Honduras: «Jetzt wird es heiss»

Montag, 18. Dezember 2017



(zas, 19.12.17) Noch gestern Nacht erklärte eine Mehrheit des Wahlgerichts TSE den amtierenden Präsidenten Juan Orlando Hernández zum Wahlsieger. Parallel gaben die OAS- und EU-Wahlbeobachtungsmissionen weitere Berichte heraus. Der nicht von der bisherigen Missionsleiterin, der portugiesischen linken Europarlamentarierin Marisa Matías, sondern von ihrem Vize, dem EU-Funktionär José Antonio de Gabriel, vorgetragene EU-Bericht[1] ist auffallend platt und nur selten von Belang. So etwa mit der Aussage, die auch der OAS-Bericht enthält, ein Vergleich der von der Alianza übergegebenen Akten mit jenen des TSE habe eine weitgehende Übereinstimmung ergeben. Dies bedarf gewiss noch der Klärung. Der OAS-Bericht[2] ist gehaltvoller. Insbesondere unterzieht er den TSE-Rechner-Komplex einer sachlich scharfen Kritik. Generell wird in diesem Bereich eine allen internationalen Normen widersprechende Praxis der Soft- und Hardware-Techniker moniert. So wurden etwa beim abgestürzten Server die Log-Einträge «in Mitleidenschaft gezogen» (Spuren verwischt), die Log-Archive sind simple Textdateien ohne Zeitmarken, die mit der Datenübermittlung betraute Privatfirma hatte permanent Zugriff mit Administratorenrecht auf den TSE-Server (dito dessen Techniker) u. v. m. Dieser Abschnitt endet mit der Bewertung: «Die Überprüfung identifizierte keine konkreten Aktionen der vorsätzlichen Veränderung der Auszählungsresultate (…), aber kommt zum Schluss, dass das System, wie es betrieben wurde, nicht robust genug war, dies zu verhindern.» Wie die EU moniert auch die OAS, dass die Alianza nicht an der «Nachzählung» teilgenommen habe, ohne den Grund zu nennen: dass sich die Opposition nicht für eine «Überprüfung» von Wahlzetteln hergeben wollte, von denen mutmasslich manche gefälscht waren.  Merkwürdig ist etwa der Hinweis darauf, dass bei dieser «Nachzählung» «die Säcke mit den Wahlzetteln versiegelt» oder mindestens «zugebunden» angeliefert wurden, ohne auf den Widerspruch hinzuweisen, dass die Mission in ihrem ersten Bericht Eigenheiten wie geöffnete Urnen etc. konstatiert hatte. Zum Schluss des Berichts hält die Mission fest, sie habe einen «qualitativ tiefstehenden Wahlprozess» beobachtet und «kann deshalb nicht versichern, dass die Zweifel daran heute ausgeräumt sind.» OAS-Chef Almagro machte sich in einem folgenden Communiqué diese Sicht zu eigen und beharrte auf dem Vorschlag von Neuwahlen.
Als Antwort auf die Selbstermächtigung des Regimes war gestern Nacht der Verkehr in grossen Teilen des Landes durch Strassenblockaden blockiert. Diese Aktionen gehen heute verbreitet weiter. Eine SMS eines Libre-Kaders fasst die Situation zusammen: «Jetzt wird es heiss.»



[1] eeas.europa.eu, MOE UE Honduras 2017: Declaración tras la proclamación de los resultados de las elecciones generales de 2017
[2] oas.org, 17.12.17: Segundo Informe Preliminar de la Misión de Observación Electoral en HondurasAuch heute gingen die aktonen verbreitet weiter.