[rojavaagenda] Newsletter Nr. 8: Rojava verteidigen - jetzt erst recht!

Samstag, 19. Oktober 2019

Liebe Freund_innen und Genoss_innen
Einen Waffenstillstand – bzw. eine 120-stündige Pause und sofern sie von
der Türkei eingehalten wird, was gemäss Menschen vor Ort nicht der Fall
ist, siehe
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/angriffe-auf-serekaniye-gehen-weiter-14727)–
wäre in dem Sinn eine gute Nachricht, dass so keine Leute sterben. Und
es gibt der Bevölkerung und den Selbstverteidigungskräften Luft zum
Atmen. Aber so wie es von der Türkei und der USA gestern Abend
formuliert wurde, ist es definitiv kein Grund zu feiern. Deshalb müssen
wir unbedingt weiterhin aktiv bleiben und unsere Solidarität zeigen!
Die Selbstverteidigungskräften SDF haben gesagt, dass sie den
Waffenstillstand akzeptieren und gleichzeitig betont, dass es nur
Serêkaniyê und Gîrê Spî betrifft – und sich klar vom Inhalt der
Stellungsnahme distanziert. Diese Stellungnahme ist ein Hohn, kurz
zusammengefasst: Es gibt Erdogan alles was wollte, nämlich eine
sogenannte Sicherheitszone entlang der ganzen Grenze und 30 Kilometer
tief sowie ein Ende der erst gerade beschlossenen US-Sanktionen. Es ist
wie wenn man einem Kind ein Spielzeug verweigert, das Kind tobt,
schreit, schmeisst ganze Spielzeugregale auf den Boden und man sagt ihm
schliesslich „Wenn du dich beruhigst gebe ich dir das Spielzeug und ein
Eis“. Und die USA verkaufen es noch als ihr Erfolg.
Wie lächerlich das Ganze ist, zeigt sich auch daran, dass die Türkei und
die USA mit ihrem Statement nicht nur in altbekannten kolonialistischen
Manier die Betroffenen ausser vor lässt, nämlich die Bevölkerung und die
Selbstverwaltung von Nord- und Ostsyrien – sondern auch daran, dass
insbesondere die USA den Fakt ignorieren, dass Russland und Assad längst
schon an der Grenze positioniert sind. Am nächsten Dienstag – genau nach
120 Stunden notabene – finden wiederum Gespräche zwischen Erdogan, Putin
und Assad in Sotschi statt. Man kann sich schon ausmalen, was sie
ausdealen werden: eine Aufteilung der kurdischen Grenzregion unter sich
und die Vernichtung der Selbstverwaltung. So vermutlich den Plan,
zurzeit kann man nur spekulieren. Aber es fällt auf, dass wie immer die
militärischen und zivilen Kräfte der betroffenen Region nicht Teil der
Verhandlung sind. Wie bereits mit dem Vertrag von Lausanne soll
kurdisches Land unter imperialistischen Kolonialmächten aufgeteilt
werden.
Lassen wir das nicht zu! Gehen wir weiterhin auf die Strasse Schulter an
Schulter mit Rojava!
Es geht jetzt darum den Prozess in Rojava zu verteidigen – egal wie sich
die Dinge gerade entwickeln und unter welchen Bedingungen. Wir dürfen
uns vor lauter Schachspiel der Grossmächte nicht vom wesentlichen
ablenken lassen und nicht locker lassen - auch wenn es grad der Anschein
macht, dass Erdogans Plan einer „Schutzzone“ sich konkretisieren sollte,
auch wenn Assad die Autonomie versucht einzuschränken – das, was in den
vergangenen Jahren gesellschaftlich erreicht wurde, wird nicht so
schnell verschwinden, die Menschen in Rojava kämpfen weiter und wir
können weiter dazu beitragen, dass dieses emanzipatorisches Projekt
seinen Raum und seine Unterstützung erhält. Deshalb gilt erst recht:
Rojava verteidigen!
Heute gibt es an verschiedenen Orten gemeinsame Aktionen mit der
Klimabewegung, so zum Beispiel in Zürich (16:30 Uhr, Helvetiaplatz):
https://www.facebook.com/events/388873295383062/
Morgen gibt es sowohl in Bern (https://barrikade.info/article/2718) wie
in Luzern (https://barrikade.info/article/2721) eine grössere Demo und
auf nächsten Samstag (26.10.) ist eine breite schweizweite Demo in Bern
geplant (13:30 Uhr Schützenmatte, Aufruf in Kürze auf
https://www.rojava.ch/).
Anbei eine kurze Übersicht der nächsten Demos in der Schweiz. Die
Informationen werden laufend aktualisiert auf
www.rojavaagenda.noblogs.org, t.me/rojavaagenda, sowie auf Twitter
(@AgendaRojka). Ausserdem haben wir ein paar Ideen, was man sonst machen
kann, zusammengestellt: https://rojavaagenda.noblogs.org/was-tun/
Und hier noch vier Lesetipps zur aktuellen Lage:
- Einschätzung der internationalistische Kommune zum Abkommen mit dem
syrischen Staat (geschrieben bevor dem Treffen Türkei/USA):
https://anfdeutsch.com/rojava-syrien/einen-blick-auf-die-faktenlage-vor-ort-werfen-14682
- Einschätzung der Wichtigkeit der Kämpfe in Serêkaniyê vom
lowerclassmagazin (ebenfalls vor dem Treffen geschrieben):
https://lowerclassmag.com/2019/10/17/hoffnung-aus-der-asche-der-widerstand-von-serekaniye/
- Spannenden Artikel von Alp Kayserilioğlu, Max Zirngast und Güney
Işıkara (auch vor dem Treffen verfasst):
https://revoltmag.org/articles/ein-krieg-zur-st%C3%A4rkung-des-faschismus/
- Erste Einschätzung von Mittelost-Experte und Journalist Ferda Çetin:
https://anfdeutsch.com/aktuelles/mittelost-experte-niedertraechtiges-besatzungsabkommen-14723
Solidarische Grüsse
Rojava Komitee Zürich
rojavaagenda.noblogs.org