, weil sich die Möglichkeit abzeichnet, dass die silver bullet der Sanktionen allein nicht ausreicht, genügend Menschen in die Knie zu zwingen? 
Chavistische Basis im Widerstand: Comuna Altos de Lídice.



Europäische Geheimdienste und die Operation Condor

Samstag, 20. April 2019


(zas, 19.4.19) Am vergangenen 12. April übergaben die USA erneut zahlreiche Archivunterlagen ihrer verschiedenen Geheim- und Sicherheitsdienste in Sachen Operation Condor an Argentinien, wie von Obama 2016 mit der argentinischen Regierung vereinbart. Insgesamt handelt es sich um 47'000 Seiten, die (stellenweise geschwärzt) auf einer Homepage der US-Dienste einsehbar sind (https://www.intel.gov/argentina-declassification-project/records). Operación Condor operierte in den 70er Jahren als Zusammenschluss der Geheimdienste der Militärdiktaturen des Cono Sur zur Verfolgung, Folter und Ermordung von Linken in den Territorien der Mitgliedsländer und darüber hinaus. Insbesondere die argentinische Justiz bemühte sich um Aufklärung und Sühne dieser Verbrechen, auch, da die operative Condor-Zentrale in Buenos Aires war. In diesem Zusammenhang mussten die USA einen Teil ihrer Informationen zum Thema herausrücken, wohl wissend, dass diese Enthüllungen kaum für Schlagzeilen oder gar eine klärende Berichterstattung in den Medien sorgen würden.
Immerhin publizierte The Guardian im Artikel European spies sought lessons from dictators’ brutal ‘Operation Condor’ von letztem Dienstag interessante Angaben zum Thema. Das Blatt zitiert aus einem CIA-File vom 7. April 1978: „Vertreter der westdeutschen, französischen und britischen Geheimdienste hatten das Sekretariat der Condor-Organisation in Buenos Aires im September 1977 besucht, um Methoden zur Gründung einer mit Condor vergleichbaren Anti-Subversionsorganisation zu diskutieren“. Und weiter: „’Die terroristisch/subversive Bedrohung in Europa hatte so gefährliche Ausmasse angenommen, dass es ihnen das Beste schien, ihre Geheimdienstressourcen in einer kooperativen Organisation wie Condor zusammenzuziehen’, sagten die Europäer, so der Guardian, laut dem Dokument dem Condor-Sekretariat in Buenos Aires“.   
Condor, „die kooperative Organisation“, stand für Terror, Folter und Verschwindenlassen.
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Bild The Guardian

Gegen die ETA, für den Condor
Resumen Latinoamericano reproduzierte den Artikel LOS PAPELES DE LA SANGRIENTA "OPERACIÓN CÓNDOR" AL DESCUBIERTO. ¿HUBO PARTICIPACIÓN ESPAÑOLA EN LA MISMA? des Portals Canarias Semanal vom 15. April zum Thema Condor. Darin kommt ein Interview des in Spanien einsitzenden und wegen Verbrechen gegen die Menschheit zu 1000 Jahren Knast verurteilten ehemaligen argentinischen Marineoffiziers Adolfo Scilingo zur Sprache. Scilingo war während der Diktatur an den Todesflügen der argentinischen Streitkräfte beteiligt, bei denen bewusstlos gemachte GenossInnen aus Militärfliegern in das Meer oder den Río de la Plata geworfen wurden. Er legte in den 90er Jahren vor der Menschenrechtsorganisation CELS Zeugnis über diese Verbrechen ab. Ein Ausschnitt aus dem Artikel: 

„Scilingo offenbarte von seinem Gefängnis in Spanien aus dem Internetportal ‚Vox Populi’, dass er, während er als Unterdrücker für die argentinische Marine operierte, im Folterzentrum, wo er ‚arbeitete’, Besuch von Vertretern der spanischen Marine erhalten hatte. Ihm zufolge lag der Grund ihrer Anwesenheit darin, dass ‚sie nach Argentinien kamen, um Unterstützung im Kampf gegen die Subversion anzubieten` und der argentinischen Marine die adäquatesten Techniken für eine wirksame Folter der Gefangenen zu lehren. Im Interview mit dem spanischen Portal Vox Populi, das von den anderen spanischen Medien – digitalen oder aus Papier – nicht veröffentlicht wurde, berichtete der Ex-Hauptmann der argentinischen Marine, dass ihm einer der drei ‚spanischen Vertreter’ mitgeteilt habe, dass er ‚persönlicher Gesandter des spanischen Königs` nach Buenos Aires gekommen sei als, ‚um auf der Basis seiner Erfahrung mit der ETA im Kampf gegen die Subversion mitzuarbeiten.’“
 
https://youtu.be/Vuvl-cYosLk


Die USA wollen die Monroe-Doktrin gegen Kuba wieder aufleben lassen

Donnerstag, 18. April 2019


David Brooks *
Zum Jahrestag der gescheiterten CIA-Invasion an der Schweinebucht 1961 kündigte das Trump-Regime eine weitere Offensive gegen Kuba an, um internationale Investitionen, Reisen und Tourismus und Geldüberweisungen in dieses Land einzuschränken. Dies einschliesslich extraterritorialer Massnahmen und explizit, wie vor 58 Jahren, um die kubanische Regierung zu stürzen und die Monroe-Doktrin wiederzubeleben.
Ab 2. Mai wird die US-Regierung zum ersten Mal Kapitel III des Helms-Burton-Gesetzes in Kraft setzen. Bisher haben die Präsidenten beider Parteien dieses Kapitel des 1996 unter dem Demokraten Bill Clinton erlassenen Gesetzes suspendiert. Es erlaubt Klagen gegen ausländische Unternehmen vor US-Gerichten wegen Investitionen in Eigentum, das von Kuba nach der Revolution enteignet worden ist. Damit können US-BürgerInnen inkl. eingebürgerter KubanerInnen Unternehmen anklagen, die sich am „Handel" mit ihrem früheren Eigentum bereichert haben.
US-Aussenminister Mike Pompeo erklärte diesen Entscheid damit, dass „die Détente mit diesem Regime gescheitert“ sei, sowohl hinsichtlich des Wandels im Innern wie auch „des Verhaltens Kubas in der westlichen Hemisphäre, das die Sicherheit und Stabilität der Länder in der Region unterminiert und damit direkt die Interessen der Nationalen Sicherheit der USA bedroht“. Er beschuldigte Kuba, „seine Taktiken der Einschüchterung, Unterdrückung und Gewalt (…) zur direkten Unterstützung des Maduro-Regimes nach Venezuela exportiert“ zu haben. Pompeo schloss mit diesen Worten: „Wir helfen jenen, die vom Regime beraubt wurden (…) und fördern die Menschenrechte und die Demokratie für das kubanische Volk.“
Kurz danach kündigte US-Sicherheitsberater John Bolton an einer Schweinebucht-Gedenkfeier in Miami mit US-kubanischen Veteranen dieser CIA-Operation zum Sturz von Fidel Castro an, Washington werde die bewilligten Überweisungen von US-KubanerInnen an ihre Angehörigen auf $ 1000 pro Person und Trimester limitieren sowie Reisebeschränkungen für US-BürgerInnen ohne Angehörige auf der Insel einführen. Gleichzeitig kündigte er weitere Sanktionen gegen Venezuela und Nicaragua an.

Auch Nicaragua und Venezuela
Damit werden Schlüsselelemente der unter Obama betriebenen Normalisierung der bilateralen Beziehungen – von Bolton als „verheerend“ bezeichnet – umgedreht und die Offensiven gegen die Regierungen von Kuba, Venezuela und Nicaragua – seiner „Troika der Tyrannei“ – intensiviert.
Bolton machte aus dem Ziel von all dem kein Geheimnis: „Die USA hoffen, jede Ecke dieses schmutzigen Dreiecks fallen zu sehen: in Havanna, Caracas und Managua.“ Er hielt unter spezieller Erwähnung Russlands fest, diese Massnahmen seien auch eine „Warnung“ an „Akteure von aussen“ davor, diese Regime zu unterstützen, und sagte, um alle Zweifel auszuräumen: „Heute erklären wir stolz, so, damit es alle hören: Die Monroe-Doktrin leibt und lebt bestens.“[1]
 
Die Massnahme, die potenziell tausende von Klagen vor US-Gerichten ermöglicht, hat die EU und Kanada zu einer gemeinsamen Erklärung veranlasst, in der sie die einseitige „extraterritoriale“ Massnahmen zurückweisen, da sie dem internationalen Recht widerspreche. Tatsächlich haben EU-Offizielle Washington schon gewarnt, dass sie eine Klage gegen die USA vor der WTO erwägen.




[1] A.d.Ü.: 1823, im Kontext lateinamerikanischer Kämpfe gegen den europäischen Kolonialismus, verwahrte sich US-Präsident James Monroe gegen das Ansinnen europäischer Mächte, sich in der einzig den USA vorbehaltenen westlichen Hemisphäre weiter einzumischen („Amerika den Amerikanern“).

Nicaragua: Lügen und Verhandlungen

Sonntag, 7. April 2019


Das oppositionelle Lügenschloss bricht zusammen

Giorgio Trucchi, 5. April 2019*
Das IKRK präsentierte gestern die abgestimmte Liste der im Rahmen der  letzten April begonnenen soziopolitischen Krise gefangen genommener Personen.
Das Rote Kreuz nennt die Zahl von 290 Personen (von denen schon über 200 in Hausarrest entlassen wurden). Das entlarvt die dreisten Lügen der in der Alianza Cívica por la Justicia y la Democracia (ACJD) und der Unidad Nacional Azul y Blanco (UNAB) organisierten Oppositionssektoren, die von nationalen und internationalen Menschenrechtsorganisationen übernommen worden sind.
Berichten, Kommuniques und einer in den affinen Medien und Netzwerken entfesselten Kampagne zufolge oszillierte die Zahl der „politischen Gefangenen“ zwischen 600 und 900. Auf der Basis falscher Daten – die Rede ist auch von über 1000 Verschwundenen – wurden internationale Kampagnen lanciert und weitere und schärfere Sanktionen gegen das Land gefordert.
An dem Tag, an dem die Opposition und diese nationalen und internationalen Organisationen den Mut aufbringen, ihre Zahlen mit jenen der (parlamentarischen) Wahrheitskommission abzugleichen, bricht ihr Lügenschloss zusammen.

Destruktive Logik
Leider können die radikalsten Oppositionssektoren wieder ihre destruktive Logik durchsetzen und erneut Voraussetzungen für den Bruch der Verhandlungen schaffen. Sie zeigen damit ihren absoluten politischen Unwillen, eine Verhandlungslösung für die Krise zu finden.
Sie haben - ohne Mobilisierungskapazität und nur sich selber vertretend (sie haben nie erklärt, wer sie ernannt hat und in wessen Namen sie reden und Entscheidungen fällen, die die ganze Gesellschaft betreffen) – am 3. April den Dialog mit den Regierungsvertretern suspendiert und mit dem Aufruf zu einer Mobilisierung einen neuen „Medienzirkus“ in Gang gesetzt.
Bleiben angesichts dieses Szenarios, in dem die Lügen platzen und die Einsamkeit und Inkonsistenz einer Opposition offenkundig wird - heute haben der Permanente Rat der OAS und deren Interamerikanische Menschrechtsorganisation CIDH diesem politischen Kadaver neuen Sauerstoff zugeführt – noch Fragen, warum sie nie zulassen werden, dass die Verhandlungen Erfolg zeitigen? Einer Opposition, die von Sektoren der internationalen Gemeinschaft und abhängigen Menschenrechtsorganisationen am Leben gehalten wird.
*             5.4.19: Nicaragua: Se derrumba castillo de mentiras opositoras

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Zu den Verhandlungen
(zas, 6.4.19) In einem gewundenen Artikel (Cuarenta nombres de presos politicos no coinciden en la lista conciliada) zitiert heute La Prensa den ACJD-Vertreter José Pallaís, ehemaliger Vizeminister der neoliberalen Chamorro Regierung, wonach die Allianz im Laufe des Tages ein Treffen mit dem IKRK abhalten werde, um dieses dazu anzuhalten, die Namen von 40 Gefangenen in seine Abklärungen mit der Regierung einzubeziehen, was es bisher angeblich nicht gemacht habe. Die Oppositionsallianz habe die Namen von 578 Gefangenen präsentiert, wovon die Regierung 288 anerkenne, aber von den verbleibenden 290 Personen habe das IKRK die Angaben der Regierung gegenüber nicht thematisiert. Es gelte nun, zu untersuchen, was mit diesen Personen los sei, ob sie z. B. im Ausland weilten. M. a. W., bisher wurde behauptet, aber nicht untersucht. Interessanterweise gibt das Allianzsprachrohr La Prensa zu den anderen 250 Personen weiter keinen Ton von sich gibt, sondern fordert vom IKRK bloss Auskunft über den angeblichen Ausschluss von 40 Leuten. Vom IKRK, das das Mandat der bisherigen Verhandlungsrunden zur Organisierung der ausgehandelten Freilassung aller im Zusammenhang mit den Unruhen Verhafteten „im Rahmen der rechtlichen Ordnung“, wie es verschieden interpretierbar heisst, angenommen hat, gibt es keine öffentliche Aussage zum Thema. Die Regierung hatte stets von 290 Inhaftierten (und teilweise Verurteilten) gesprochen, die o. e. Wahrheitskommission von rund 350.
Die Verhandlungen wurden Ende Februar überraschend in geheimen Treffen zwischen Regierungsmitgliedern und führenden Wirtschaftsmagnaten beschlossen. Neben der Gefangenenfreilassung sollten sie auch Themen wie die Wahlrechtsreform beinhalten, über deren Grundzüge sich die Regierung mit der OAS schon vor den Unruhen letztes Jahr ins Einvernehmen gesetzt hatte. Im Gegenzug sollte sich die Opposition für ein Ende der US-Sanktionen einsetzen.
Ein Teil der Opposition, insbesondere die von Washington und europäischen NGOs finanzierte „Sandinistische Erneuerungsbewegung“ MRS samt ihrem „linken“ Flügel um Leute wie Mónica Baltodano und Julio López, lief von Beginn weg Sturm gegen die Aufnahme von Verhandlungen mit der „Diktatur“. Parallel schlug die rechtsradikal dominierte katholische Bischofskonferenz eine Einladung zur Begleitung der Verhandlungen als Zeugen zurück, da sie auf eine erneute Rolle als Dirigentin des Prozesses wie in seiner ersten Version von Mai bis Juli aspirierte (dass die evangelischen Kirchen eine entsprechende Einladung angenommen hatten, scheint den Negativentscheid der Bischofsmehrheit mitbestimmt zu haben. Der vom Papst entsandte Nuntius, massgeblich am Zustandekommen des Dialogs beteiligt, sowie die von Daniel Ortega eingeladene OAS-Delegation übernahmen nun den Part als Zeugen. Eine virulente Kampagne der Rechten gegen die „Komplizenschaft“ des Nuntius beendete erst eine ihn klar stützende Erklärung Bergoglios.
Die MRS-Kreise, empört, dass ihnen nicht wie bei den „Dialog“-Runden letztes Jahr eine Starrolle zwecks Sprengung jeglichen vom Regierungssturz jetzt sofort unterscheidbaren Vorschlags zugestanden wurde (der Grossunternehmerverband COSEP leitet die rechte Delegation), organisierten an den letzten drei Samstagen „Grossmobilisierungen“  - primär im grössten Einkaufszentrum von Managua, dem Metrocentro. Ihre Mobilisierungskapazität hat nach den schlimmen Ereignissen von letztem Jahr dramatisch abgenommen. Zudem verbietet die Polizei jede Demo, die nicht mit Routenplanung und Verantwortlichen angekündigt wird. Das ist repressiv, aber angesichts der „Demokultur“ dieser Kreise so unverständlich auch nicht. Immerhin kam es bei solchen Demos nach den heissen Umsturzmonaten zu Morden – an Sandinistas.
An den ersten zwei Samstagen wurden im Metrocentro von kleinen Gruppen, die sich nur innerhalb des Einkaufszentrums bewegten, mehrere mutmassliche Sandnistas tätlich angegriffen. Schritten daraufhin die Polizeikräfte ein – in einem Fall verprügelten sie widerlich einen schon wehrlosen Mann – war der zurecht geschnittene Videobeweis zuhanden der sanktionsbegierigen Washingtoner Gemeinschaft erbracht: Verhandlungen sind bloss Zeitverlust, einzig Zwangsmassnahmen taugen etwas. Am Samstag, dem 30. März, kam es zu einer schlimmen Szene. Ein älterer Besucher von Metrocentro wurde als Sandinist erkannt und von mehreren Oppositionellen tätlich angegriffen. Er zog im Gemenge seine Pistole, drei Oppositionelle erhielten glücklicherweise nur oberflächliche Schussverletzungen, selber wurde er in kritischem Zustand hospitalisiert. Unterdrückung der Demonstrationsfreiheit, paramilitarismus – die Allianz hatte den Vorwand, die Verhandlungen zu „suspendieren“.
Heute tagte der Permanente Rat der  OAS. Zufrieden zitieren die rechten Medien den OAS-Vertreter an den Verhandlungen, Luis Angel Rosadilla, ehemaliger uruguayischer Verteidigungsminister, wonach man in wichtigen Verhandlungspunkten „keinen Millimeter weiter“ sei. Jetzt braucht es, betonen die rechten Kräfte, schärfere Sanktionen.
Es ist klar, dass die Rechte im Land zurzeit in der Defensive ist, gerade auch aufgrund ihrer im Ausland (auch von „linken“ Kräften) widerspruchslos verdrängten Verbrechen letztes Jahr. Ihre Stärke ist Washington, insbesondere, was die durch Sanktionen zu verschärfende, letztes Jahr provozierte Wirtschaftskrise betrifft. Die Schwäche des FSLN ist, dass er zum Präsidialpaar Ortega/Murillo keine Alternative aufgebaut hat. Allerdings sind in der letzten Zeit oft kritisch-unorthodoxe aussagen von Sandinistas zu hören, Resultat offenbar der vielen Diskussionen unter den Mitgliedern nach den Ereignissen des letzten Jahrs. Tut sich da was im FSLN?
Ob die Verhandlungen wirklich auf Eis sind oder demnächst wieder aufgenommen werden, scheint unklar. Es gäbe von links tatsächlich auch Fragezeichen dazu zu setzen, nicht nur bedingungslose Unterstützung. Wie etwa soll verhindert werden, dass dabei ein Règlement zwischen Regierung und Wirtschaftsbossen herauskommt und die Motive, die im April viele Menschen auf die Strasse gebracht haben, ausgeklammert bleiben? Andererseits ist der tiefe Wunsch der meisten Nicas angesichts der Monate der Angst und der gravierenden Wirtschaftskrise nach einer halbwegs gütlichen Regelung eindeutig; sie setzen auf die Verhandlungen.  

Julian Assange: „Lassen wir ihn nicht allein“.

Samstag, 6. April 2019


(zas, 5.4.19) Lenín Moreno, der Präsident von Ecuador, will den in die Botschaft in London geflüchteten Julian Assange vermutlich in nächster Zukunft den britischen Behörden, damit den USA, ausliefern. Grund: Wikileaks, dessen Leiter Julian Assange war, hatte Dokumente über Offshore-Geschäfte der Familie des Staatspräsidenten veröffentlicht. Moreno wurde auf einem linken Ticket, unterstützt von seinem Vorgänger Rafael Correa, gewählt, betrieb aber vom ersten Tag seiner Amtszeit an eine klare Politik des Bündnis mit der Oligarchie und mit Washington. Vor kurzem erlitt er eine klare Niederlage in den Regionalwahlen gegen die Kräfte um den im belgischen Exil lebenden Rafael Correa, auch weil die Leute von seinem Doppelspiel als „Saubermann“ und Korrupter immer mehr die Nase voll haben.
Assange wollte er schon früher ausliefern, sah dann aber aufgrund eines breiten internationalen Protests aus Reputationsgründen davon ab. Jetzt scheint für ihn die Stunde der Rache und der totalen Unterwerfung unter die Administration in den USA geschlagen zu haben.
Viel wichtiger als dieser Verräter ist die Botschaft von Julian Assange im Bild, eingeleitet von den folgenden Worten des bekannten argentinischen Marxisten Atilio Borón: „Lassen wir ihn nicht allein. Er hat viel für die Meinungsäusserungsfreiheit weltweit gemacht. Wir schulden ihm viel und dürfen ihn nicht schutzlos lassen; wir müssen seine Auslieferung an die USA verhindern.“

Dem ist nur noch hinzuzufügen, dass die auch in progressiven Kreisen zirkulierende These, wonach Wikileaks in russischem Auftrag handle, widerlich ist. Wikileaks und Julian Assange sollen „neutralisiert“ werden, weil sie US-Kriegsverbrechen im Irak und andere Machenschaften um den halben Globus oder auch die zynische Wall Street-Affinität der damaligen Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton aufgedeckt haben. Dafür gebührt Assange Danke und Unterstützung, stattdessen gibt es die unsäglich dumme, aber wirkungsmächtige Dauerhetze von der russischen Manipulation „freier“ Wahlen im Westen. Und dafür soll Assange jetzt über die Klinge springen.

„Drei Mexikanische Länder“

Donnerstag, 4. April 2019


Letzten Samstag verkündete Donald Trump: „Ich beendete die Zahlungen an Guatemala, Honduras und El Salvador. Dort fliesst kein Geld mehr hin. Wir gaben ihnen $ 500 Millionen. Wir zahlten ihnen enorme Geldsummen, und wir zahlen die nicht mehr, weil sie nicht etwas für uns gemacht haben.“ Neben bilateralen „Entwicklungshilfen“ geht es dabei primär um die Gelder für den Plan der „Allianz für die Prosperität“, der zumindest offiziell von den Regierungen der drei genannten Ländern als Antwort auf eine grosse Migrationswelle von Kindern und Jugendlichen in die USA entworfen wurde. Dieser in Zusammenarbeit mit der Interamerikanischen Entwicklungsbank aufgestellte Mehrjahresplan, zu finanzieren zu 80 % durch die zentralamerikanischen Regierungen, sollte die Emigration verhindern dank Investitionen in produktive Projekte, Ausbildung, Sicherheitsbereiche wie Grenzsicherung und, unter dem Stichwort Transparenz, Massnahmen zur Stärkung der Staatsbudgets. Der an der Ausarbeitung dieses Plans beteiligte ehemalige salvadrianische Aussenminister Hugo Martínez von der FMLN-Partei betonte vorgestern im salvadorianischen Ferbnsehen, die seither erfolgten Sozialinvestitionen hätten die Auswanderung ion die USA massiv reduziert. Dabei berief er sich auf Angaben von Homeland Security zu einem rückgang um 70 %, was ungefähr dem von den mexikanischen Behörden verzeichneten Rückgang von Verhaftungen salvadorianischer MigrantInnen in Mexiko entspreche.
Vermutlich wird der US-Kongress, besorgt über negative Auswirkungen auf die Interessen der USA, den jetzigen Zahlungsstopp aufheben. Das liegt in seiner Kompetenz, da er über den schon verabschiedeten Staatshaushalt die Hoheit verfügt. Für zukünftige Budgets allerdings kann die Sache anders aussehen.
Natürlich ist Trumps doch etwas überraschender Vorstoss – noch am 28. März hatte Homeland Security-Chefin Kristjen Nielsen ein neues Memorandum zur Massnahmenkoordination gegen die Migration mit Verantwortlichen der drei Regierungen firmiert – innenpolitisch motiviert. Er hängt mit den Drohungen und Repressionen gegen die migrantischen Karawanen zusammen, die übrigens oft ebenfalls unter Kontrolle von Schleppernetzen funktionieren (mit Bestimmtheit lässt sich das für ihre salvadorianische Komponente sagen) und die zunehmend die Einzelmigration abzulösen scheinen. Auch der Streit im US-Establishment um die Finanzierung weiterer High-Tech-Arsenale an der Grenze mit Mexiko dient per emotionaler Aufheizung der Trump’schen WählerInnenbasis einer weiteren Rechtsentwicklung in der US-Gesellschaft.
Und deshalb bleibt dir das Lachen über einen neuen „Faux-pas“ von Fox News  im Hals stecken. Als sich dieser als Verlautbarungsorgan der Neuen Rechten im Weissen Haus fungierendes Murdoch-Sender zum Zahlungstopp Trumps ausliess, untertitelte er die Sendung tatsächlich mit „Trump stoppt US-Hilfe für drei mexikanische Länder“. Die Botschaft: Für die Braunen da unten reichen ein paar summarische Bezeichnungen.