Bogotá. Kolumbiens Präsident Juan Manuel 
Santos hat die Entsendung von 6.500 Militärs und Polizisten in den 
südwestlichen Landkreis Tumaco 
angekündigt.
 Dort hatten mutmaßlich Antidrogen-Polizisten am 5. Oktober mindestens 
sieben Kleinbauern bei einem Protest gegen die Vernichtung von 
Kokafeldern erschossen. Diese Entsendung 
gehöre
 zu einem Bündel von Maßnahmen gegen die Armut, die Gewalt und den 
Drogenhandel in Tumaco, so Santos. Oppositionelle wie der Abgeordneten 
Alirio Uribe
 bezeichnen dies jedoch als eine "vollkommen verfehlte Politik", die zu 
mehr Massakern führen werde, denn die Sicherheitskräfte benähmen sich in
 der Regel wie eine "repressive Besetzungsmacht".
Auch Basisorganisationen haben die Militarisierung von Tumaco 
kritisiert. Problematisch sei außerdem, dass die Regierung die sozialen 
und Wirtschaftsprogramme des Friedensabkommens zur Ersetzung von 
Kokaanbau nicht umsetze, so die Sprecherin der Kokabauernorganisation 
Coccam, 
Luz Córdoba. Dies ist eine der Forderungen des am Montag gestarteten Streiks der Kleinbauern, Indigenen und Afrokolumbianer. Laut 
David Flórez,
 Sprecher der linken Basisorganisation "Marcha Patriótica" und 
Mitorganisator des Streiks, würden die Kleinbauern und Kleinbäuerinnen 
nicht zulassen, dass man ihnen das einzige Produkt, das die Existenz 
ihrer Familien ermöglichte, ohne konkrete Alternativen wegnehme.
Die Regierung 
hält
 allerdings an der gewaltsamen Vernichtung von Kokafeldern fest. Dies 
könnte Folge von Anweisungen aus Washington sein. Im März, als das 
US-Außenministerium feststellte, dass der Kokaanbau in Kolumbien mit 
188.000 Hektar wie noch nie gewachsen war, begann Washington die 
Zurückdrängung der Kokaplantagen zu verlangen. Der Verantwortliche für 
Drogenpolitik im US-Außenministerium, William Brownfield, 
drohte im August mit "bilateralen Problemen" zwischen den USA und Kolumbien, sollte der Rückgang des Kokaanbaus nicht klappen.
Der hohe US-Beamte empfahl außerdem, die freiwillige Ersetzung des 
Kokaanbaus durch alternative Produkte einzuschränken und mehr auf die 
forcierte Vernichtung von Kokafeldern zu setzen. Laut Brownfield 
unterstütze die USA die Ersetzungsprogramme der kolumbianischen 
Regierung derzeit nicht, weil die neue Farc-Partei "Alternative 
Revolutionäre Kraft des Volkes" dabei einbezogen sei und mehrere 
US-Gesetze die Ex-Guerilla noch als Terrororganisation einstuften.
Seit März hat die Regierung die erzwungene Vernichtung der Kokapflanzungen sogar in Gebieten 
intensiviert,
 wo sie mit den Kleinbauern Vereinbarungen für die einvernehmliche 
Ersetzung durch legale Produkte unterzeichnet hatte. Diese Situation hat
 zu Empörung bei Kokabauern in circa zehn Departamentos geführt. Die 
Auseinandersetzungen mit den Sicherheitskräften enden in der Regel mit 
schwerverletzten Bauern. Auch mehrere Anführer ihrer Bewegung sind 
landesweit in den letzten Wochen von Unbekannten ermordet worden. Allein
 in Nariño sind nach dem Massaker in Tumaco weitere neun Indigene, 
Aktivisten und Ex-Farc-Kämpfer in den letzten drei Wochen ermordet 
worden.
Bislang hat weder die Antidrogen-Polizei noch die Regierung für das 
Massaker in Tumaco eindeutig die Verantwortung übernommen. Laut 
Präsident 
Santos
 sind die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen und daher könne man 
nicht mit Sicherheit sagen, wer die Täter seien. Friedensorganisationen 
weisen
 allerdings darauf hin, dass es zahlreiche Videos, Fotos und 
Zeugenaussagen mit Beweisen zur Verantwortlichkeit der Sicherheitskräfte
 gebe. Auch der Ombudsmann hat die Antidrogen-Polizei für das Massaker 
verantwortlich gemacht.