[rojavaagenda] Newsletter Nr. 9: World Resistance Day am 2.11. – Widerstand ist leben!

Donnerstag, 31. Oktober 2019


Liebe Freund_innen und Genoss_innen
Die Ereignisse überstürzen sich seit Beginn der türkischen Invasion am
9. Oktober. Und hunderttausende Menschen müssen um ihr Leben fürchten,
werden vertrieben, ermordet, bedroht – und sind von allen Verhandlungen
über die Zukunft des Landes, das sie bewohnen, ausgeschlossen. Die
Türkei und ihre djihadistischen Partner haben mit freundlicher
Unterstützung internationaler Mächte bereits Teile Nordsyriens besetzt
und begehen tagtäglich neue Kriegsverbrechen. Wir wollen heute aber
nicht auf all diese Kriegsverbrechen eingehen, sondern den Widerstand
und die internationale Solidarität in den Vordergrund stellen.
Erinnern wir uns an den 1. November 2014, als Hunderttausende weltweit
auf die Strassen gegangen sind, als an vielen Orten die Menschen
realisierten, dass in Kobanê nicht nur für eine Stadt, sondern für die
Perspektive einer anderen Gesellschaft gekämpft wurde. Ein paar Monate
früher, am 3. August 2014 überfiel der selbsternannte Islamische Staat
(IS) Şengal und vollzog einen systematischen Völkermord an den
Yezid_innen. Tausende Menschen wurden massakriert, tausende yezidische
Frauen wurden verschleppt, vergewaltigt, auf Sklavenmärkten ausgestellt,
verkauft und ermordet. Die gesamte Weltöffentlichkeit sah die
schockierenden Verbrechen, die der IS beging, doch die einzigen, die der
yezidischen Bevölkerung in Şengal zur Hilfe eilten, waren Kämpfer_innen
der PKK, die Fluchtkorridore erkämpften und ein noch schlimmeres
Massaker hinderten. Der IS hatte gerade sein Kalifat ausgerufen, nachdem
sie Mosul fast kampflos übernommen hatten. Auch in Syrien bekam er immer
mehr Einfluss und Territorium. Einzig die Kämpfer_innen der kurdischen
Volksverteidigungseinheiten YPG und der Frauenverteidigungseinheiten YPJ
haben dem IS entschlossen die Stirn geboten. Als im September 2014 der
IS immer näher zur Stadt Kobanê rückte, lieferten die YPG und YPJ einen
erbitterten und mutigen Kampf. Sofort gingen die Kurd_innen auf die
Strasse, in Bakur (Nordkurdistan), in der Türkei und weltweit. Sie
standen monatelang an der Grenze in Sichtweite von Kobanê und riefen
eindringlich zur Solidarität auf. Wir gingen alle mit auf die Strasse,
es fanden viele Demos und Aktionen, die in den Welt-Kobanê-Tag am 1.
November gipfelten. Viele Menschen hörten zum ersten Mal vom
demokratischen Konföderalismus und fühlten sich von der Revolution in
Rojava und der starken Rolle der Frauen darin angesprochen. Schliesslich
konnte die Welt nicht mehr wegschauen, die USA und ihre Verbündeten
mussten intervenieren. Kobanê ist entgegen allen Erwartungen nicht
gefallen. Kobanê wurde am 27. Januar 2015 befreit und ist zum Symbol
geworden, weil die Kämpfer_innen der YPJ und YPG der Welt gezeigt haben:
Berxwedana jiyan e – Widerstand ist leben. (Rückblick auf die Befreiung
von Kobane, eine LoRa-Sendung von 2018:
https://rojavaagenda.noblogs.org/interviews/)
Doch die Kurd_innen wollten nicht nur ihre Stadt befreien, sie setzten
sich zum Ziel, zusammen mit verbündeten Kämpfer_innen die ganze Welt vom
IS zu befreien. Sie schlossen sich mit arabischen, assyrischen und
aramäischen Einheiten zusammen in die demokratischen Kräften Syriens
SDF. Wir wissen wie es weiter ging, wie Schritt für Schritt der IS
zurückgedrängt wurde – und wie nun, wo der IS kein Territorium mehr hat
(aber dennoch eine Gefahr bleibt) die Kurd_innen, die im Kampf gegen den
IS mit 11'000 Gefallenen und 22'000 Schwerverletzten einen hohen Preis
bezahlt haben, Erdogan zum Frass vorgeworfen werden. Es kam nicht
überraschend, sie warnten schon lange, dass sich in Syrien der dritten
Weltkrieg abspielt und sie waren sich seit eh und je bewusst, dass weder
die USA noch Russland ein Interesse am demokratischen Konföderalismus
haben. Doch sie wussten auch, dass sie auf taktische Bündnisse
angewiesen sind, um ihr revolutionäres Projekt zu sichern – und stellten
aber immer wieder klar, wer ihre Verbündete sind: keine Regierungen,
Staaten und deren Armeen, sondern alle Frauen, die sich in allen Teilen
der Welt erheben, um das Patriarchat zu stürzen, und alle Menschen, die
für eine emanzipatorische Gesellschaft kämpfen.
Genauso wie es 2014 den Mut der Kämpfer_innen und den Druck weltweit
brauchte, um die USA und ihre Koalition zum Handeln zu zwingen, geht es
auch heute wieder darum genügend Druck aufzubauen, um die Grossmächte
dazu zu zwingen, Erdogan fallen zu lassen. In fast jeder Botschaft die
aus Rojava kommt, wird betont, wie wichtig die weltweite Solidarität für
sie ist, und wieviel Bedeutung und Kraft sie ihnen gibt. Und die Haltung
der Revolutionär_innen in Rojava, für die es kein Aufgeben, kein
unüberwindbares Problem gibt, sind Inspiration und Perspektive für uns
hier. Lasst uns deshalb diese Revolution gemeinsam verteidigen! Denn
Rojava ist auch unser Kampf.
Wir rufen alle auf die Strasse am 1. und 2. November zum World
Resistance Day!
- Freitag, 1. November, 18 Uhr Helvetiaplatz, Zürich DEMO mit Screening
- Samstag, 2. November 13 Uhr, Schweizweite DEMO in Basel, Theaterplatz.
Danach Infoveranstaltungen, Konzerte, !Neue! MRGA Ausstellung...
Wir sehen uns auf der Strasse!
Solidarische Grüsse
Rojava-Komitee Zürich
Lesetipps:
- Die Gemeinschaft der Gesellschaften Kurdistans (KCK) hat sich gegen
die Abkommen in Syrien ausgesprochen und ruft zum Widerstand sowie zu
den Demos am 2. November auf:
https://anfdeutsch.com/kultur/kck-antwort-auf-abkommen-fuer-rojava-kann-nur-der-widerstand-sein-14929
- Eine Analyse der aktuellen Lage von Ferda Cetin (27.10.2019):
http://civaka-azad.org/die
-dunkelheit-ist-finster-das-licht-aber-intensiver/
- Erklärung von Women Defend Rojava:
https://womendefendrojava.net/de/2019/10/15/erklaerung-der-frauen-stoppen-sie-den-tuerkischen-besatzungskrieg-gegen-nord-und-ostsyrien-sofort/
(siehe dazu auch
https://anfdeutsch.com/frauen/women-defend-rojava-gruppe-in-zuerich-gegruendet-15015)
- Eine Delegation aus ÄrztInnen von verschiedene Länder war gerade in
Rojava, um sich ein Bild der Situation vor Ort zu machen. Maja Hess von
Medico International Schweiz schrieb dazu: "Im Bewusstsein, dass unsere
Anwesenheit eher Ausdruck der Solidarität und nur eine kleine
Unterstützung darstellt, geben wir unser Bestes." Michael Wilk berichtet
auf ANF:
https://anfdeutsch.com/kultur/michael-wilk-berichtet-aus-rojava-14982
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Das Hecheln des Kapitals

Dienstag, 29. Oktober 2019


Und da denke noch wer, wer so was propagiert, sei nicht nicht sekterierisch und gleichzeitig sklavisch. 
Aus der NZZ vom 28. Oktober 2019.

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 Radikalkur mit 10000 Franken Franchise

Christoph Eisenring


Bei einer hohen Franchise beschränkte sich die Solidarität auf teure Krankheiten (Blick ins Spital Affoltern am Albis). Joël Hunn / NZZ
Ist es richtig, dass die Grundversicherung fast alle Krankheitskosten deckt? Sollte die Solidarität nicht für die grossen Gesundheitsrisiken reserviert sein? Wer solche Fragen vorbringt, dem wird rasch vorgeworfen, er trete für eine «Entsolidarisierung» ein. Dabei hat er eigentlich die Bundesverfassung auf seiner Seite. Dort heisst es in Artikel 41: «Bund und Kantone setzen sich in Ergänzung zu persönlicher Verantwortung und privater Initiative dafür ein, dass jede Person die für ihre Gesundheit notwendige Pflege erhält.» Im Vordergrund steht somit die Eigenverantwortung, und erst in zweiter Linie soll die Allgemeinheit helfen.


Halbierte Prämie

Wie liesse sich dieser Grundsatz in der obligatorischen Grundversicherung umsetzen? In den Fokus rückt ein Instrument, das sich unkompliziert anpassen lässt: die minimale Franchise, also der Betrag, bis zu dem man die Kosten selbst trägt, bevor die Versicherung einsetzt. In der obligatorischen Krankenversicherung liegt sie derzeit bei nur 300 Fr. Die höchste wählbare Franchise beläuft sich auf 2500 Fr. im Jahr. Konstantin Beck, Leiter des CSS-Instituts für empirische Gesundheitsökonomie, das vom gleichnamigen Versicherer finanziert wird, plädiert im Gespräch für eine deutlich höhere Franchise, womit die Grundversicherung sich auf die Abdeckung grosser Risiken beschränkte. Wie heikel solche Überlegungen sind, zeigt sich darin, dass die CSS im Nachgang mitteilen liess, die geäusserten Ansichten stimmten in diesem Fall nicht mit der Haltung der Versicherung überein. Die CSS hege keinerlei Absicht, sich für eine solche Franchisenerhöhung starkzumachen.
Beck hat für das Liberale Institut geschätzt, wie sich eine deutliche Erhöhung der Franchise auf die Prämie auswirken würde. Dabei stützt er sich auf Krankenkassendaten von gut 1 Mio. Versicherten. Gälte für alle Erwachsenen (Kinder
 _____

usw

https://www.nzz.ch/wirtschaft/franchise-10000-franken-solidaritaet-nur-fuer-teure-krankheiten-ld.1517458

Nestlé-Schmierenthester der DEZA

Samstag, 26. Oktober 2019

Fruttiger, langjähriger Chef-Lobbyist von Nestlé, führt seine Tätigkeit jetzt in der DEZA fort, als Chef des Bereichs Globale Zusammenarbeitder viel mit Wasserprojekten zu tun hat. Die DEZA sieht da keine Interessenskonflikte. Ein Geständnis.
Der "Beobachter" hat ein paar Details dazu:


 


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Bolivien: Putschrechnen mit der OAS

Freitag, 25. Oktober 2019


(zas, 24.10.19) Die Unruhen in Bolivien gehen weiter, wenn gleich scheinbar für den Moment mit etwas geringerer Intensität. Interessant ist folgende Begebenheit, wie sie La Razón gestern schilderte: Luis Fernando Camacho ist Chef des Comité Cívico von Santa Cruz, also der bestimmenden rechten Struktur im regionalen Zentrum der Reaktion. Das Komitee hatte beschlossen, ab Mittwochmittag einen «Streik» auszurufen, sofern das Wahlgericht TSE bis zu diesem Zeitpunkt nicht «Resultate mit einer Stichwahl» vorlegen würde. «Die Leitung» des Comité Cívico, so die Zeitung,  «warnte, dass im Fall einer Missachtung ihre Forderung ein Rat einberufen werde, um einen neuen Präsidenten zu ernennen». Der Rat, cabildo, wird als höchste Instanz der ultrareaktionären Kräfte in der reichen Region von Santa Cruz ausgegeben. Doch gestern Abend «sagte Camacho, dass die Ratseinberufung auf Vorschlag der OAS (Organisation Amerikanischer Staaten) suspendiert werde. ‘Dieser Organismus bittet uns, dass wir diesen cabildo, den wir realisieren wollten, suspendieren, bis sie diesen Bericht vorlegen.’»
Nett, nicht? Weil die OAS suggeriert, es für den Moment etwas easy zu nehmen, bis sie ihren (definitiven) Bericht zur «Wahlbeobachtung» vorlege, machen das die Faschos. Der «Streik» aber geht weiter, wie uns La Razón in einem anderen Artikel mitteilt: «Die heftigsten Zusammenstösse gab es in der Stadt Santa Cruz, im Gebiet Plan 3000, wo der Streik in einer Zone mit vielen MigrantInnen aus dem Westen durchgesetzt werden sollte, die aber nicht daran dachten, das Druckmittel für die Forderung nach einer Stichwahl zwischen Evo Morales und Carlos Mesa  mitzutragen.» Mit Westen ist das indigene Hochland gemeint. Hier in der media luna, im Halbmond von Santa Cruz, Beni und Pando, war der Hort der Sezessionsbewegung 2008, in Santa kam es zu fürchterlichen Treibjagden des bewaffneten Mobs auf Indigene aus dem Hochland.
Gestern präsentierte die OAS am Treffen ihrer Permanenten Rats den Bericht ihrer Wahldelegation in Bolivien, die von einem ehemaligen costa-ricanischen Aussenminister geleitet wird. Brav repetierte die Mission die Beanstandungen der Rechten, natürlich sie ebenso wenig diese begründend. Um die folgende Kernaussage der OAS zu ticken, ist wichtig zu wissen, dass das bolivianische Wahlgesetz den Sieg jener Kandidatur zuerkennt, die entweder die Hälfte plus eine aller Stimmen macht oder mindestens 40 % der Stimmen bei einem Vorsprung von mindestens 10 % auf die Nr. 2. Wahlgesetze sind nach herkömmlicher Auffassung dazu da, dass sie befolgt werden. Nicht so für die Gesandten Washingtons. Die vom Ex-Aussenminister aus Costa Rica geleitete OAS-Mission verkündete gestern an der OAS-Tagung in Washington (und parallel in Bolivien) nämlich:

«Zurzeit, beim Stand von 96.78 % ausgezählte Akten, ergibt die Auszählung eine Differenz von 9.48 % zwischen den beiden Kandidaturen, die am meisten Stimmen erhalten haben. Wenn das so bleibt, würde das eine Stichwahl bedeuten. Falls nach Abschluss der Auszählung die Differenz über 10 % zu liegen käme, wäre es statistisch vernünftig zu postulieren, dass dies nur zu einem minimen Prozentsatz so wäre. angesichts des Kontexts und der 5 bei diesem Wahlprozess zu Tage getretenen Problematiken wäre die Einberufung zu einer Stichwahl weiter die bessere Lösung.»

Klare Sache, wenn die Rechte reklamiert, brechen wir schnell das Gesetz.
Und um zu unterstreichen, was Demokratie ist, schreibt die OAS:

«Nach einer Bitte des Aussenministers Diego Pary hat der Generalsekretär (der OAS) akzeptiert, eine Analyse der Integrität des Wahlprozesses zu realisieren, die unter anderen Aspekten die Verifizierung der Auszählung, statistische Aspekte, Verifizierung des Prozesses und der [Sicherheit bei Transport, Lagerung etc. der Wahlunterlagen] zu realisieren. Im Interesse höchster Seriosität und Rigorosität müssen die Schlussfolgerungen der Analyse für die am Prozess beteiligten Parteien bindend sein.»

Man lese das richtig: Die Mission zur Wahl-«Beobachtung» entscheidet, wer das Rennen macht. Dass die OAS so nonchalant solchen Scheiss wie Wahlgesetze ignoriert, wenn der «Kontext» das gebietet, deutet darauf hin, dass die OAS-Mission, im Besitz von Aktenkopien der Wahltische, wusste, was heute, praktisch am Schluss der definitiven, News wurde: Beim definitiven Auszählungsstand «von 99.16 % der Stimmen gewann Präsident Evo Morales mit 46.96 %, mit einem Vorsprung von 10.3 % auf die 36.59 % von Carlos Mesa.» Nur, in der Logik der OAS etc. verhält sich das so, dass mathematisch 46.96 minus 36.59 weniger als 10 ergibt. 
Cochabamba, 24. Oktober 2019: Siegesfeier