Erneut erhellt Alejandra
Dandan vom argentinischen Linksportal El Cohete a la Luna Umstände des ominösen,
immer noch unter Verschluss gehaltenen Audit-Berichts der OAS zu den Wahlen in
Bolivien (s. Lange
Nase der OAS).
Sie schreibt:
«In der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) wird etwas
versteckt. Nämlich die Daten eines der zentralen Bereiche des Audits (…), der
Abgleich der digitalen mit den physischen Akten auf der Basis einer vor
internationalen BeobachterInnen zufällig getroffenen Auswahl. Der wies keine
bedeutenden Veränderungen auf. Das heisst unseren Quellen zufolge, die
offiziellen Daten waren korrekt. Folglich gewann das MAS die Wahlen mit einem Vorsprung
von über 10 %. El Cohete rekonstruierte auf der Basis von diplomatischen
Quellen einen Teil der von der OAS immer noch unveröffentlichten Information.
Auf dieser Grundlage kann die Aussage gemacht werden, dass die vom Uruguayer
Luis Almagro geleitete Organisation einen Bericht mit bruchstückhaften Angaben
verbreitete, die wichtigsten Daten der [Resultat-] Verifizierung verheimlichte
und keine Systematik bei den Problemen aufwies, die eine Umkehr der Resultat
hätte erlauben können.»
Zur Erinnerung: Die rechtlich irrelevante Schnellauszählung
basierte auf übermittelten Fotos der Akten, die danach beginnende entscheidende
definitive Auszählung auf den physischen Akten selber. Dandan schreibt:
Dandan skizziert, wie es zur OAS-Revision der Resultate
gekommen war. Der damalige Aussenminister Diego Pary hatte Almagro im Oktober in
Washington getroffen und mit ihm diese Überprüfung vereinbart:
«Almagro stimmte zu. Er veröffentlichte gleichentags ein
Schreiben. Darin überschritt er seine Befugnisse mit der Aussage, die Auditresultate
seien verbindlich. Bolivien widersetzte sich nicht. Aber diese Klausel ist ein
nie gesehener Präzedenzfall als Resultat einer Wahlkommission.»
Die ab 1. November arbeitende Auditkommission vereinigte ExpertInnen
in Bereichen wie Kalligraphie, Informatik, Wahlgesetze etc. sowie eingeladene
internationale BeobachterInnen etwa aus der EU oder aus diplomatischen Kreisen.
Wie hier schon mehrmals berichtet, veröffentlichte Almagro den vorläufigen
Bericht am 10. November (klar zwecks Aufmunitionierung der Putschbewegungen,
die an diesem Tag die Kontrolle über La Paz, erlangten, gerade noch rechtzeitig,
bevor die indigenen Märschen der Conferderación Agraria aus dem Hochland die
Hauptstadt erreichten).
Dandan dazu:
«In den frühen Morgenstunden von Sonntag, dem 10. November, publizierte
Almagro den vorläufigen Bericht. Viele ExpertInnen arbeiteten noch in der Casa
Grande [Hotel und Sitz der OAS-Gruppe] und wussten nicht, dass der Bericht veröffentlicht
würde.»
Dandan zu einem weiteren relevanten Punkt:
«Ebenfalls untersucht wurde die Möglichkeit, ob das für die
Auszählung verwendete Informatiksystem manipuliert worden sei. Alle Informatiksysteme
sind verletzbar, aber in diesem Fall ging es darum, konkrete Indizien für eine
Manipulation zu finden (…) Es wurden zwar Mängel festgestellt, aber keine
Hinweise auf verfälschte Fotos [der Akten] oder ein Uploaden von Falschangaben
gefunden.»
«Almagro schloss nur einen sehr kleinen Teil der geleisteten
Arbeit in seinen Bericht ein. Und
missachtete fast die ganze Arbeit der Kommissionen. Der Bericht erwähnt ‘Unregelmässigkeiten’,
aber identifizierte kein systematisches Handeln, das die Resultate hätte
verändern können.»
Entscheidend ist: Die Revision erbrachte keinen resultatsrelevanten
Unterschied zwischen der offiziellen und der Schnellauszählung. Letztere aber
stand im Zentrum von Almagros Hypothesenbau. Davon ist im Bericht Almagros
keine Rede.
Interessant auch diese Information Dandans, die auf Risse in
der OAS eingeht:
«Quellen der Organisation zufolge müssen die Berichte von
Wahlbeobachtungsmissionen vor ihrer Veröffentlichung vom Permanenten Rat der
OAS genehmigt werden. Das heisst, weder die OAS noch ihr Generalsekretär können
ohne dieses Plazet einen Bericht veröffentlichen.»
«Almagro veröffentlichte den Bericht am Sonntag, den 10.
November. Am 11. Erging die Einladung zu einem ausserordentlichen Plenum des Permanenten
Rates, um die Lage in Bolivien zu analysieren. Am Dienstag, dem 12., fand das Treffen um 15 h
Ortszeit (Washington) statt. Gerardo de Izaca, Wahlbeobachtungsdirektor der
OAS, stellte den Bericht vor. Aber einer der Anwesenden berichtet, dass er den
LandesvertreterInnen nicht einmal offizielle Informationen gab. Er sagte bloss:
‘Señores, hier ist der Bericht.’ Er wurde mit geschlossenen Augen abgesegnet» (mit
wenigen Ausnahmen wie jener von Uruguay).
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In der winzigen Antillenrepublik Dominica kommt es Anfang
Dezember zu Wahlen. Gebieterisch reklamiert die OAS die entscheidende Rolle bei
der «Wahlbeobachtung». Premier Roosevelt Skerrit lehnte dieses Ansinnen in einer
ruhigen Ansprache mit Verweis auf die putschistische Komplizenschaft dieser
Organisation in Bolivien ab. (Ein anderes Beispiel wäre etwa Haiti, wo die OAS
2011 die Wahlresultate eigenhändig zugunsten des US-Lieblings Martelly total umschrieb.)
Die Aussage des Premiers hat es nie ins westliche TV geschafft, erst recht
nicht, da Dominica Mitglied beim linken Staatenbund ALBA ist. Sollten nicht die
…Richtigen die Wahlen gewinnen, werden wir die Mitteilung «Wahlbetrug» (mit
anschliessender Rettung der Demokratie) erhalten.