Nachbarschaftsräte und feministische Gruppen wollen eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung
amerika21
Santiago de Chile.
Im Innenhof der Universität von Santiago de Chile haben im Januar zwei
große Treffen stattgefunden: Das Plurinationale Treffen der kämpfenden
Frauen und das Treffen der Nachbarschaftsversammlungen. Etwa 5.000
Menschen nahmen insgesamt an den Zusammenkünften teil.
"Piñera soll sterben und nicht meine Freundin", skandieren die Frauen am Wochenende vom 10. bis 12. Januar. Sie sind aus verschiedenen Teilen Chiles und aus 28 weiteren Ländern zusammengekommen, um über die politische Lage aus feministischer Perspektive zu sprechen und das politische Programm für den Frauenkampftag am 8. März vorzubereiten.
Am Samstagvormittag wurde über die feministische Bewegung während der aktuellen Proteste in Chile und zum verfassungsgebenden Prozess Bilanz gezogen. Nachmittags fanden Themengruppen unter anderem zu feministischer Bildung, Recht auf Wohnraum, Abtreibungsrecht, Migration und feministischem Internet statt.
Die 30-jährige Sindy Urrea ist aus dem etwa 1.500 Kilometer entfernten Chiloé zum Treffen angereist. "Wir sind hier, um Erfahrungen unter Feministinnen aus verschiedenen Territorien auszutauschen. Das ist sehr bereichernd und anschließend geben wir das an die Organisationen bei uns Zuhause weiter. Wir sind hier als Aktivistinnen, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, damit unsere Forderungen umgesetzt werden."
Das Treffen wurde begleitet von einem umfangreichen kulturellen Programm von feministischer Performance, Theater, Tanz und Musik. Auch wenn es eine Vielzahl verschiedener Meinungen bei dem Treffen gab, waren alle einig: Die neue Verfassung von Chile muss feministisch und plurinational sein.
Bevor es aber eine neue Verfassung geben kann, müssten zunächst einige Bedingungen erfüllt werden, lautete eine weitere Schlussfolgerung des Treffens. "Wir rufen alle Feministinnen auf, in erster Reihe gegen den Staatsterrorismus zu kämpfen“, sagte Alondra Carrillo, Sprecherin der Coordinadora Feminista 8 de Marzo, die das Treffen gemeinsam mit über 20 weiteren feministischen Organisationen organisiert hat. "Wir fordern ein sofortiges Ende der systematischen Menschenrechtsverletzungen. Piñera muss dafür politisch zur Verantwortung gezogen werden, und er sowie seine gesamte Regierung müssen gehen. Wir fordern außerdem eine unabhängige Gerechtigkeits- und Erinnerungskommission sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen."
Für die erste Märzwoche haben die Feministinnen in ganz Chile Proteste geplant und wollen so der Bewegung, die seit dem 18. Oktober das Land erfasst hat, einen neuen Schub geben. Der 2. März ist der sogenannte Super-Montag, an dem das neue Schuljahr und Semester beginnt und Proteste der Schülerschaft und Studierenden geplant sind. Es folgt der Frauenkampftag am 8. März und der produktive und reproduktive Streik am 9. März. Der 11. März ist der Tag, an dem Präsident Piñera vor zwei Jahren gewählt wurde und es sind Proteste gegen ihn und seine Regierung geplant. "Eine Frau, eine Barrikade", ist der Kampfruf für März.
Auch beim Treffen der Nachbarschaftsversammlungen am 18. Januar, zu dem die Coordinadora de Asambleas Territoriales (CAT) aufgerufen hatte und an dem Vertreter von über 164 Versammlungen teilnahmen, waren sich alle einig, dass die Proteste weitergehen müssen. In Kleingruppen besprachen die Teilnehmenden ihre kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Forderungen. Zu dringenden Forderungen gehören die Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Akteure, die Garantie von sozialen Grundrechten, wie Bildung, Gesundheit Wohnen, Renten und Wasserversorgung. Die langfristigen Forderungen zielten auf einen Systemwechsel und ein Ende des Neoliberalismus.
Die 34-jährige Paula Araneda, die zur Asamblea Territorial Autoconvocada San Isidro-San Borja gehört, erklärte: "Für mich ist das Schönste dieses Prozesses, meine Nachbarn kennengelernt zu haben. Ich will, dass wir eine andere Gesellschaft aufbauen. Dabei geht es nicht nur um die neue Verfassung, sondern um einen tiefgreifenden sozialen Wandel, um Selbstverwaltung und Souveränität."
Im März und April soll durch landesweite Proteste Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit der verfassungsgebende Prozess nicht von der politischen Elite gestaltet wird. Am 26. April wird darüber abgestimmt, ob es eine neue Verfassung geben und welche Art von Organ diese ausarbeiten soll, eine "gemischte Kommission" aus 50 Prozent gewählten Bürgerinnen und Bürgern und 50 Prozent Abgeordneten, oder eine Verfassungskonvention gänzlich gewählt aus der Bevölkerung, bei der aber nur Mitglieder politischer Parteien infrage kommen.
Da das Abkommen für eine neue Verfassung am 15. November von der Regierung und der Opposition hinter dem Rücken der Protestbewegung beschlossen wurde, fühlen sich viele durch den institutionellen Prozess nicht repräsentiert. Die Meinungen beim Treffen waren geteilt: Manche wollen für die neue Verfassung abstimmen, andere wollen die Volksbefragung boykottieren, weil sie dem institutionellen Prozess nicht vertrauen und keine Option sehen, für eine verfassungsgebende Versammlung zu stimmen, die vom Volk aus gestaltet wird.
Unabhängig von den verschiedenen Meinungen zur Vorgehensweise bei der Volksbefragung im April waren sich alle einig, dass es eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung (Asamblea Popular Constituyente) geben sollte. Der 36-jährige Pablo Abufom von der Asamblea Autoconvocada del Barrio Yungay meint: "Der verfassungsgebende Prozess hat schon am 18. Oktober begonnen, mit den sozialen Forderungen und der Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung. Mit dem Friedensabkommen vom 15. November wurde versucht, diesen Prozess zu institutionalisieren, obwohl er vom Volk ausgelöst wurde." Deshalb sei es wichtig, unabhängig vom institutionellen Prozess eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung zu gründen, mit den Nachbarschaftsversammlungen, den Gewerkschaften und den sozialen Organisationen. "Dafüir müssen wir alle unsere Kräfte vereinen, damit wir unsere eigene Verfassung ausarbeiten und schreiben können."
"Piñera soll sterben und nicht meine Freundin", skandieren die Frauen am Wochenende vom 10. bis 12. Januar. Sie sind aus verschiedenen Teilen Chiles und aus 28 weiteren Ländern zusammengekommen, um über die politische Lage aus feministischer Perspektive zu sprechen und das politische Programm für den Frauenkampftag am 8. März vorzubereiten.
Am Samstagvormittag wurde über die feministische Bewegung während der aktuellen Proteste in Chile und zum verfassungsgebenden Prozess Bilanz gezogen. Nachmittags fanden Themengruppen unter anderem zu feministischer Bildung, Recht auf Wohnraum, Abtreibungsrecht, Migration und feministischem Internet statt.
Die 30-jährige Sindy Urrea ist aus dem etwa 1.500 Kilometer entfernten Chiloé zum Treffen angereist. "Wir sind hier, um Erfahrungen unter Feministinnen aus verschiedenen Territorien auszutauschen. Das ist sehr bereichernd und anschließend geben wir das an die Organisationen bei uns Zuhause weiter. Wir sind hier als Aktivistinnen, um gemeinsam Strategien zu entwickeln, damit unsere Forderungen umgesetzt werden."
Das Treffen wurde begleitet von einem umfangreichen kulturellen Programm von feministischer Performance, Theater, Tanz und Musik. Auch wenn es eine Vielzahl verschiedener Meinungen bei dem Treffen gab, waren alle einig: Die neue Verfassung von Chile muss feministisch und plurinational sein.
Bevor es aber eine neue Verfassung geben kann, müssten zunächst einige Bedingungen erfüllt werden, lautete eine weitere Schlussfolgerung des Treffens. "Wir rufen alle Feministinnen auf, in erster Reihe gegen den Staatsterrorismus zu kämpfen“, sagte Alondra Carrillo, Sprecherin der Coordinadora Feminista 8 de Marzo, die das Treffen gemeinsam mit über 20 weiteren feministischen Organisationen organisiert hat. "Wir fordern ein sofortiges Ende der systematischen Menschenrechtsverletzungen. Piñera muss dafür politisch zur Verantwortung gezogen werden, und er sowie seine gesamte Regierung müssen gehen. Wir fordern außerdem eine unabhängige Gerechtigkeits- und Erinnerungskommission sowie die Freilassung aller politischen Gefangenen."
Für die erste Märzwoche haben die Feministinnen in ganz Chile Proteste geplant und wollen so der Bewegung, die seit dem 18. Oktober das Land erfasst hat, einen neuen Schub geben. Der 2. März ist der sogenannte Super-Montag, an dem das neue Schuljahr und Semester beginnt und Proteste der Schülerschaft und Studierenden geplant sind. Es folgt der Frauenkampftag am 8. März und der produktive und reproduktive Streik am 9. März. Der 11. März ist der Tag, an dem Präsident Piñera vor zwei Jahren gewählt wurde und es sind Proteste gegen ihn und seine Regierung geplant. "Eine Frau, eine Barrikade", ist der Kampfruf für März.
Auch beim Treffen der Nachbarschaftsversammlungen am 18. Januar, zu dem die Coordinadora de Asambleas Territoriales (CAT) aufgerufen hatte und an dem Vertreter von über 164 Versammlungen teilnahmen, waren sich alle einig, dass die Proteste weitergehen müssen. In Kleingruppen besprachen die Teilnehmenden ihre kurzfristigen, mittelfristigen und langfristigen Forderungen. Zu dringenden Forderungen gehören die Verurteilung der Menschenrechtsverletzungen durch staatliche Akteure, die Garantie von sozialen Grundrechten, wie Bildung, Gesundheit Wohnen, Renten und Wasserversorgung. Die langfristigen Forderungen zielten auf einen Systemwechsel und ein Ende des Neoliberalismus.
Die 34-jährige Paula Araneda, die zur Asamblea Territorial Autoconvocada San Isidro-San Borja gehört, erklärte: "Für mich ist das Schönste dieses Prozesses, meine Nachbarn kennengelernt zu haben. Ich will, dass wir eine andere Gesellschaft aufbauen. Dabei geht es nicht nur um die neue Verfassung, sondern um einen tiefgreifenden sozialen Wandel, um Selbstverwaltung und Souveränität."
Im März und April soll durch landesweite Proteste Druck auf die Regierung ausgeübt werden, damit der verfassungsgebende Prozess nicht von der politischen Elite gestaltet wird. Am 26. April wird darüber abgestimmt, ob es eine neue Verfassung geben und welche Art von Organ diese ausarbeiten soll, eine "gemischte Kommission" aus 50 Prozent gewählten Bürgerinnen und Bürgern und 50 Prozent Abgeordneten, oder eine Verfassungskonvention gänzlich gewählt aus der Bevölkerung, bei der aber nur Mitglieder politischer Parteien infrage kommen.
Da das Abkommen für eine neue Verfassung am 15. November von der Regierung und der Opposition hinter dem Rücken der Protestbewegung beschlossen wurde, fühlen sich viele durch den institutionellen Prozess nicht repräsentiert. Die Meinungen beim Treffen waren geteilt: Manche wollen für die neue Verfassung abstimmen, andere wollen die Volksbefragung boykottieren, weil sie dem institutionellen Prozess nicht vertrauen und keine Option sehen, für eine verfassungsgebende Versammlung zu stimmen, die vom Volk aus gestaltet wird.
Unabhängig von den verschiedenen Meinungen zur Vorgehensweise bei der Volksbefragung im April waren sich alle einig, dass es eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung (Asamblea Popular Constituyente) geben sollte. Der 36-jährige Pablo Abufom von der Asamblea Autoconvocada del Barrio Yungay meint: "Der verfassungsgebende Prozess hat schon am 18. Oktober begonnen, mit den sozialen Forderungen und der Forderung nach einer verfassungsgebenden Versammlung. Mit dem Friedensabkommen vom 15. November wurde versucht, diesen Prozess zu institutionalisieren, obwohl er vom Volk ausgelöst wurde." Deshalb sei es wichtig, unabhängig vom institutionellen Prozess eine vom Volk ausgehende verfassungsgebende Versammlung zu gründen, mit den Nachbarschaftsversammlungen, den Gewerkschaften und den sozialen Organisationen. "Dafüir müssen wir alle unsere Kräfte vereinen, damit wir unsere eigene Verfassung ausarbeiten und schreiben können."