Brasilien: Strafuntersuchung gegen Transparency International

Samstag, 23. April 2022

 

Brian Meier*

(14. April 2022) Der Nationale Rechnungshof und die Bundesstaatsanwaltschaft strengen eine Klage gegen Transparency International und die Staatsanwaltschaft von Brasilia wegen illegaler Zusammenarbeit mit der jetzt diskreditierten brasilianischen Operation Lava Jato. Diese hatte den führenden brasilianischen Präsidentschaftskandidaten Luis Inácio Lula da Silva illegal ins Gefängnis gebracht und damit den Weg für den rechtsextremen Präsidenten Jair Bolsonaro freigemacht.

Laut der Staatsanwaltschaft steht die Untersuchung im Zusammenhang mit der Zweckbestimmung von 2.3 Milliarden Reais (USD 700 Millionen), die im Rahmen einer Kronzeugenregelung von Lava Jato und dem grössten brasilianischen Investmentfonds J&F ausgehandelt wurden.

2019 blockierte das Oberste Gericht Brasiliens einen Versuch des US-Justizministeriums, der von Delton Dallagnol geleiteten Lava Jato-Task Force ein $687-Millionen-Schmniergeld aus Bussen der staatlichen Ölgesellschaft Petrobras zukommen zulassen. Damit sollte eine private «Antikorruptions»-Stiftung in Curitiba gegründet werden. Laut der Bundesstaatsanwaltschaft versuchte Dallagnol via die Staatsanwaltschaft von Brasilia einen Deal mit J&F in der Höhe von R$2.3 Mrd. für den brasilianischen Zweig von Transparency International (TI) zwecks «Sozialkontrolle der Korruption» und «Erziehungskampagnen» zu sichern. 

Der brasilianische Journalist Reinaldo Azevedo, der die Sache erstveröffentlicht hatte, schrieb: «Die [Bundes-] Staatsanwaltschaft und der Nationale Rechnungshof leiten die Untersuchung ein, weil Gelder aus dem Kronzeugenprogramm öffentlich sind. StaatsanwältInnen sind nicht befugt, irgendwelche Deals auszuhandeln, die nicht das Finanzministerium als Empfänger beinhalten. Zudem sind sie nicht ermächtigt, NGOs oder Organisationen des Privatsektors anzuwerben, um bei der Vergabe von öffentlichen Geldern mitzuwirken.»

 

Transparency International, der Putsch von 2016 und Lava Jato

2016 absolvierte TI Brasilien-Leiter Bruno Brandão Dutzende von Auftritten in nationalen und internationalen Medien, um zu bestreiten, dass ein Coup am Laufen sei. Nachdem Dilma Rousseff wegen eines allgemein praktizierten Verstosses gegen das Haushaltgesetz, der keine persönliche Bereicherung impliziert und eine Woche nach ihrer Absetzung vom Senat legalisiert wurde, des Amtes enthoben worden war, begann Brasilien eine massive Versteigerung der Offshore-Ölreserven an Multis. Zwei der dabei am meisten Begünstigten, Shell und ExxonMobil, sind traditionelle Spender von Transparency International.

2020 analysierte die brasilianische Agência Pública Telegram-Botschaften zwischen Delton Dallagnol und Bruno Bandõa, die Glenn Greenwald von The Intercept vom Hacker Walter Delgatti erhalten hatte. Sie enthüllten eine enge Beziehung zwischen den beiden. Zu den Enthüllungen gehörte, dass Transparency International Zugriff auf $682 Millionen des Abkommens zwischen dem US-Justizdepartment und der Lava Jato-Task Force  hatte, bevor es auch nur von einer der beiden Parteien unterschrieben worden war.

Gegen Dallagnol laufen nun zahlreiche Untersuchungen. Gerade hat der Bundesrechnungshof ihn und den ehemaligen Generalstaatsanwalt Rodrigo Janot zur Rückzahlung von R$ 2.78 Millionen verurteilt, die sie unter Verletzung der offiziellen Reisebestimmungen für üppige Businessreisen und Ferien in Fünf-Sterne-Hotels ausgegeben haben.

·         Transparency International: Brazil Court Opens Investigation Of Anti-Corruption NGO

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(zas) Kaum war Transparency International (TI) nach dem Zusammenbruch des Ostblocks aus der Taufe gehoben, wurde es auch in hiesigen Medien als internationale Autorität auf dem Gebiet der Korruptionsbekämpfung verkauft. Wer, was, warum? – kaum wer hatte eine Vorstellung. Mittlerweile ist die Marke gesetzt, man «weiss» einfach, Coca Cola ist gut und Transparency ist DIE Autorität auf ihrem noblen Gebiet. Vertrauensvoll kann jedes Jahr wieder der «Korruptionsindex» dieser Organisation als kritische Infoquelle nachgebetet werden. Wir sind im Correos wiederholt auf Transparency eingegangen, sowohl im Kontext von Lawfare wie in Brasilien wie auch allgemeiner. Zwei Beispiele für letzteres, das erste, Operateure der Macht, aus Nummer 137 (Februar 2004), im Kontext der Anti-WEF-Mobilisierungen, das zweite, Die globalisierte gute Korruption, aus der gleichen Nummer, über die generelle Stossrichtung von Transparency – nicht Lava Jato, sondern lava cara – das Gesicht des globalen Kapitalismus waschen.

Was Lava Jato und andere Dynamiken in Brasilen betrifft, ist der Blog https://www.brasilwire.com von Brian Meier, US-amerikanischer Journalist und Brasilienkorrespondent für Telesur, eine sehr gute Quelle.