(zas, 28.11.19) Vorgestern fand im Department Cochabamba ein
wichtiges Grosstreffen der sozialen Bewegungen statt. Teilgenommen hatten Delegierte
aus vielen Landesteilen. Spannend ist dabei auch der Protagonismus einer neuen
Generation. Die bolivianische Journalistin Verónica Zapata schreibt dazu:
«Diese neue Generation hat die Periode [der MAS-Regierungen seit 2005] als etwas Selbstverständliches erlebt und nicht als das, was sie wirklich war, eine Errungenschaft des Kampfs des bolivianischen Volks, und insbesondere der indigenen Bewegung, deren Kampf seit 1492 mehr als 500 Jahre andauert.»
Am
Treffen sprach auch ein junger Militanter, den Zapata zitiert:
«Dieser Junge, den ihr seht, hat sich selber mobilisiert, als unser Präsident nach Mexiko ging (…) Ich war in Senkata [wo die Raffinerie von El Alto ist]. Es ist nicht wahr, was [De-facto-Innenminister] Arturo Murillo sagt, dass wir die Raffinerie in die Luft jagen wollten. Murillo sagt das wegen der Repression. Sie nebelten uns mit Gas ein und schossen auf uns, wir hatten 16 Tote, der Verteidigungsminister bestreit das, aber wir haben die Beweise, die Bleikugeln. Woher sollen wir diese Kugeln haben? Wer glaubt denn schon, dass wir uns untereinander umgelegt haben? (diese Version verbreitet das Innenministerium.)»
Bild: Verónica Zapata. |
Der Mann gab aber auch Aufschluss über seine Politisierung:
«Ich bin kein Politiker. aber eines Tages begann ich, die Leute zusammenzutrommeln, und die Leute haben reagiert. Wir stiegen nach La Paz hinab, in sieben Demozügen, und sie haben Gas gegen uns eingesetzt, aber die Leute haben uns unterstützt. Jetzt sehe ich, dass sich ein Kader so herausbildet.»
Der Satz hat nach Bericht von Verónica Zapata Ovationen
ausgelöst. Und weiter sagte der junge Aktivist:
«Wir sind hier zusammengekommen, um diesen Pakt der Einheit zu schliessen, um das Movimiento al Socialismo zu restrukturieren und zu reorganisieren. Es gibt Kader, die sich verkauft haben, und das muss klar gesagt werden. Weder repräsentieren sie unsere Stimmen noch verteidigen sie das bolivianische Volk. Ich forme mich zu einem neuen Kader, um das einfache Volk zu verteidigen wie unser Präsident Evo Morales.»
Das Treffen endete mit einer Resolution, die u. a. folgende
Punkte beinhaltete:
1. «Wir bekräftigen unsere moralische und
politische Unterstützung für unseren Bruder Evo Morales Ayma, Präsident der
Plurinationalen Staats von Bolivien.»
2. «Wir bekräftigen den Ausnahmezustand und
erklären ab heute, 26. November 2019, eine Zwischenphase für eröffnet, bis die De-facto-Regierung
die kürzlich vor den im Land mobilisierten sozialen Bewegungen eingegangenen
Verpflichtungen erfüllt.»
3.
«Das
Parlament und die Exekutive werden zur sofortigen Verabschiedung eins Gesetzes
aufgefordert, das die politischen, zivilen und konstitutionellen Grundrechte
für alle gewählten Behördenmitglieder und die Gewerkschaftsführungen garantiert.»
4.
Der wankelmütige Gewerkschaftsbund COB wird zu
einer klaren Linie der Verteidigung der Volksrechte aufgefordert. Die «selbsternannte Präsidentin» muss
abtreten.
5. “Wir bitten die nationale Leitung des MAS-IPSP
(Instrumento Político por la Soberanía de los Pueblos), in den nächsten fünf Tagen
ein erweitertes landesweites Treffen des MAS—IPSP einzuberufen.»
6.
Eine Wiedergutmachung für die Angriffe auf
Symbole wie die Whipala [indigen Fahne der Völker] wird gefordert.
7. «Wir fordern die sofortige und landesweite Freilassung
aller Gefangenen und ein Ende der illegalen Verfolgungen und Festnahmen».
8. «Wir gehen die Verpflichtung zur Einheit im
Kampf um die sozialen und politischen Rechte für die soziale Gerechtigkeit ein.»
9.
«Wir
verlangen die sofortige Abschaffung des Dekrets 4078, das sich gegen das Leben
der bolivianischen Bevölkerung richtet» (Dekret für generelle Straffreiheit
für die Sicherheitskräfte).
Eines können wir gewiss sein: Die
Bewegungen in Bolivien sind nicht demobilisiert: sie haben einen taktischen
Rückzug angetreten, um eine umfassende Strategie zu erarbeiten, die von den Comunidades
getragen wird.