Komplizenschaften

Mittwoch, 27. April 2016


Zwei junge Besucher der Grossen Moschee in Genf sollen sich dem Jihad angeschlossen haben. Zwei der dort lehrenden Imame – im Visier des französischen Staatsschutzes – haben sie dabei evl. unterstützt. Offenbar floss/fliesst saudisches Geld in die Moschee, werden die Imame (oder ein Teil von ihnen) in Saudi-Arabien ausgebildet. Eine Journalistin von Radio SRF befragt den Moscheevorsteher, der betont, der Islam sei eine moderate Religion, mit Toleranz für Andersgläubige. Er mache mit bei Integrationsgesprächen der Stadt Genf. 
Nun, ja. 
Doch im nächsten Beitrag kommt der Experte zum Zug, Beat Stauffer.  Er und die Interviewerin sind besorgt, ja, sehr besorgt, über die saudische Connection. Und vielleicht stimmt, was der Experte insinuiert. Dass es nämlich eine politische Vorgabe aus Riad sei, der die Moscheevertreter folgen – nicht unnötig auffallen in der Schweiz.  Sechs Minuten erörtern der Mann und die Fragestellerin das saudische Islamproblem in der Schweiz. Die Saudis hier, die Saudis dort. Keine Zeit, um eine sich doch aufdrängende Frage auch nur zu streifen: Warum hat, wenn die saudische Connection ein reales Problem ist,  der Bundesrat vor einer Woche Waffenexporte nach Saudi-Arabien legalisiert? Keine Zeit, um zu erwähnen, dass viele in jener Weltgegend ein weiteres, jetzt noch verschärftes Problem haben: ein schweizerisches.  Also diese Musulmanen, diese Moscheen….

Argentinien: Einer vom Verbrechersyndikat



(zas, 27.4.16) Er heisst Jesko Hentschel und leitet die Weltbank-Vertretungen in Argentinien, Paraguay und Uruguay. Der deutsche Ökonom (Uni Freiburg, Kieler Institut für Weltwirtschaft) mit einer langen Vergangenheit in besagter Bank muss aus seinem Herzen keine Mördergrube mehr machen. Es weht ein frischer Wind in Argentinien. Der Spezialist „für“ Armutsbekämpfung weiss, dass die zirkulierenden Zahlen zu Arbeitsplatzverlusten unter Mauricio Macri Humbug sind: „Bisher gibt es keinen Beweis für eine Jobkrise. Die Daten über die Geschehnisse im Arbeitsmarkt sind bruchstückhaft“, zitiert ihn heute Página/12 (“La pobreza es coyuntural”). Der ihn an der PK im Weltbank-Büro in Buenos Aires begleitende Ökonom Rafael Rofman versicherte nämlich in Bezug auf die Zahl von 141‘000 Entlassenen des Wirtschaftsinstituts CEPA: „Die Zahlen entsprechen etwa den Erwartungen. Aber diese Arbeit misst nur Entlassungen, keine Neuanstellungen. Sie wertet also den Rotationsprozess nicht aus.“ Dass das die Entlassenen nicht reflektieren, statt kontraproduktive Proteste zu organisieren!
Hentschel. Bild: UPLA.

Die beiden Weltbanker verbreiten Optimismus, ganz auf der Linie des Regimes: „Argentinien erlebt eine starke Transitionsphase (…), weshalb die Wachstums- und Arbeitsplatzindikatoren dieses Jahres transitorisch sein werden.“ Dafür ist „sehr wichtig“, so Hentschel, „die Lösung des Konflikts Abkommen mit den holdouts [Geierfonds]  denn dies erlaubt dem Land Zugang zu nicht-inflationärer Finanzierung“. Gemeint ist, so Página/12, „ dass sich der Staat bei privaten Gläubigern in Dollars verschuldet, statt in Pesos bei der Zentralbank“. Denn wer bitte möchte die alte Erkenntnis abstreiten, dass noch nie ein Staat an Schulden in seiner eigenen Währung bankrott gegangen ist, wohl aber an Schulden in Fremdwährungen, die er zuvor mit immer mehr Sozialangriffen zu bedienen versuchte?
Da passt es, dass Hentschel als etwas ungünstig für den am Horizont leuchtenden Boom einzig internationale Probleme (tiefe Rohstoffpreise, chinesische Entschleunigung, politische Krise im brasilianischen Absatzmarkt) ausmacht. Página/12 dazu: „Der Fakt, dass die Abwertung, die Tariferhöhungen, die Zinssteigerung und die Entlassungen im öffentlichen Sektor den einheimischen Markt als Hauptstütze der nationalen Wirtschaft beeinträchtigt haben“, blieb bei Hentschel aussen vor.
Dafür wusste er anderes Positives, etwa zu seinem Fachgebiet, der Armut. Nach Angaben der katholischen Universität UCA sind in den ersten drei Monaten dieses Jahres 1.4 Millionen Menschen in die Armut gestossen worden. Doch der Armutsexperte der Weltbank weiss: Armut „ist wichtig für die, die sie erleiden, aber sie ist ein konjunkturelles Problem (…). Was uns beschäftigt, ist wie es um die Armut in fünf Jahren bestellt sein wird.“
 Same old story.

Protestmärsche in Mexiko gegen Geschlechtergewalt

https://amerika21.de/2016/04/151753/protest-geschlechtergewalt

Frauen mit Bannern bei Protestmarsch
Frauen beim Prostestmarsch in Mexiko-Stadt
Quelle: desinformemonos
Mexiko-Stadt. Tausende Frauen und Männer haben am vergangenen Sonntag in Mexiko ein Zeichen gegen die vielschichtige Gewalt an Frauen gesetzt. In der Hauptstadt und in weiteren Städten gingen sie auf die Straßen, um diese stärker werdende Bewegung zu unterstützen.
Der Paseo de la Reforma, zentrale Verkehrsader Mexiko-Stadts, war Hauptschauplatz der Protestaktion. Sie richtete sich gegen die Nötigung von Frauen im Alltag, aber auch gegen extreme Gewaltformen wie das Verschwindenlassen oder Mord. Teilnehmer verliehen ihren Forderungen wie "Nicht eine weniger" oder "Wir wollen uns lebend" auf zahlreichen Bannern Ausdruck. Der Protest verdeutlichte die seit Jahren angespannte Situation für Frauen in Mexiko. Nachteile auf dem Arbeitsmarkt und vor Gerichten sowie die erhöhte weibliche Mordrate sind ein Teil des täglichen Lebens.
Die Märsche in 28 mexikanischen Städten zeigten jedoch auch das Aufflammen einer neuen Bewegung gegen machistische Gewalt, die sich bisher vor allem über die Sozialen Netzwerke artikulierte. Zündstoff lieferten gehäufte Berichte von Frauenmorden und von sexueller Belästigung auf der Straße und in öffentlichen Verkehrsmitteln. Für Furore sorgte unlängst ein Video, das zeigt, wie die mexikanischen Journalistin Andrea Noel im März auf den Straßen des gehobenen Hauptstadtviertels La Condesa von einem Mann angegriffen wird. Er hob ihren Rock und zog ihre Unterwäsche herunter. Sie kam an das Video einer Überwachungskamera und veröffentlichte es auf Twitter.
Während des friedlichen Zuges in Mexiko-Stadt verliehen Frauen und Männer ihrer großen Empörung über die jüngsten Vorkommnisse Ausdruck. Es brauche Mechanismen gegen den Machismus im Land, heißt es im Manifest eines Frauenkollektivs. Eine "gesellschaftliche Umerziehung" sei dringend von Nöten. Den Männern müsse beigebracht werden, Frauen und Mädchen nicht zu bedrängen, nicht zu schlagen, nicht zu bedrohen, nicht zu missbrauchen und nicht zu töten.
Startpunkt des sechsstündigen Protestmarsches war die Gemeinde Ecatepec, die eine alarmierende Zahl verschwundener Frauen aufweist. Vor gut zwei Monaten hatte dort auch Papst Franziskus auf die Missstände aufmerksam gemacht.

Expertengruppe stellt Abschlussbericht zu verschwundenen Studenten in Mexiko vor

https://amerika21.de/2016/04/151760/giei-abschlussbericht

27.04.2016 Mexiko / USA / Menschenrechte

Keine gesicherten Schlussfolgerungen über Verbleib der Studenten. Behörden gehen Hinweisen auf Beteiligung von Sicherheitskräften nicht nach
Pressekonferenz der Expertenkommission (GIEI) in Mexiko-Stadt
Pressekonferenz der Expertenkommission (GIEI) in Mexiko-Stadt
Washington/Mexiko-Stadt. Die Regierung der USA hat die unabhängige Expertengruppe (GIEI) der Interamerikanischen Menschenrechtskommission zu ihrer Arbeit im Fall der verschwundenen Lehramtsstudenten aus Ayotzinapa beglückwünscht. Der Sprecher des US-amerikanischen Außenministeriums, John Kirby, forderte die mexikanischen Behörden zugleich auf, sich an die Empfehlungen der GIEI zu halten und die Ermittlungen weiterzuführen. Die 43 jungen Männer waren im September 2014 von Polizisten verschleppt worden.
Die GIEI hatte bei einer international viel beachteten Pressekonferenz am vergangenen Sonntag ihre Untersuchungsergebnisse sowie Empfehlungen an die mexikanische Regierung dargelegt. Anwesend waren auch die Eltern der Opfer. Vertreter der mexikanischen Regierung waren trotz Einladung nicht erschienen.
Die Experten, die über ein Jahr lang ermittelten, haben festgestellt, dass die Bundes- und Lokalpolizei sowie die Kriminalpolizei des mexikanischen Bundeskriminalamts, aber auch das 27. Infanterie-Bataillon an den Angriffen auf die Studenten beteiligt waren. Demnach sind viel mehr staatliche Sicherheitskräfte involviert, als die Regierung zugegeben hat. Durch das Kommunikationssystem C4 hätten sie die Aktionen und Bewegungen der Lehramtsstudenten minütlich mitverfolgt. Nichtsdestotrotz schrieb der Aufsichtsbeamte in das C4-Protokoll "saldo blanco" (keine Verletzten). Das sei "sehr besorgniserregend", betonte die Anwältin aus Guatemala, Claudia Paz y Paz.
Weitere wichtige Hinweise seien die Fotos, die ein Soldat bei einem der Angriffe auf die jungen Männer gemacht hatte. "Dieses sehr wichtige Beweismaterial haben wir nie bekommen. Die Fotos sind nun verschollen. Wir bekamen stattdessen nur eine PowerPoint Präsentation", erklärte die Anwältin.
Die mehrfachen Gesuche der GIEI, Mitglieder des 27. Infanterie-Bataillons zu befragen, wurden von der mexikanischen Regierung abgelehnt. Die Anhörungen wären hilfreich gewesen, um mehr über den Verbleib der jungen Männer, aber auch über das Ausmaß der Beteiligung des Militärs zu erfahren, so Paz y Paz weiter.
In ihrem Bericht weisen die Experten auch auf die immer noch offenen Ermittlungen zu Anrufen eines der beteiligten Polizisten hin, der in Richtung der Gemeinde Huitzuco unterwegs war. Daraus hätten sich weitere Erkenntnisse bezüglich der mutmaßlichen Verschleppung der jungen Männer ergeben können, dies hätte unbedingt ermittelt werden müssen, kritisierten die Experten.
Die Generalstaatsanwaltschaft (PGR) habe es auch unterlassen, die SMS auf dem Handy von Jorge Anibal Cruz Mendoza, einem der Verschwundenen, sowie weitere sechs Handys der jungen Männer, die noch Tage nach den Angriffen aktiv waren, zu untersuchen.
Auf einen weiteren kritischen Punkt wies der Arzt und Psychologe Carlos Beristein hin: Laut überprüften medizinischen Berichten wurden 17 der 100 festgenommen mutmaßlichen Täter gefoltert, um auf diese Weise bestimmte Geständnisse zu erlangen.
Die Expertengruppe schließt nach ihren Ermittlungen ebenso wie die Mitglieder des Argentinischen Forensikerteams (EAAF) aus, dass die 43 Lehramtsstudenten auf der Mülldeponie von Cocula verbrannt worden seien. Sie plädiert daher für die Fortsetzung der Suche nach den jungen Männern mithilfe von Satellitenfotos, Lasertechnik und neuen, professionellen Suchstrategien durch die PGR.
Die Ermittlungen müssten sich mit dem möglichen Transport von Heroin von Iguala nach Chicago, USA, in einem der von den jungen Männern gekaperten Reisebusse befassen. "Wir haben die PGR vor Monaten aufgefordert, internationale Rechtshilfe bei den nordamerikanischen Behörden zu beantragen", erklärt ein Mitglied der Expertengruppe.
Die Entscheidung über die frühzeitige Beendigung ihres Mandates in Mexiko und das damit verbundene Ende ihrer Ermittlungen im Fall Iguala habe die mexikanische Regierung allein getroffen. Die Angehörigen der Opfer hätten im Sinne einer Wiedergutmachung das Recht, die Wahrheit zu erfahren. Daher empfiehlt die GIEI weiterhin eine internationale Aufsicht bei den Ermittlungen, anstatt einer finanziellen Entschädigung für die Familien der 43 Studenten, wie die mexikanische Regierung dies mehrmals angeboten hatte.
Die fünf Experten werden am 30. April das Land verlassen.

Ganz normaler Antisemitismus

Samstag, 23. April 2016



Blocher sagte vor einer Woche, dass der Kampf der Medien gegen die SVP im Abstimmungskampf zur Durchsetzungsinitiative ihn in seiner «Radikalität an die Methoden der Nationalsozialisten den Juden gegenüber erinnert habe». Dann musste sich der Israelitische Gemeindebund über den Nazivergleich empören, und es kam zu einem medialen Naserümpfen. Heute brachte Radio SRF ein Interview mit dem neuen SVP-Präsidenten Albert Rösti und in den Mittagsnachrichten einen Kurzausschnitt daraus. O-Ton Rösti:  Diesen Vergleich habe ich sehr gut nachvollziehen können.“  Dass der Mann das tatsächlich kann, untermauerte der Nachrichtensprecher gleich mit dieser Zusammenfassung einer folgenden Aussage: „Gewerbetreibende etwa hätten nicht mehr frei heraus sagen können, sie seien für die Initiative, aus Angst, Kunden zu verlieren“. Mit ging es kalt den Rücken runter. Wer assoziiert bei diesem Spruch nicht „Kauf nicht beim Juden“? (Nun ja, vielleicht viele SVP-Leute,  denen bei dieser Aussage nichts auffiele.)Rassistische Schweizer Schnauzen sind jetzt Opfer, die angeblich wegen des Klingelns in der Kasse nicht wie gewohnt jeden Dreck von sich geben dürfen.
Ein zweites Mal kalt den Rücken runter ging es mir, als der Nachrichtentext gleich zu einem anderen interessierenden Aspekt der Schweizer Machtpolitik überging, ob es nämlich bei den beiden SVP-Bundesräte zusammen geigt oder nicht. Antisemitismus als akzidentieller Gesprächsstoff im Polit-Small Talk.
Abendnachrichten, hab ich mir nochmals angetan. Der Rösti mittlerweile gewählt, Anlass für eine humorige Einlage. Er hatte ein Trommelsolo hingelegt und anschliessend gesagt, jetzt gebe er den Takt an. Was die Schweizer Nachrichtenredaktion zur anregenden Erörterung animierte, ob Rösti nun ein Moderater oder doch nicht ganz einer sei. Seine Kotze über die jüdischen Opfer ein Kommentar, eine Erwähnung mehr wert? Nej, wiso?
Muss wieder der Israelitische Gemeindebund aufschreien – also ein Teil des Establishments – damit in ein paar Mediengehirne einsickert, da könnte was sein?

Argentinien: Beifall für die Mafia





(zas, 23.4.16) „Es handelt sich um einen wichtigen Meilenstein für die Argentinier, eine Phase geht nach mehr als zehn Jahren Isolation und Konflikt zu Ende, um einer neuen Epoche zu weichen, die mit Investitionen kommen wird“. Ein Erfolg des „Dialogs“, hängte der argentinische Präsident Mauricio Macri noch an.  Macris Finanzminister Prat-Gay tweetete: „Ciao Default, eine neue Epoche beginnt.“  Grund für die Freude: Nachdem Argentinien letzte Woche Schulden in der Höhe von $ 16 Mrd. aufgenommen hatte – die grösste derartige Operation eines Schwellenlandes seit über 15 Jahren – überwies es gestern den Geierfonds  in einer ersten Zahlung $ 6.3 Mrd., die dieser Tage auf $ 10.5 Mrd. steigen werden. 

Macri bei seinesgleichen.

Diese Fonds, zentriert um den rechtsradikalen US-Geier Paul Singer, Superspender der Republikanischen Partei, haben auf ein Viertel ihrer Forderungen verzichtet, wie die transnationale Desinformation nicht müde wird zu betonen.  Real machen sie auf ihre Wetteinsätze bis zu 1600 % Profit – 1 Dollar für 6 Cents. Sie hatten staatliche argentinische Schuldenpapiere zu einem Ramschpreis aufgekauft, nachdem die IWF-gesteuerte Wirtschafts- und Finanzpolitik das Land 2002 in den Ruin samt Zahlungsstopp (Default) getrieben hatte. Die Geier verlangten den vollen Buchwert der Papiere. Nun vergnügen sie sich mit den drei Vierteln.
In Correos 178 vom August 2014 ("Und es regnete Steine, Frösche und Schlangen") ist die Schuldengeschichte nachgezeichnet und wie sich das Weisse Haus, der Supreme Court der USA und der IWF entgegen ihrer ursprünglichen Intentionen auf die Seite der Geier schlugen. Für ein neues transnationales Finanzmanagement grosser Weltteile also, das alle Ansätze (auch innerhalb des IWF) zu einem „geordneten“ Schuldenmanagement obsolet macht.  Das Problem war, dass die damalige Regierung Kirchner nicht mitspielte, trotz des globalen Herrschaftsanspruchs der US-Justiz. Erst der knappe Wahlsieg der argentinischen Rechten letzten Oktober öffnete die Tür für das aktuelle Freudenfest. Geier Singer veröffentlichte im Time Magazine eine Lobeshymne auf Macri, den „Meister der Wirtschaftsreformen“; nach US-Finanzminister Jacob Lew  „bewundert“ Washington „die Geschwindigkeit“ Argentiniens auf dem Weg zu „einem nachhaltigen Wachstum“.
Die neuen Schuldenkredite von $ 16 Mrd., von denen über $4 Mrd. übrigens für laufende Regierungsgeschäfte vorgesehen sind, der Rest für die Tilgung weiterer krass illegitimer Schulden, wurden von sieben Banken organisiert: JP Morgan, Deutsche Bank, HSBC, Santander, BBVA, Citigroup und UBS. Dafür strichen sie als Vorspeise Kommissionen von gegen $30 Mio.. Página/12 schrieb vorgestern: „Der privilegierte Zugriff auf den Kauf der Schuldentitel im Moment ihrer Emission erlaubt [den sieben Banken], sie ihren Marktkunden zu einem höheren Preis als dem ursprünglichen zu verkaufen. Die gestern [Mittwoch] auf den [einschlägigen] Finanzplätzen erzielten Werte erzeugten einen von den Banken aneigbaren Zusatzgewinn in der geschätzten Höhe von $ 350 Mio.“, wie Daten der Finanzinformationsagentur Thomson Reuters ergeben.

Good game. Der fette Zins auf den Staatsboni – zwischen 7% und 7.5% - dürfte, zusammen mit der Washingtoner Dollarschwemme, in einer von Null- oder Negativzinsen gezeichneten Metropolenwirtschaft den Aufwärtstrend der Schuldentitel noch anhalten lassen.  Da bedankt man sich doch gerne bei den „Reformern“ in Argentinien bedanken. Nicht nur bei Macri, der gerade ein Problemchen wegen einer „Panama-Paper“-Offshorekonstruktion hat, sondern auch bei Finanzminister Prat-Gay und seinem Ministeriumssekretär Luis Caputo. Beide hatten früher Kaderpositionen bei JP Morgan und Deutsche Bank bekleidet. Prat-Gay hatte sich als Finanzanwalt auch für HSBC verdient gemacht, wie die Unterlagen aus der Genfer HSBC- Filiale von Whistleblower Hervé Falciani zeigen. (Falciani wurde letzten Oktober vom Bundesstrafgericht wegen „Wirtschaftsspionage“ zu fünf Jahren Gefängnis verurteilt.] In diesen „Swissleaks“-Unterlagen tauchten allein  4000 argentinische Steuerkriminelle auf, darunter die seither verstorbene reichste Frau im Land, Amalita Lacroze de Fortabat. Prat-Gay hatte ihr die „Steuerflucht“ nach Genf eingefädelt. In Argentinien hatte es Untersuchungen wegen der HSBC-Verbrechen gegeben. Nicht mehr. Macris neue Leitung der damit beauftragten UIF (Finanzinformationseinheit) hat sie als eine ihrer ersten Amtshandlungen eingestellt. Der UIF-Chef war früher als Anwalt für argentinische HSBC-Steuerkriminelle tätig, seine Vize als Anwältin der HSBC (s. Argentinien: Finanzkriminalität – der Bock wird Gärtner).  

Prat-Gay

Und schöne Verheissung: Parallel zum Geierfest gab Prat-Gay bekannt, der IWF, von den Kirchners ausgeladen, werde seine Tätigkeit in Argentinien wiederaufnehmen.

Aus dem kirchneristischen Lager waren vor dem Deal Zweifel zu hören gewesen, dass internationale Investoren so „dumm“ sein könnten, $ 16 Mrd. in den Sand zu stecken. Die Zweifel sind ausgeräumt. Gut möglich, dass die Dollar-Bonanza erst mal anhält – Argentinien hat den Anschluss wieder gefunden. Die Frage ist bloss: an was? Tatsächlich dürfte das zu erwartende Szenario sich in dieser Hinsicht kaum stark von jenem der 90er Jahre und des Defaults von 2002 abheben: erst Dollarregen; IWF-Jubel; fachmännische Beratung (wie bei jener ersten, von der CS geleiteten grossen „Schuldenumwandlung“ 2001, die aus $ 28. Mrd. neu $ 40 Mrd. machte); danach Kollaps und Benennung der Bösewichte:  argentinische Tölpel, die mit der transnationalen Weisheit nicht umzugehen verstanden. Jetzt sind wir in der Jubelphase. Das unter den Kirchner-Regierungen erzielte tiefe Schuldenniveau (17 % des Bruttoinlandsprodukts) erlaubt momentan viele Neuschulden.

Etwa wie diese: Noch vor der aktuellen Schuldenemission hatte Argentinien vom o. e. Bankenkartell Kredite von $5 Mrd. erhalten – auch sie für Schuldendienste an andere Geierfonds u. ä. JP Morgan durfte dafür neue Staatsanleihen bewerten, die noch keinen Marktpreis hatten. Anleihen auf der Basis von Schulden unter verschiedenen staatlichen Institutionen mit einem Saldo von $ 10 Mrd. Diese Titel mit einem Nominalwert von $ 10 Mrd. erhielten die Banken und sprachen dafür $5 Mrd. Kredite ( s. Vuelve la deuda con los mismos beneficiarios). Das lohnt sich.

Der transnationale Medienjubel über die „Einigung“ mit dem Geierkartell  zeigt dessen Macht auf. Noch vor einem Jahr gab es da und dort leisen oder gar deutlichen Tadel für diese Hedgefonds, die unbekümmert um soziale Aspekte und internationale Abstürze ihre spekulativen Interessen durchzusetzen versuchten. Tempi passati, die Mafia kommandiert. Schon Anfang März, erinnere ich mich, als sich der „Deal“ abzeichnete, sprach die TV-Moderatorin mit spürbarer Erleichterung vom „Durchbruch“. Die gleiche Tonlage landauf, landab in den Medien. Und vor einigen Tagen durfte ich im Postauto, ausgestattet mit Bildschirm für Werbungen und die Ticker des Regionalmediums, mit tiefer Befriedigung erfahren, dass Argentinien in die internationale Gemeinschaft zurückkehrt. „Gehobene“ Medien verbreiten Optimismus, zu Recht. Sie wissen, jetzt kann Kasse gemacht werden (dass die UBS dabei ist, beschwingt natürlich). Die in einigen Jahren kommenden Zusammenbrüche, die neue Expertise hungernder Kinder in Sachen Rattenfleisch wie Ende des 20. Jahrhunderts werden dann vom gleichen Chor, der heute jubelt, dem tumben Argentinier zugeschrieben. Eine Szenarioänderung allerdings wird angestrebt. Das Weisse Haus kündigte anlässlich des Obama-Besuchs in Argentinien exakt am 40. Jahrestags des Putschs in einem Fact Sheet u. a. eine umfassende militärisch-polizeilich-geheimdienstliche „Zusammenarbeit“ mit Macri an. Eine um sich greifende Sozialbewegung gegen das transnationale Diktat wie 2001 soll doch möglichst verhindert werden.

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