Puerto Rico: Armut in der Kolonie, Ungewohntes in der UNO

Montag, 29. September 2014



Fast die Hälfte der Bevölkerung von Puerto Rico in kritischer Armut
Agencia Venezolana de Noticias
(26.9.14) 45 % der BewohnerInnen von Puerto Rico befinden sich unterhalb der Armutsschwelle, und davon sind 56 % minderjährig. Dies berichtete letzten Freitag die Präsidentin des puerto-ricanischen Banco de Alimentos (Bank der Nahrungsmittel), Yvonne Bernard.
Wie sie hervor hob, wird die Situation mit der Gewissheit noch schlimmer, dass viele zu Bett gehen, ohne genügend gegessen zu haben. Es ist nötig, sagte sie, dass die Bevölkerung von 3. 5 Millionen dieser Insel den Nahrungsmangel vieler Personen erkenne. „Diese so alarmierende Zahl“, zitiert Prensa Latina Bernard, „verweist nicht nur auf tiefe Einkommen, sondern auch auf eine grosse Besorgnis erregende Menge von Personen, die weder die eigenen Grundnahrungsbedürfnisse noch jene ihrer Familien befriedigen können“.
Sie präzisierte, dass die Institution, für die sie arbeitet, Nahrung an 110‘000 Menschen verteilt, Notkäufe tätigt und an den Wochenenden 575 Kinder ernährt und 500 Wohltätigkeitsorganisationen unterstützt.
1898 marschierten die USA in Puerto Rico ein, das 1952 zum Freien Assoziierten Staat der USA wurde. Die Armutsrate hier ist doppelt so hoch wie im ärmsten Staat der Nordnation, in Mississippi. Puerto Rico ist mit einer tiefen Wirtschaftskrise konfrontiert, die sich in einer Staatsverschuldung von $ 73 Mrd. und einer offiziellen Arbeitslosigkeit von 13 % ausdrückt.

„Der älteste politische Gefangene der Welt“
Oscar López Rivera

(zas, 29.9.14) An der UNO-Vollversammlung forderte der venezolanische Präsident Nicolás Maduro die Freilassung eines puerto-ricanischen Politgefangenen aus US-Haft: „Wir verlangen die sofortige Freilassung von Oscar López Rivera. Sein einziges Verbrechen war, die schöne Fahne des Sterns der Würde unserer Schwesterrepublik Puerto Rico zu verteidigen …  Ich erhebe unsere Stimme, damit sie in diesem Raum der Vereinten Nationen für die Befreiung eines Mannes ertöne, dessen Namen viele von Ihnen mit Bestimmtheit zum ersten Mal hören: Oscar Rivero.“ Maduro bezeichnete den Mann als „ältesten politischen Gefangenen der Welt, er befindet sich in den Gefängnissen der USA“. López Rivera sitzt seit 35 Jahren, ist heute 70-jährig und bezeichnet sich als Kriegsgefangenen. Seine Situation wird in 13 Jahren „überprüft“. Der Genosse war Mitglied der damaligen Guerillaorganisation FALN. 1999 wies er ein Amnestieangebot von Präsident Clinton zurück, da es einen mitgefangenen Guerillero ausschloss.

Argentinien: American Airlines destabilisiert mit

Samstag, 20. September 2014



(zas, 19.9.14) In der letzten Correos-Nummer haben wir einige Aspekte des enormen und in vielen Aspekten neuartigen Finanzangriffs auf den argentinischen Reichtum beschrieben (Und es regnete Steine, Frösche und Schlangen). Ausgeführt von einigen mächtigen Hedgefonds,  abgesegnet von der US-Justiz(und gehorsam vom Medienmainstream begleitet. Hedgefonds unter ultrarechtem, mächtigem Kommando von US-Financiers wollen die argentinische Regierung zwingen, ihr bisheriges, etwas unabhängiges Schuldenmanagement zugunsten eines neuen Totalgehorsams den transnationalen Ausbeutungschefs gegenüber aufzugeben. Diese im Volksmund Geierfonds genannten Finanzgesellschaften haben nach dem Schuldendefault 2002 argentinische Schuldenpapiere zu einem Ramschpreis aufgekauft, beharren jetzt auf der Auszahlung des vollen Nominalwertes samt massiven Zinseszinsen und lassen zu diesem Zweck die argentinische Zahlungen an die grosse Mehrheit der (oft auch illegitimen) umschuldungswilligen Gläubiger von der US-Justiz blockieren.
Bisher ist die Rechnung dieser Fonds trotz massivem US-Druck nicht aufgegangen. Entsprechend wird die argentinische Regierung unter Cristina Fernández de Kirchner, im Lande meist Cristina oder CFK genannt, zum Feind. Eine Rezession mit Arbeitsplatzverlusten als Folge, manchmal auch durch gezielte Entkapitalisierung herbeigeführt, wird von den transnationalen und nationalen Rechten benutzt, um die ungenehme Regierung in die Enge zu treiben. Im Lande streuen Beauftragte der Geierfonds und die immer noch sehnsüchtig an die Militärdiktatur zurückdenkende Rechte Gerüchte, um die Wirtschaft zu destabilisieren und die populäre Präsidentin anzuschwärzen.
Ein Beispiel hat jetzt American Airlines (AA) geliefert. Der Multi hat soeben bekanntgegebenen, dass er in Argentinien nur noch Tickets für Flüge innert weniger als drei Monaten verkaufe. Das Rechtsblatt La Nación "erklärte" die Massnahme von AA gestern damit , dass der Zugang der Reisebüros etc. zu Dollars beschränkt sei und diese nicht auf Pesoguthaben sitzen bleiben wollen.
Ein kompletter Quatsch, wie gestern die argentinische Zentralbank klar stellte: In Argentinien werden täglich 24 bis 26 Mio. harte Dollars für Tourismus ausgegeben. Die Präsidentin ihrerseits stellte die AA-Massnahme in den Zusammenhang mit der Destabilisierungskampagne der Geierfonds und erwähnte , dass sich der Geschäftsführer der US-Botschaft vor wenigen Tagen die Sprachregelung der Hedgefonds zu eigen machte und von einem "Default" des Landes sprach,  was dem Mainstream-Journalismus so selbstverständlich ist wie es falsch ist: Argentinien hat (leider) seinen UmschuldungsläubigerInnen auch die bisher letzte Tranche von Juni 2014 über die vertraglich festgelegte Bank New York Mellon bezahlt, von Zahlungsstopp also keine Spur. Dass die US-Justiz dieses Geld dort eingefroren hält, ist einfach eine andere Sachlage als eine Zahlungsunfähigkeit oder – unwilligkeit.  
Für Cristina Fernández ist die AA-Massnahme auch eine Antwort auf das Vorgehen des argentinischen Aussenministeriums, die dem US-Botschaftsvertreter klar machte, dass weitere Einmischungen von Botschaftsangehörigen in Landesangelegenheiten Folgen im Rahmen der Wiener Konvention zeitigen würden (bis hin zum Rausschmiss aus dem Land). Aussenminister Héctor Timerman "bedauerte" überdies, dass Washington im Hedgefonds-Streik eine Einigung vor dem Internationalen Gerichtshof in Den Haag ausgeschalgen hat und dass "die USA auch die Hoheit des Interamerikanischen Gerichtshofes und des Internationalen Strafgerichts nicht akzeptieren" (Página/12 vom 17. 9. 14).
Die Präsidentin warnte vor "Geiern mit Turbinen"
Cristina Fernández erinnerte im Zusammenhang mit der AA-Massnahme an einen angeblich der Vermittlung gewidmeten Besuch von Carlos Gutiérrez, ehemaliger Handelsminister von George W. Bush, letzten Monat, bei Kabinettschef Jorge Capitanich. Gutiérrez erwähnte dabei, so die Präsidentin, einen "5-Punkte-Plan" der Geierfonds, mit dem Ziel, "eine Gerüchtewelle zu lancieren, um eine wirtschaftliche Instabilität zu erzeugen und spekulative Angriffe voranzutreiben" (Página/12, 19.9.14). Die 5 Punkte beinhalteten, so CFK: 1. Angriffe auf die Figur der Präsidentin, 2. Gerüchtewelle zwecks Kreierung von Spekulationsattacken  insbesondere via den Schwarzmarktkurs des Peso, 3. Abschneiden des öffentlichen und des privaten Sektors des Landes vom internationalen Finanzmarkt, 4. Zeit gewinnen bis zu den Präsidentschaftswahlen Ende 2015, um dann bei einer Rechtsregierung alle Forderungen durchzubringen und 5.Medienschaffende aus dem In- und Ausland  für die eigene Propaganda anheuern und oppositionelle Polit- und Gewerkschaftskreise zwecks  Abnutzung der Regierung einsetzen.
"Was sagst du zu den Punkten 1 und 2? Jede Ähnlichkeit mit der Realität ist reiner Zufall. Wie im Kino, siehst du?", tweetete CFK gestern (id.). "Aber weisst du was? Diesen Film haben wir schon gesehen. Die Vorführung endete 2001, sehr schlecht. Verschuldung, Aushändigung des Reichtums, Elend und Tragödie für die Argentinier. Sie versuchen es wieder. Man muss auch sagen, mit grosser interner Kooperation." (id.)
Die Präsidentin sagte, nach seinem "Vermittlungsbesuch" habe man aus den US-Medien erfahren, dass der ehemalige US-Handelsminister Gutiérrez in der Anwaltskanzlei von Bill Clintons ehemaliger  Aussenministerin Madeleine Albright arbeite, welche von den Geierfonds in der Sache gegen Argentinien unter Vertrag genommen worden sei. Offenbar kam der Mann, um zu erpressen. Und wo doch die Welt so klein ist: Direktor von AA ist James F. Albaugh, der auch als Topberater  des führenden Hedgefund Blackstone Group fungiert. Blackstone gehört zu Gläubiger Argentiniens, die in die lukrative Umschuldung von 2005/10 eingewilligt haben.
So viel zur absehbaren Berichterstattung der hiesigen "unabhängigen" Medien, dass CFK wieder einmal Sündenböcke suche, um eigenes Versagen zu kaschieren.

Lesetipp zur aktuellen Kriegseskalation im Nahen Osten

Montag, 15. September 2014


(zas, 15.9.14) Du willst eine Ahnung bekommen, was es mit der rasenden Kriegseskalation im Nahen Osten auf sich hat?
Dann lies auch einen Artikel des Briten Nafeez Ahmed. Er gehört in das Lager jener, die die Abhängigkeit des dominanten Wirtschaftsmodells vom Erdöl als ökologische und politische Katastrophe begreift, Ursache der Kriege und des Terrorismusphänomene der letzten Jahre. Der Mann ist nicht irgendwer, sondern Konsulent und Mitarbeiter des US-State Department, des britischen Foreign Office, der offiziellen Untersuchungskommissionen zu 9/11 und dem Metroanschlag von London u. v. m. Umso interessanter seine Thesen in „How The West Created the Islamic State“ auf counterpunch.org vom letzten Freitag. Spannend auch sein gut lesbares, im Artikel verlinktes Kapitel „International Terrorism“ im Buch „A User's Guide to the Crisis of Civilization“ (Pluto Press, 2010). Das zynische Schüren und Organisieren „fundamentalistischer“ Killgruppen in den vom Imperialismus favorisiert zu intervenierenden Ländern, die Vernutzung der Gewalt des Drogenbusiness – Aspekte, Elemente, Hinweise, die du im Mainstreamchor nicht zu hören bekommst.

Correos 178

Sonntag, 14. September 2014

Inhaltsverzeichnis und Artikel von Correos 178, 22. August 2014, hier klicken

Weltbank gegen Indigene

Sonntag, 7. September 2014



(zas, 7.9.14) Ein interessanter "Hinweis" von Mark Kernan, der seinen Master in Menschenrechten an der irischen University York College macht, in seinem Counterpunch-Artikel: "The World Bank's Development Model and the Indigenous Peoples". Die Weltbank hat das Dokument "Environmental and Social Framework – Setting Standards for sustainable Development" aufgelegt, Download via http://consultations.worldbank.org/consultation/review-and-update-world-bank-safeguard-policies. Kernan sagt, die Weltbank-"Zugeständnisse" der letzten 20 Jahren in Sachen Rechte der Indigenen und Umweltschutz in der von ihr favorisierten Projektsparte Dämme, Strom, Megainfrastruktur und Bodenschatz-Extraktivismus würden jetzt ausgehebelt. Er schreibt: "Nicht nur schlägt die Weltbank eine Reduzierung ihrer allgemeinen Schutzstandards für indigene Völker vor, sondern auch, dass sie in einigen Fällen die Verantwortung für die Kontrolle von Entwicklungsprojekten – Umwelt- und Sozialüberprüfungen, Management und Monitoring und allgemeines Portfolio-Management – Finanzintermediären delegieren" kann. "Was dies erst mal bedeutet, ist, dass die Bank jetzt im Business ist, die soziale und Umweltverantwortung für grosse Entwicklungsprojekte, die indigene Völker und andere beeinträchtigen, an private Finanzinstitutionen outsourct." Ein umso katastrophaler Schritt, als in Lateinamerika ohnehin der Bodenschatz-Extraktivismus in indigenen Gebieten – Kernan geht hier u. a. auf die geplante Ölförderung im ecuadorianischen Yasuní-Naturschutzgebiet ein – zur "hegemonischen Entwicklung" werde.

Und jetzt der Religionskrieg

Samstag, 6. September 2014



(zas, 6.9.14) Rasend schnell wird auf einen neuen Brutalisierungsschub geschaltet. Irgendwelche Lügen oder zumindest offene Fragen werden zur kriegstreibenden Gewissheit, auf deren Grundlage ein neuer Militärkeynesianismus die globale Herrschaft militärisch absichern und "die Wirtschaft" wieder auf Explosionskurs steuern soll. Zwecks Vollgenuss der kommenden, Welt-umspannenden "Freihandels- und Investitionsverträge" (USA- EU, TTIP, TPP), welche altmodische Relikte wie bürgerliche Demokratie  und so zum Hobby von museal veranlagten Menschen machen.
Russland hat in der Ukraine eine Invasion gemacht, das weiss noch die letzte Null im 20 Minuten. Die NATO hat nämlich die Beweise vorgelegt, dieses und jenes unscharfe Foto. Siehe dazu "Memorandum For: Angela Merkel: Beware of Fixed Intelligence on Ukraine-- Think WMDs" einer Reihe von Ex-Mitgliedern der US-Geheimdienste. Die NATO also, die den Konflikt in der Ukraine entfacht hat, muss sich wehren. Zu ihrer Rolle s. "Why the Ukraine Crisis Is the West’s Fault" des reaktionären US-Politologen Mearsheimer in Foreign Affairs, der die Sprache des Machtblockdenkens spricht, also jene der hiesigen MachthaberInnen und ihrer Medien.
So what? "Der Gegner heisst Moskau" schreit heute die NZZ-Schlagzeile (ab 5h wird zurückgeschossen). Alte Zöpfe ab, Rüben ab!  Stets das gleiche Lied des Packs. Eins drauf zum neuen Hurra gibt die NZZ, indem sie sich jetzt in den Religionskrieg einreiht. "Töten im Namen Allahs" heute in ihrem Feuilleton. Den Artikel durfte ein Ethikprofessor an der Vatikansschule Santa Croce in Rom schreiben, Martin Rhonheimer, ein Schweizer Fundamentalist vom Opus Dei. Antisemitismus, weiss der Fundi, ist im Islam daheim, das Töten auch, der IS verkörpert die islamische Lehre. Das Christentum ist friedlich, "auch" wenn es manchmal nicht ganz richtig gehandelt hat.
Die NZZ setzt damit die Hetze der Schweizer Bischofskonferenz fort, die nebst Waffenlieferungen an (genehme) Peshmergas ein Dauerouting islamischer Religionsangehöriger in der Schweiz, die selbstredend unter Generalverdacht stehen,  gegen die Killbriagaden des IS fordert. Natürlich wird sich die Vornehmfraktion vom Feulleton bemühen, nächstens einen Artikel über humanistische Aspekte im Islam zu publizieren. Na und? Das Thema Religionskampf ist gesetzt und wird das Kriegsgeheul fortan begleiten. Selbstverständlich nur im Rahmen "unseres" aufgeklärten Humanismus.