El Salvador/USA: Aus der Reihe tanzen?

Montag, 1. Oktober 2018


(zas, 1.10.18) Letzten August erlaubte sich das FMLN-regierte kleine zentralamerikanische Land von El Salvador, diplomatische Beziehungen mit China aufzunehmen, was beinhaltete, Taiwan offiziell nicht mehr anzuerkennen. Gab das ein Donnerwetter! Die gesamte Rechte schwor bei Gott, Vaterland und dem Weissen Haus, nach einem Sieg in den Präsidentschaftswahlen von nächstem Februar/März diesen Frevel sofort rückgängig zu machen. US-Botschafterin Jean Manes und übergeordnete Chargen des State Departments kündigten schwere Konsequenzen an. Die taiwanesische Ex-Botschaft wusste gleich, was Sache war: Peking hatte die FMLN-Regierung be- und das edle Taiwan ausgestochen. Vergessen wir die aufopfernde Hilfe dieses Inselsstaats während Jahrzehnten in El Salvador und generell Zentralamerika nicht: kaum ein Massaker an Mayas in Guatemala ohne taiwanesische Schulung, wohl keine rechtsextreme Mörderbande in Zentralamerika ohne Unterstützung durch die WACL (World Anticommunist League), hauptsächlich finanziert, im Dienst der USA, von Taiwan.
Die Administration Trump rief ihre BotschafterInnen in El Salvador, Panama und der Dominikanischen Republik Anfang September nach Washington. (Im Juni 2017 hatte Panama, letzten Mai die Dominikanische Republik China anerkannt.) Grosses Hallo in den rechten Medien. Danach war kaum  mehr was zu vernehmen. Nur nebenbei konnte man die stille Rückkehr der Botschafterin Manes nach El Salvador mitkriegen. Letzten Samstag kam die New York Times, fest im Anti-Trump-Lager der traditionellen Eliten, nochmals auf die Sache zusprechen: „Die Trump-Administration zog diesen Monat wegen der Aberkennung Taiwans eine strenge Bestrafung El Salvadors in Betracht, ein Zug, der eine signifikante Ausweitung des Zurückdrängens Chinas durch die Regierung signalisieren sollte. Doch das Manöver verlief letztlich im Sand aus Sorge, dass die Strafen – Streichung eines Teils der Auslandshilfe und Verhängung von Visasanktionen gegen bestimmte Individuen – möglicherweise zum Verlust der salvadorianischen Bereitschaft geführt hätten, beim Stopp illegaler MigrantInnen zu kooperieren.“ In seinem UNO-Auftritt vergangenen Dienstag hatte Trump, so die Times weiter, angekündigt, fortan werde es nur für „unserere Freunde“ US-Finanzhilfe geben.
Treibende Kraft im Kesseltreiben gegen El Salvador war laut der Times, die sich für ihre Darstellung auf mehrere anonyme „top administration officials“ stützt, Sicherheitsberater John Bolton. Er habe den salvadorianischen Präsidenten Sánchez Cerén in einem Telefonanruf vor einer Aberkennung Taiwans gewarnt. „In einem scharfen Statement“, so die Times, „hat das Weisse Haus gesagt, der Entscheid von Herrn Sánchez beeinträchtigt die wirtschaftliche Gesundheit und Sicherheit der ganzen Americas-Region‘. Die Beeienflussbarkeit der salvadorianischen Regierung durch Chinas offensichtliche Einmischung in die Innenpolitik eines Lander der westlichen Hemisphäre stellt für die USA eine grosse Sorge dar und wird zu einer Neuevaluierung unserer Beziehung mit El Salvador führen.“  
Zwar waren auch die Botschafter in Panama und der Dominikanischen Republik nach Washington beordert worden, doch um Strafmassnahmen ging es laut der Times nur im Fall von El Salvador. Laut dem Blatt gewann im September Personal des State Departments die administrationsinterne Auseinandersetzung um die Verhängung von Sanktionen gegen El Salvador mit dem erwähnten Argument der  Bekämpfung der MigtrantInnen und der generellen US-„Sicherheitspolitik“ in Zentralamerika. So soll eine schon Frage gestellte US-zentralamerikanische Sicherheitskonferenz mutmasslich unter Leitung von US-Vizepräsident Mike Spence Mitte Oktober stattfinden.
Die US-Botschaft in El Salvador veröffentlichte ein Schreiben vom 20. September zum Ergebnis der Erörterungen in Washington  zum Thema der Aberkennung Taiwans durch die drei Staaten. „Es warnt“,  so die Times, „die Länder der Region vor Bemühungen um ‚wirtschaftliche Abkommen und Beziehungen mit unvertrauten Partnern ohne verlässlichen, positiven Leistungsausweis.‘“ Tatsächlich ist von Honduras und Guatemala, die nach der salvadorianischen Entscheidung in krudem Ton vor einem ähnlichen Schritt gewarnt wurden, ist in dieser Sache nichts mehr zu vernehmen.
Bolton und Konsorten mögen ruder vorgehen als frühere US-Administrationen. Doch seit Jahren warnt etwa das Südkommando der US-Streitkräfte vor chinesischem Imperialismus in Lateinamerika, auch die Administration Obama pflegte aggressive Massnahmen etwa gegen Venezuela mit dem Hinweis auf chinesische Subversion mitzubegründen. Schliesslich ist China seit 2015, wie die Times festhält, der wichtigste Handelspartner des Südkontinents. No fun for Uncle Sam.