Kolumbien/Schweiz: Morddrohung gegen Anwältin, die gegen Glencore kämpft

Montag, 30. Dezember 2013

Originalveröffentlichung: http://amerika21.de/2013/12/95773/landkonflikt-cesar-prodeco
22. Dez 2013

Drohung gegen Anwältin von Opfern des Landraubs

Konzern Glencore Xstrata soll in Kolumbien Land
erhalten, das Vertriebenen zugeteilt wurde. Sprecherin
der Betroffenen nach Protesten bedroht

Valledupar/Cesar, Kolumbien. Die Rechtsanwältin Ludys Pedraza, Vertreterin von 48 Familien, die für die Landrückgabe kämpfen, hat unlängst Todesdrohungen bekommen. "Du wirst sterben, Anwältinnenhure", hieß es in der SMS, die an Pedraza geschickt wurde. Der anonyme Absender der Nachricht warf ihr vor, Streiks zu organisieren und Straßen zu sperren. Pedraza hatte am 3. Dezember bei einer Demonstration mitgewirkt, bei der ihre Mandanten die Rückgabe des rund 1.200 Hektar großen Landstücks El Prado im nördlichen Bundesstaat Cesar gefordert haben.
Die steinkohlereichen Ländereien sind im Jahr 2009 vom kolumbianischen Institut für ländliche Entwicklung (INCODER) der Bergbaufirma Prodeco zugeteilt worden. Prodeco ist ein Tochterunternehmen des Schweizer Konzerns Glencore Xstrata. Als Gegenleistung sollte die Firma den vertriebenen Familien andere Grundstücke für ihre Umsiedlung geben. Dennoch verklagten die Vertriebenen INCODER, weil sie El Prado im Jahr 1997 bereits offiziell zugesprochen bekommen hatten.
Aufgrund der Arbeit von Pedraza hat der Verfassungsgerichtshof im Juni 2012 schließlich angeordnet, den Vertriebenen El Prado zurückzugeben. INCODER hat aber die Verordnung bisher nicht umgesetzt. Mit der Demonstration von Anfang Dezember wollten die Familien und ihre Anwältin gegen die Untätigkeit der Behörde protestieren. Dabei haben sie gefordert, dass jemand aus der Zentralregierung mit ihnen spricht. Die erste Morddrohung erhielt Pedraza am folgenden Tag. Zwei Tage später erhielt sie erneut eine SMS: "Du denkst, du bist die Tollste, wenn es um Ländereien geht, aber wir werden dich töten. Du bist gewarnt, entweder bleibst du still oder du stirbst", lautet ein Teil des Textes.

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Es sei nicht das erste Mal, dass Pedraza bedroht werde, berichtet der Journalist Santiago Villa. Das Verfahren gegen INCODER wegen El Prado sei einer der wichtigsten laufenden Landrückgabeprozesse in Kolumbien. Im Jahr 2002 sind 18 Menschen auf dem Landstück von Paramilitärs ermordet worden. Die überlebenden Familien mussten fliehen.
"Das alles geschieht, weil die Ländereien kohlereich sind. Damit lässt sich viel Geld machen", sagte der inhaftierte Paramilitär Alcides Mattos aus, der mitverantwortlich für das Massaker in El Prado ist. "Ein Grundstück in einer Konfliktzone kostet nichts. Dort wo es Tote und Vertriebene gibt, kann man jeden Hektar für 150.000 Pesos (60 Euro) kaufen". Einige Parzellen von El Prado hätten Strohmänner von Paramilitärs damals an Prodeco weiterverkauft, berichtet das Internetportal Verdad Abierta.
Nach der Demonstration hat INCODER sich bereit erklärt, den 48 Familien Geld für Teile von El Prado zu geben, weil es nicht mehr möglich sei, das ganze Landstück zurückzugeben. Doch während die Behörde das Grundstück auf 8,4 Milliarden Pesos (circa 3,3 Millionen Euro) schätzt, sei der wahre Wert von El Prado knapp 23 Milliarden Pesos (circa neun Millionen Euro), so Pedraza.
Die Sicherheitssituation der Anwältin bleibt ungeklärt. Trotz der Morddrohungen hat die Nationale Schutzeinheit der Regierung UPN bisher noch nicht auf den Antrag des regionalen Ombudsmanns hinsichtlich von Schutzmaßnahmen für Pedraza reagiert. Ihr wurden vor zwei Monaten ein Leibwächter und das kugelsichere Auto weggenommen. Das staatliche Komitee zur Bewertung der Risiken von gefährdeten Menschen war zu dem Schluss gekommen, dass die Gefahr für Pedraza gering sei.

Trikont in der Schweiz

Sonntag, 29. Dezember 2013



(zas, 29.12.13) Trikont in Helvetien, dank Pierre Bessard. Er ist einer der Stündeler, wie sie zurzeit im Dutzend zu haben sind, Ökonom, Mitglied der Mont-Pélérin-Gemeinde, des Blocher-nahen Liberalen Instituts und weiterer einschlägiger neoliberaler Vereine. In der NZZ vom 28.12.13 darf er sich mit einem anderen Highlight aus der Schweizer Politwelt, dem Präsidenten der Schweizerischen Konferenz für Sozialhilfe (Skos), Walter Schmid, über die gediegene Form dessen streiten, was Soziahilfe genannt wird. Bessard vertritt die üblichen Angriffspositionen, wie sie in der Rechten aufgekommen sind: Die Sozialhilfe setze falsche Anreize mit "zu umfangreichen Leistungen" (du verhungerst nicht auf die Länge und drohst so, zu wenig motiviert für den allerletzten Dreckjob mit seinem Zusatzlohn anzunehmen); sie versetze die EmpfängerInnen in "sozialstaatliche Abhängigkeit". Und so weiter, die übliche Kotze.

Wie das Leben unten ist, davon haben die Bessards keine Ahnung und es interessiert sie einen Dreck. Aber sie ahnen, dass da womöglich Unkontrolliertes entstehen könnte – trotz aller guter rassistischer Dienste. Also hauen sie feste drauf, jeden Tag und ohne Unterbruch. Bei einem wie Bessard kein Wunder. Der Typ und sein Liberales Institut sind etwa verbandelt mit dem "Schweizer Monat". Das Blatt war in den 30er Jahren Sprachrohr für den Frontismus, wurde im Verlauf des 2. Weltkriegs zur neoliberalen Postille aufgemotzt und tut sich heute weiter mit  extrem reaktionären "Diskussionen" hervor (s. dazu "Der «Schweizer Monat» – reaktionär seit 1921", WoZ,  31.3.11). Die historische Nähe zum NZZ-Spektrum unterstrich Konrad Hummler mit seinem Präsidium des "Monats" seit 1995, der gleiche Privatbanker, der sein VR-Präsidium bei der NZZ im Gefolge des US-Schiffsbruchs seiner Bank Wegelin abgeben musste.

Was solchen Figuren aus dem besitzenden Rechtsspektrum in Sachen "Sozialhilfe" vorschwebt, macht Bessard, und das ist gewissermassen ein Verdienst, im erwähnten NZZ- Beitrag ("Schluss mit der Skos, damit Sozialhilfe ihren Namen verdient") deutlich. Ihn empört, dass SozialhilfeempfängerInnen im Schlaraffenland leben können. Man denke, Leistungen, die sich am "niedrigsten 10 Prozent der Einkommensstatistik" ausrichten. Und Monsieur gerät in Fahrt: "«Niedrigste 10 Prozent» - das klingt in der Tat nach wenig. In einer Welt, in der gut 2,5 Milliarden Menschen noch immer keinen Zugang zu ausreichenden sanitären Anlagen haben, ist dieses Mass jedoch grosszügig gewählt."  

Befreiungsschlag – einer erläutert die global wirksamen Vergleichsmassstäbe. Was soll das Geweine von wegen Sozialintegration, wo doch das helvetische Mass für Unterklassen sich vielmehr einem statistischen Mix vielleicht aus Sahelzone, Bronx, Haiti, Favela und Flüchtlingslagern anzunähern hat.

Die Richtung ist vorgegeben, über Tempo und Mass führen die Herrschaften ihren Dialog. Das sollten wir als Orientierung nehmen.

El Salvador: Wie ein Klima der Konfusion erzeugen?

Montag, 23. Dezember 2013




(22.12.13) In El Salvador können wir einen nicht alltäglichen Blick auf eine wenig bekannte Art der imperialen Politik werfen. Nächsten Februar stehen hier Präsidentschaftswahlen an, der FMLN hat Chancen, sie zu gewinnen. Die früher regierende Rechtspartei ARENA liegt in den meisten Umfragen mehrere Punkte zurück, die dritte Option um den letzten Staatspräsidenten, den mittlerweile mit ARENA verkrachten Tony Saca, ist abgehängt. Um im ersten Durchgang zu gewinnen, braucht die Siegerpartei 50 Prozent plus eine der gültigen Stimmen (50+1), sonst kommt es am 9. März 2014 zum Stichentscheid zwischen FMLN und ARENA.

ARENA setzt auf eine Kampagne der Angst, der Unsicherheit – die Strassenbanden als Liebkind des FMLN, die Ex-Guerilla als (ehemalige?) Mordmaschine, der FMLN als Feind der USA und damit Verhinderer von Arbeitsplätze schaffenden Investitionen. Der FMLN befleissigt sich dagegen eines ruhigen, sachlichen Tones für seine Vorschläge für die Wirtschaftsankurbelung und Herstellung von Sicherheit unter Betonung der menschlichen, quasi grossväterlichen Stärken seines Präsidentschaftskandidaten Salvador Sánchez Cerén, des ehemaligen Guerillakommandanten Leonel González. Was immer von dieser Kampagne im Einzelnen zu halten ist (für meinen Geschmack etwas zuviel christliche Familienwerte und dgl.), sie kommt relativ gut an bei den Leuten. Der Frente ist jetzt laut einigen Umfragen nahe an die angestrebte Limite von 50+1 herangekommen.

Doch es gibt Methoden, Unsicherheit, Angst bei den Leuten zu erzeugen, also das, auf was die ARENA-Kampagne abzielt. Da wären einmal die democracy friends aus dem Norden. Washington hat mit der Regierung Funes 2011 eine sogenannte Partnership for Growth (PfG) abgeschlossen. Dabei handelt es sich um eine Modalität, mit der bisher vier Länder der sogenannten mittleren Einkommensklasse für die Bedürfnisse der US-Multis zugerichtet werden sollen. Als einen Haupthinderungsgrund für einen Wirtschaftsboom im Land hat Washington im Rahmen der PfG wenig überraschend zuwenig Rechtssicherheit für US-InvestorInnen ausgemacht, ein Missstand, dem mit einem von Staatspräsident Mauricio Funes brav übernommenen Gesetzesvorschlag für sogenannte Public Private Partnerships (PPP) begegnet werden soll. Das grundlegende Merkmal der von Washington und Brüssel global vorangetriebenen PPP besteht darin, dass der jeweilige Staat zentrale Projektkosten und die Risiken übernehmen und der Multi den Grossteil der Gewinne einstreichen soll. Usual game. Der FMLN war als einzige der Parteien dagegen, ein Absegnen der Vorlage durch die parlamentarische Mehrheitsrechte war deshalb absehbar. Also ging der Frente daran, eine Zustimmung zur PPP-Vorlage an die Bedingung zu knüpfen, dass zentrale Bereiche wie die öffentlichen Spitäler, die Wasserversorgung, die Nationaluni, das Gefängniswesen u.a. von den PPP ausgenommen werden. Es gelang ihm, diese Punkte im Parlament, wo vor den Wahlen keine Kraft als begeisterte Privatisierungsfans dastehen wollte,  durchzubringen.

"Gesundheit ist das Recht aller" - der FMLN beharrt darauf.
Der Grossunternehmerverband ANEP maulte auf, Funes protestierte, "die Botschaft" zeigte sich ungehalten. Die ANEP pilgerte schleunigst nach Washington, um dort angedachte "Gegenmassnahmen" zu unterstützen. Dann vergingen die Wochen, die Monate … bis zum Beginn der intensivsten Wahlkampfphase. Auf tritt "die Botschafterin". Ein sogenanntes Hilfsprogramm der US-Regierung zur Erschliessung der östlichen Pazifikküste im Wert von $227 Mio. soll nämlich die Handelsinfrastruktur und Massnahmen für das Erlernen von Englisch durch die zukünftigen Arbeitskräfte der anzusiedelnden Multizudienern sowie zur "Vereinfachung" von Inverstitionsregulierungen garantieren. Am 22. November 2013 liess die US-Botschafterin unmissverständlich verlauten, ohne die Liquidierung aller vom FMLN eingebrachten PPP-Mindestschutzmechanismen werde die Manna nicht fliessen. Die Funes-Gruppe in der Regierung, sonst ARENA spinnefeind, drängte darauf mit dieser Partei und dem Unternehmerverband ANEP auf eine beschleunigte "Reform" der PPP-Regulierung, die rechten Medien verbreiteten Entsetzen: Der FMLN vertieft die Feindschaft mit den USA, vertreibt die Investoren und stürzt das Land in eine Wirtschaftskrise ersten Ranges!

Links die Lehrerin, die US-Botschafterin Mari Aponte, rechts erklärt der gelehrige Schüler, Alex Segovia, der Topshot der salvadorianischen Regierung in Wirtschaftsfragen, die Vorzüge von PPP. Quelle: La Prensa Gráfica

US-Botschafterin Mari Aponte heizte damit das von ARENA so beschworene Klima der "Beunruhigung" richtig an. Ein FMLN-verursachter US-Wirtschaftsboykott von El Salvador – das ist in diesem Land der drängenden wirtschaftlichen Not und massiven Deinvestitionen der einheimischen Elite ein nicht zu unterschätzendes "Argument", erst recht, weil bis zu einem Drittel der salvadorianischen Bevölkerung in den USA lebt.

Wahlen wiederholen, verändern, …?
Und dann gibt es die bewährte Verfassungskammer des Obersten Gerichts, über deren zunehmende Machtausweitung wir vor einem Monat geschrieben haben (El Salvador: Justiz gegen Veränderung). Was das Schüren von Unsicherheit betrifft, setzt sie "der Botschaft" noch eins drauf.  Die Kammer, das sind vier Magistraten und eine von ihnen bestimmte Ersatzperson. Zwei der vier sind überhaupt nur mit illegalen Mischeleien (ihre Namen standen nicht auf der massgeblichen KandidatInnenliste) ins Oberste Gericht gelangt, und einer dieser beiden, Rodrigo González, hatte bei seiner Nominierung gelogen und eine Verurteilung wegen häuslicher Gewalt verschwiegen. Dieser Caballero geruhte am 12. Dezember 2013 der Öffentlichkeit mitzuteilen, die Wahlen müssten eventuell wiederholt werden, falls ein Kandidat gewinne, dessen Kandidatur von der Verfassungskammer nachträglich als verfassungswidrig erklärt würde!

3-1-1=?
Hintergrund: Gegen die Kandidaturen von Sánchez Cerén vom FMLN und Saca von der "zweiten" Rechtspartei sind mehrere Einsprüche bei der Kammer hängig. Als jetziger Vizepräsident des Landes könne Sánchez Cerén nicht für die Präsidentschaft kandidieren; bei Saca wird anderes ins Feld geführt. Die Kammer hatte vor kurzem beschlossen, diese Anträge erst nach den Wahlen zu beurteilen, um die "Wahlruhe nicht zu stören". Die einzige Einsprache gegen den ARENA-Kandidaten hat die Kammer vorgängig abgewiesen. Saca scheint keine Chancen auf einen sieg zu haben, also irrelevant. Bleibt der Frente-Kandidat.
FMLN-Präsidentschaftskandidat Salvador Sánchez Cerén an Veranstaltung in San Miguel

Die "Erwägung", die Wahlen allenfalls wiederholen zu lassen, hat massiv Wellen geschlagen. Die Reaktionen von González' Kollegen lassen sich, abgesehen von der nie erläuterten Behauptung, der Mann sei aus dem Zusammenhang herausgerissen zitiert worden, so zusammenfassen, dass eine Wahlrepetition, falls von der Kammer so beschlossen, zwar eine Perspektive sei, doch eigentlich eine nicht sehr schöne, jedenfalls nur eine Möglichkeit unter nie skizzierten anderen. Die Kammer könnte die Anträge abweisen, beispielsweise. Oder sie könnte sich vielleicht auf den Standpunkt stellen, ein allfälliger Wahlsieg des Frente sei nicht anzufechten (bei Präsidentschaftswahlen hat sie vor einiger Zeit die Parteiwahl akzeptiert), aber Sánchez Cerén müsse seinem vorgesehenen Vize, Óscar Ortiz, Platz machen. (Órtiz repräsentiert den "moderaten" Minderheitsflügel im FMLN. Im präsidialistischen salvadorianischen System würde eine Regierung Órtíz wohl eher die Linie der jetzigen Administration Funes fortführen, als die Sozial- und Wirtschaftsreformen zu vertiefen.)


Das Wahlmass aller Dinge
Das sind Spekulationen. Zwei Dinge aber stehen fest: Die Kammer hat wesentlich mehr zur Erzeugung eines von ARENA so angestrebten Unsicherheitsklimas punkto Wahlszenarien beigetragen als erklärte Standardinstitutionen der Rechten. Und sie hat ihre Machtbefugnisse erneut "selbstherrlich" ausgebaut. Bisher galt nämlich, zumindest dem Anspruch nach, in Sachen Wahlen, was in der Verfassung steht. Demnach ist das Oberste Wahlgericht die letzte Instanz, die über die Kandidaturen entscheidet. Nun hat sich die Kammer auch diese Kompetenz angeeignet. Sie geriert sich erklärtermassen schon lange als eigentliches Verfassungsgericht mit viel weiter gehenden Kompetenzen als jene einer blossen Verfassungskammer. Im Kern beinhaltet dies die usurpierte Kompetenz, in eigener Regie Verfassungsänderungen durchzuführen (getarnt als von allen Staatsgewalten und BürgerInnen zu befolgende "Interpretationen" der Verfassung), was ich etwas komprimiert im Correos 170 (Chaos grinst um die Ecke) und präziser in La variante salvadoreña beschrieben habe. Gerade gestern zitierte die Prensa Gráfica den erwähnten González mit der Aussage, bei seiner Kammer handle es sich um ein Verfassungsgericht. Auch wenn die Verfassung, sich selbst offenbar falsch interpretierend, festhält, dass alle Kammern des Obersten Gerichts gleichrangig sind, von daher per se keine allen anderen Staatsgewalten übergeordnete Instanz existiert.  Bis zu Beginn dieser Wahlkampagne wäre die Vorstellung, dass die Verfassungskammer als oberste Wahlinstanz amtiere, absurd erschienen. Jetzt tut die Rechte so, als ob die Vierer-Kammer selbstverständlich das Mass aller Dinge sei.

Machtusurpation als Mittel zur Verfassungsreform von oben
Es vergeht kaum eine grössere Zeitspanne, in der die Kammer ihre Machtbefugnis nicht auf ein neues Gebiet ausweitet. Auf die Parlamentswahlen 2012 setzte sie durch, was manchen als Acquis der "Demokratie" gilt: WählerInnen können innerhalb der Parteiliste ihre KandidatInnen frei auswählen, sie bringen ihr Kreuz nicht mehr beim Parteisymbol an, sondern bei einem Individuum auf der KandidatInnenliste. Übliches Argument: Damit werde die Macht der Parteileitungen zugunsten jener der WählerInnen zurückgebunden und die Chancengleichheit der KandidatInnen gewährt. Da nimmt man doch gerne in Kauf, dass dort, wo Parteien nicht einfach bloss Sprungbretter für Karrieren, sondern tatsächlich TrägerInnen gesellschaftlicher Alternativprojekte sind, genau diese Eigenschaft unsichtbar gemacht werden soll. Du stimmst jetzt für Gesichter, nicht mehr ein Programm. Und klar, die Kapitalmedien werden alles daran setzen, dich darüber "aufzuklären", welche KandidatInnen der betreffenden Partei nichts taugen und welche, medial "populär" gemacht, gewählt werden sollen. Nämlich die schwächsten Glieder in der linken Kette.

Wie immer, die salvadorianische Verfassung sah dummerweise expressis verbis das Parteiwahlsystem und nicht jenes der individuellen Wahl vor. Die Verfassungskammer "interpretierte", also schrieb also die Verfassung neu so, dass sie das Gegenteil von dem sagt, was in ihr steht: individuelle Wahl. Wie immer die Haltung zur inhaltlichen Frage, in El Salvador kennt die Verfassung genau einen Weg ihrer Veränderung: Eine Zweidrittelmehrheit einer dreijährigen Legislative verabschiedet eine Verfassungsreform, die vom nächsten Parlament mit einfacher Mehrheit bekräftigt werden muss, um Gültigkeit zu erlangen. Doch das ist nur die Verfassung, die Macht sieht anders aus: Als die Parlamentsmehrheit um den FMLN gegen die von der Verfassungskammer durchgedrückte Verfassungsreform an den zentralamerikanischen Gerichtshof gelangte, schrie nicht nur die nationale Rechte samt assortierter "Zivilgesellschaft",  sondern auch die "internationale Gemeinschaft" entsetzt ob solcher "Missachtung der Unabhängigkeit der Justiz" auf, von Washington über die UNO-Menschenrechtskommissarin bis zu den einschlägigen internationalen Medien. Schliesslich entsprach das Prozedere der Kammer genau den Vorstellungen des State Departments, dessen Verlängerung NDI (Internationale Stiftung der Demokratischen Partei) ihren Finanzempfängern in der salvadorianischen "Zivilgesellschaft" die "Reform" vorformuliert hatte. 

Das war 2011. Jetzt hat die Kammer wieder zugeschlagen und gleich auch noch die Kompetenz des Parlaments zur Verfassungsveränderung für die Fälle abgeschafft, in der die Legislative anderer Meinung als die Kammer ist. Am 16. Dezember 2013 erklärte sie eine Verfassungsänderung für verfassungswidrig, die das Parlament als Antwort auf ihr Diktat in Gang gesetzt hatte und die noch vom nächsten Parlament, also frühestens 2015, hätte bestätigt werden müssen: die Wiedereinführung der Parteiwahl. Ein absolutes Novum, nicht ganz nebensächlich in einem System der sogenannten repräsentativen Demokratie: Die Verfassung darf das von der Verfassung dafür vorgesehene Organ nur dann verändern, wenn, was von der Verfassung nicht so vorgesehen ist, die Veränderung den vier Magistraten der Kammer genehm ist.

Beschränkte Macht
Wer macht sich stark für die "Unabhängigkeit" dieser Verfassungskammer? Washington (plus der Grossunternehmerverband ANEP, ARENA und deren "zivilgesellschaftlicher" Anhang). Andernfalls wären die Vier schon längst weg vom Fenster, entsorgt wie jene ihrer honduranischen Amtskollegen, die meinten, eines der diktatorialen Gesetzesvorhaben des damaligen Parlamentspräsidenten und heutigen Wahlbetrugssiegers nicht mittragen zu müssen. Sie wurden subito, obwohl putschtreu, durch Willfährigere ersetzt. Ein kaum wahrnehmbares verlegenes Hüsteln der "internationalen Gemeinschaft" war die Folge, längst verdrängt von ihren Lobpreisungen des neuen Putschpräsidenten. Beim Entscheid war es ja auch um ein innovatives Vorhaben gegangen: die Errichtung, nach Vorgaben eines US-Starökonomen, von künstlichen Städten in "unbewohnten Randgebieten" mit eigener Justiz und Verfassung der darin investierenden internationalen Financiers.

Immerhin: Wie sehr sich auch "die Botschaft" und ihre Gerichtskammer anstrengen, eine Stimmabgabe für den FMLN als frustrierend unsicher erscheinen zu lassen, macht es doch den Eindruck, dass sich sehr viele Menschen nicht mehr einfach ins Bockshorn jagen lassen. Schlecht für die democracy von oben, gut für die Befreiung der Leute. Ob es für den nächsten Schritt der Emanzipation reicht, werden wir bald sehen.

Rating-Agenturen – kurz erklärt

Sonntag, 15. Dezember 2013




 Da liest man in der NZZ von gestern (14. 12.13, S. 31) zwei Kurzmeldungen:


Rating-Agentur setzt Italien unter Druck
(dpa) · Die Rating-Agentur Standard and Poor's droht mit einer Herabstufung der Kreditwürdigkeit Italiens. Ein Abstieg in den Ramsch-Bereich wird nicht ausgeschlossen. Sollte die Regierung wichtige Reformen nicht umsetzen, könnte die Kreditbewertung gesenkt werden, so lautete die Warnung der Agentur am Freitag.

Tun wieder nicht recht, die Italos. Immer noch Kündigungsschutz!


Besseres Rating für Lettland in Aussicht
(Reuters) · Die Rating-Agentur Standard & Poor's stellt Lettland kurz vor der Einführung des Euro eine Anhebung der Bonitätsnote in Aussicht. Der Ausblick werde auf positiv angehoben, teilte S&P am Freitag mit. Dies spiegle Lettlands starkes Wachstumspotenzial und die bevorstehende Mitgliedschaft in der Euro-Zone wider, hiess es.


Maxima ist eine Supermarktkette aus Litauen, mit starker Präsenz im boomenden Lettland. Leider etwas ins Gerede gekommen, weil ihr Management von den lettischen Angestellten verlangt, in Windeln an der Kasse zu sitzen. Um diese ewigen unter WC-Vorwand durchgezogenen Kaffeepausen unter Kontrolle zu kriegen.

Am 27. November 2013 stürzte das Dach einer Maxima-Verkaufsstelle ein und begrub über 50 Tote unter sich. Das Maxima-Management reagierte mit gewohnter Kompetenz: Man sei sich keiner Schuld bewusst und die Waisenkinder der toten würden keine finanzielle Unterstützung bis zur Volljährigkeit erhalten.
Aus einem Kommentar der Lithuania Tribune:

"In Vilnius habe ich noch und noch gehört, dass die Maxima-KassiererInnen mit Windeln arbeiten, da es ihnen nicht erlaubt ist, den Arbeitsplatz zu verlassen. ZeugInnen berichten, dass, als der Alarm in Maxima in Riga losging, die KassiererInnen geheissen wurden, zu bleiben und auf eine Bewilligung der Leitung zu warten. Die litauischen Windelgeschichten wurden entsetzliche lettische Wirklichkeit – du arbeitest weiter, auch wenn das Dach über dir einstürzt. "
Quelle: BBC


Russia Today verwies am 12. Dezember 2013 auf ein Interview des Maxima-Bosses Ignas Staskevicius, in dem er den Windelsachverhalt bestätigte. Schon vor zehn Jahren hatte ein Maxima-Chef erklärt, die zu windeltragen verknurrten Angestellten sollten dankbar dafür sein, sonst müssten sie sich prostituieren.
Zu Recht verweist Russia Today auf den Fall des US-südkoreanischen Maquilaunternehmens

Kuyungshin-Lear, das für die Produktion von Autozubehör seine 3500 Angestellten in Honduras ebenfalls in Windeln zwingt. Lettland darf in den Euro-Ruin aufsteigen, und das putschistisch modernisierte Honduras durfte ein Freihandelsabkommen mit der EU unterzeichnen.
ArbeiterInnenprotest gegen Entlassungen bei Lear in San Pedro Sula, Honduras von April 2013. Im August 2013 machten die Gewerkschaften den Windel-terror öffentlich.


Der lettische Ministerpräsident Dombrovskis trat nach dem Dacheinsturz zurück. Zu seinem Wirken, das den lettischen Unterklassen eine selbst für "randeuropäische" Verhältnisse extreme neoliberale Schocktherapie bescherte und jetzt den Eurobeitritt, gehörte auch, was die kanadische CTV News festhielt:

"Aber […] KritikerInnen merken an,  dass die Abschaffung der staatlichen Baubehörde durch seine Budgetkürzungsregierung die Aufsicht schwächte, die vielleicht nötig gewesen wäre, um potenzielle Baufehler im Supermarkt zu entdecken".



Wahlen in Venezuela

Donnerstag, 12. Dezember 2013

Wahlen in Venezuela


Dario Azzellini

Am vergangenen Sonntag fanden in Venezuela Kommunalwahlen statt. Insgesamt
wurden 355 BürgermeisterInnen gewählt, 1.680 direkt gewählte Stadträte
und 686 über Listen, sowie 69 Indígena-VertreterInnen. Wahlberechtigt für
die Kommunalwahlen waren insgesamt 19.066.431 Personen. Die Wahlbeteiligung
lag bei 58,92%. Die höchste bei alleine stattfindenden Kommunalwahlen (also
nicht zeitgleich zu anderen Wahlen) in Venezuela und wesentlich höher als
der Durchschnitt in Europa (in Deutschland liegt die Wahlbeteiligung bei
Kommunalwahlen bei etwa 45%) und sogar immer noch etwas höher als bei
Präsidentshaftswahlen in den USA.

Mit 97,52% ausgezählter Stimmen kamen die Allianz rund um die Chávez-Partei
PSUV und weitere nahestehenden Parteien auf 5.111.336 Stimmen oder 49,24%,
und die rechte Oppositionsallianz MUD erhielt 4.435.097 Stimmen, 42,72%. Die
PSUV alleine erhielt 44,16% und die MUD 40,96%, die Kommunistische Partei
Venezuelas (PCV) 1,6% und sonstige Parteien 13,26%. Die Opposition und die
internationale Presse hatten ja im Vorfeld versucht die Wahlen zu einem
Plebiszit für oder gegen Präsident Maduro hochzustilisieren. Gut, dann
sollten sie nun ihre absolute Niederlage gemäß liberaler Maßstäbe
anerkennen (tun sie natürlich nicht): Der Abstand zwischen Maduro und der
Opposition, der bei den Präsidentschaftswahlen noch 1,5% betrug, lag nun bei
mindestens 6,5%. Das war eine deutliche Antwort auf den Wirtschaftskrieg der
oppositionellen Unternehmer in den vergangenen Monaten und auf die kürzlich
von der Regierung ergriffenen Gegenmaßnahmen
(http://berlinergazette.de/wirtschaftskrieg-in-venezuela/). Jenseits dessen
muss allerdings auch anerkannt werden, dass es kein Plebiszit war, das haben
die WählerInnen sich nicht aufbinden lassen. Die lokale Politik spielte für
die Wahlentscheidung die zentrale Rolle, auch wenn nicht geleugnet werden
kann, dass die allgemeine Situation Enfluss hatte.

Trotz dieses scheinbar großen Sieges und mit noch fehlenden Einzelresultaten
ging die Gesamtanzahl der von der PSUV gehaltenen Kommunen von 280 auf etwa
250 runter (im besten Fall können es noch 251 werden. Die MUD hingegen
konnte hingegen die Zahl ihrer Rathäuser von 53 auf etwa 70 steigern. Dabei
gewann das rechte Bündnis wichtige Städte wie Valencia, Iribarren, San
Cristóbal, Monagas, Mariño, Arismendi, Libertador (Mérida) und sogar
Barinas, Hauptstadt des gleichnamigen Bundesstaates in dem Hugo Chávez
geboren wurde. Die Hoffnungen Maracaibo und das Oberbürgermeisteramt von
Groß-Caracas zu gewinnen bewahrheiteten sich nicht. Sechs Bundeshauptstädte
wechselten die politische Zugehörigkeit ihres Bürgermeisters. Während in
Barquisimeto, Valencia, Barinas und Maturín das rechte Wahlbündnis gewann,
konnte der Chavismus der MUD nur zwei Hauptstädte abnehmen: San Carlos und
Ciudad Bolívar. Insgesamt sank die Anzahl der von der PSUV gehaltenen
Bundeshauptstädte von 15 auf 13 während die MUD nun 9 kontrolliert.

Eveling Trejo (MUD) und Ehefrau des ehemaligen Gouverneurs des Bundesstaates
Zulia (flüchtig wegen Anklagen aufgrund von Korruption) und bisherige
Bürgermeisterin von Maracaibo gewann die Bürgermeisterwahlen mit 51,74% der
Stimmen (288.071) gegen Miguel Ángel Pérez Pirela (PSUV) der als
politischer Newcomer (eigentlich Sozialwissenschaftler, Philosoph und
Moderator eines Politprogramms im Fernsehen) erhielt 46,64% (259.669). In
Caracas gewann ebenfalls erneut der leidige bisherige Oberbürgermeister
Antonio Ledezma (MUD) mit 690.193 Stimmen gegen Ernesto Villegas. Immerhin
sank Ledezmas Stimmenanteil von 52,4% bei den Wahlen 2008 auf 50,8%. Seine
Stimmen stammen aus den vier kleineren von der Opposition regierten
Hauptstadtmunizipien Baruta, Chacao, El Hatillo und Sucre. Während in
Libertador, dem größten Munizip (das was den meisten als Caracas bekannt
ist…) der regierende Bürgermeister Jorge Rodríguez (PSUV) mit 54,55% der
Stimmen gewann (474.227). Oscar Schemel, Leiter des Umfrageinstituts
Hinterlaces – und ganz und gar nicht der Regierung nahestend – hat sich
in den vergangenen Jahren als aufmerksamer Analyst gezeigt. Er wies nun
darauf hin, der Chavismus habe zwar in den wichtigsten Städten verloren
jedoch sei er aber auch in all diesen Städten gewachsen.

Nach liberal-demokratischen Parametern scheint also alles gut zu Laufen. Es
ist zweifellos wichtig, dass das Ergebnis so deutlich ausgefallen ist.
Dennoch muss die Frage gestellt werden wo die zwei Millionen Stimmen hin sind
die Maduro noch im April mehr mobilisieren konnte. Warum konnten sie nicht
mobilisiert werden? Angesichts der für alle spürbaren Verbesserungen, den
Sozialprogrammen (Misiones), Zugang zu Bildung, Gesundheitsversorgung, einer
halben Million Wohnungen, die im Rahmen der Gran Misión Vivienda vergeben
wurden, angesichts einer Opposition, die jeden Tag Ernest ihre Bereitschaft
beweist das Land und die Bevölkerung auszuplündern, und angesichts ihrer
schrägen RepräsentantInnen, die keine Achtung vor den Wünschen der
Mehrheit zeigen, muss gefragt werden warum die Linke immer noch so wenig
Stimmen bekommt.

Interessant ist in diversen Orten KandidatInnen gewannen, die sich als
chavistisch definieren aber gegen die offiziellen KandidatInnen der PSUV
gewannen. Unter ihnen sind Kandidaten, die aus der PSUV ausgeschlossen
wurden, aus Basisbewegungen stammen oder von der Kommunistischen Partei oder
andren Parteien kommen, welche die Regierung unterstützen. Das bedeutet
keineswegs sie seien stets “besser” als die PSUV-KandidatInnen, aber es
zeigt auf, dass es möglich ist von der PSUV “durchgedrückte”
KandidatInnen mit anderen chavistischen KandidatInnen und popularer
Mobilisierung zu besiegen. Gegen die offiziellen PSUV-KandidatInnen gewannen
im Bundesstaat Portuguesa in José V De Unda, Oswaldo Zerpa (Tupamaro); in
Boconoito gewann Armando Rivas (PCV); in Papelón gewann Alirio Bonilla
(Poder Laboral) und in Ospino siegte Carlos Molina (PCV, PRT, CRV und
Tupamaro). In Buroz im Bundesstaat Miranda gewann Ramón Gómez (Juan Bimba)
und im Bundesstaat Trujillo gewann Luis Parrillo (VBR und Tupamaro) in Sucre
und in Juan Vicente Campo Elías gewann José Torrealba (PRT, Juan Bimba y
PCV). In Aragua gewann Alcides Martínez (MAS und Juan Bimba) die Wahl in
Santos Michelena.

Einheit wird aufgebaut nicht verordnet. Viele Parteien und Gruppierungen
haben ihre guten Gründe dafür gehabt bestimmte offizielle KandidatInnen
nicht zu unterstützen. Es hat ja auch erneut keine Primärwahlen gegeben, um
die KandidatInnen auszuwählen. Es muss aber die Basis sein, die ihre
KandidatInnen aufstellt, nicht die Parteiführung. Und sollte es nicht
ausreichen, dass die demokratische und populare Logik es so verlangt, kann
daran erinnert werden, dass Chávez vor seinem Tod unterstrich die Basis
müsse die KandidatInnen für die Kommunalwahlen ernennen. Was ist mit
Chávez’ Erbe?
Tatsächlich sind s wenige die FÜR die Opposition stimmen. Die meisten
stimmen GEGEN den Chavismus. Die Verwaltung in Venezuela ist weiterhin
häufig ineffizient, Korruption ist ein weit verbreitetes Problem und ihre
großen finanziellen Ausmaße sind auch Ursache diverser ökonomischer
Probleme. Auch wenn mit Nicolás Maduro der Kampf gegen die Korruption
intensiviert wurde, ist das allein nicht ausreichend. Auch wenn die
Maßnahmen zur Preiskontrolle und im Kampf gegen die Spekulation Resultate
gezeigt haben, sind diese nur vorübergehend. Es Bedarf einer Kontinuität
und diese können nur die organisierten communities  und die ArbeiterInnen
garantieren.

Venezuela muss sich nun darauf konzentrieren bezüglich der nationalen
Produktion Fortschritte zu machen, denn das ist auf mittlere Sicht der
einzige Weg die Spekulation und Korruption zu bekämpfen – wenn dabei die
populare Partizipation und Arbeiterkontrolle hochgehalten wird. Populare
Macht kann nicht übertragen werden, sie wird aufgebaut! Die ArbeiterInnen
von Industrias Diana, Lácteos los Andes, ABC Formas usw. sind mit gutem
Vorbild vorangegangen. Der sehr positive Aufbau von rätebasierten Comunas
muss vertieft werden. Jetzt gibt es mit Reinaldo Iturriza endlich einen
Minister für Comunas, der aus den Bewegungen kommt und Bereitschaft sowie
politische Vorstellungskraft zeigt.

Bis Ende 2015 werden nun kene erneuten Wahlen in Venezuela stattfinden (dann
kommen die Parlamentswahlen). Es gibt also keine Mobilisierungen denen es zu
folgen gilt noch Wahlkampagnen, in die Arbeit investiert werden müsste. Es
gibt keine Ausrede mehr. Jetzt ist das Pueblo dran. Nur das Pueblo rettet das
Pueblo.

Comuna oder nichts! Populare Macht schaffen und organisieren! Besetzen,
produzieren und Widerstand leisten!

Venezuela: Lokalwahlen

Montag, 9. Dezember 2013

Sozialisten gewinnen Kommunalwahlen in Venezuela


Regierende PSUV als stärkste politische Kraft des Landes bestätigt. Opposition dominiert die bevölkerungsreichsten Städte

Caracas. Die Kommunalwahlen in Venezuela sind am gestrigen Sonntag ohne große Zwischenfälle durchgeführt worden. Die ersten Ergebnisse über die Wahlen für die Bürgermeisterämter gab die Präsidentin der Wahlbehörde CNE, Tibisay Lucena, um 22 Uhr (Ortszeit) bekannt.
Demnach erzielte die regierende sozialistische Partei von Präsident Nicolás Maduro (PSUV) 44,16 Prozent der landesweit abgegebenen Stimmen, der Block der im "Tisch der Demokratischen Einheit" (MUD) zusammengeschlossenen oppositionellen Parteien 40,96 Prozent. 1,6 Prozent wählten die mit der PSUV verbündete Kommunistische Partei (PCV).
Von den Hauptstädten der Bundesstaaten gewann das im Großen Patriotischen Pol (GPP) verbündete Regierungslager 13 Bürgermeisterämter und der MUD sieben. Die Wahlbeteiligung lag bei 58,92 Prozent. Die Zahlen geben den Stand nach Auszählung von 97,52 Prozent der abgegebenen Stimmen im ganzen Land wieder.
Die PSUV stellt demnach in mindestens 196 Gemeinden (Municipios) den Bürgermeister, der MUD gewann in mindestens 53 Gemeinden. Die Zahlen geben den Stand wieder, nachdem die Ergebnisse für 77 Prozent der Bürgermeisterämter im Land feststanden. Bei der Kommunalwahl 2008 hatte die PSUV von 327 Gemeinden 265, der MUD 62 gewonnen. Einige der 13.500 Wahllokale im ganzen Land öffneten mit leichter Verspätung. Ihre Schließung, die offiziell auf 18 Uhr angesetzt ist, wurde für einzelne Wahllokale bis etwa 20 Uhr hinausgeschoben, da noch Wähler anstanden.
Die ruhige und entspannte Stimmung des Wahltages kontrastierte nach Berichten örtlicher Beobachter stark zu den letzten Präsidentschaftswahlen im April. Die Wahlbehörde meldete insgesamt nur wenige Zwischenfälle.
Sowohl Präsident Nicolás Maduro als auch der Führer des Oppositionsbündnisses MUD, Henrique Capriles Radonski, hatten zuletzt am Wahltag die Bevölkerung aufgerufen, ihr Wahlrecht auszuüben.

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(zas, 9.12.13)
Doch Thailand?
Nach einem gerade veröffentlichten Bericht der Agencia Venezolana de Noticias führt der PSUV beim Auszählungsstand von 97.52 % der Akten mit 5'111'336 Stimmen (49.24 %) vor den 4'435'097 Stimmen (42.72 %) der vereinten Rechten. Der Chavismus hat demnach 210 Gemeinden gewonnen, darunter 13 Hauptstädte von Gliedstaaten. Die Rechte triumphiert in Gross-Caracas (aber nicht in Libertador, der eigentlichen Stadt) und in Maracaibo.

Wie immer der Schlussstand, das Resultat ist nicht gerade völlig berauschend, aber es steht ohne Zweifel für einen Sieg des Chavismus und eine ebenso klare Niederlage der Rechten, die seit Monaten die Lokalwahlen zum Plebiszit über die Regierung Maduro erklärt hat. Das ist umso schmerzhafter für sie, als sie ich dank der ökonomischen Destabilisierungsstrategie der Bourgeoisie (Unterversorgung, Preistreiberei) reelle Siegeschancen ausgerechnet hat. Kein Wunder, klagten gestern der Korrespondent und die "fragende" Journalistin im Studio von Radio SRF im Duett, wie populistisch doch die Regierung vorgehe. Die Journalistin, sonst vielleicht gewohnt, Meinungen von CVP oder SVP und Anweisungen von Economie Suisse zu Nachrichten zu verpacken, war fassungslos, dass womöglich, wie der Experte mit schwerer Stimme andeutete, solcher Populismus die Leute zu einer Stimmabgabe für den Chavismus verleiten könne! Welcher Populismus denn? So genau mochte der Experte das nicht erläutern. Er meinte damit, dass die Import- und Handelsbonzen auf ihre Waren nicht mehr das 5 bis 10-fache ihrer Erstehungskosten draufschlagen dürfen.Ihm graute vor solchem Absturz in den Autoritarismus.

Vielleicht sollten sich die Rechte und ihre medialen Resonanzgefässe doch wieder an der Variante orientieren, wie sie gerade in Thailand vertreten wird: Wahlen abschaffen, wenn die Leute zu dumm sind, richtig zu wählen.

CDU/CSU als Lobbyist für Terroristen in Bolivien?



(zas, 9.12.13) Deutsche Abgeordnete im Europa-Parlament machen sich stark für eine faschistische,  bewaffnete Söldnergruppe, die in Bolivien den Umsturz herbei schiessen wollte. Alte Connections werden tradiert: Kroatische Ustascha-Faschos flohen nach der Niederlage der Nazis dank gütiger Vatikan-, CIA- und Schweizer Hilfe u. a. nach Bolivien, wo ihre Sprösslinge heute in Grossgrundbesitz und gewalttätiger Subversion gegen die indigene Morales-Regierung den ton angeben. Zur Unterstützung holen sie sich Söldner aus den osteuropäischen Fascho-Strukturen. Zu deren wiederum durch ihre Verhaftung notwendig gewordenen Unterstützung melden sich jetzt Euro-Politiker der CSU und CDU zu Wort.

 S. dazu den Bericht auf amerika21.de:

CDU/CSU als Lobbyist für Terroristen in Bolivien?

Free, free, free Nelson Mandela!

Samstag, 7. Dezember 2013


Für Nelson Mandela – gegen die transnationale Kotzrunde

Was gibt es Widerlicheres, als die globalen Masters of War zu sehen, wie sie Bewunderung für den Kämpfer ausdrücken, den sie während 27 Jahren via ihre Komplizen in Pretoria in Robben Island eingesperrt hielten? Einen Präsidenten der USA, der ergriffen zur Beerdigung eilen wird, Präsident eines Landes, das Mandela vor ganzen fünf Jahren von seiner "Terrorliste" gestrichen hat? Einen Bonzenrowdy in der Downing Street, der schon vor Monaten darauf drang, die zentrale Abdankungsfeier für den Chef jener Organisation, die sein Vorbild Thatcher als "typische terroristische Organisation" tituliert hatte, in Westminster über die Bühne gehen zu lassen? Als die ganze verlogene Bande in der Schweiz – von den Kapitalgruppen über ihren Bundesrat bis zur NZZ – Ergriffenheit markieren zu sehen, sie, die jahrzehntelang alles in ihrer Macht Stehende taten, um das Apartheidregime zu stützen und aus der Terrorisierung Schwarzer Extraprofite zu schlagen? Einen Bundesrat, der gerade eben beschlossen hat, die Dokumente der Schweizer Verbrechen in Südafrika weiter unter Verschluss zu halten, um, wie Widmer-Schlumpf im Ständerat Paul Rechsteiner entgegen hielt, Demokratie und Rechtsstaat weiter zu verteidigen, also die Schweizer Multis, die mit Apartheid viel Kohle gemacht haben, vor Entschädigungszahlungen zu schützen.

Was sie an Mandela feiern, ist, dass der alte Kämpfer und seine MitstreiterInnen es nicht geschafft haben, die Transformation des biorassistischen Modells in die neoliberale Raserei zu verhindern, ja, dass einige von ihnen dazu noch Hand geboten haben.

Doch das wird Nelson Mandela nicht gerecht. Das wird denen nicht gerecht, die gestern und heute in Südafrika für die Befreiung kämpften und kämpfen. Jene, die damals ihre Polizei auf uns gehetzt haben, als wir für seine Freilassung auf die Strassen gingen – free, free, free Nelson Mandela! – sie ergehen sich heute in Lobhudeleien auf ihren Feind.

Geschichtsstunden tun not. Wir brauchen Stimmen, die die schweizerischen Apartheid-Verbrechen in Erinnerung rufen und Sühne verlangen.

Und hier ein Blick auf den internationalistischen Nelson Mandela mit einem Ausschnitt aus seiner Rede in La Habana bei seinem Kuba-Besuch 1991:


1991 in Kuba
Das kubanische Volk hat im Herzen der afrikanischen Völker einen besonderen Platz. Die kubanischen Internationalisten leisteten einen Beitrag zur Unabhängigkeit, Freiheit und Gerechtigkeit in Afrika, der wegen der ihn charakterisierenden Prinzipien und Uneigennützigkeit einzigartig ist.

Von ihrem Beginn weg ist die kubanische Revolution für die Freiheit liebenden Völker der Welt eine Quelle der Inspiration gewesen.

Wir bewundern die Opfer des kubanischen Volkes, um seine Unabhängigkeit und Souveränität gegen die perfide imperialistische Kampagne zu bewahren, die das Ziel hat, die beeindruckenden Erfolge der kubanischen Revolution zu zerstören."

(...)

Ich war im Gefängnis, als ich zum ersten Mal von der massiven Hilfe der internationalistischen kubanischen Kräfte an das Volk von Angola hörte – in einem Ausmass, das es uns erschwerte, es zu glauben – als die Angolaner sich 1975  koordinierten Angriff der südafrikanischen Truppen, der von der CIA finanzierten FNLA, den Söldnern und Kräften der Unita und von Zaire ausgesetzt sahen.

In Afrika waren wir gewohnt, Opfer zu anderer Länder zu sein, die uns unser Territorium entreissen oder unsere Souveränität unterminieren wollen. Es gibt in der Geschichte von Afrika keinen anderen Fall eines Volkes, das sich zur Verteidigung eines der unseren erhoben hätte.

Wir wissen auch, dass dies in Kuba eine populäre Sache war. Wir wissen, dass jene, die in Angola gekämpft haben und gestorben sind, nur ein kleiner Teil jener waren, die sich als Freiwillige gemeldet haben. Für das kubanische Volk ist der Internationalismus nicht einfach nur ein Wort, sondern etwas, das wir zum Vorteil grosser Sektoren der Menschelt in Praxis umgesetzt gesehen haben.

2001 in Johannesburg