Bolsonaros Welle

Dienstag, 30. Juni 2020

Bild: Fkraft-ew/CC BY-SA-3.0

Deutsche Welle feuert Schriftsteller J.P. Cuenca wegen dessen Kritik an Brasiliens Präsidenten. Auf Telepolis antwortet Cuenca der Sendeleitung

Mehr als 100 Erstunterzeichner aus Deutschland und Brasilien haben in einem offenen Brief an die Deutsche Welle den Rausschmiss des brasilianischen Schriftstellers João Paulo Cuenca scharf kritisiert. Zuvor sprach der Auslandssender dem 42-Jährigen ohne vorherige Rücksprache und öffentlich die Kündigung einer regelmäßigen Kolumne im portugiesischsprachigen Angebot aus, nachdem er auf seinem privaten Twitter-Account den rechtsradikalen Präsidenten des südamerikanischen Landes, Jair Bolsonaro, kritisiert hatte. Die Deutsche Welle warf Cuenca daraufhin "Hassrede und Aufstachelung zur Gewalt" vor; der so Geschasste wehrte sich ebenfalls auf Twitter.

Während die Entlassung im Bolsonaro-Lager für Begeisterung sorgte, formiert sich Widerstand gegen die Entscheidung der Sendeleitung. Der offene Brief wurde von zahlreichen Journalisten und dem Vizepräsidenten des PEN-Clubs Deutschland, Ralf Nestmeyer, unterzeichnet.

Dabei ist nicht unwahrscheinlich, dass die Verantwortlichen im Hauptsitz des Senders in Bonn erstens einer Kampagne der brasilianischen Rechtsextremisten auf dem Leim gegangen sind und zweitens den Tweet nicht verstanden haben. Denn Cuenca schrieb über den Kurznachrichtendienst: "Die Brasilianer werden erst frei sein, wenn der letzte Bolsonaro an den Gedärmen des letzten Pfarrers der Universalkirche erhängt wird."

Harter Tobak, sicher, aber eben auch die Paraphrasierung eines historischen Zitats. Anfang des 18. Jahrhunderts hatte der Franzose Jean Meslier, der sich vom katholischen Priester zum Religionskritiker gewandelt hatte und der frühen Aufklärung zugerechnet wird, das Zitat in seinem Werk "Mèmoire" angeführt: "Il serait juste que les grands de la terre et que tous les nobles fussent pendus et étranglés avec les boyaux de prêtres", also etwa: "Es wäre gerecht, dass alle Großen der Erde und alle Adligen mit den Gedärmen der Priester erhängt und erwürgt werden sollten."

Cuencas Bolsonaro-Abwandlung bezog sich - ähnlich motiviert - auf die massive Unterstützung der amtierenden brasilianischen Regierung für die Igreja Universal do Reino de Deus. Diese sektenähnliche evangelikale Massenbewegung gehört zu den wichtigsten Unterstützern der Bolsonaro-Führung - und wurde dafür unlängst mit Millionenmitteln aus der Staatskasse bedacht.

Cuencas Kritik daran grämte die Bolsonaro-Führung offenbar ebenso, wie sie sein öffentlicher Rauswurf freute. Der Kongressabgeordnete und Präsidentensohn Eduardo Bolsonaro beglückwünschte den deutschen Auslandssender auf Twitter persönlich zu der Entscheidung. Zuvor hatten Vertreter des Bolsonaro-Lagers eine massive Kampagne gegen Cuenca gestartet.

Auf den Rausschmiss und den Jubel bei Brasiliens Rechtsextremisten reagierten nun deutsche und brasilianische Wissenschaftler, Journalisten, Künstler sowie Aktivisten. Man könne darüber diskutieren, ob Cuencas Spiel mit dem historischen Zitat gelungen oder geschmacklos, schlecht formuliert oder schlecht kontextualisiert war, schreiben sie in dem offenen Brief, der Telepolis vorab vorlag: "Wenn man das Werk von João Paulo Cuenca kennt, kann dieser Satz jedoch nicht als Aufstachelung zum Hass interpretiert werden. Aus diesem Grund hat die einseitige Entscheidung der Deutschen Welle bei uns Besorgnis in Bezug auf Meinungsfreiheit und Zensur ausgelöst." Die Deutsche Welle solle ihre Entscheidung überdenken, schließlich sei Cuenca eine "unverzichtbare Stimme, um die Verbrechen gegen die Menschenrechte, antidemokratische Maßnahmen und Machtmissbrauch brasilianischer Politiker anzuprangern".

Telepolis bat Cuenca, seine Version der Geschehnisse aufzuschreiben. Hier seine Replik an die Deutsche Welle, exklusiv und erstmals auf Deutsch:


Wenn sich ein Sendechef an den Gedärmen eines Schriftstellers erhängt, hat der brasilianische Faschismus gewonnen

João Paulo Cuenca

1. Am Dienstag vorletzter Woche, am 16. Juni, las ich, dass die brasilianische Bundesregierung 30 Millionen Reais (gut 4,88 Millionen Euro) für Radio- und Fernsehsender evangelikaler Pastoren freigegeben hat, die Präsident Jair Bolsonaro unterstützen. Und bevor ich mir einen Kaffee machen ging, postete ich auf Twitter, zwischen Anführungszeichen: "Der Brasilianer wird erst dann frei sein, wenn der letzte Bolsonaro in den Gedärmen des letzten Pastors der Universalkirche erhängt wird."

Für die Zwecke der Satire habe ich eine bekannte Redewendung aus dem 18. Jahrhundert paraphrasiert, die Voltaire und Diderot, zwei Vertretern der Aufklärung, zugeschrieben wird. Eigentlich aber wurde sie von dem französischen Abt Jean Meslier (1664-1729) verfasst. Der Satz, der sich ursprünglich auf Könige und Priester berief, wurde mehrfach abgewandelt wieder aufgegriffen. Er wurde zum geflügelten Wort, das sich Anarchisten, Liberale, Anarchokapitalisten, Umweltschützer - Menschen von links und rechts - aneigneten.

Einige brasilianische Beispiele. Im Jahr 2015 veröffentlichte der linke Intellektuelle Vladmir Safatle in der Folha de São Paulo diese Variante: "Sie (die Korruption) wird erst dann enden, wenn der letzte korrupte PT-Politiker in den Gedärmen des letzten korrupten PSDP-Politikes erhängt wird."

Eine schnelle Google-Suche zeigt, dass der Hauptideologe des Bolsonarismus, der rechtsextreme Denker Olavo de Carvalho, die Konstruktion mindestens zweimal verwendet hat: "Der Kapitalismus wird erst dann überwunden sein (...), wenn der letzte Marxist an den Gedärmen des letzten 'homo oeconomicus' erhängt wurde." Und: "Die Welt wird erst dann glücklich sein, wenn der letzte Bildungsminister an den Gedärmen des letzten Funkeiro (DJ des in Favelas beliebten Rio-Funk) erhängt wird."

In Internetforen des Ubuntu-Betriebssystems gibt es eine kuriose Version: "Computer werden erst an dem Tag frei sein, an dem der letzte Windows-Nutzer in den Gedärmen des letzten Mac-Benutzers aufgehängt wird." Ebenfalls aus dem Jahr 2018 stammt der Tweet: "Brasilien wird an dem Tag ein entwickeltes Land sein, an dem der letzte YouTuber an den Gedärmen des letzten Unternehmer-Coaches erhängt wird."

Mein Favorit ist keine dieser Varianten, sondern eine Version, die im Mai 1968 in den Straßen von Paris zu lesen war: "Nachdem wir den letzten Bürokraten an den Gedärmen des letzten Soziologen erhängt haben, werden wir dann immer noch Probleme haben?"

Diejenigen, die mich verleumderisch beschuldigt haben, "die Hinrichtung des Präsidenten zu fordern", scheinen Schwierigkeiten mit dem Verständnis von zwei Dingen zu haben: erstens was eine Metapher ist, zweitens der metaphorische Aussage von Mesliers Satz: Die Kirche und der Adel (oder andere "Familien" wie sie) müssen sich im Namen des Volkes von der republikanischen Macht fernhalten.

2. Das Chaos, das meine sozialen Netzwerke rasch erfasste - eingeschlossen Drohungen von physischer Gewalt und von Gerichtsverfahren - ist das Ergebnis sozialer Mechanismen, die unter dem Bolsonarismus perfektioniert und konsolidiert wurden. Ein Ergebnis war die umgehend einsetzende und sehr erfolgreiche Diffamierungskampagne, die zu meinem Rausschmiss bei der Deutschen Welle Brasilien führte, wo ich bis dahin Kolumnen veröffentlichte.

Die Vertreter des Regierungskabinetts des Hasses und ihre (Internet-)Robots identifizieren ihre Ziele schnell und gehen umgehend zum Angriff über. Es handelt sich um einen relativ wirksamen und billigen Mechanismus der psychologischen Nötigung und Zensur. Es geht hier alleine darum, Gegenstimmen zum Schweigen zu bringen - und diesmal kann der brasilianische Neofaschismus sich auf die Komplizenschaft einer deutschen öffentlich-rechtlichen Anstalt stützen, der Deutschen Welle.

Da die redaktionellen Verantwortlichen in Bonn gebildete Erwachsene mit uneingeschränkten kognitiven Funktionen sind, die meine antifaschistischen Texte in den letzten Monaten gelesen und bearbeitet haben, glaube ich, dass sie wissen, was eine Metapher ist. Ich bot ihnen noch an, einen Text oder eine Notiz zur Klärung des Satzes zu verfassen. Aber sie kamen dem zuvor und veröffentlichten eine ungeschickte und verlogene Notiz, in der sie mich eines Verbrechens bezichtigten, das ich nicht begangen habe: Hassrede.

Daher bleibt nur ein Zweifel: Entweder haben sie dem Druck des Regierungskabinetts des Hasses in Brasilien nachgegebe, oder die Tentakel dieser Regierung reichen über das am besten ausgestattete (und am wenigsten gebildete) Außenministerium in der Geschichte des Landes bis nach Deutschland.

3. Der Lärm der faschistischen Horden, die nun die Entscheidung der Deutschen Welle feiern, zeigt auf, in welchem Maße die Botschaft falsch ist, die das Unternehmen aussendet. Noch gravierender: Sie macht Nötigung und Zensur für die Künstler und Intellektuellen, die sich gegen die Regierung stellen, zu einem Normalzustand, der für die andere Seite, die keine Wahlmöglichkeiten hat, nicht besteht.

Ganz im Gegenteil. Wie bereits erwähnt, unter anderem in Kolumnen für Deutsche Welle Brasilien, haben die Regierung Bolsonaro und ihre Unterstützer die Hassrede in Brasilien in die "neue Normalität" verwandelt. Es wäre ironisch, wenn es nicht tragisch wäre: Die gewählte Regierung, die versprach, auf Gegner zu schießen, und deren Mitglieder und Anhänger Parolen wiederholen und Nazi-Fahnen tragen, beschuldigte mich fälschlicherweise des Verbrechens, das sie täglich begeht.

Und nun hat sich die Deutsche Welle in den Chor ihrer Verleumdungskampagne eingestimmt.

How U.S. and Brazil Leadership That “Neglects Science” Led to Hemisphere’s Worst Coronavirus Crises

Samstag, 27. Juni 2020

On June 25th, a Democracy Now aired an interview with Marcia Castro, a brazilian professor at Harvard. Here some of Marcia Castro’s disturbing statements :

So, I just want to start by saying that the frustrating thing about this story is that Brazil could be teaching a lesson to the entire world on how to respond to a pandemic by leveraging its history, its network of primary care, which is one of the largest in the world, and by using its universal healthcare system. And yet, what we see in the country is a reflection of the leadership that we have, so a leadership that has and continues to downplay the importance of the virus, that neglects science — and that’s an important point, as well (…)

And it also is a failure because we could have our community health agents — and we have almost 300,000 of those — being the backbone of the response. And yet, the primary care and the community health agents are not being used as part of the response. So, Brazil is not testing enough, as you said. Well, we are not doing contact tracing, either. So, the community health agents could be doing the contact tracing. They could be identifying the elderly, the people that are more vulnerable. They could identify those people that don’t have water at home.

That’s the other thing. So, Brazil is a country with lots of inequalities. We cannot expect that you’re just going to take whatever countries in Europe or high-income countries have done, and implement in Brazil and it’s going to work. It really has to be adapted to those inequalities of informal labor, people that can’t stop working; people that live in very high-density households, so there is no way they can do self-isolation; and people that don’t have access to water. And we keep going with inequalities — the number of hospital beds and physicians per population. Those numbers are worse in the states in the Amazon region. It’s not by chance that we see the regional pattern of deaths in cases in Brazil that we are observing.

(…)

Overall in the Amazon region, 43% of the population don’t have access to water. But in some states, it’s even higher than that. Then there is a completely separate healthcare for the Indigenous populations, and those have lost a lot of the physicians in the past few years when a large program that existed in Brazil that brought foreigner physicians to work in those underserved areas was completely dismantled. So, again, you keep adding those layers, right?

So, since this new president took term, there is not a lot of attention in terms of preserving the environment. In fact, last year, we saw rampant deforestation, a horrible fire season. And this year, we already overpassed the deforestation from last year, and we still have about a month and a half to go of the cutting season. So, whenever you have this deforestation, you have contacts of those people that want to exploit the land with Indigenous areas. We see that it’s exactly in the Indigenous reserves where we are seeing most of the damage. And those areas are supposed to be preserved, and then they used to be. So, you have Indigenous people dying because of this encounter, but, on top of this, now they are being infected because those — the people that come into the area may bring the virus, as well. They can bring any pathogen. And it’s not just deforestation, we have to remember. There’s also mining, which is another activity that exposed Indigenous people to that.

(…)

Overall in the Amazon region, 43% of the population don’t have access to water. But in some states, it’s even higher than that. Then there is a completely separate healthcare for the Indigenous populations, and those have lost a lot of the physicians in the past few years when a large program that existed in Brazil that brought foreigner physicians to work in those underserved areas was completely dismantled. So, again, you keep adding those layers, right?

So, since this new president took term, there is not a lot of attention in terms of preserving the environment. In fact, last year, we saw rampant deforestation, a horrible fire season. And this year, we already overpassed the deforestation from last year, and we still have about a month and a half to go of the cutting season. So, whenever you have this deforestation, you have contacts of those people that want to exploit the land with Indigenous areas. We see that it’s exactly in the Indigenous reserves where we are seeing most of the damage. And those areas are supposed to be preserved, and then they used to be. So, you have Indigenous people dying because of this encounter, but, on top of this, now they are being infected because those — the people that come into the area may bring the virus, as well. They can bring any pathogen. And it’s not just deforestation, we have to remember. There’s also mining, which is another activity that exposed Indigenous people to that.

(…)

Now, I also want to make a point that the fire season is about to start in about a month or so. And if we had this high level of deforestation, the fires will come, because that’s usually the process. The wood now is on the floor. Whatever they couldn’t sell, they are going to burn. And whenever we have the fire season, we have an increase in respiratory conditions. We have an increase in the demand for hospitalizations because of respiratory conditions. And we have an increase in the mortality of children under the age of 10. Now, this is a very — it’s a horrible combination. Increasing respiratory conditions may make people more susceptible to a severe COVID-19 infection.

(…)

when you see what’s being done in the Amazon now, we’re basically losing about 20 years of achievements, of really being able to make protected reserve forests, protected Indigenous areas. We had a forest code that was really a model. We were able to reduce deforestation to the lowest levels and maintain them there. And we are losing this. We are losing this at rampant rates. That’s bringing a lot of deaths. A lot of the deaths of local leaders, Indigenous peoples or people that are just trying to protect the forest are not even advertised.

So, the situation is very complicated, because those are big business people. They are making money by clearing the forest. And the local producers, the local communities, it’s very hard for them to fight against those people, especially when they are backed up by the government.

Nachtrag zu Schweizer Sanktionen gegen Nicaragua

Nachtrag zu Schweizer Sanktionen gegen Nicaragua

(zas, 27.6.20) Auf Grund von Reaktionen auf Nicaragua/Schweiz: Sanktionen und die alte Doppelmoral sei auf einen Aspekt hingewiesen, der zu unrecht untergegangen war. Die Sanktionsformulierung des Bundesrats (s. Nicaragua/Schweiz: Sanktionen und die alte Doppelmoral) – mit den gegen sechs nicaraguanische FunktionärInnen «verhängten Massnahmen werden deren Vermögenswerte gesperrt» - ist bewusst irreführend. Sie suggeriert, dass die Besagten tatsächlich private Vermögenswerte in der Schweiz deponiert haben. Dass diese Korruptionsandeutung eine reale Basis habe, ist aber unwahrscheinlich.

Doch darum geht es nicht. Sondern primär darum, je nach «Opportunität» staatliche nicaraguanische Vermögenswerte im Ausland zu beschlagnahmen oder Zahlungen im Auftrag etwa des Gesundheitsministeriums zu blockieren oder «einzufrieren». Wie schnell das dank des famosen Rechtsstaats geht, zeigt der Raub vieler Milliarden von US-Dollars im Besitz des venezolanischen Staates dank der EU-Sanktionen gegen das karibische Land. Die von Bundesbern als Orientierungsvorlage für die Nicaragua-Sanktionen genommene EU-Verordnung vom letzten 4. Mai  stützt sich ihrerseits auf eine Verordnung der EU-Kommission vom 14. Oktober 2019 ab, in deren Artikel 2 von «natürlichen oder juristischen Personen, Organisationen oder Einrichtungen» die Rede ist. Die Tür ist offen.

 

USA: Sanktionen gegen Staaten, die Ärzte aus Kuba einstellen?

Freitag, 26. Juni 2020

Eine zweite Brigade Gesundheitsexperten aus Kuba wurden am 13. April in Turin herzlich empfangen
Eine zweite Brigade Gesundheitsexperten aus Kuba wurden am 13. April in Turin herzlich empfangen

Washington/Havanna. Im US-Kongress haben republikanische Hardliner gegen Kuba eine Gesetzesvorlage eingereicht, mit der Druck auf Länder ausgeübt werden soll, die kubanisches Medizinpersonal beschäftigen. Der Entwurf stammt von den Senatoren Rick Scott (Florida), Marco Rubio (Forida) und Ted Cruz (Texas) und hat den Titel "Dem kubanischen Regime Profite abschneiden" (Cut Profits to the Cuban Regime Act).

Scott erklärte dazu: "Kuba benutzt jetzt die Coronavirus-Pandemie, um auf Kosten dieser Ärzte Gewinne zu erzielen". Und: "Jedes Land das Kuba um medizinische Hilfe bittet, unterstützt den Menschenhandel".

Der Entwurf sieht vor, dass das US-Außenministerium die Liste der Länder veröffentlicht, die kubanische medizinische Missionen beauftragen. Diese soll dann bei der Entscheidung über die Bewertung im Jahresbericht über den Menschenhandel verwendet werden. Die betreffenden Staaten sollen nur dann von Sanktionen verschont bleiben, wenn sie die Gehälter der Fachkräfte direkt bezahlen, die Verträge öffentlich machen und keine zusätzlichen Zahlungen an Kuba für ihre Arbeit leisten.

Das Gesetzesprojekt ist die jüngste in einer Reihe von Maßnahmen im Kongress und seitens der US-Administration, die darauf gerichtet sind, die Gesundheitsmissionen Kubas auf globaler Ebene zu diskreditieren und letztlich auch der kubanischen Regierung die Mittel zu entziehen, die daraus stammen.

Die Auslandsmissionen sind neben ihrem humanistischen Gehalt auch ein wichtiger ökonomischer Faktor für Kuba.

Das im Ausland eingesetzte Gesundheitspersonal erhält in Kuba eine kostenlose hochqualifizierte Ausbildung. Die Beteiligten unterschreiben einen Vertrag mit dem Gesundheitsministerium, mit dem sie sich freiwillig bereit erklären, ihre Einkünfte mit dem kubanischen Staat zu teilen. Sie bekommen einen Teil der Vergütungen ausgezahlt, während mit dem anderen das Gesundheitswesen im eigenen Land mitfinanziert wird. Ihr Verdienst ist indes deutlich besser als der ihrer Kollegen auf der Insel. Zudem bleiben ihre Arbeitsplätze erhalten und die Aufwendungen für Verpflegung, Wohnung, Transport und Krankenversicherung werden übernommen.

Die Regierung von US-Präsident Donald Trump versucht dieses kubanische Verfahren zu skandalisieren. Senator Rubio bezeichnet es als "eine Form des modernen Menschenhandels" und Außenminister Mike Pompeo als "Zwangsarbeit“. Er forderte zudem die Panamerikanische Gesundheitsorganisation auf, ihre Rolle als Vermittler bei der Einstellung kubanischer Ärzte für Brasilien zu erklären.

Gegenwärtig sind etwa 30.000 kubanische Gesundheitsfachkräfte in 59 Ländern im Ausland tätig und werden für ihre Arbeit durchweg gelobt.

Im Rahmen von Anfragen weiterer Regierungen hat Kuba aktuell rund 3.000 medizinische Mitarbeiter in 28 Länder entsandt, um die Covid-19-Pandemie zu bekämpfen. Auch in Europa arbeiten kubanische Mediziner an der Bekämpfung des Virus, so in Italien und im Fürstentum Andorra.

Kubas Außenminister Bruno Rodríguez twitterte zu der Gesetzesvorlage: "#CubaSaveLives, sie können diese Wahrheit nicht auslöschen." Er kritisierte den Vorstoß als das "verzweifelte Vorgehen anti-kubanischer Senatoren gegen die internationale medizinische Zusammenarbeit Kubas". Die Strategie bestehe in der Drohung mit Strafen für die Länder, "die dem isolierten und verwerflichen Verhalten der US-Regierung nicht folgen". Und Präsident Miguel Díaz-Canel fragte: "Warum kümmern sie sich nicht um die mehr als 2.245.000 positiven Fälle und mehr als 120.000 Toten durch Covid-19, die ihr Land getroffen haben?"

Carlos Fernández de Cossio, Generaldirektor für US-Angelegenheiten im kubanischen Außenministerium, erklärte, die verstärkten Bemühungen des US-Außenministeriums und der "Anti-Kuba-Politiker", die Sanktionen gegen die Insel zu verschärfen, schienen durch den nahenden Sieg Kubas über die Pandemie motiviert zu sein. Seinen Angaben zufolge steht das sozialistische Land "trotz der US-Bemühungen, uns zu vernichten, kurz davor, Covid-19 zu kontrollieren."

Kürzlich wurde eine internationale Kampagne gestartet, der kubanischen Ärztebrigade Henry Reeve für ihre Arbeit den Friedensnobelpreis zu verleihen.