Mittelmeer - Draussen vor der Tür

Freitag, 4. November 2016

(zas, 4. 11. 16).29 MigrantInnen konnten gerettet werden, 239, die meisten aus Guinea, ertranken vor der libyschen Küste. Davon sicher 6 Kinder. Bisher kamen dieses Jahr laut Angaben der IOM 4220 Menschen auf der Flucht im Mittelmeer um, 2015 waren es 3777.
Il Manifesto von heute zitiert die Bürgermeisterin von Lampedusa, wohin die Überlenden aus den beiden Schlauchbooten gebracht wurden: "Viele stehen unter Schock. Sie waren während fast 2 Monaten in einem Lagerhaus eingesperrt gewesen, bevor sie auf die beiden Schlauchboote begleitet wurden. Eines der beiden war schon defekt, Wasser drang ein. Aber als sich einige beklagt und eine Verschiebung der Reise gefordert haben, wurden sie zum Einstieg gezwungen.,"
Pietro Bartolo, Leiter des Ambulatoriums auf der Insel, sagte: "sie haben erzählt, dass sie zum Besteigen der beiden Boote gezwungen wurden. Sie haben dafür einen Mann erschossen. Die Leute haben gesehen, dass das Meer nicht für eine ruhige Fahrt taugte, aber sie mussten trotzdem abfahren. Nach wenigen Meilen ist es zur Katastrophe gekommen."
Die Ertrunkenen kommen nicht mehr nach Europa hinein. Genau so wenig, wie die Einsicht Angelo Bagnascos von der italienischen Bischofskonferenz: "Das Migrationsproblem ist unumkehrbar. Der Süden der Welt hat sich in Bewegung gesetzt, und keine Mauer, kein Stacheldraht kann diesen Marsch aufhalten." Doch die evidente Schlussfolgerung, wie sie Carlota Sami von UNO-Flüchtlingsamt UNHCR im Manifesto-Artikel formuliert, bleibt auf Der Strecke des EU-Humanismus: "Viele mehr könnten gerettet werden, wenn es legale ... Modalitäten für Asyl und Migration" gäbe.
Das bleibt draussen vor der Tür.
In Misrata, wo die meisten MigrantInnen durchgeschleust werden, kontrollieren die Milizen das Geschäft, das für die Opfer oft monatelange Gefangenschaft, Verletzung, Tod bedeutet. Wer naiv ist oder böswillig, mag in dieser Schleppersorte die Ursache allen Übels  sehen, nicht das Alter Ego der europäischen Migrationsbehörden. Mag sogar eine neue offene Militärintervention des Westen in Libyen fordern, nachdem die erste der Bevölkerung ja so viel Gutes brachte. Warum auch zur Kenntnis nehmen, dass es just diese Milizen sind ( die "gemässigten"), die heute vom Westen massiv militärisch unterstützt werden im Kampf "gegen den Terror" des IS in Sirte?