Gedanken aus El Salvador zu Tod und Covid-19

Freitag, 13. März 2020


(zas, 13.3.20) Vorgestern hat die salvadorianische Regierung den Notstand ausgerufen. Noch ist kein Fall von Corona-Erkrankung im Land nachgewiesen, im Gegensatz zu Costa Rica, Panama und Honduras. Das Fragezeichen auch in El Salvador: Was gibt es real an Testkapazitäten? Notstand heisst u. a. geschlossene Schulen und Zwangsquarantäne für alle aus dem Ausland einreisenden SalvadorianerInnen und AusländerInnen mit Aufenthaltsrecht (die anderen dürfen nicht mehr rein) bis zur medizinischen Untersuchung. Vor kurzem noch plagierte der Vize-Gesundheitsminister Alabi, die Quarantäneeinrichtungen beim Flughafen seien «besser als in anderen Ländern». Gestern zirkulierten viele Handyvideos zur gepriesenen «Bonität» der Einrichtungen: Kleinstzimmer mit 6 Kombi-Bettgestellen, kein Klopapier, kein Wasser, Frühstück um 11 h vormittags, kein medizinisches Personal in Sicht …. Die Installationen für Einreisende auf dem Landweg scheinen ähnlich ungeeignet zu sein. Kommt jemand mit einem Grippe- oder Coronavirus hier rein, ist ziemlich sicher, dass alle anderen dieses auch bekommen. Nun: Bei Masseninternierungen auch in der Schweiz werden übereinandergestellte Betten, Reihe an Reihe, eingesetzt werden. Die Kluft zwischen der offiziellen Macher-Attitüde und der Realität in El Salvador wird einfach schon bei der ersten Probe offenbar. Der folgende Kleintext des Priesters Herrera aus Usulután bringt diese Kluft auf ihren realen Gehalt.
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Crudelius est quam mori semper timere mortem
(Grausamer als zu sterben ist, immer den Tod zu fürchten)
Seneca

Von Alcides Herrera
Warum so viel Angst der Mittel- und Oberklassen vor dem Tod?
Die Armen sind täglich mit dem Tod konfrontiert. Ein simpler Durchfall des Kindes kann zum Tod führen. Erst recht eine Grippe, die eine tödliche Lungenentzündung auslösen kann. Bis zum 28. Februar d. J. sind 60 Menschen an Dengue und 110 an Lungenentzündung gestorben. Für die Armen ist der Tod eine tägliche Erfahrung und die Krankheit eine Herausforderung der göttlichen Vorsehung.
Aber nicht so für jene, die eine Sozialversicherung haben. Krankheit und Tod sind ihnen weit weg. Denn für jede Krankheit haben sie den Spezialisten. Sie können bis zum Tod zahlen. Es gibt «Versicherungen» für alles.
Weshalb also die Angst vor Covid-19?
Die Krankheit weist zwei Charakteristika auf. Sie verbreitet sich leicht und schnell. Und – darum geht es zentral – es gibt keine Heilung. Das bringt die Sicherheit der Mittel- und Oberklasse durcheinander. Und sie sind es, die Ferien- oder Geschäftsreisen machen und sich damit der Krankheit aussetzen.
Sobald die Krankheit kontrolliert werden kann, wird der Terror, den sie vor einer Grippe mit einer kaum 2 Prozent erreichenden Sterblichkeitsrate verschwinden.
Das Schlimmste dabei ist, dass die Angst vor dem Tod an die arme Bevölkerung weitergegeben wird.
Es sind die Armen, die die wirtschaftlichen Verwüstungen bezahlen werden. Denn Importeure und Exporteure bekommen schon ihre Stabilität garantiert. Aber die Angestellte im Kleincafé um die Universität herum haben sie gestern bis auf Weiteres entlassen.