(zas, 4.10.19) Präsident Lenín Moreno hat gestern in Ecuador
für zwei Monate den landesweiten Ausnahmezustand ausgerufen. Er will so die
Proteste gegen massive Preiserhöhungen und Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst
in den Griff kriegen. Dies
gibt ihm die Vollmacht, die Armee einzusetzen, Ansammlungen auf der Strasse
rund um die Uhr zu verbieten, die Medien zu zensieren, den Verkehr zu
blockieren und über das Finanzministerium das gesamte Budget ausser den Posten
Erziehung und Gesundheit in die Sicherheit zu lenken.
Bis gestern Nacht sind offiziellen Angaben rund 200 Menschen
verhaftet worden. Heute sind nach ecuadorianischen Presseangaben auch der Chef
der streikenden Taxifahrer und zwei Mitglieder indigener Organisationen, einer von
ihnen von der Partei Pachakutik, verhaftet worden. Eine Reihe indigener
Organisationen scheint sich dem Strassenwiderstand angeschlossen zu haben. Die
Blockaden und Demos gehen heute weiter.
Was ist der Auslöser der Unruhen? 2017 wurde Lenín Moreno
als Kandidat der Linken gewählt. Von Beginn seiner Amtszeit weg erwies er sich
jedoch als stringent als Rechter und Mann Washingtons. Eine besondere Form des
Wahlbetrugs an der Mehrheit der Bevölkerung. Seinen mit ihm gewählten Vize,
Jorge Glas, liess er von einer willfährigen Justiz unter fadenscheinigen
Vorwänden ins Gefängnis werfen, wo der Compañero seither unter
lebensgefährdenden Krankheitsumständen sitzt. Moreno eilte in die Washingtoner
Anti-Venezuela-Gruppe von Lima, brach mit dem südamerikanischen
Integrationsinstrument Unasur und mit ALBA und liess sich Anfang 2018 per betrügerischem
Referendum umfassende Vollmachten übertragen (s. Das
‘linke ‘Rollback, Correos 180, Februar 2018). «Linke» Intellektuelle, aber
auch indigene Organisationen unterstützten damals die Regierung Moreno in der
Referendumsfrage, angeblich wegen ihrer Ablehnung des «Autoritarismus» des
früheren linken Präsidenten Rafael Correa. Einige Köpfe wollten damals z. B. trotz
gegenteiliger Evidenz glauben, dass das Referendum jegliche neue Ölförderung verhindern
würde. Sie mussten sich bald eines Besseren belehren lassen.
Solchermassen gestärkt, ging Moreno nun daran, den
neoliberalen Teufel par excellence, den IWF, wieder zur massgeblichen Instanz
im Land zu machen. Anfang dieses Jahr
kam es zum Deal: $4 .2 Mrd. IWF-Kredit und weitere $ 6 Mrd. von Weltbank, Europäische
Investitionsbank, Interamerikanische Entwicklungsbank u. a. Kurz zuvor hatte
Moreno den in der ecaudorianischen Botschaft asylierten Julian Assange den
britischen Häschern ausgeliefert. Als er jetzt am 2. Oktober die Massnahmen
bekannt gab, die die Rebellion im Land ausgelöst haben, befolgte er "Vorschläge" des Fonds. Dazu gehören: Halbierung der Ferien der staatlichen Angestellten auf
zwei Wochen und ein Tageslohn pro Woche der Angestellten als «Beitrag» zum
Budget; und vor allem die Streichung der bisherigen Subventionen für
Treibstoffe mit der Folge einer massiven Verteuerung der Preise der Alltagsgüter.
IWF- Der Angestellte des Monats |
In seiner unvergleichlichen Diktion wusste der Fonds am Tag nach der Massnahmenankündigung
von «Verbesserung der Widerstandskraft
und Nachhaltigkeit der ecuadorianischen Wirtschaft» und «wichtigen Massnahmen zum Schutz der Armen
und Verletzbarsten sowie zur Arbeitsplatzbeschaffung in einer
wettbewerbsfähigeren Ökonomie» zu sprechen.
Diese frohe Botschaft konnte die Gemüter im Land nicht wirklich besänftigen,
wie hier zu sehen ist:
Der Bus- und Taxistreik geht weiter (die Armee soll laut El Comercio
den Personentransport übernehmen), viele Schulen und akademischen Einrichtungen
sind geschlossen, im Süden von Quito kam es zu vielen Halbkonfrontationen
zwischen Armee/Polizei und DemonstrantInnen, die den Abgang Morenos fordern
(bei der Wahl des Präfekten und von Gemeinderäten in Quito letzten März hatten
die Kräfte um Rafael Correa sehr gut abgeschnitten, die Partei Morenos landete
abgeschlagen hinter anderen Rechtskräften). Moreno betont
weiterhin, dass er seine (IWF-) Massnahmen aufrechthält. Die Kräfte um Correa
ihrerseits fordern Neuwahlen
(Präsidentschaft, Parlament). Über das Kräfteverhältnis auf der Strasse und in
der Gesellschaft ist von hier aus keine vernünftige Spekulation anzustellen.Wie angespannt die Lage ist, zeigen die Bilder aus diesem Video von El Comercio von heute:
https://www.facebook.com/elcomerciocom/videos/731916527273585/ |
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