Sie haben sie nicht erwischt

Sonntag, 28. September 2025



The Cake Lady schreibt auf X:

Ruhe in Frieden, Assata Shakur. Sie ist gestern in Havanna, Kuba, verstorben. Sie starb in Freiheit! Die US-Regierung hat es nach jahrzehntelanger Verfolgung nie geschafft, sie hinter Gitter zu bringen. Sie wollten sie fesseln, brechen und als abschreckendes Beispiel vorführen, aber stattdessen entkam sie ihrem Zugriff und lebte ihr Leben im Exil, umgeben von Menschen, die ihren Kampf und ihr Überleben würdigten. Für das rassistische weisse Amerika war sie eine Flüchtige. Für uns war sie eine Freiheitskämpferin, die sich weigerte, sich zu beugen. Assata verlässt diese Welt mit ihrer Würde intakt, ihrer Geschichte ungebrochen und ihrem Trotz EWIG. Sie gehörte nie ihnen. Sie gehörte der Geschichte, den Menschen und dem andauernden Kampf für die Befreiung. Und jetzt gehört sie den Ahnen. Ruhe in Frieden, meine Liebe.

 

Die afroamerikanische Kämpferin starb 78-jährig im kubanischen Exil. 1998 rief die US-Polizei einen Woytila, den ultrareaktionären Papst, vor dessen Kuba-Besuch dazu auf, sich bei Fidel Castro für die Auslieferung der Freiheitskämpferin einzusetzen. Assata antwortete ebenfalls per Brief an den Papst. Auszug aus ihrem Schreiben:

Ich wuchs heran und wurde politische Aktivistin. Ich beteiligte mich an studentischen Protesten, der Antikriegsbewegung und vor allem an der Bewegung für die Befreiung der AfroamerikanerInnen in den Vereinigten Staaten. Später schloss ich mich der Black Panther Party an, einer Organisation, die ins Visier des COINTELPRO-Programms geriet, einem Programm, das vom Federal Bureau of Investigation ins Leben gerufen wurde, um jegliche politische Opposition gegen die Politik der US-Regierung zu beseitigen, die schwarze Befreiungsbewegung in den Vereinigten Staaten zu zerstören, AktivistInnen zu diskreditieren und potenzielle Führungspersonen zu eliminieren.

Im Rahmen des COINTELPRO-Programms wurden viele politische AktivistInnen schikaniert, inhaftiert, ermordet oder auf andere Weise neutralisiert. Da ich ins Visier von COINTELPRO geraten war, sah ich mich wie viele andere junge Menschen mit der Gefahr von Gefängnis, Untergrund, Exil oder Tod konfrontiert. Das FBI versorgte die Presse mit Hilfe lokaler Polizeibehörden systematisch mit falschen Anschuldigungen und gefälschten Nachrichtenartikeln, in denen mir und anderen AktivistInnen Verbrechen vorgeworfen wurden, die wir nicht begangen hatten. Obwohl in meinem Fall die Anklage schliesslich fallen gelassen wurde, schufen die nationalen und lokalen Polizeibehörden eine Situation, in der jeder Polizeibeamte mich aufgrund ihrer falschen Anschuldigungen sofort erschiessen konnte. Erst als Mitte der 70er Jahre das Gesetz zur Informationsfreiheit verabschiedet wurde, wurde das Ausmass der Verfolgung politischer AktivistInnen durch die US-Regierung sichtbar.

An dieser Stelle halte ich es für wichtig, eines ganz klar zu sagen. Ich habe mich für revolutionäre Veränderungen in der Struktur und den Grundsätzen der Vereinigten Staaten eingesetzt und tue dies auch weiterhin. Ich setze mich für die Selbstbestimmung meines Volkes und aller Unterdrückten in den Vereinigten Staaten ein. Ich setze mich für ein Ende der kapitalistischen Ausbeutung, die Abschaffung rassistischer Politik, die Beseitigung von Sexismus und die Abschaffung politischer Unterdrückung ein. Wenn das ein Verbrechen ist, dann bin ich schuldig im Sinne der Anklage.

Um es kurz zu machen: Ich wurde 1973 in New Jersey gefangen genommen, nachdem ich mit beiden Armen in der Luft angeschossen und dann erneut von hinten erschossen worden war. Ich wurde sterbend auf dem Boden liegen gelassen, und als ich nicht starb, wurde ich in ein örtliches Krankenhaus gebracht, wo ich bedroht, geschlagen und gefoltert wurde. 1977 wurde ich in einem Prozess verurteilt, den man nur als juristischen Lynchmord bezeichnen kann.

1979 gelang mir mit Hilfe einiger meiner Mitstreiter die Flucht. Ich sah dies als notwendigen Schritt, nicht nur, weil ich unschuldig war, sondern auch, weil ich wusste, dass ich in dem rassistischen Rechtssystem der Vereinigten Staaten keine Gerechtigkeit erfahren würde. Ausserdem hatte ich Angst, im Gefängnis ermordet zu werden. Später kam ich nach Kuba, wo ich derzeit als politischer Flüchtling im Exil lebe.

Bei einem Gefängistransfer

 

Sie inspirierte Generationen von Linken nicht nur in den USASo kommt es auch, dass wir etwas verstehen, was im heutigen Mainstream immer noch verdeckt wird: Trump schickt Militärs nach Portland, Oregon, mit dem Befehl: «full force, if necessary». Auch bei Portland handle es sich um eine «liberale» Stadt, wird uns mitgeteilt. Nur: Wir wissen, dass wie in L.A. und Washington DC, aber auch Chicago, New Orleans oder Memphis, denen die Armee angedroht wird, auch in Portland eine grosse afroamerikanische und migrantische Bevölkerung lebt. Das gehört zum Kern der Militärangriffe in den USA, die faschistische Offensive auch gegen Administrationen der Konkurrenzpartei ist vor diesem Unterklassen-Hintergrund zu sehen.

Protest in Portland nach der Ermordung von George Floyd

 

 

Drohender US-Krieg gegen Venezuela

Sonntag, 14. September 2025

 

Vom «Drogenkrieg», der das nicht ist, aber zum Krieg gegen Venezuela werden kann.


Trumps Justizministerin Pam Bondi bezichtigte am 7. August den venezolanischen Präsidenten Nicolas Maduro der aktiven Unterstützung der venezolanischen Bande Tren de Aragua und des mexikanischen Sinaloa-Kartells und setzte dabei sein Kopfgeld erneut hinauf, von $ 25 Millionen auf $50 Millionen. Schon Ende Juli hatte Trump das venezolanische sog. Cártel de los Soles als terroristische Organisation definiert. Und letzten Februar hatte das State Department acht lateinamerikanische Organisationen – primär mexikanische Drogenkartelle – zu Ausländischen Terroristischen Organisationen erklärt. Das ermächtige Trump, so Aussenminister Marco Rubio, zu Kriegshandlungen im Ausland ohne Kongressplazet (ohnehin ohne Einwilligung des betroffenen Landes).

Es folgten fast täglich neue Informationen über die Entsendung einer US-Angriffsflotte vor die Gewässer und Pentagon-Vorbereitungen für Militärschläge angeblich auf «terroristische» Drogenkartelle nicht nur in Venezuela. Laut in US-Medien wiedergegebenen Berichten wisse das Geheimdienstunternehmen Stratfor auch von pfannenfertigen Pentagonplänen für Operationen in Mexiko. Eine Sprecherin des Weissen Hauses sagte nach der Verurteilung des Putschisten und Trump-Kumpels Jair Bolsonaro in Brasilien, diese könne auch eine militärische Antwort Washingtons bewirken. Reuters gab die Aussage einer «offiziellen Quelle» wieder, wonach es sich beim Armeevorgehen in der Karibik um eine mehrmonatige Operation handle. Vor wenigen Tagen wurde die Stationierung von 10 F-35-Jets auf einer Basis in Puerto Rico bekannt. Für das von ehemaligen US-Generalstabschefs lancierte Portal military.com ist der Einsatz dieser enorm teuren und schlagkräftigsten Kampfflugzeuge der USA gegen Drogenhandel absurd bzw. könnte vorwiegend einer Einschüchterungsbotschaft dienen. Ohnehin ist klar, dass Militäreinsätze gegen Drogenhandel diesen in keiner Weise der Logik «Kanonen gegen Fliegen» gehorchen.

 

Neue Phase

Am 3. September feierte Trump die Zerstörung eines angeblichen Drogenboots der venezolanischen Bande Tren de Aragua, laut Washington eine neue Al-Kaida, mit elfköpfiger Besatzung. Selbst viele Mainstreammedien liessen Zweifel an dieser Darstellung erkennen. Seither tauchen fast täglich neue Informationen auf, die eines bedeuten: Es ging mitnichten um eine «Antidrogen»-Operation. Eine offizielle Quelle mit Drogenbekämpfungsbackground teilte in der New York Times mit, «dass es unüblich ist, ein Boot mit 11 Männern statt mit der normalen 2er- oder 3er- Besatzung zu bemannen, insbesondere auch, weil die Händler den für Platz für Drogen, nicht für Menschen, zu maximieren suchen. Für die/den Official ist es wahrscheinlicher, dass das Boot MigrantInnen auf einer Menschenschmuggelroute transportierte.» Der ranghöchste Demokrat im US-Senatsarmeeausschuss, Jack Reed, sagte nach einer Anhörung von Pentagon-Funktionären, diese hätten keine Beweise für eine Tren-de-Aragua-Präsenz auf dem Boot noch irgendwelche Hinweise auf «Notwehr» vorgelegt.

Kurz: Das US-Militär hat mit der Ermordung der elf Personen das internationale, aber auch das US-amerikanische Recht gebrochen.

 

 

Natürlich geht es den Regierenden in Washington nicht um Drogenhandel. Nur nebenbei: An seinem 2. Amtstag letzten Januar begnadigte Trump Ross Ulbricht. Der Mann war 2015 zu lebenslangem Gefängnis ohne Möglichkeit einer Entlassung auf Bewährung verurteilt worden. Er war Chef und Gründer der Bitcoin-Börse Silk Road im Darkweb gewesen, über die millionenschwere Heroin-, Kokain- und andere Drogendeals finanziert worden waren. An einem Vorwahlkongress der Libertarian Party hatte Trump deren Stimmen mit dem Versprechen der Freilassung Ulbrichts gekauft. Der feiert seither Starauftritte an Bitcoin-Konferenzen, wie die New York Times am 7. September berichtete. No surprise here.

Im Jahresbericht 2025 des UNODC, des UNO-Büros zu Drogenhandel und Verbrechensbekämpfung, das die Angaben der zuständigen Strafverfolgungsinstanzen der UNO-Mitgliedsländer kombiniert, werden vom global dominierenden kolumbianischen Kokain ganze 5 Prozent via Venezuela exportiert. Das sogenannte Cártel de los Soles wird darin nicht einmal erwähnt. Ebenso wenig offenbar wie im DEA-Jahresbericht 2025. Das hindert den von Trump eingesetzten Chef der Antidrogenbehörde DEA-Chef Terry Cole jedoch nicht, dieses Kartell als enorme Gefahr für die US-Sicherheit zu bezeichnen. Um Wahrheit geht es im sogenannten Drogenkrieg nie. Er hat in Mexiko entsetzliche Ausmasse angenommen. In Kolumbien tobte er als Plan Colombia gegen die reale oder mutmassliche soziale Basis der Guerillas mit zehntausenden, eventuell über 100'000 von offiziellen und paramilitärischen Kräften ermordeten Opfern. Die NZZ kürzlich dazu: Ohne die damalige «harte Hand» wäre das Land zu einem «failed state» geworden. Cole war für die DEA im Rahmen des Plan Colombia aktiv, ebenso in Afghanistan, das unter US-Beherrschung praktisch zum Monopollieferanten von Opium/Heroin geworden war. Heute leitet er auch den Einsatz der Trumpschen bewaffneten Kräfte in Washington D.C. Die DEA agierte wie auch in anderen Ländern Lateinamerikas als Drogendeal-Mitverwalterin und als US-Aufstandsbekämpfungstruppe. (Ein grelles Licht auf die DEA in Kolumbien warf eine offizielle US-Untersuchung von 2016, s. dazu: Das US-Kartell. Correos 186, Dezember 2016. https://zas-correos.blogspot.com/2017/01/correos-186.html)

Ob Washington die Sache zum offenen Krieg eskaliert oder nicht, ist offen. Allerdings scheint sich in der Administration Aussenminister Marcos Rubio mit dem alten Verlangen nach einem umfassenden Angriff zuerst auf Venezuela durchzusetzen.

 

Eine Antwort aus Venezuela

Vor wenigen Tagen hatte Diosdado Cabello, eine führende Figur im Chavismus und in der Regierung, einem virulent antichavistischen Portal zufolge an einer im Fernsehen übertragenen chavistischen Parteiversammlung gesagt: «Ich glaube, die Stunde des revolutionären Kriegs gegen einen mächtigen Feind ist gekommen.» Man dürfe «diesen Feind nicht unterschätzen», aber auch nicht überschätzen. Denn «sie sind besiegbar, und sie wissen das». Vietnam – das Beispiel dafür: «Es geht nicht um konventionellen Krieg. Es geht um eine andere Art von Krieg.» Dies «ist keine Apologie des Kriegs», sondern «Freiheitsliebe (…) Wir müssen von einer friedlichen Revolution zu einer bewaffneten übergehen.»

Cabello rief zu einem «andauernden aktiven Widerstand» auf», denn «eines Tages müssen sie ungeachtet ihrer Flugzeuge, ihrer U-Boote, ihrer Atomschiffe venezolanischen Boden betreten und dann werden sie wissen, aus welchem Holz das venezolanische Volk gemacht ist.»

 

Zu einer absehbaren Propaganda für den Krieg

Möglich, dass die Mobilisierung von Millionen von Angehörigen der milicias bolivarianas, Bekundungen wie die zitierten von Cabello und anderes – vielleicht auch Trumps Friedensnobelpreis - Washington von einer weiteren Eskalation abhält. Derzeit sieht es leider nicht danach aus. Schon jetzt geifert man von Diktatur, Wahlmanipulation und ähnlichem. All dies wäre noch immer null Grund, die Menschen nun auch in Venezuela fertig zu machen. Zum Vorwurf Wahlbetrug:

Es stimmt, trotz langjähriger Praxis und Wahlgesetz hat der Chavismus die Detailresultate aus den Wahlzentren nie veröffentlicht. Damit lässt sich das Wahlresultat nicht unabhängig überprüfen. Die Nichtveröffentlichung kann verschiedene Gründe haben. Als erstes denkt man natürlich an einen Wahlbetrug. Nur: Das Vorgehen der ultrarechten Opposition selber spricht nicht dafür. Sie hatte ihre rechtmässig eingeschriebenen Delegierten in den Wahllokalen und besass damit die Akten mit den Resultaten, die dort am Schluss erstellt werden. Wenn sie, wie behauptet, haushoch gewonnen hätte, warum ist sie nie damit an das Oberste Wahlgericht gelangt, auch nicht, als dieses alle Parteivertretungen zu einer Überprüfung vorgeladen hat? Sie hat stattdessen im Internet «Akten», die etwa 10 Prozent aller Akten entsprachen, veröffentlicht. Insbesondere solche aus ihren paar reichen Hochburgen. Andere ins Internet gestellte Aktenscans sind offenkundig gefälscht (Fehlen unabdingbarer Unterschriften von Wahlbeauftragten, die gleiche Handschrift auf zig «Akten» etc. pp.).

Sogar wenn der Wahlvorwurf zuträfe, könnte er nie zur Legitimierung eines Kriegs herhalten. Der Westen, der mit einer langen Reihe extrem diktatorischer Regimes, die Wahlen offen manipulieren oder deren Resultate in Blut ertränken, intime Beziehungen unterhält, ist so ziemlich die unglaubwürdigste Instanz, dazu den Mund zu verreisen. Das gilt auch für das Schweizer Machtestablishment, das sich in seinem Parlament faktisch für die Fortführung des «demokratischen» Genozids in Palästina ausgesprochen hat.

 

14.9.25: Der Lenkwaffenkreuzer USS Jason Dunhan «kotrollierte» heute ein venezolanisches Thunfischboot in venezolanischen Gewässern. Die Militärs zogen nach «Kontrolle» wieder ab. Die Fischer erzählten von «schwierigen Momenten», beteuerten aber, sich nicht von weiterem Fischfang in venezolanischen Gewässern abhalten zu lassen.  Offenbar suchen die Yankees nach einem Vorwand für eine kriegerische Eskalation in der Karibik.