Venezuela: Von Einreiseverboten und prämierten Fotos

Dienstag, 17. April 2018


Das hätte noch gefehlt! Dass die UNO nämlich die kommenden Präsidentschaftswahlen in Venezuela beobachtet. Die Gefahr drohte. Doch zum Glück hat die UNO mit António Guterres einen Generalsekretär, der die Botschaft der internationalen Gemeinschaft versteht. Diese Wahlen sind keine Wahlen, sondern Diktatur. Ok, letztes Jahr forderte besagte Gemeinschaft die sofortige Abhaltung von Präsidentschaftswahlen. Dafür verbrannten ja aufgebrachte Bürger, Demokraten, auf der Strasse mehrere Menschen, die wie Chavistas aussahen (du weisst, dunkelhäutig und so). Aber seither kam das Missgeschick, dass die Demokraten wegen ebensolcher Methoden an Sympathien verloren haben. Und die chavistische Basis hatte gegenmobilisiert. Die Folge war, dass Wahlen nicht mehr demokratisch waren, sondern chavistische Siege ergaben. Also ist die internationale Gemeinschaft jetzt fest gegen Wahlen, da womöglich der Diktator gewählt würde.
Guterres, ehemaliger Ministerpräsident des NATO-Landes Portugal; ehemaliger Chef der Sozialistischen Internationalen, eines Verbands, der in Lateinamerika eigentlich keine Berührungsängste mit Faschisten zeigt, Guterres also hat die UNO-Wahlbeobachtung in Venezuela abgelehnt. Sein Stellvertreter für politische Angelegenheiten, Jeffrey Feltman, hatte das Ende März damit begründet, dass die Wahlen in Venezuela schliesslich ein „nationaler Prozess“ seien. Bisher haben ja bloss die Weltmacht Nr. 1 und ihre Assortierten kundgetan, dass sie die Wahlergebnisse nicht anerkennen würden. Feltman war übrigens früher im State Department im Rang eines Unterministers für Nahostangelegenheiten aktiv; zuvor hatte er sich im Erbil-Büro im Irak des damals herrschenden US-Prokonsuls engagiert.
In der EU/Schweiz hat die Präsidentin der venezolanischen Wahlbehörde ein Einreiseverbot. Sie befindet sich auf einer internationalen Rundreise, um über die kommenden Wahlen zu berichten. Pech gehabt, nicht in Europa. Dafür klären Exponenten der venezolanischen Ultrarechten in Brüssel über die Diktatur auf. Lustig übrig, was Jimmy Carter, ausser Kryptokommunist auch mal Präsident der USA gewesen, 2012 als Chef des Carter Centers gesagt hatte: „Ich würde sagen, dass von den 92 von uns beobachten Wahlen der Wahlprozess in Venezuela der beste weltweit ist.“ (Klar, democracy must be: Dieses z. B. im Guardian verlinkte Statement ist mittlerweile von der Seite des Carter Centers gelöscht.)
So what?
Zur Aufheizung der internationalen Stimmung für weitere „humanitäre Interventionen“ zirkulierte vor wenigen Tagen das als World Press Photo 2018 prämierte Bild des Venezolaners Davíd Salazar in den transnationalen Medien. Er brennt und symbolisiert, so die von AP mitfinanzierte Jury, die „Krise in Venezuela“. Salazar hatte sich 2018 an einer rechten Demo beteiligt, bei der eine Gruppe, unter ihnen Salazar, auf den Tank des Motorrads eines zuvor verprügelten Polizisten einschlug. Der Tank explodierte, Salazar fing Feuer; er überlebte. Dies kann sogar in einer Agenturmeldung stehen. Nebensächlich: Kein Bericht, der versäumt hätte, die extreme Repression des Chavismus zu betonen. Weshalb man sich auch weiter zu den von den Faschos absichtlich in Brand gesetzten realen oder vermeintlichen „Chavistas“ wie Orlando Figueroa ausschweigt. (Du weisst schon: no fake news.)
David Salazar

Orlando Figueroa
Der gleiche Unterschied, zwei Mal: 
a) Salazar fing unbeabsichtigt, wegen Unvorsichtigkeit, Feuer, Figueroa wurde absichtlich mit Benzin übergossen und angezündet 
b) Das eine Bild zirkuliert in allen transnationalisierten Medien, das andere überhaupt nicht.