Guatemala – Anzeichen eines Wandels

Freitag, 7. Juli 2023

 

(zas, 7. 7. 23) Zu den Wahlen in Guatemala liegt eine positive Einschätzung von Miguel Mörth in seinen Notizen eines deutschen Anwalts in Guatemala (91) vor. Das Folgende ist bloss als Ergänzung gedacht.

Die traditionellen Rechtsparteien haben als Antwort auf ihre Schlappe eine Nachzählung verlangt, was von ihrem Verfassungsgericht auch schnell bewilligt wurde.  Dazu äusserten sich aber Washington, die OAS, und die EU interessanterweise negativ und warnten vor allfälligen Manipulationen bei der Nachzählung. Die Zweitauszählung ist faktisch abgeschlossen, offenbar mit nur geringfügigen Änderungen in den Resultatens muss aber noch bestätigt werden. 

Mörth erwähnt eine relativ tiefe Wahlbeteiligung (60 %) und eine hohe Zahl von «bewusst ungültigen Stimmen (17.4 %)» sowie von «leeren Wahlzetteln». Vermutlich ist ein Grossteil dieser zusammen 24.4 % auf den Aufruf des Movimiento para la Liberación de los Pueblos (MLP) zum Boykott der Präsidialwahlen zurückzuführen, nachdem seine Kandidatin von der kämpferischen indigenen Sozialorganisation CODECA unter fadenscheinigen Vorwänden von der Wahl ausgeschlossen worden war.  Thelma Cabrera lag bis zu ihrem Ausschluss laut allerdings jetzt erwiesen fraglichen Umfragen auf Platz 2. Anzufügen ist noch, dass das MLP keinen Parlamentssitz erringen konnte, URNG/WINAG bloss einen.

Ein entscheidender Faktor für die Stichwahl dürfte sein, ob Semilla, die Partei der städtischen Antikorruptionsbewegung, die es auf Platz 2 schaffte, zentrale Anliegen der ruralen indigenen Kräfte, insbesondere CODECA, aufnimmt. In diesem Fall wäre laut Einschätzung eines erfahrenen guatemaltekischen Compañero ein positiver Stichentscheid für den meist als sozialdemokratisch bezeichneten Präsidentschaftskandidaten von Semilla, Bernardo Arévalo, durchaus möglich. Ein Sieg, der in grossen Teilen der Linken auch in Lateinamerika als erster Schritt in eine bessere Zukunft erhofft wird. 

Arévalo an einer Protestversammlung.