Die Rechte kann’s nicht lassen. Während fast 10 Jahren hat
sie in Parlament eine Verfassungsklausel, welche das Recht der Bevölkerung auf
Wasser beinhaltet hätte, verhindert. Dito die Verabschiedung eines Gesetzes auf
der Grundlage von Vorschlägen von sozialen und kommunalen Organisationen.
Jetzt, wo sie die nötige parlamentarische Mehrheit hat, geht sie daran, das
Wasser zu privatisieren. In der vorbereitenden parlamentarischen Kommission
beschloss die Mehrheit am 11. Juni zuhanden des Plenums, eine neue oberste
Wasserbehörde zu gründen, deren Leitungsorgan aus fünf Personen bestehen soll:
eine wird vom Staatspräsidenten ernannt, zwei vertreten den (rechts
dominierten) Gemeindeverband Comures und zwei weitere den Grossunternehmerverband
ANEP. Diese zu gründende Behörde entscheidet nach Angaben
der FMLN-Fraktion «über die Verteilquote
von Wasser, also welcher Anteil für menschlichen Konsum, für die
Landwirtschaft, die Bewässerung privater Zuckerrohrplantagen, die Industrie,
die Abfüllunternehmen – was bleibt für die Leute?»
2011 überarbeitete das Umweltministerium zusammen mit dem Foro
de Agua, einem Zusammenschluss sozialer und ökologischer Organisationen, dessen
früheren Entwurf für ein integrales Wassergesetz, das in die Beratungen der
Parlamentskommission einging. Als Antwort erarbeiteten vom Unternehmerverband
ANEP einen Gegenentwurf, der jetzt als Grundlage für die weitere
parlamentarische Geschäftsabwicklung dient. Die Jesuitenuniversität UCA hatte
letztes Jahr als «Kompromiss» einen Gesetzesvorschlag eingereicht, der sich auf
die Frage der Institutionalität der zu gründenden Wasserbehörde bezieht. Auch
die Bischofskonferenz, die seit dem Amtsantritt des neuen Chefs in Rom in
einigen Bereichen einen vergleichsweise progressiven Kurs fährt, hatte sich
lautstark für ein soziales Wassergesetz ausgesprochen.
Zentral waren in den Diskussionen die Fragen nach der
Personalbesetzung und den Kompetenzen der neuen Behörde. Das Foro de Agua, der
FMLN und faktisch die Bischöfe sprachen sich für eine Institution unter
Regierungsverantwortung aus, der Unternehmervorschlag dagegen wollte eine
«autonome» Institution unter seiner Regie. Unter den früheren neoliberalen
Regierungen hatten Unternehmen wie SAB Miller und Coca-Cola immer mehr
Wasserreserven des Landes unter Kontrolle gekriegt, in einem Land, das weltweit
als einer der in Sachen Wasser am stärksten gefährdeten Länder gilt. Es war in
jenen Jahren zu vielen mehr oder weniger spontanen Strassenprotesten wegen
Wassermangel in den städtischen Unterklassengebieten gekommen. Unter den beiden
FMLN-Regierungen konnte dies trotz mancher Hindernisse eindeutig entschärft
werden, insbesondere weil zuvor nur für Oligarchen erschlossene
Grundwasserreserven ans öffentliche Netz angehängt wurden.
Um sich das Leben nicht unnötig zu komplizieren, hatte die
rechte Präsidentin der Parlamentskommission eine Anhörung der UCA und sogar des
Erzbischofs verweigert. Die Bischöfe betonten
danach, sie würden für das Recht auf Wasser kämpfen, denn «das Volk (…) verlangt
Trinkwasser in allen Haushalten und könnte die Kosten nicht ragen, wenn diese
lebensnotwendige Flüssigkeit zur Ware würde».
Jetzt droht ein Schritt in neue kapitalistische Brutalität.
Doch gleichzeitig erwacht der Widerstand. Für gestern Donnerstag hatten sowohl
einige NGOs wie auch StudentInnen und der Lehrkörper der Nationaluniversität zu
Protestdemos aufgerufen. Die der StudentInnen ging wie oft der Fall zum Parlament.
Doch dessen neuer, reaktionärer Präsident von ARENA hatte daran keinen
Gefallen. Gerade als Abgeordnete des FMLN zu den Leuten rausgegangen waren, um
ihren Kampf zu unterstützen, befahl er dem parlamentarischen Sicherheitdienst einen Räumungseinsatz. Doch
das Tränengas zeigte nicht den gewünschten Erfolg. Steine flogen, Scheiben
gingen kaputt, die Studis gerieten in Stimmung.
Die angestrebte Wasserprivatisierung freut Multis wie Coca-Cola,
Agrarunternehmer und wohl auch in Kanada domizilierte Minenunternehmen. Es wird
befürchtet, dass die parlamentarische 2/3-Mehrheit der Rechten spätestens nach
den Präsidentschaftswahlen von Beginn
2019 das von der Linken mit Unterstützung der katholischen Kirche
durchgesetzte, weltweit erste Bergbauverbot wieder aufheben wird. Die Rechte will
auch die seit dem Krieg geltende Verfassungsklausel, die Grundbesitz auf
maximal 245 ha einschränkt, aufheben – auch hier sind Bergbau- und
Agrarkapitalien interessiert.
Doch eben, der Widerstand: ARENA bereit sich auf ihre Weise
darauf vor. Ihr Fraktionschef Alberto Romero sagte
gestern mit Bezug auf Unirektor Roger Arias und einen weiteren Dozenten: »Wir bitten den Herrn Generalstaatsanwalt, gegen
die diese beiden Terroristen eine Untersuchung einzuleiten, die heute Morgen
kamen und weitere Terroristen anführten.»
Bueno, für morgen Samstag ist eine grosse Demo gegen die
Wasserprivatisierung angesagt.