(zas,
11.2.18) Der kolumbianische Präsident Juan Manuel Santos setzt den Marschbefehl
um, den er von US-Aussenminister Rex Tillerson erhalten
hat. Am 8. Februar gab er auf Twitter neben
strengeren Grenzkontrollen bekannt, 3000 zusätzliche Militärs und
Polizeiangehörige an die venezolanische Grenze zu verlegen. Der Präsident des
Landes mit den weltweit meisten internen Vertriebenen (8 Millionen), die vom
Staat (und seinen Paraorganen) verjagt wurden und danach null Hilfe erhalten, sorgt
sich um die humanitäre Lage im Nachbarland. Weshalb er an der Konferenz mit
Tillerson letzten Dienstag bekundete:
„Es ist dringend notwendig, die
demokratische Ausrichtung Venezuelas wieder herzustellen, denn es sind seine
Bürger, die unter den Folgen einer gescheiterten Diktatur leiden.“ Deshalb bereitet
sich seine Regierung auf neue „Flüchtlinge“ von dort vor: Mit der UNO zusammen
werde an der Grenze ein Betreuungszentrum für anfangs 2000 Personen erstellt.
Was könnte dramatischer die verzweifelte Lage im Land der Maduro-Diktatur
aufzeigen? Wie mit Flüchtlingen effizient umzugehen sei, hat letzten Sommer
eine hochkarätige Regierungsdelegation um Sicherheitsberater Juan Carlos
Restrepo in
Erfahrung gebracht. In der Türkei nämlich. Logisch: Der strategische
NATO-Partner Kolumbien lernt von NATO-Mitglied Türkei. (Bestimmt von grösstem
Interesse ist, wie die Türkei Afrin „entkurdisieren“ will, um danach die mutmasslich
bald aus Idlib vertriebenen Al-Kaidas und sonstige Verbündete dort anzusiedeln,
unter deren Regime dann auch die in die Türkei Geflüchteten dorthin entsorgt
werden sollen.)
Nun, die
3000 zusätzlichen Militärs an der Grenze haben Gesellschaft. Vorgestern schrieb
Sergio Rodríguez Gelfenstein Folgendes:
„Die Vorbereitung des Kriegs [gegen Venezuela} hat schon begonnen. Im Catatumbo im Departement Norte de Santander an der Grenze zu Venezuela haben illegale bewaffnete Gruppen in den Ortschaften Tibú und Tarra die Sicherheitskontrolle übernommen, ohne dass Armee, Polizei oder andere staatliche Institutionen eingeschritten wären, wie sich aus den Anklagen der Opfer dieser Banden ergibt. Diese terroristischen Gruppen nutzen das Verschwinden der Front 33 der FARC aus, die in dieser Gegend operiert hat. In der 90‘000-Seelen-Stadt Villa de Rosario im gleichen Departement kämpfen die bewaffnete Gruppe Los Pelusos und die sogenannten Autodefensas Gaitanistas de Colombia (AGC) um die Vorherrschaft in sechs Quartieren (Galán, La Palmita, Pueblito Español, Montevideo, Primero de Mayo und San José) um die Vorherrschaft. Sie sind unter den Augen der Armee dorthin gegangen, um die Invasion von Venezuela vorzubereiten. Die Paramilitärs kontrollieren auch Los Patios, Villa de Rosario, San Cayetano, La Parada, Juan Frío, Uchema, Palo Gordo y Ragonvalia und Puerto Santander. Das Kommando führt Cochas alias Luis Jesús Escamilla Melo, Chef des Ejército Paramilitar del Norte de Santander (EPN). In der Grenzstadt operieren auch die paramilitärischen Rastrojos. In Venezuela haben sie schon Basen in Llano Jorge und San Antonio del Táchira. Trotz der massenhaften Appelle der BürgerInnen an die nationale Regierung und die regionalen und kommunalen Behörden, drücken diese beide Augen zu.“
aus: rebelion.org, 9.2.18: La orden de combate
fue dada: La guerra de Santos contra Venezuela
Ein Wort
noch zum “Flüchtlingsdrama” an der Grenze: Es ist unzweifelhaft, dass
tatsächlich mehr VenezolanerInnen (anscheinend in ihrer Mehrheit mit
kolumbianischer Doppelbürgerschaft) nach Kolumbien ziehen. Dennoch ist bei den
entsprechenden Zahlenangaben höchste Vorsicht am Platz, nicht nur, weil sich
die jeweiligen Behörden entlang ihrer Parteilinie über die Zahlen streiten,
was grundsätzlich ein schlechtes Licht auf die Sache wirft. Als am Freitag die
kolumbianischen Behörden die Kontrollen beim Grenzübertritt in die Stadt Cúcuta
verschärften, kam es zu einem medial die „humanitäre Katastrophe belegenden“
Riesenstau. Denn einerseits versuchten viele VenezolanerInnen angesichts der
angekündigten Massnahmen, sich in Kolumbien noch schnell mit Gütern des
Alltagbedarfs inkl. Medikamenten einzudecken, die in Venezuela oft nur zu
horrenden Schwarzmarktpreisen zu ergattern sind. Und andererseits kam es auch
zum Stau in der Gegenrichtung, weil viele VenezolanerInnen auf Einkauf in
Kolumbien von den neuen Massnahmen auf dem falschen Fuss erwischt wurden.
Stau an der Grenze. Foto: Últimas Noticias. |
Nach Angaben
von Jonathan García, Chef des Parlaments des venezolanischen Gliedstaats
Táchira, der an Kolumbien grenzt, überqueren täglich 35‘000 Menschen, fast
auschliesslich aus Venezuela, die Grenze in beiden Richtungen.
Die
„Flüchtlingskatastrophe“ an der Grenze, die von den Rechten in beiden Ländern
originellerweise auch zum Anheizen von Xenophobie benutzt wird, ist Teil eines
kontrollierten Prozesses. Ihre Ergänzung findet sie im realen wirtschaftlichen
Desaster in Venezuela, dessen Ursachen einfach strikt ausgeblendet und
umgeleugnet werden. Da kann sich Kader vom State Department mal verplappern und
stolz den einschlägigen Erfolg der Wirtschaftsblockade verkünden
- no news. Die Medien vergiessen
widerliche Krokodilstränen über das Leid der Menschen in Venezuela und hecheln
für das „grosse Aufräumen“. Das ist ihre Funktion, no fake.