Kritik, Propaganda …

Mittwoch, 25. März 2020


(zas, 25.3.20) Im Nachrichtenmagazin des Schweizer Radios SRF von heute Abend erneut ein Beispiel kritischen Journalismus: China und Russland versuchen ihr ramponiertes Ansehen mit ansehnlicher Virushilfe in verschiedenen europäischen und Trikontländern aufzublasen. Wir hören bei diesen Erläuterungen tatsächlich auch mitteilenswerte Dinge. Dass etwa Moskau als Reichtumszone ein einigermassen gut ausgebautes Gesundheitssystem hat, im Gegensatz zu Armutsgebieten im Land. Oder dass Russland im Verhältnis zur Bevölkerung weit mehr Beatmungsgeräte hat als die Schweiz. Nicht alle kritischen Fragen führen zu Treffern. Etwa die «Skepsis», ob China sich diese ausgedehnte Hilfe an so vielen Orten auf die Dauer leisten könne. Doch, so die Antwort, finanziell ist China gut gerüstet. Aha. Nächster Punkt, irgendwas.
Natürlich liegt es auf der Hand, Fragen zum Altruismus von Putin oder Xi zu stellen. Aber: Steht dies für die Leute in Milano, die dank solcher Hilfe eine Behandlung bekommen, für die Ärztin, den Pfleger, die Putzfrau im Spital, die jetzt Schutzkleider erhalten, im Mittelpunkt der kritischen Wahrnehmung?
Ungutes berichtete die NZZ:



Es war ein bizarrer Auftritt, als der serbische Präsident Aleksandar Lucic am 15. März den Ausnahmezustand erklärte. Tränen in den Augen, zwischen Rührung und Wut schwankend, rief er die Bürger auf, zu Hause zu bleiben. Dann setzte er nach: Der europäische Traum sei ausgeträumt. Jetzt, in der Zeit der Not, sei es klar. «Es gibt keine Solidarität Europas. Es ist ein Märchen auf Papier.»
(…) Der Kontrast könnte nicht grösser sein. Während Tschechien Lieferungen von Schutzmasken an Italien für sich abzweigt und die europäischen Länder Schutzmasken und Beatmungsgeräte horten, landet in Athen der Flug CA 863 und bringt chinesische Hilfsgüter. Gleichzeitig spenden chinesische Firmen in Belgrad Hunderttausende von Masken.
 

Solches Geschehen hinterfragen die westlichen Medien praktisch jeden Tag. Deswegen bezeichnen sie sich ja auch stets als kritisch.
Eine Frage, so geheimnisvoll, dass sie nicht greifbar ist, nie: Warum nur macht der reiche Norden nicht die gleiche «Propaganda» und steht dem ärmeren Teil des Nordens zur Seite? (Nein, nicht Frontex). Oder gar dem globalen Süden. Stell dir vor, die Schweiz organisierte Schutzmasken für Spanien und schickte ihre Medizinbrigaden und Medikamente in den Irak, in die Flüchtlingslager in Roja oder Idlib oder nach Ägypten. So, wie das Kuba an so vielen Orten der Welt macht.
Pero no. Hierzulande begnügt man sich, jeden Bernhardiner, der in ein Erdbebengebiet geschickt wird, in den Morgen-, Mittag, Abend- und Zwischendurch-Nachrichten zu feiern. Hier herrscht Kritik vor, nicht Propaganda.
Nun, unser Herz wärmt sich an der kubanischen Medizinbrigade in der Lombardei. An der verbreiteten Solidarität, die in und aus Kuba praktiziert wird. Z. B. bei der Abreise der Brigade aus La Habana:
https://video.corriere.it/cronaca/coronavirus-l-applauso-medici-cubani-arrivo-italia/d43f5d6e-6c1d-11ea-8403-94d97cb6fb9f

Jetzt fällt auch der corriere della Sera in die Propagandafalle:


Prima della partenza i medici sono stati supportati in aeroporto all’Havana | Ansa - CorriereTv
Arrivano da Cuba all’Italia, per aiutare nell’emergenza coronavirus. Sono 52 medici e infermieri che vogliono dare una mano nelle zone più colpite dal Covid-19. “I medici cubani sono una straordinaria opportunità”, ha detto l’assessore al Welfare Giulio Gallera. E loro, prima della partenza, sono stati supportati in aeroporto all’Havana dagli applausi dei passeggeri e da grida di incoraggiamento.


https://video.corriere.it/cronaca/coronavirus-l-applauso-medici-cubani-arrivo-italia/d43f5d6e-6c1d-11ea-8403-94d97cb6fb9f