Kronzeuge soll hohe Geldsumme für Aussage bekommen haben. Rache für Rückverstaatlichung der Rentenfonds vermutet
Von Miguel Arndt
amerika21
Buenos Aires.
In Argentinien wurde letzte Woche ein skandalöses Detail zu dem
Verfahren gegen den ehemaligen Vizepräsidenten Amado Boudou bekannt: Wie
das Portal El Destape berichtet, wurde die Aussage des Kronzeugen Alejandro Vanderbroele offenbar erkauft.
Boudou war von 2009 bis 2011 Wirtschaftsminister unter Cristina Fernández de Kirchner und in ihrer zweiten Regierungsperiode bis 2015 Vizepräsident.
Zuvor war er von 2006 bis 2009 erst Generalsekretär und dann Präsident des Staatlichen Rentenfonds (ANSES). In dieser Funktion war er maßgeblich beteiligt an der Rückverstaatlichung der privaten Rentenfonds (AFJP). Diesen wurde vorgeworfen, unverhältnismäßig hohe Kommissionen von ihren Teilnehmern zu kassieren, und sie hatten trotz hoher Betragszahlungen in einem Jahr ein Sechstel ihres Kapitals verloren. Nach der Verstaatlichung wuchsen die zu einem Reservefonds zusammengelegten Investitionen dieser Fonds bis Oktober 2014 um 392 Prozent.
Der Ex-Vizepräsident wurde 2018 in einem umstrittenen Prozess zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis sowie lebenslangem Verbot zur Ausübung öffentlicher Ämter verurteilt. Die Anklage lautete auf "Bestechlichkeit" und "mit dem Amt unvereinbare Verhandlungen", im zweiten Punkt wurde er schuldig gesprochen
Bei dem Fall ging es um den Verkauf der einzigen Druckerei Argentiniens, die über die Technik verfügte, Geldscheine zu drucken: Ciccone Calcográfica. Diese Firma hatte im Februar 2012 Konkurs angemeldet und wurde anschließend von einer Gruppe Investoren übernommen, unter denen sich der Geschäftsmann Alejandro Vanderbroele und der Bankier Raul Moneta befanden. Die Finanzbehörden hatten in diesem Zusammenhang eine Erleichterung der Zahlungsbedingungen der ausstehenden Steuerschulden erlaubt und damit die Firmenrettung ermöglicht.
Boudou war in der Sendung des Journalisten Jorge Lanatas von der Ex-Frau Vanderbroeles beschuldigt worden, hinter diesem Geschäft zu stecken: Ihr Ehemann sei ein Strohmann Boudous gewesen. Dieser bestritt dagegen immer, Vanderbroele überhaupt gekannt zu haben. Vanderbroele seinerseits wies lange Zeit die Anschuldigungen zurück, wurde jedoch ebenfalls angeklagt und nahm nach einiger Zeit in Haft die ihm angebotene Kronzeugenregelung an. Er sagte aus, der Vizepräsident habe hinter den steuerlichen Erleichterung gesteckt und dafür 70 Prozent der Aktien der Firma erhalten.
Die Verteidigung bemängelte, dass zu dieser Aussage nie entsprechende Beweise geliefert wurden und in keiner Weise festgestellt wurde, dass Boudou tatsächlich in Besitz von Aktien der Druckerei sei oder irgendeinen anderen Vorteil aus dieser Affaire gezogen hätte. Das Urteil bezog sich aus diesem Grund auch nur auf "mit dem Amt unvereinbaren Verhandlungen" und nicht auf Bestechlichkeit, für die materielle Beweise hätten vorliegen müssen. Parallele Prozesse wegen vermeintlicher Bereicherung im Amt oder Geldwäsche waren aus demselben Grund ins Leere gelaufen: Boudou konnten nie irgendwelche unrechtmäßigen Einkünfte, unerklärte Konten oder Ähnliches nachgewiesen werden.
Kritik gab es auch an der Zusammensetzung der Strafkammer, die das Urteil in zweiter Instanz bestätigte, sowie an der Tatsache, dass der Vorsitzende der Kammer, Richter Pablo Bertuzzi, direkt nach dem Urteil von der Regierung in irregulärer Form zum Kassationsgericht befördert wurde.
Die Verteidigung hatte insgesamt fünf Mal gefordert, dass ihr die Details der Verhandlungen der Staatsanwaltschaft mit dem Kronzeugen vorgelegt würden, was jedoch nie geschah. Auch der ehemalige Richter des obersten Gerichtshofes und aktuelles Mitglied des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Raul Zaffaroni, bemängelte als Amicus Curiae in einem Schreiben das Verfahren und verlangte, dass das Urteil aufgehoben wird.
Der frühere Außenminister Rafael Bielsa erklärte kürzlich in einem Interview, dass die juristische Verfolgung Boudous eine Rache für die Rückverstaatlichung der Rentenfonds sei. Der Medienkonzern Clarin, der die Beschuldigungen sehr aktiv verbreitete, war von der Verstaatlichung seinerzeit stark betroffen. Insgesamt hat es zehn Verfahren gegen Boudou gegeben, von denen die meisten jedoch aus Mangel an Beweisen oder gar Inexistenz einer Straftat eingestellt werden mussten oder er freigesprochen wurde.
Wie nun bekannt wurde, ist Vanderbroele nicht nur Straffreiheit versprochen, sondern nach der Verurteilung Boudous als Prämie eine hohe Summe Geld bezahlt worden, mit der er sich ein Hotel in einer touristischen Gegend in Mendoza kaufte. Man habe Zugang zu Geheimdokumenten, die „dieses Manöver“ der Regierung von Präsident Mauricio Macri und die "zweideutige Beziehung des Justizministeriums zu einigen Reuigen" enthüllten, um bestimmte Fälle im eigenen Interesse zu lenken, so El Destape.
Richter Ariel Lijo nahm die Untersuchungen dieser neuen Facette des Falles auf.
Ein Antrag von Verteidigern mehrerer Angeklagter in diesem Verfahren, nach den Enthüllungen das gesamte Urteil zu überprüfen, hat das Gericht inzwischen abgelehnt.
Boudou war von 2009 bis 2011 Wirtschaftsminister unter Cristina Fernández de Kirchner und in ihrer zweiten Regierungsperiode bis 2015 Vizepräsident.
Zuvor war er von 2006 bis 2009 erst Generalsekretär und dann Präsident des Staatlichen Rentenfonds (ANSES). In dieser Funktion war er maßgeblich beteiligt an der Rückverstaatlichung der privaten Rentenfonds (AFJP). Diesen wurde vorgeworfen, unverhältnismäßig hohe Kommissionen von ihren Teilnehmern zu kassieren, und sie hatten trotz hoher Betragszahlungen in einem Jahr ein Sechstel ihres Kapitals verloren. Nach der Verstaatlichung wuchsen die zu einem Reservefonds zusammengelegten Investitionen dieser Fonds bis Oktober 2014 um 392 Prozent.
Der Ex-Vizepräsident wurde 2018 in einem umstrittenen Prozess zu fünf Jahren und zehn Monaten Gefängnis sowie lebenslangem Verbot zur Ausübung öffentlicher Ämter verurteilt. Die Anklage lautete auf "Bestechlichkeit" und "mit dem Amt unvereinbare Verhandlungen", im zweiten Punkt wurde er schuldig gesprochen
Bei dem Fall ging es um den Verkauf der einzigen Druckerei Argentiniens, die über die Technik verfügte, Geldscheine zu drucken: Ciccone Calcográfica. Diese Firma hatte im Februar 2012 Konkurs angemeldet und wurde anschließend von einer Gruppe Investoren übernommen, unter denen sich der Geschäftsmann Alejandro Vanderbroele und der Bankier Raul Moneta befanden. Die Finanzbehörden hatten in diesem Zusammenhang eine Erleichterung der Zahlungsbedingungen der ausstehenden Steuerschulden erlaubt und damit die Firmenrettung ermöglicht.
Boudou war in der Sendung des Journalisten Jorge Lanatas von der Ex-Frau Vanderbroeles beschuldigt worden, hinter diesem Geschäft zu stecken: Ihr Ehemann sei ein Strohmann Boudous gewesen. Dieser bestritt dagegen immer, Vanderbroele überhaupt gekannt zu haben. Vanderbroele seinerseits wies lange Zeit die Anschuldigungen zurück, wurde jedoch ebenfalls angeklagt und nahm nach einiger Zeit in Haft die ihm angebotene Kronzeugenregelung an. Er sagte aus, der Vizepräsident habe hinter den steuerlichen Erleichterung gesteckt und dafür 70 Prozent der Aktien der Firma erhalten.
Die Verteidigung bemängelte, dass zu dieser Aussage nie entsprechende Beweise geliefert wurden und in keiner Weise festgestellt wurde, dass Boudou tatsächlich in Besitz von Aktien der Druckerei sei oder irgendeinen anderen Vorteil aus dieser Affaire gezogen hätte. Das Urteil bezog sich aus diesem Grund auch nur auf "mit dem Amt unvereinbaren Verhandlungen" und nicht auf Bestechlichkeit, für die materielle Beweise hätten vorliegen müssen. Parallele Prozesse wegen vermeintlicher Bereicherung im Amt oder Geldwäsche waren aus demselben Grund ins Leere gelaufen: Boudou konnten nie irgendwelche unrechtmäßigen Einkünfte, unerklärte Konten oder Ähnliches nachgewiesen werden.
Kritik gab es auch an der Zusammensetzung der Strafkammer, die das Urteil in zweiter Instanz bestätigte, sowie an der Tatsache, dass der Vorsitzende der Kammer, Richter Pablo Bertuzzi, direkt nach dem Urteil von der Regierung in irregulärer Form zum Kassationsgericht befördert wurde.
Die Verteidigung hatte insgesamt fünf Mal gefordert, dass ihr die Details der Verhandlungen der Staatsanwaltschaft mit dem Kronzeugen vorgelegt würden, was jedoch nie geschah. Auch der ehemalige Richter des obersten Gerichtshofes und aktuelles Mitglied des Interamerikanischen Gerichtshofs für Menschenrechte, Raul Zaffaroni, bemängelte als Amicus Curiae in einem Schreiben das Verfahren und verlangte, dass das Urteil aufgehoben wird.
Der frühere Außenminister Rafael Bielsa erklärte kürzlich in einem Interview, dass die juristische Verfolgung Boudous eine Rache für die Rückverstaatlichung der Rentenfonds sei. Der Medienkonzern Clarin, der die Beschuldigungen sehr aktiv verbreitete, war von der Verstaatlichung seinerzeit stark betroffen. Insgesamt hat es zehn Verfahren gegen Boudou gegeben, von denen die meisten jedoch aus Mangel an Beweisen oder gar Inexistenz einer Straftat eingestellt werden mussten oder er freigesprochen wurde.
Wie nun bekannt wurde, ist Vanderbroele nicht nur Straffreiheit versprochen, sondern nach der Verurteilung Boudous als Prämie eine hohe Summe Geld bezahlt worden, mit der er sich ein Hotel in einer touristischen Gegend in Mendoza kaufte. Man habe Zugang zu Geheimdokumenten, die „dieses Manöver“ der Regierung von Präsident Mauricio Macri und die "zweideutige Beziehung des Justizministeriums zu einigen Reuigen" enthüllten, um bestimmte Fälle im eigenen Interesse zu lenken, so El Destape.
Richter Ariel Lijo nahm die Untersuchungen dieser neuen Facette des Falles auf.
Ein Antrag von Verteidigern mehrerer Angeklagter in diesem Verfahren, nach den Enthüllungen das gesamte Urteil zu überprüfen, hat das Gericht inzwischen abgelehnt.