Venezuela: „Schneller Eingreifplan“ der Rechten?

Donnerstag, 4. Oktober 2012


(zas, 4.10.12) Aktuell läuft eine massive und erwartete Desinformationskampagne zu den Wahlen vom 7. Oktober in Venezuela. Mit diesem Bericht machen wir den Auftakt zu einer kleinen Serie von Gegeninformationen. Wir hoffen, bald nach den Wahlen auch Stimmen der sich derzeit in Venezuela befindenden Schweizer Delegation (Nationalräte von SP und Grünen, der Journalist Sergio Ferrari, der ehemalige Schweizer Botschafter in Venezuela, Walter Suter, und Ex-Nationalrat Franco Cavalli) zu bringen.
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Opposition diskutiert „Pläne“ mit ausländischen Diplomaten

aus der englischen Ausgabe der pro-chavistischen Zeitung „Correo del Orinoco“: Opposition discusses „plans“ with foreign diplomats, vom 28.9.12

Am Wochenende warnte der Recherchierjournalist José Vicente Rangel vor Hinterzimmer-Versuchen der Opposition, einen weiteren Wahlsieg von Präsident Chávez zu verhindern. Rangel, ehemaliger Vizestaatspräsident, thematisierte ein privates Treffen von Mitgliedern der Oppositionsallianz MUD und von in Caracas stationierten Diplomaten unter anderem aus den USA und Spanien. Rangel warnte vor anhaltenden Versuchen, die internationale Gemeinschaft davon zu „überzeugen“, dass der Oppositionskandidat Henrique Capriles Radonski „die Wahl vom 7. Oktober gewinnen werde“.  Die MUD-Strategen, so Rangel,  blasen die Erwartungen auf, um den kürzlich aufgedeckten „rapid reaction plan“ (schneller Eingreifplan) umzusetzen. Jorge Rodríguez, Koordinator der Chávez-Kampagne, machte diese gewalttätige Nachwahl-Strategie letzte Woche öffentlich.
In seinem wöchentlichen TV-Programm „José Vicente hoy“ warnte der ehemalige Vizestaatspräsident vor einer verdächtigen Positionierung der Opposition in den letzten Wochen vor den Präsidentschaftskampagne 2012. Er bezog sich spezifisch auf ein Treffen vom 12. September in der Privatresidenz des oppositionellen Gouverneurkandidaten Ricardo Mardo. Rangel erklärte, wie „Vertreter der venezolanischen Opposition versuchten, die ausländischen Diplomaten von einem Wahlsieg Capriles am 7. Oktober, wenn auch mit geringem Vorsprung, zu überzeugen“.
Dem Recherchierjournalisten zufolge waren unter den zum Privattreffen geladenen „Spezialgästen“ Paolo Serpi, Antonio Pérez Hernández und Luis Raygada, die Botschafter von Italien, Spanien und Peru in Caracas, ein. Auch James Derham, der ranghöchste US-Diplomat in Venezuela, und Pietro Parolin, der Vatikan-Vertreter, waren zugegen. Der brasilianische Botschafter in Caracas, José Antonio Marcondes de Carvalho, hatte die Einladung ausgeschlagen.
Ausser von Richard Mardo, MUD-Gouverneurkandidat für den Staat Aragua, wurde die venezolanische Opposition am Treffen von Luis Miquilena, einem offenen Befürworter des Putsch von 2002 gegen Präsident Chávez, Marciel Granier, Leiter des radikal-oppositionellen Netzwerkes Radio Caracas de Televisión (RCTV) und Carlos Bardasano, Direktionsmitglied beim Mediengigant Venevisión, vertreten.
Rangel zufolge drückte Mardo am Hinterzimmer-Treffen sein „total fehlendes Vertrauen in den Nationalen Wahlrat CNE“ aus und versprach den Anwesenden, dass er und „seine Leute […] entschlossen“ seien, „sich die Strassen zu nehmen und sowohl Motorradfahrer wie zivile Gruppen einzusetzen, um die Chavistas zu bekämpfen“. Was an dem Treffen „am meisten überrascht“ hat, war, so Rangel, wie „einige der Anwesenden vorsichtig zusätzliche Informationen erbaten, während andere Besorgnis erregende Aussagen trafen und ihre entschlossenen, radikalen Positionen ausdrückten“.
Private Medien inkl. der Oppositionszeitungen „El Universal“ und „Noticias 24“ berichteten über das Treffen. Ihnen zufolge haben sich Mardo und die anderen nur getroffen, „um die Wahlsituation in Venezuela zu analysieren“.

„Schneller Eingreifplan“
Zu den beunruhigenden Gesprächen zwischen ausländischen Diplomaten und dem MUD kommt, dass der nationale Koordinator der Chávez-Kampagne, Jorge Rodríguez, kürzlich „unverantwortliche Rechtsextremisten in der (Oppositions-) Kampagne“ denunzierte, die ein Dokument erarbeiteten und zirkulieren liessen, das Pläne für die Schaffung politischer Unruhe im Nachgang zu den Präsidentschaftswahlen vom nächsten Monat detailliert.
Das mit „Schneller Eingreifplan“ (plan de reacción rápida) betitelte Dokument soll von Alejandro Plaz erarbeitet worden sein, dem ehemaligen Direktor von Súmate, der mit der Herstellung grösserer Oppositionspräsenz in der venezolanischen Politik betrauten US-finanzierten NGO. Im Kontext der Wahlen vom nächsten Monat „diskutieren die Autoren des Schnellen Eingreifplans Kriterien für die Auswahl von zu übernehmenden Schlüsselorten“, erklärte Rodríguez. Dazu gehören „nationale und regionale Schnellstrassen, grosse Alleen, symbolische Plätze, Büros von Gouverneuren und Bürgermeisterinnen, strategische nicht-zivile Punkte – das meint Armeeinstallationen – Mediengebäude, Häfen und Flughäfen.“
„Was haben Häfen und Flughäfen mit Stimmlokalen zu tun?“, fragte er. „Was haben Militäreinrichtungen mit einer Wahlurne, mit einem Wahlgang, zu tun?“  Rodríguez rief die Bevölkerung dazu auf, vor möglicher Oppositionsgewalt „auf der Hut zu sein“ und fügte an: „Dieser Plan beschreibt nichts mehr als wie eine verzweifelte Minderheit versucht, auf den bevorstehenden Chávez-Sieg zu reagieren“.