Venezuela: Düsterer Friday made in USA

Montag, 6. Oktober 2025

 

(zas, 6.10.25) Am letzten Freitag kam es in den USA zu zwei wichtigen Nachrichten betreffs Venezuela. Einerseits killte die US-Armee nach Angaben von Kriegsminister Pete Hegseth die vier Insassen eines Bootes «gleich vor der Küste Venezuelas», aber in internationalen Gewässern. Wie gewohnt, veröffentlichte der Mann ein Video, auf dem man Ungenaues seihet, ohne weitere Ortsangabe und ohne Zeitstempel. Drogenhändler, super klar, von einem Kartell, wofür muss ein rechter Kerl da noch so etwas wie Indizien vorlegen? Ganz Krieger – er hatte kürzlich am Treffen der leitenden US-Armee-Figuren, an der Trump die US-Städte als Terrain für Kriegsübungen bezeichnete, gebieterisch nach einem «Kriegerethos» für gut trainierte Soldaten gerufen (please keine Frauen mehr, und auch keine verweichlichten Computernerds, die kaum was taugen) – ganz Krieger also, wusste er markig aufzutreten: «Diese Schläge werden weitergehen, bis die Angriffe auf die Amerikaner zu Ende gehen!!!».

Sein Boss  bezeichnete gestern die Mordstreifzüge seiner Truppen in der Karibik als «act of kindness», als wohltätigen Akt. Denn wie sein Jünger im Pentagon weiss er die USA im erklärten Krieg mit den Drogendealern. Hegseth hatte schon vorgespurt: «Wenn du nördlich von Venezuela bist und du willst Drogen in die United States bringen, bist du ein legitimes Ziel.» Trump zu den Morden: «Es ist eine ziemlich rauhe Sache, die wir machen». Aber die dabei vernichteten Drogen hätten tausende von Amerikanern umgebracht. «Schaut man die Sache so an, machen wir einen wohltätigen Akt.» Das Herz fliesst dem Typen über: Zu den «Schlägen» meint er: «Wir sind darin so gut, dass es keine Boote mehr gibt – nicht mal Fischerboote».

Zum andern sagt der der Supreme Court ebenfalls am letzten Freitag ok. zum Plan des Weissen Hauses, rund 300'000 VenezolanerInnen, die unter dem TPS (temporary protected status), einer Art vorläufiger Aufnahme für Menschen aus Ländern mit  Krieg, schweren Naturkatastrophen u. ä. legal in die USA eingewandert waren, zu deportieren. (Eine Routineübung des Obersten Gerichts: Mach die Leute schon mal fertig, später befinden wir, ob das voll i. O. war.) Nicht wenige der Betroffenen sind Anti-Chavistas, aber viele vielleicht nicht: Wer beantragt schon in den USA oder in Europa Asyl mit der Begründung, man flüchte vor (der durch die westlichen Sanktionen entfachten) Armut? Weshalb der Mainstream sonst überall Emigration sieht, bei Venezuela aber regelmässig einzig Flucht. So oder so: Diese Leute sind jetzt in Gefahr, im schwarzen Loch des globalen Abschiebelabyrinths zu verschwinden. No more American dream.

Honduras: Die Mutter aller Schlachten

https://amerika21.de/analyse/276453/honduras-die-mutter-aller-schlachten 

Honduras / Politik

Kehren die politischen Kräfte hinter dem Putsch von 2009 zurück oder wird das progressive Projekt fortgeführt?

Für die westliche Rechte bedeutet der Verlust der Kontrolle über eine Nation, die sie wie einen fest im Griff gehaltenen Joker behandeln, ein politisches und geostrategisches Erdbeben größten Ausmaßes. Im Fall von Honduras werden sämtliche Elemente einer Operation von Miami, Washington und Madrid aus koordiniert und gesteuert. Ziel ist es nicht nur, das ihrer Meinung nach gefährliche linke Lager aus der Macht zu verdrängen, sondern auch einen existenziellen Krieg gegen das honduranische Volk zu führen. Diesem soll die Seele "umprogrammiert" werden, damit es nie wieder auf die Idee kommt, den bürgerlichen Weg zu wählen, um der lokalen Oligarchie das zu entreißen, was dieser angeblich kraft göttlichen Rechts zusteht.

Zwar ist die derzeitige Regierung auf zahllose Hindernisse gestoßen, etwa das fehlende Gleichgewicht innerhalb der Staatsgewalten, wie im Nationalkongress – einer Einkammerversammlung mit 128 Abgeordneten, in der sie zwar in der Minderheit ist, aber dennoch die Führung innehat – oder im Obersten Gerichtshof, von dessen 15 Richtern neun offen der Rechten zuzurechnen sind, fünf liberal-konservativ geprägt sind und dem traditionellen Umgang mit der bürgerlichen Justiz verhaftet bleiben. Dennoch hat diese Regierung Errungenschaften erzielt, die man ohne Weiteres als beachtlich bezeichnen kann, und das in einem politischen Minenfeld, mitten in einem Krieg, in dem das faschistische Feuer Tag und Nacht auf der Lauer liegt.

Das Kräfteverhältnis in Bezug auf die Kontrolle des Staates ist eindeutig ungünstig. Es gibt Hunderte, wenn nicht Tausende von Richtern, die im Dienst der faschistischen Eliten stehen und weiterhin gewaltsame Zwangsräumungen sowie die Vertreibung von Kleinbauern und indigenen Gemeinden aus ihren Territorien anordnen, Befehle, die oft ohne Wissen der zentralen Behörden ausgeführt werden, welche nicht selten erst durch die Medien von den Vorgängen erfahren. Diese sind meistens bereits vor Ort, um groteske Reality-Shows ganz im Stil des Hegemons zu inszenieren.

Andererseits gibt es nun einen Generalstaatsanwalt, der entschlossen ist, seine Arbeit zu tun, doch die gesamte Staatsanwaltschaft wird weiterhin von Vertretern der Rechten betrieben, die seine Initiativen verzögern oder gar blockieren.

Aufgrund medialen Drucks sieht sich die Generalstaatsanwaltschaft gezwungen, den Fällen gegen Mitglieder der aktuellen Regierung besondere Aufmerksamkeit zu widmen, nachdem diese einer Art öffentlicher Lynchjustiz ausgesetzt wurden, ohne das Recht, ihre Standpunkte zu äußern oder sich zu verteidigen. Das gesamte mediale Gesindel, zusammen mit zwei von der inzwischen aufgelösten USAID gegründeten und kontrollierten NGOs, hat eine Art "Fernsehtribunal" geschaffen, das diejenigen verurteilt, die es will, und so die Vorstellung von Gerechtigkeit als solche zerstört. Das Publikum und die Nutzer sozialer Medien dürsten förmlich nach "Blut", nach Spektakel. Auf diese Weise ist die Durchführung von Untersuchungen und die Strafverfolgung von Fällen über Betrug und millionenschwere Plünderungen durch die Regierungen nach dem Staatsstreich im Juni 2009 zum Stillstand gekommen.

Um eine Vorstellung darüber zu geben: Im Juni 2009, direkt vor dem Putsch, belief sich die öffentliche Verschuldung von Honduras auf drei Milliarden US-Dollar. Als die Partei Libertad y Refundación (Freiheit und Neugründung) im Januar 2022 die Regierung übernahm, lag diese Verschuldung bei etwa 20 Milliarden US-Dollar. Die Staatskasse war leer, und die privaten Banken kontrollierten über Treuhandfonds sämtliche Mittel der Nation. Einfach ausgedrückt: Wir standen kurz davor, eine "Honduras Aktiengesellschaft" zu werden.

Im Allgemeinen ist klar, dass die Regierung von Xiomara Castro keine Kontrolle über die Machtstruktur der Bourgeoisie hat und dass sich ihre Amtszeit durch einen ununterbrochenen Kampf um jedes Vorankommen auszeichnet. Ein tropisches Stalingrad, in dem jeder kleine Schritt einen großen Sieg darstellt und Tausende geopfert werden, während sich die Schurken, aufgebläht vor Hochmut, in ihrer vermeintlichen rassischen und klassenmäßigen Überlegenheit wähnen. Ein Wahn, der ihr aggressives Handeln antreibt.

In diesem Kontext steuern wir auf einen Wahlprozess am kommenden 30. November zu, dessen Ausgang schwer vorherzusagen ist, denn die Widersprüche der internationalen faschistischen Rechten schlagen sich in den Politikern nieder, die in den kommenden Wahlen für sie antreten werden. Den Anzeichen zufolge haben sich die Rechte von Miami und Madrid entschieden, auf Salvador Nasralla zu setzen, einen über siebzigjährigen Sportkommentator mit Hochschulabschluss im Chile der Pinochet-Ära. Er lässt keine klare ideologische Haltung erkennen, legt dafür aber einen verblüffenden Opportunismus an den Tag, der ihm eine fast fünfzehnjährige Präsenz in der politischen Arena ermöglicht hat. In dieser Zeit hat er stets für verschiedene Parteien kandidiert.

Dennoch ist dieser zwielichtige Charakter in die Liberale Partei von Honduras "eingeschleust" worden. Er schafft es jedoch nicht so recht, sich als Führungspersönlichkeit zu etablieren, weil er alles kontrollieren will, was zwangsläufig die Zerstörung alter Anführer und Figuren mit sich bringt, die ihre politische Macht wie ein Erbrecht betrachten. Die CIA1 versucht über ihren Arm in Miami, ihn als Außenseiter zu verkaufen, weshalb er seine Unterordnung unter finstere Gestalten nicht verbirgt, insbesondere unter María Elvira Salazar, mit der er jeden seiner Schritte abstimmt.1

Dennoch ist das faschistische Vorhaben, das marode Gebilde wieder aufzubauen – das sich durch den Staatsstreich gegen den eigenen Präsidenten José Manuel Zelaya Rosales selbst untergraben hatte – mit erheblichen Schwierigkeiten konfrontiert. Weder Nasralla noch sein Bürgermeisterkandidat für San Pedro Sula verfügen über Erfahrung im Aufbau parteipolitischer Strukturen, weshalb sie auf das bestehende korrupte Netzwerk angewiesen sind. Bei den internen Vorwahlen im März 2025 erhielt Nasralla etwas mehr als 380.000 Stimmen, von denen über 160.000 aus dem Departamento Cortés stammten. Auf nationaler Ebene bleibt er eine weitgehend unbekannte Figur mit einer sonntäglichen Verlosungssendung im Fernsehen.

Die erfahrenste rechte Partei ist die Nationale Partei, die den Staatsstreich nutzte, um zwölf Jahre lang zu regieren und das Land zu ruinieren. Ihr Image als kriminelle Organisation macht sie zu einer unvertretbaren Option für die Wahlen, doch es bleibt abzuwarten, ob die treue Basis dieser Partei weiterhin blind der Anweisung der Führung folgt, den schizophrenen Nasralla zu unterstützen.

Dies wird die Mutter aller Schlachten sein, weil es das Forum von Madrid so angekündigt hat, das versprach, alle bevorstehenden Wahlprozesse in Lateinamerika zu gewinnen, und weil es für die Honduraner eine abrupte Rückkehr in die tragische Vergangenheit bedeuten würde. Und natürlich ebenfalls eine bedeutende geopolitische Veränderung für die gesamte Region.

* Ricardo Salgado ist Mathematiker, Sozialforscher und Schriftsteller, Minister für Strategische Planung

  • 1. Die CIA steht hier offenbar als Chiffre für eine US-amerikanische Interventionsstrategie und nicht wörtlich für die US-Geheimdienstbehörde. Die Nennung bezieht sich auf historische Muster der US-Einmischung in den achtziger Jahren, als die CIA Honduras als Basis für die Ausbildung und Unterstützung der antisandinistischen Contra-Armee nutzte, sowie auf die Rolle der USA bei der Legitimierung des Putschs von 2009 gegen die linke Regierung von Manuel Zelaya. In der Folge förderten Programme wie USAID zivilgesellschaftliche Akteur:innen, die den nach dem Putsch etablierten Machtstrukturen nahestanden und mit dem politischen und wirtschaftlichen Status quo kompatibel waren. A. d. Ü.

1 (zas) Salazar ist eine trumpistische US-Parlamentarierin aus Florida.

Den Oslo-Abkommen geht es bestens (und ein Lesehinweis)

Donnerstag, 2. Oktober 2025

 

https://www.haaretz.com/opinion/2025-09-30/ty-article-opinion/.premium/the-oslo-accords-are-alive-and-well-and-perpetuating-the-israeli-occupation/00000199-9744-d4f2-a3b9-d765

 Amira Hass

30. September 2025

Den Oslo-Abkommen geht es bestens, und unser Volk profitiert täglich weiter von ihrer reinen Logik. Alle Krokodilstränen der Rechten können nicht die Tatsache auslöschen, dass dies eine der grössten Errungenschaften ist, die jemals von der jüdischen Entität zwischen dem Jordan und dem Mittelmeer erreicht wurde.

Wenn es ihm passt, beschliesst Israel, dass das Abkommen in Kraft ist und dass die andere Seite es verletzt, sodass sie bestraft werden muss – zum Beispiel durch den systematischen Diebstahl aller Einnahmen der Palästinensischen Autonomiebehörde aus Zöllen auf aus dem Ausland importierte Waren.

Und wenn es ihm passt, beschliesst Israel, dass das Abkommen von der Erde verschwunden ist – daher hat es das Recht, die Landvereinbarungen durch einen weiteren Trick zu ändern, der es Juden ermöglicht, Land zu übernehmen, oder den einzigen Grenzübergang zu schliessen, der den PalästinenserInnen im Westjordanland zur Verfügung steht.

Wenn man jedoch die vergangenen Jahre, die Lippenbekenntnisse zum Frieden und die juristischen Details der Bestimmungen und Umsetzungsmechanismen des Abkommens ausser Acht lässt, treten die Grundprinzipien hervor, die bis heute in der Westbank gültig sind.

Israel wird weiterhin als Besatzungsmacht über die PalästinenserInnen herrschen und ihre natürlichen Ressourcen, ihre Bewegungsfreiheit, ihre Wirtschaft usw. kontrollieren. Es wird jedoch eine internationale Befreiung von seiner Verpflichtung erhalten, für das Wohlergehen der besetzten Nation zu sorgen. Die Verantwortung für die Lösung der wirtschaftlichen und gesundheitlichen Probleme, die diese feindselige Fremdherrschaft mit sich bringt, wird vollständig den PalästinenserInnen und ihren VertreterInnen übertragen, zusammen mit den europäischen Steuerzahlenden und in der Vergangenheit auch den amerikanischen.

Israel wird sich bereit erklären, seine Armee schrittweise abzuziehen, ohne feste Termine und ohne definierte Grenzen, und im Gegenzug werden die PalästinenserInnen sofort ihren Widerstand gegen die Besatzung      und ihre Diktate einstellen. Aber auch ohne Stützpunkte im Herzen palästinensischer Städte kontrolliert die Armee alles.

Israel und seine Kollaborateure aus rechten Organisationen haben der Öffentlichkeit eingetrichtert, dass jeder palästinensische Widerstand Terrorismus ist und jedes Mittel des Widerstands eine illegitime, ja sogar antisemitische Waffe ist. Nicht nur Bomben und Steine sind Terror, sondern auch Diplomatie und Volksproteste, Klagen vor internationalen Gerichten, Landwirtschaft, das Anlegen einer Wasserleitung, das Aufstellen eines Zeltes, der Ausbau einer Schule, der Anbau eines Balkons, Reden und blosse Worte.

Den PalästinenserInnen ist es verboten, sich zu verteidigen, sei es gegen bewaffnete Israelis in Armeeuniformen oder gegen bewaffnete jüdische ZivilistInnen. Diese eiserne Regel gilt sowohl für normale BürgerInnen als auch für die Sicherheitsbehörden der Palästinensischen Autonomiebehörde.

Ja, dank Oslo haben wir Rekorde aufgestellt, die jeden Tag gebrochen werden – für Angriffe, die von zufriedenen, koscheren Juden verübt werden, die ganze Gemeinden vertrieben haben und immer noch vertreiben. Und die Militärs schützen die Angreifer. Die Waffen sind vielfältig – von Pfefferspray und Gewehren bis hin zu Schafen, Traktoren und Minderjährigen, die geschickt werden, um Frauen in ihren Zelten zu missbrauchen. Und kein Abkommen, keine internationale Truppe und keine geistliche Autorität schreckt sie oder die RichterInnen ab, die sie freilassen, wenn sie verhaftet werden.

Bald werden diese Banden bewaffneter Juden in die Herzen palästinensischer Städte vordringen, und israelische Soldaten werden ihnen folgen, um sie vor der „gefährlichen“, „hasserfüllten“ palästinensischen Bevölkerung zu schützen. Dieses Szenario nähert sich seit nunmehr 20 Jahren seinem logischen Ende.

Was werden die palästinensischen Sicherheitskräfte dann tun? Wenn sie sich an die Vereinbarung halten und sich in ihren Büros verstecken, werden sie und die Palästinensische Autonomiebehörde, die sie beschäftigt, den letzten Rest ihrer Ehre und ihr zweifelhaftes Recht, sich als Führung zu bezeichnen, verlieren. Wenn sie jedoch einen Finger rühren, um ihr Volk zu verteidigen, werden die bewaffneten Israelis mit ihren überlegenen Fähigkeiten sie töten. Und wenn sie oder mutige ZivilistInnen einen der Eindringlinge verwunden oder töten, werden sie als Terroristen verhaftet und vor Gericht gestellt – weil sie gegen das Oslo-Abkommen verstossen haben.

Und dann hat Israel einen weiteren Vorwand, um Stadtviertel zu zerstören und die einheimische Bevölkerung zu vertreiben.

 

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Und ein Lesehinweis:

European recognition of a Palestinian state is not an act of solidarity but a betrayal of Palestinian liberation

Recent recognitions of a Palestinian state by several European countries are not acts of solidarity but a profound betrayal that undermines our struggle for liberation by legitimizing Zionism.

By Majed Abusalama September 27, 2025

 

Majed Abusalama

Majed Abusalama is a prominent political activist and researcher who grew up in the Jabalia refugee camp in Gaza. He currently serves as the president of Sumud Finland and the Coalition of Lawyers for Palestine in Switzerland. Abusalama is also the co-founder of Palestine Speaks among others in Germany and has been actively involved in the BDS movement, refugee rights, and anti-fascist struggles for over two decades.

Sie haben sie nicht erwischt

Sonntag, 28. September 2025



The Cake Lady schreibt auf X:

Ruhe in Frieden, Assata Shakur. Sie ist gestern in Havanna, Kuba, verstorben. Sie starb in Freiheit! Die US-Regierung hat es nach jahrzehntelanger Verfolgung nie geschafft, sie hinter Gitter zu bringen. Sie wollten sie fesseln, brechen und als abschreckendes Beispiel vorführen, aber stattdessen entkam sie ihrem Zugriff und lebte ihr Leben im Exil, umgeben von Menschen, die ihren Kampf und ihr Überleben würdigten. Für das rassistische weisse Amerika war sie eine Flüchtige. Für uns war sie eine Freiheitskämpferin, die sich weigerte, sich zu beugen. Assata verlässt diese Welt mit ihrer Würde intakt, ihrer Geschichte ungebrochen und ihrem Trotz EWIG. Sie gehörte nie ihnen. Sie gehörte der Geschichte, den Menschen und dem andauernden Kampf für die Befreiung. Und jetzt gehört sie den Ahnen. Ruhe in Frieden, meine Liebe.

 

Die afroamerikanische Kämpferin starb 78-jährig im kubanischen Exil. 1998 rief die US-Polizei einen Woytila, den ultrareaktionären Papst, vor dessen Kuba-Besuch dazu auf, sich bei Fidel Castro für die Auslieferung der Freiheitskämpferin einzusetzen. Assata antwortete ebenfalls per Brief an den Papst. Auszug aus ihrem Schreiben:

Ich wuchs heran und wurde politische Aktivistin. Ich beteiligte mich an studentischen Protesten, der Antikriegsbewegung und vor allem an der Bewegung für die Befreiung der AfroamerikanerInnen in den Vereinigten Staaten. Später schloss ich mich der Black Panther Party an, einer Organisation, die ins Visier des COINTELPRO-Programms geriet, einem Programm, das vom Federal Bureau of Investigation ins Leben gerufen wurde, um jegliche politische Opposition gegen die Politik der US-Regierung zu beseitigen, die schwarze Befreiungsbewegung in den Vereinigten Staaten zu zerstören, AktivistInnen zu diskreditieren und potenzielle Führungspersonen zu eliminieren.

Im Rahmen des COINTELPRO-Programms wurden viele politische AktivistInnen schikaniert, inhaftiert, ermordet oder auf andere Weise neutralisiert. Da ich ins Visier von COINTELPRO geraten war, sah ich mich wie viele andere junge Menschen mit der Gefahr von Gefängnis, Untergrund, Exil oder Tod konfrontiert. Das FBI versorgte die Presse mit Hilfe lokaler Polizeibehörden systematisch mit falschen Anschuldigungen und gefälschten Nachrichtenartikeln, in denen mir und anderen AktivistInnen Verbrechen vorgeworfen wurden, die wir nicht begangen hatten. Obwohl in meinem Fall die Anklage schliesslich fallen gelassen wurde, schufen die nationalen und lokalen Polizeibehörden eine Situation, in der jeder Polizeibeamte mich aufgrund ihrer falschen Anschuldigungen sofort erschiessen konnte. Erst als Mitte der 70er Jahre das Gesetz zur Informationsfreiheit verabschiedet wurde, wurde das Ausmass der Verfolgung politischer AktivistInnen durch die US-Regierung sichtbar.

An dieser Stelle halte ich es für wichtig, eines ganz klar zu sagen. Ich habe mich für revolutionäre Veränderungen in der Struktur und den Grundsätzen der Vereinigten Staaten eingesetzt und tue dies auch weiterhin. Ich setze mich für die Selbstbestimmung meines Volkes und aller Unterdrückten in den Vereinigten Staaten ein. Ich setze mich für ein Ende der kapitalistischen Ausbeutung, die Abschaffung rassistischer Politik, die Beseitigung von Sexismus und die Abschaffung politischer Unterdrückung ein. Wenn das ein Verbrechen ist, dann bin ich schuldig im Sinne der Anklage.

Um es kurz zu machen: Ich wurde 1973 in New Jersey gefangen genommen, nachdem ich mit beiden Armen in der Luft angeschossen und dann erneut von hinten erschossen worden war. Ich wurde sterbend auf dem Boden liegen gelassen, und als ich nicht starb, wurde ich in ein örtliches Krankenhaus gebracht, wo ich bedroht, geschlagen und gefoltert wurde. 1977 wurde ich in einem Prozess verurteilt, den man nur als juristischen Lynchmord bezeichnen kann.

1979 gelang mir mit Hilfe einiger meiner Mitstreiter die Flucht. Ich sah dies als notwendigen Schritt, nicht nur, weil ich unschuldig war, sondern auch, weil ich wusste, dass ich in dem rassistischen Rechtssystem der Vereinigten Staaten keine Gerechtigkeit erfahren würde. Ausserdem hatte ich Angst, im Gefängnis ermordet zu werden. Später kam ich nach Kuba, wo ich derzeit als politischer Flüchtling im Exil lebe.

Bei einem Gefängistransfer

 

Sie inspirierte Generationen von Linken nicht nur in den USASo kommt es auch, dass wir etwas verstehen, was im heutigen Mainstream immer noch verdeckt wird: Trump schickt Militärs nach Portland, Oregon, mit dem Befehl: «full force, if necessary». Auch bei Portland handle es sich um eine «liberale» Stadt, wird uns mitgeteilt. Nur: Wir wissen, dass wie in L.A. und Washington DC, aber auch Chicago, New Orleans oder Memphis, denen die Armee angedroht wird, auch in Portland eine grosse afroamerikanische und migrantische Bevölkerung lebt. Das gehört zum Kern der Militärangriffe in den USA, die faschistische Offensive auch gegen Administrationen der Konkurrenzpartei ist vor diesem Unterklassen-Hintergrund zu sehen.

Protest in Portland nach der Ermordung von George Floyd