OAS/Venezuela: Gehoben informieren

Donnerstag, 16. Juni 2016



(zas, 16.6.16) Im Verlauf der Ministertagung der OAS in der Dominikanischen Republik traten die venezolanische Aussenministerin Delcy Rodríguez und ihr US-Pendant John Kerry gemeinsam vor die Presse. Sie gaben bekannt, dass die Gespräche zwischen den beiden Ländern wieder aufgenommen werden sollen. Washington plant, die nominelle Nr. 3 des State Departments, Tom Shannon, einen erprobten Intriganten z. B. für die Putschregime in Honduras 2009 und gerade eben in Brasilien, nach Caracas zu schicken. Seit vier Jahren wartet Venezuela auf die Akkreditierung seines Botschafters in Washington. Für das Schweizer Radio SRF ist die Sache klar: Caracas weicht seine Gesprächsverweigerung gegenüber den USA auf.
Wer denkt, in internationalen Organisationen werde „gehobener“ agiert, tut gut daran, die OAS-Homepage zu konsultieren. Heute, immerhin zwei Tage nach Abschluss der Konferenz in Santo Domingo, erfahren wir gleich zu Beginn, dass 15 MinisterInnen was zu Venezuela zu sagen haben.

Auf der Spanisch-sprachigen OAS-Seite lernen wir dies gleich drei Mal.

Es geht um ein Statement von USA, Kanada, Argentinien, Brasilien, Kolumbien, Costa Rica, Guatemala, Honduras, Mexiko, Panama, Paraguay, Peru und  - ja - Chile sowie Uruguay gegen Venezuela. Also von 15-OAS-Mitgliedsländern. Zentraler Inhalt ist, dass die sog. Demokratieklausel der OAS wieder Erwähnung findet, deren Anwendung gegen Venezuela OAS-Generalsekretär Luis Almagro als Auftakt zu einer Verschärfung der internationalen Blockade des Landes vehement vertritt. Damit ist er beim Treffen der OAS-BotschafterInnen wenige Tage zuvor aufgelaufen. Am 23. Juni soll sich das BotschafterInnengremium der OAS erneut mit Venezuela befassen, nachdem zwei Tage zuvor auf Antrag Venezuelas die drei auf Initiative des lateinamerikanischen Staatenbunds Unasur zwischen Chavismus und Opposition vermittelnden Ex-Präsidenten von Spanien, Dominikanischer Republik und Panama angehört werden.  (Man kann sich die dieser Tage laufende Erpressungspolitik des friendly neighbor in the north ein wenig vorstellen.)
Was die OAS-Homepage dagegen schlicht unterschlägt (jedenfalls hat auch langes Suchen inkl. Visionierung der VV-Videos keinen Hinweis darauf zu Tage gefördert), ist der kleine Umstand, dass am 13. Juni 19 OAS-Mitglieder gegen 12 einen Antrag von Venezuela angenommen haben, wonach Almagros regelwidriges Verhalten gegen Venezuela untersucht werden soll. Almagro betont, dass es den 19 nicht gelungen sei, diese Erklärung zu einer Resolution der Vollversammlung zu machen. Vermutlich soll das auch erklären, warum die OAS dies mit Schweigen quittiert. Warum dann aber die Meinungsäusserung von weniger Mitgliedsländern penetrant propagieren? Ah, weil der Boss darunter ist. Wie es der Che seinerzeit formulierte: Die OAS ist das „Kolonialministerium der USA“. Oder wie es die venezolanische Aussenministerin sagt: „In der letzten Zeit kreiert die internationale Rechte eine Art Konjunktur mit Venezuela als Speise eines Banketts, in dem alle Welt Meinungen zum Besten gibt und Unterweisungen und Befehle erteilt“.