Peru: Repression und Notzustand stoppen die Proteste nicht

Dienstag, 17. Januar 2023

Carlos Noriega*

41 Tage Regierung der Präsidentin Dina Boluarte und 41 Tote, erschossen von den Sicherheitskräften in der Repression von Antiregierungskräften. Eine Statistik des Schreckens. Das Total der seit dem Sturz von Pedro Castillo und der Präsidentschaft von Boluarte 49 Tote einschliesslich eines Polizisten, der von einer wütigen Menge geschlagen und verbrannt wurde, nachdem die Polizei in der Andenstadt Juliaca 18 Protestierende tötete, und 7 weitere EinwohnerInnen wegen Strassenblockaden nicht rechtzeitig zum Gesundheitsposten gelangten.

Mehr als 600 Verletzte, ein guter Teil durch Schüsse. Rücktritt von Boluarte, der von der Repression verursachten Todesfälle angeklagt, das Vorziehen auf dieses Jahr der für April 2024 programmierten Wahlen und Ablehnung des von den Rechten kontrollierten Parlaments – diese Forderungen vereinen einen Protest von lokalen und multiplen Führungskräften, der nicht politischen Parteien entspringt. Es ist ein im Wesentlichen andiner und bäuerischer Protest.

 Die blutige Repression, der Notzustand, die Festnahmen, die Terrorismusanschuldigung gegen Demonstrierende und die von Regierung, Kongress und Medien betriebene Kriminalisierungskampagne stoppen die massiven Proteste mit der Forderung nach Boluartes Rücktritt nicht. Sie begannen im andinen Süden, der ärmsten und am meisten diskriminierten und am meisten mit dem abgesetzten und gefangenen Ex-Präsidenten Pedro Castillo identifizierten Zone. Dort sind sie massiv  und haben die Region paralysiert; sie dehnen sich auf den Rest des Landes aus. In verschiedenen Regionen ist ein unbefristeter Generalstreik ausgerufen worden. Diesen Montag gab es auch im Norden Strassenblockaden, die im Süden verbreitet sind. Die Strasse Panamericana Norte wurde in der Region La Libertad blockiert, 500 km nördlich von Lima. Auch amazonische Regionen haben sich den Protesten angeschlossen.

Die Einnahme von Lima

Aus den Anden mit den täglichen Mobilisierungen gegen die Regierung haben bäuerische Comunidades zur «Einnahme von Lima» aufgerufen, einem Massenmarsch auf die Hauptstadt, um im politischen und wirtschaftlichen Zentrum des Landes den Protest zu verallgemeinern. Schon begannen in Lima Mobilisierungen aus verschiedenen Regionen. Die Behörden, besorgt, dass die Massenproteste in Lima zum Schlussstrich unter eine in der Repression starke, aber in Sachen Popularität politisch schwache Regierung werden würden, drohen, sie nicht in die Stadt zu lassen, wo die EinwohnerInnen schon für die Absetzung von Boluarte mobilisieren.

(…)

Zwischen Schmerz und Empörung – so sind die Strassen der andinen Ortschaften wie der von Juliaca, der Stadt in der Hochebene von Puno, und von Ayacucho, wo die Sicherheitskräfte achtzehn [hier fehlt ein Wort, vermutlich: Demonstrierende] und 10 Einwohner erschossen haben. In ihnen gab es massenhafte Leichenzüge, um ihre Toten zu verabschieden. In diesen Tagen verabschiedete sich in Cusco eine grosse Menge vom Bauernführer Remo Candia, Präsident der Federación Campesina in der Provinz Anta, am vergangenen Mittwoch bei einem Protest in diese Stadt erschossen. Musikbands haben sich den täglichen Protesten angeschlossen, wo zum andinen Rhythmus «Dina, asesina, el pueblo te repudia» (Dina, Mörderin, das Volk lehnt dich ab) gesungen wird.

 

·        aus «Perú: la represión y el estado de emergencia no detienen las masivas protestas” in der argentinischen Zeitung Página/12 vom 17. Januar 2023