Bauernbewegungen fordern venezolanische Regierung auf, AktivistInnen vor

Montag, 7. Juli 2025

 

Ricardo Vaz, Ccaracas, 23. Juni 2025*

Venezolanische BäuerInnenorganisationen forderten den Staat auf, zu ihrem Schutz einzugreifen, nachdem eine Aktivistin angeklagt worden war. Sie sehen dies sei Teil einer systematischen „Kriminalisierung“ von BasisaktivistInnen.


Lilibeth Rangel, Sprecherin des Landguts La Fortuna im Bundesstaat Zulia, wurde am Samstag festgenommen und wegen „Invasion (Eindringen) in Privatgrundstücke angeklagt. Die Bewegung der Kleinbauern (Movimiento de Pequeños Agricultores, MPA), in der Kollektive aus dem ganzen Land zusammengeschlossen sind, verurteilte in einer Erklärung die Festnahme von Rangel als „Ergebnis der Kriminalisierung der Kämpfe der Bauern”.

Rangel ist seit Jahren eine führende Figur im Kampf der Basisbewegung um das 350 Hektar grosse Grundstück im Westen Venezuelas. Der Fall wurde nach dem „Bewundernswerten Bauernmarsch“ von 2018 von den Behörden geprüft, und das venezolanische Landinstitut (INTI) vergab 2021 Eigentumsurkunden an Bauernfamilien.

„Wir fordern die venezolanische Regierung, den Generalstaatsanwalt und den Obersten Gerichtshof auf, einzugreifen und Antworten für die Hunderte von Campesinos zu geben, die im Rahmen von Landkonflikten kriminalisiert oder getötet wurden“, heisst es in der Erklärung.

Die Basisorganisation fügte hinzu, dass die venezolanischen Behörden die rechtlichen Verfahren zur Vergabe von Landtiteln an ländliche Kollektive beschleunigen müssen, um die Nahrungsmittelproduktion anzukurbeln.

MPA-Sprecher Andrés Alayo erklärte gegenüber Venezuelanalysis, dass die Campesino-Bewegungen in den kommenden Tagen mobilisieren werden, um Fälle bei der Generalstaatsanwaltschaft vorzubringen.

„Wir müssen in dieser Angelegenheit handeln und haben uns an MieterInnenbewegungen gewandt, die ebenfalls mit wachsenden Zwangsräumungen konfrontiert sind“, fügte Alayo hinzu und bezog sich dabei auf jüngste Beschwerden über die Kriminalisierung von MieterInnen.

Rurale Kollektive haben die Erhebung von „Invasions”-Anklagen zur Kriminalisierung lokaler Führer sowie die Straffreiheit bei gezielten Tötungen angeprangert. Sie kritisieren seit langem den Einfluss von Grossgrundbesitzinteressen auf Sicherheits- und Justizbehörden.

Laut dem MPA wurden seit der Verabschiedung des Landgesetzes von 2001 mehr als 350 Campesinos/as ermordet. Das wegweisende Gesetz, das von der Regierung Hugo Chávez verabschiedet wurde, legte Verfahren fest, nach denen ländliche Familien brachliegendes Land für die Produktion beanspruchen können. Landbesitzer und Viehzüchterverbände haben wiederholt gegen das Gesetz protestiert und die Vertreibung der „Eindringlinge” gefordert.

In den letzten Jahren haben venezolanische Landorganisationen die Regierung Maduro ebenfalls aufgefordert, ihre Massnahmen zu ändern, die ihnen zufolge die Agrarindustrie begünstigen, darunter die Erhöhung der Kraftstoffpreise, die Preisderegulierung bei Agrarprodukten und   die Privatisierung staatlicher Unternehmen.

Campesinos im Bundesstaat Barinas festgenommen

Die Festnahme von Rangel erfolgte nur wenige Tage nach einem Vorfall im Zusammenhang mit einem Landkampf, bei dem 28 Campesinos im Bundesstaat Barinas festgenommen wurden.

Das Investigativportal La Tabla berichtete, dass am 12. Juni eine Gruppe bewaffneter Männer das Landgut La Rubiera in der Gemeinde Pedraza , kam, 28 Personen mit Waffengewalt festnahm und sie später der Nationalgarde übergab. Die Gruppe, zu der auch eine Minderjährige gehörte, wurde wegen Hausfriedensbruchs, Viehdiebstahls und Aufstachelung zum Hass angeklagt. Sie befinden sich weiterhin in Haft.

Laut lokalen Aktivisten kämpft der Bauernrat Bolívar y Zamora 2021, dem rund 70 Familien angehören, seit fast fünf Jahren dafür, die brachliegenden Flächen zu bewirtschaften, und fordert das Landinstitut auf, ihnen gemäss dem Landgesetz Eigentumsurkunden auszustellen.

Sie haben den lokalen Landbesitzer Elpidio García beschuldigt, für die gewaltsame Aktion verantwortlich zu sein und die örtlichen Strafverfolgungsbehörden unterwandert zu haben. Der Konflikt in La Rubiera hat bereits zu Strafanzeigen gegen BasisaktivistInnen und Räumungsversuchen geführt. Derzeit laufen mehrere Gerichtsverfahren.

* venezualanlysis.com, 23.6.25: Campesino Movements Demand Venezuelan Gov’t Step In to Protect Activists from ‘Criminalization’ Attacks