Kolumbien: Vom Auftragsmord bis zum Stundenvertrag – entfesselte Gewalt

Freitag, 17. Januar 2020


(zas, 17.1.20) Vor drei Tagen, am 14. Januar, meldete die Deutsche Welle 19 Politmorde seit Jahresbeginn in Kolumbien. Gestern beklagte die kolumbianische Bischofskonferenz schon 21 seit dem 1. Januar Ermordete. Die meisten Opfer waren VertreterInnen indigener, afrokolumbianischer oder bäuerischer Bewegungen. Auch ein demobilisiertes FARC-Mitglied ist darunter. Mindestens fünf der Mordopfer waren in der Marcha Patriótica organisiert, ein Zusammenschluss politischer und sozialer Organisationen. In den letzten acht Jahren, schrieb der Congreso de los Pueblos, ein anderer grosser Zusammenschluss, musste die Marcha die Ermordung von 222 Compañeras und Compañeros beklagen. Hatte sich letztes Jahr die Rate dieser Politmorde auf einen Fall alle zwei Tage verdichtet, wird sie nun von Paras und Regime auf mehr als einen pro Tag intensiviert. Der Sicherheitsrat der UNO sprach vorgestern wegen dieser Morde von einer «gravierenden Sicherheitslage».  
Quelle: dw

Laut Angaben der Generalstaatsanwaltschaft begingen letztes Jahr Auftragskiller mehr als die Hälfte, 6'466, aller Morde im Land. In einigen Regionen seien die Auftragsmorde im Vergleich zum Vorjahr etwas zurückgegangen, in anderen aber gestiegen, wie El Tiempo am 13. Januar schrieb: Zum Beispiel im Cauca, «wo die grösste Zahl von Angriffen auf soziale Führungspersonen und Ex-Guerillas verzeichnet wurde. Dort gab es 2018 241 Fälle [von Auftragsmorden], 2019 wurden 321 Opfer registriert.»
Am 12. Januar berichtete El Tiempo, eine Spezialeinheit der Polizei habe einen Mordanschlag auf den Chef der mittlerweile legalen FARC-Partei vereitelt und dabei die beiden Täter erschossen. «General Óscar Atehortúa, Direktor der Policía Nacional, sagte, der Anschlag sei von den Ex-Chefs der FARC Yván Márquez und Paisá, die heute den Friedensprozess ablehnen, aus Venezuela befohlen worden.» Márquez, ehemaliger Chef der FARC-Verhandlungsdelegation, und Paisá gehören zur Führungsgruppe einer der wieder zu den Waffen greifenden Gruppen aus der alten FARC. Ein exilierter kolumbianischer Compañero teilte uns mit: «In den 80-er Jahren hat das Regime seinen Massenmord auch mit sogenannten ‘Dissidenten’ erklärt. Das ist extrem gefährlich.»
Im Land wird wieder gegen die Projekte der Rentenkonterreform und der Arbeitsmarkt-«Flexibilisierung» mobilisiert. Die Regierung will diese im Parlament durchdrücken. Der von der OECD gepushte Rentenangriff soll das Renteneintrittalter erhöhen, jener auf die Arbeitsrechte zielt auf eine weitere Prekarisierung etwa mittels «Stundenverträgen».
Kolumbien, das Land der reaktionären Gewalt auf allen Ebenen, ist Mitglied der OECD und «strategischer Partner» der NATO.