Gestern Freitag Kobanê-Demo in Zürich. Eine lebendige Demo. Auch hier, wie bei den Palästina-Demos: Unterschiedliche Kulturen treffen sich, werden zur Schlange auf der Strasse. Feministische Elemente, Viva la Guerilla, Freude über den Sieg gegen den IS vor 10 Jahren, Bedrückung und Ablehnung wegen des erneuten Vernichtungskriegs gegen das Modell Rojava in der Region, Nachdenklichkeit und Widerständiges. Auch hier: viele junge Menschen mit eigener Sprache, die alle verstehen, kurdische, altschweizerische und andere Linke zusammen. Eine signifikante Demo. Und hier ein schöner Text des Rojava-Komitees Zürich.
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ÜBERALL IST KOBANE
Erinnern wir uns: 2014, also vor 10 Jahren, blickte die Welt gebannt nach Kobane, eine syrisch-türkische Grenzstadt. Der sogenannte “Islamische Staat” zog in ihre Richtung, nachdem er sich zuvor in weiten Teilen des Iraks und Syriens ausgebreitet hatte. In Mosul oder Rakka hatten die islamistischen Mörderbanden ihr Terrorregime bereits ausgerufen. Wir wussten um die Greueltaten, die sie dort begingen, wussten um die Unterdrückung der Frauen, wussten ebenso um den Genozid gegen das jesidische Volk im Şengal-Gebirge. Tag für Tag rückten die Islamisten vor und schnürten die Stadt weiter ein. Die Zeit stand still, wir hielten den Atem an.
Und dann widerstand Kobane. Die Freund:innen der kurdischen Freiheitsbewegung sicherten die Stadt, nachdem sie zuvor schon jene gewesen waren, die den Jesid:innen als Einzige zur Seite standen. Hunderte Genoss:innen aus der Türkei und anderen Ländern überquerten bei Nacht die Grenze, um sich an der Verteidigung der Stadt zu beteiligen. Weltweit gingen Hunderttausende auf die Strassen. Demonstration nach Demonstration, um den Druck auf die Mächtigen so weit zu erhöhen, bis sie das Minimum taten, damit Kobane nicht fiel. Ähnlich wie heute mit Blick auf Palästina, wobei die Unterstützung der westlichen Staaten für den Völkermord durch den Druck der Strasse noch nicht durchbrochen wurde. Solidarität heisst Widerstand.
Wir atmeten damals ein, aus, die Spannung entlud sich und der "Islamische Staat" wurde zurückgeschlagen. Langsam, aber beharrlich wurde das Kalifat Stück für Stück demontiert, bis es schliesslich ganz in Trümmern lag. Trümmer, auf denen das revolutionäre Projekt Rojava weiter aufgebaut werden konnte. Ein Projekt der Befreiung und Hoffnung, das 2012 in den Wirren des syrischen Bürgerkriegs unter Anleitung der Kurd:innen begann, und seit da zeigte, dass eine andere Gesellschaft möglich ist. Eine Gesellschaft basierend auf der Organisierung und Gleichberechtigung aller Völker und Geschlechter, mit einer klaren linken Perspektive trotz allen Widrigkeiten.
Heute, 10 Jahre nach der Schlacht um Kobane, erinnern wir an diesen Moment der Befreiung, wissen aber zugleich, dass der Kampf Rojavas anhält. Es ist ein Kampf gegen die permanenten Angriffe durch die Türkei, welche gerade erst mit Kampfjets und Drohnen Bäckereien, Elektrizitätswerke und Medienzentren bombardierte, ein Kampf gegen die türkische Besetzung weiter Teile Rojavas, wie in Afrin oder um Serekaniye. Ein Kampf aber auch gegen die Grossmächte USA und Russland. Oft genug haben sie den Luftraum über Rojava geöffnet, so dass die türkischen Bombardements überhaupt erst möglich wurden. Und schliesslich ist es ein Kampf gegen islamistische Schläferzellen, die nach wie vor eine Bedrohung für die Völker vor Ort darstellen, so wie sie es in anderen Ländern - wie Afghanistan, Nigeria oder Libyen - in anderer Form oder Struktur auch sind.
Dennoch: Wir wissen heute um ein Jahrzehnt der Solidarität, geprägt von Austausch und gegenseitiger Unterstützung, um ein Jahrzehnt, an dessen Ende der Kampf der Kurd:innen für eine freie Gesellschaft zu den historischen Kämpfen unserer Zeit gehört, ein Kampf, der weltweit Schule macht und Vorbild ist. Auch deshalb kommen wir heute zusammen, gehen gemeinsam auf die Strasse, knüpfen bei vergangenen Kämpfen an und machen entschlossen weiter – auf das nächste Jahrzehnt revolutionärer Solidarität!
ÜBERALL IST WIDERSTAND