(zas, 4.5.19) Alejandro Ordoñez ist ein Mann vieler
Verdienste. Während Jahrzehnten hat er in Kolumbien die Fahne der finstersten
Reaktion hochgehalten, lange als Procurador, also Generalstaatsanwalt für Delikte
im Staatsbereich – etwa, als die kryptokommunistische Vorgängerregierung des
Landes mit den Terroristen einen Friedensvertrag aushandelte, der anderes als
lebenslänglich oder eine Kugel beinhalten sollte. Er hatte früher öffentlich
kommunistische oder seiner katholischen Morallehre verletzende Bücher verbrannt
und kommunistische Strafuntersuchungen gegen in den Odebrechtskandal
verwickelte Parteifreunde niedergeschlagen. Die FARC-Terroristen hatten 2016
seine Absetzungen wegen dieser und gleich gelagerter Taten für das göttliche
Recht erreicht, ein Recht, von dem er weiss, dass es das irdische in jedem Paragraphen
leiten muss.
Ordóñez |
Letztes Jahr nun - Gott war eingeschritten und hatte mit
Iván Duque eine ähnlich strukturierte Seele zum Präsidenten gemacht – wurde er
Botschafter vor der Organisation Amerikanischer Staaten. Und vorgestern machte
er bei einem Sondertreffen der OAS eine bisher ungeahnte Dimension der
kommunistischen Gefährdung bekannt,
dass nämlich die bisher als Flüchtlinge aus Venezuela verkannten Gestalten
etwas ganz Anderes darstellten: «Die
Diktatur von Nicolás Maduro ist Teil einer globalen Agenda, um in der Region
den Sozialismus des 21. Jahrhunderts zu verbreiten. Die Migration und die transkontinentalen
Allianzen sind Teil der Strategie, um dieses Vorhaben umzusetzen. Es ist eine eiskalt
kalkulierte Strategie, um den Sozialismus in der Region zu verbreiten.»
Da musste einer widersprechen, der diesen Aspekt anders
kennt: José Miguel Vivanco, Amerikas-Chef von Human Rights Watch. Er meinte:
«Es ist schlicht irre, dass Ordóñez sich
von seinen verstaubten ideologischen Vorurteilen blenden lässt und diese
Migranten und Flüchtlingen, Opfer der bolivarischen Diktatur, behandelt, als
wären sie ausländische Agenten.» Dieser Verteidiger der Menschenrechte hatte
letzten September zusammen mit OAS-Generalsekretär Luis Almagro und dem OAS-Verantwortlichen
für das Problem der venezolanischen Migration nach Kolumbien, David Smolansky,[1]
venezolanische Flüchtlinge in der kolumbianischen Grenzstadt Cúcuta besucht. Vivanco
wusste
dort: «Diese Situation wird mit dem Sturz
von Maduro gelöst.»
Vivanco |
Der Menschenrechtler hatte am letzten 29. März an einer Tagung
des lateinamerikanischen Verbands der Pressemagnaten (SIP) in Cartagena,
Kolumbien, teilgenommen. Die SIP hatte sich für die Verteidigung der Pinochet-Regierung
verdient gemacht. In solch angenehmen Ambiente taute Almagro auf. EFE
schrieb: «Auf die Frage nach der
militärischen Option für Venezuela meinte Almagro: ‘Kein Mechanismus des
internationalen Rechts darf verworfen werden, das wäre unmoralisch angesichts
des Leidens eines Volkes’. Auch der Chef von HRW-Americas fand klare Worte –
zur der in Venezuela herrschenden «Dynamik
des diktatorischen ‘Management’ a la cubana, gemischt mit organisierter
Kriminalität.» Am gleichen 29. März veröffentlichte
EFE einen weiteren
Artikel zu Vivancos Performance am erwähnten Podium der SIP «Venezuela ohne
Chavismus». Vivanco lobte das humanitäre Engagement Luis Almagros – der zwei
Tage zuvor in Cúcuta dem leider nicht präsentierten Spektakel beiwohnen wollte,
wie die putschistischen, also demokratischen Streitkräfte Venezuelas plus das
entfesselte Volk die «humanitäre Hilfe» der
Trump-Administration über die Grenze bringen würden. Almagro sei ein wahrer
Menschenfreund. «Leider kann ich das vom
UNO-Generalsekretär nicht sagen, der ein für alle Mal den Fall von Venezuela zur
humanitären Krise erklären muss», klagte Vivanco. Denn wenn das erstmal geschafft sei, «verfügt die UNO über eine Praxis, Politik,
Prinzipien, die ihr erlauben, auf humanitärem Gebiet mit oder ohne Zustimmung
der die Krise verursachenden politischen Elements zu handeln.» Wie in
Libyen, damals. In Cúcuta hatten Die UNO und das IKRK hatten zuvor jede
Beteiligung an Trumps geplantem «humanitären» Invasionsspektakel in Cúcuta abgelehnt.
Vivanco und seine Organisation, die über beste Pendeltüren für Chefkader mit
dem State Department verfügt, ist die UNO-Beteiligung an den Washingtoner Pläne
ein Herzensanliegen, das sie am 4. April zusammen mit einem Arm der John
Hopkins University ins Zentrum eines Berichtes
stellten.
SIP-Podium |
Und da kommt diese Tüte namens Ordóñez und meckert gegen das
Interventionsargument Nr. 2 (die Gefahr destabilisierender Masenemigration in Nachbarländer
wie Kolumbien. Stopp, idiota! Die
Vivancos zaudern nicht eine Zehntelsekunde, um jede Frage nach den eigentlichen
Treibern der Not auszuschliessen, sondern teilen mit deren PromotorInnen das
Anliegen des Regime Change. Sie kritisieren nie die grossen Verantwortlichen für
die mindestens 40'000
mit den US-Sanktionen letztes Jahr Ermordeten in Venezuela. Und sie kommen auch
nicht auf die Idee, zu fragen, warum ein Faschist wie Ordóñez OAS-Botschafter
Kolumbiens ist. Genauso wie die heute praktisch täglichen Politmorde an
AktivistInnen linker Bewegungen in diesem Land die tiefe Verbundenheit im Kampf
für die «humanitäre» Intervention in Venezuela nicht und nie erschüttern können.
[1] Smolansky
war für die Putschpartei Voluntad Popular Bürgermeister in der Reichengemeinde
El Hatillo bei Caracas, wo er 2017 weiter Gemeindestrukturen für die
Organisation blutiger Angriffe der Rechten auf Chavistas – also die friedlichen
Demokratieproteste – einsetzte, trotz eines Gerichtsurteils, das ihm solches
verboten hatte. Dafür zu 14 Monaten verurteilt, zog er die OAS dem Gefängnis vor
und haute ab.