Ecuador: Ausnahmezustand für IWF

Samstag, 5. Oktober 2019



(zas, 4.10.19) Präsident Lenín Moreno hat gestern in Ecuador für zwei Monate den landesweiten Ausnahmezustand ausgerufen. Er will so die Proteste gegen massive Preiserhöhungen und Lohnkürzungen im öffentlichen Dienst in den Griff kriegen. Dies gibt ihm die Vollmacht, die Armee einzusetzen, Ansammlungen auf der Strasse rund um die Uhr zu verbieten, die Medien zu zensieren, den Verkehr zu blockieren und über das Finanzministerium das gesamte Budget ausser den Posten Erziehung und Gesundheit in die Sicherheit zu lenken.
Bis gestern Nacht sind offiziellen Angaben rund 200 Menschen verhaftet worden. Heute sind nach ecuadorianischen Presseangaben auch der Chef der streikenden Taxifahrer und zwei Mitglieder indigener Organisationen, einer von ihnen von der Partei Pachakutik, verhaftet worden. Eine Reihe indigener Organisationen scheint sich dem Strassenwiderstand angeschlossen zu haben. Die Blockaden und Demos gehen heute weiter.
Was ist der Auslöser der Unruhen? 2017 wurde Lenín Moreno als Kandidat der Linken gewählt. Von Beginn seiner Amtszeit weg erwies er sich jedoch als stringent als Rechter und Mann Washingtons. Eine besondere Form des Wahlbetrugs an der Mehrheit der Bevölkerung. Seinen mit ihm gewählten Vize, Jorge Glas, liess er von einer willfährigen Justiz unter fadenscheinigen Vorwänden ins Gefängnis werfen, wo der Compañero seither unter lebensgefährdenden Krankheitsumständen sitzt. Moreno eilte in die Washingtoner Anti-Venezuela-Gruppe von Lima, brach mit dem südamerikanischen Integrationsinstrument Unasur und mit ALBA und liess sich Anfang 2018 per betrügerischem Referendum umfassende Vollmachten übertragen (s. Das ‘linke ‘Rollback, Correos 180, Februar 2018). «Linke» Intellektuelle, aber auch indigene Organisationen unterstützten damals die Regierung Moreno in der Referendumsfrage, angeblich wegen ihrer Ablehnung des «Autoritarismus» des früheren linken Präsidenten Rafael Correa. Einige Köpfe wollten damals z. B. trotz gegenteiliger Evidenz glauben, dass das Referendum jegliche neue Ölförderung verhindern würde. Sie mussten sich bald eines Besseren belehren lassen.
Solchermassen gestärkt, ging Moreno nun daran, den neoliberalen Teufel par excellence, den IWF, wieder zur massgeblichen Instanz im Land zu machen.  Anfang dieses Jahr kam es zum Deal: $4 .2 Mrd. IWF-Kredit und weitere $ 6 Mrd. von Weltbank, Europäische Investitionsbank, Interamerikanische Entwicklungsbank u. a. Kurz zuvor hatte Moreno den in der ecaudorianischen Botschaft asylierten Julian Assange den britischen Häschern ausgeliefert. Als er jetzt am 2. Oktober die Massnahmen bekannt gab, die die Rebellion im Land ausgelöst haben, befolgte er "Vorschläge" des Fonds. Dazu gehören: Halbierung der Ferien der staatlichen Angestellten auf zwei Wochen und ein Tageslohn pro Woche der Angestellten als «Beitrag» zum Budget; und vor allem die Streichung der bisherigen Subventionen für Treibstoffe mit der Folge einer massiven Verteuerung der Preise der Alltagsgüter. 
IWF- Der Angestellte des Monats

In seiner unvergleichlichen Diktion wusste der Fonds am Tag nach der Massnahmenankündigung von «Verbesserung der Widerstandskraft und Nachhaltigkeit der ecuadorianischen Wirtschaft» und «wichtigen Massnahmen zum Schutz der Armen und Verletzbarsten sowie zur Arbeitsplatzbeschaffung in einer wettbewerbsfähigeren Ökonomie» zu sprechen. Diese frohe Botschaft konnte die Gemüter im Land nicht wirklich besänftigen, wie hier zu sehen ist:


Der Bus- und Taxistreik geht weiter (die Armee soll laut El Comercio den Personentransport übernehmen), viele Schulen und akademischen Einrichtungen sind geschlossen, im Süden von Quito kam es zu vielen Halbkonfrontationen zwischen Armee/Polizei und DemonstrantInnen, die den Abgang Morenos fordern (bei der Wahl des Präfekten und von Gemeinderäten in Quito letzten März hatten die Kräfte um Rafael Correa sehr gut abgeschnitten, die Partei Morenos landete abgeschlagen hinter anderen Rechtskräften). Moreno betont weiterhin, dass er seine (IWF-) Massnahmen aufrechthält. Die Kräfte um Correa ihrerseits fordern Neuwahlen (Präsidentschaft, Parlament). Über das Kräfteverhältnis auf der Strasse und in der Gesellschaft ist von hier aus keine vernünftige Spekulation anzustellen.Wie angespannt die Lage ist, zeigen die Bilder aus diesem Video von El Comercio von heute: 
 https://www.facebook.com/elcomerciocom/videos/731916527273585/

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