Venezuela: Geschlossene Grenzbrücke war nie offen

Freitag, 8. Februar 2019

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Aus: Ausgabe vom 08.02.2019, Seite 1 / Titel
¡No Pasarán!
Fake News gegen Venezuela: Geschlossene Grenzbrücke war nie offen. Warnung vor US-Militärintervention
Von Modaira Rubio (Caracas) und André Scheer
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Nie eröffnete Brücke, zusätzlich gesichert: Las Tienditas über den Rio Táchira zwischen Venezuela und Kolumbien
Große Aufregung um zwei Container und einen Lkw-Anhänger, die quer auf einer Brücke über den Rio Táchira stehen. Venezuelas Regierung habe den Grenzübergang zur kolumbianischen Stadt Cúcuta geschlossen, um die Lieferung »humanitärer Hilfe« zu verhindern, empörte sich US-Außenminister Michael Pompeo in der Nacht zum Donnerstag über Twitter.
Tatsächlich jedoch war die Las-Tienditas-Brücke noch nie offen. Ihr Bau war 2013 in Angriff genommen worden, um die zwei existierenden Grenzübergänge in San Antonio und Ureña zu entlasten, die täglich von mehr als 50.000 Menschen in beide Richtungen passiert werden. Sie wurde 2016 fertiggestellt, aber nie eröffnet. Die einzigen regelmäßigen Nutzer waren Schmuggler, die nachts billiges Benzin aus Venezuela nach Kolumbien schafften.
Trotzdem hatte der kolumbianische Fernsehsender NTN 24 am Dienstag angekündigt, dass über diese Brücke die »humanitäre Hilfe« nach Venezuela transportiert werde. Diosdado Cabello, Präsident der Verfassunggebenden Versammlung Venezuelas, warnte am Mittwoch (Ortszeit) in seiner wöchentlichen Fernsehsendung »Con el Mazo Dando«, dass das der Beginn eines irregulären Krieges sei. Ansonsten handle es sich um eine »Show«. Die Opposition habe angekündigt, Waren für 20.000 Menschen ins Land bringen zu wollen – während die Regierung von Präsident Nicolás Maduro jeden Monat sechs Millionen Lebensmittelpakete zu subventionierten Preisen vertreibe.
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Gegenüber dem US-Sender CNN behauptete Puerto Ricos Vizeregierungschef Luis Rivera Marín am Donnerstag, dass erste Lieferungen bereits in Venezuela angekommen seien. Man habe »einige Fenster« ausgemacht und diese genutzt, sagte er. Weitere Lieferungen würden folgen. Bestätigt wurde das von anderer Seite bislang nicht. Allerdings berichtete die örtliche Tageszeitung El Carabobeño am Mittwoch, dass am Vortag auf dem internationalen Flughafen der Stadt Valencia eine aus Miami stammende Lieferung von Kriegswaffen entdeckt worden sei. Die Nationalgarde präsentierte das beschlagnahmte Arsenal, das für terroristische Gruppen bestimmt gewesen sei.
Beobachter in Venezuela werten all das als Anzeichen dafür, dass die ursprünglichen Putschpläne der USA und ihrer Verbündeten nicht aufgegangen sind. Offenbar hätten sie fest damit gerechnet, dass Maduro zum jetzigen Zeitpunkt bereits gestürzt oder zumindest relevante Teile des Militärs auf die Seite der Opposition gewechselt wären. Tatsächlich aber bröckelt im Land die Unterstützung für den selbsternannten »Übergangspräsidenten« Juan Guaidó. In Moskau rechnet man deshalb mit einer direkten Militärintervention der USA in Venezuela. Die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, sagte am Donnerstag, man müsse zu dem Schluss kommen, dass Washington den Einsatz von Gewalt bereits beschlossen habe. Wenn die USA wirklich daran interessiert seien, dass es den Menschen in Venezuela besser gehe, müssten sie die gegen das Land verhängten Sanktionen aufheben.
Im US-Senat scheint derweil der Versuch zu scheitern, einen von beiden großen Parteien gemeinsam eingebrachten Antrag zur Unterstützung der Opposition in Venezuela zu verabschieden. Wie NBC News am Donnerstag berichtete, wollen die Demokraten darin einen Einsatz des US-Militärs ausschließen. Dagegen wehrt sich der ultrarechte Republikaner Marco Rubio. Er sagte, dass die USA bereits Diplomaten und »anderes Personal« in Venezuela hätten, zu deren Schutz eine militärische Intervention möglich bleiben müsse.