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Honduras: Wahlen - dunkle Schatten oder Durchbruch
(zas, 30.11.25) Trump teilte mit, welcher Kandidat bei der honduranischen Präsidentschaftswahl von heute, wo es auch um Parlament und kommunale Regierungen geht, zu wählen sei. Eine Missachtung der Anweisung werde unweigerlich «katastrophale Resultate» zeitigen.
Mit Präsidentin Xiomara Castro regiert die linke Partei Libre, die aus dem Widerstand gegen den US-gesteuerten Militärputsch 2009 entstand. Für diese Partei bewirbt sich Rixi Moncada für die Nachfolge von Xiomara, für die beiden Rechtsparteien der Liberalen und der Nationalen kandidieren Salvador Nasralla bzw. Tito Asfura dafür. Die Umfragen, soweit sie überhaupt etwas ernst zu nehmen sind, geben Rixi Moncada einen leichten Vorsprung, wobei oft eine grosse Menge Leute unter «unentschieden» figuriert. (Es gibt keine Stichwahl; die Partei mit den meisten Stimmen kommt an die Regierung.)
Die Strassenmobilisierungen von Libre übertrafen jene der konkurrierenden Parteien deutlich. Allerdings dominieren bei der Stimmabgabe oft andere Momente als jene des persönlichen Engagements auf der Strasse. Nun, Tatsache ist, dass bei Libre-Wahlveranstaltungen etwa in der Wirtschaftsmetropole San Pedro Sula eine Volksfeststimmung herrschte.
Audios vom Wahlbetrug
Ende Oktober aber verschärfte sich die Stimmungslage. Die Generalstaatsanwaltschaft, deren Spitze nicht mehr von den alten reaktionären Seilschaften kontrolliert wird, hatte auszugsweise abgefangene Audiobotschaften veröffentlicht. Darin updateten sich Cossette López, die Vertreterin der Nationalen Partei im dreiköpfigen, mit der Wahlorganisation beauftragten Wahlrat CNE, der Fraktionschef ihrer Partei, Tomás Zambrano, und ein öffentlich nicht identifizierter hoher Militär zu ihren Schritten für einen Wahlbetrug. Manipulierte Auszählungen sollen den liberalen Kandidaten Nasralla am Wahlabend zum Sieger erklären und für «Chaos» sorgen.
Wichtige Elemente in diesem Vorhaben sind etwa die satellitenbasierten Verbindungen, die der Schnellauszählung der Stimmen und der biometrischen (!) Identitätsbestätigung der Wählenden dienen sollen. Cossette López: «Am meisten interessiert uns das Thema der Verbindungen». Es sollen etwa Wahlakten vor allem aus Gegenden mit guter Satellitenanbindung und rechten Mehrheiten berücksichtigt werden. Tatsache ist, dass ein Probelauf für diese rechtlich nicht bindende Schnellauszählung – die definitive Auszählung erfolgt später auf der Basis aller Akten – vom 9. November ihr miserables Funktionieren aufdeckte: Die Angaben sind widersprüchlich, aber maximal die Hälfte der Wahlresultatsakten konnte übertragen werden, und deutlich weniger noch beim Abgleich des Fingerabdrucks. Mit der Schnellauszählung werde, so López, Nasralla als künftiger Präsident positioniert. Gleichzeitig sollen «spontane» Proteste der Basis der Rechten die Regierung des Wahlbetrugs bezichtigen, da sie, gesetzestreu, nur die entscheidende Schlussauszählung auf der Basis aller Wahlakten anerkennen will. Die «Zivilgesellschaft» und eingespannte internationale Beobachtungmissionen sollen am Abend angesichts des «Chaos» eine Wahlwiederholung fordern.
In den Audios erwähnen López und ihr Fraktionschef erfolgreich angeheuerte Transportunternehmen oder die massive Neuanstellung von ausgesuchten AktivistInnen der Nationalen Partei in Organisationen wie die CONADEH (eine US-finanzierte «Antikorruptions»-NGO, Stimme der «Zivilgesellschaft»). López: «Die Idee ist, mindestens den Transport zu kontrollieren» - gemeint: der Transport von Wahlutensilien in die Wahllokale und der Wahlakten zum Wahlrat. Und weiter: «Die Militärs stehen auf unserer Seite. Sie gingen nie mit ihnen [Libre] mit, und beim Transport werde ich sicherstellen», dass ihn die «Richtigen» übernehmen.
Mehrmals erwähnt López, dass wegen Abhörgefahr auch in diesem Infoaustausch nicht alles gesagt werden könne. Aber doch dieses: «Lasst uns die Instrumente nutzen, die uns die Leute der [US-] Botschaft und die internationalen Organisationen gegeben haben, um das, was die [Linken] machen, zu denunzieren.» Sie spricht auch davon, dass am Wahlabend «die Mehrheit der Organisationen sagen, ein Wahlbetrug liege vor, und die Idee ist, dass die USA unterstützen und die Wahlen (…) als gefälscht bezeichnen».
Reaktion der Rechten auf die Audios: Alle mit KI gefälscht. Eine von der Regierung angeordnete forensische Untersuchung der Audios durch das anscheinend reputierte kolumbianische Unternehmen Private Investigation Technology entkräftet diese Propaganda. Danach schwieg die Rechte zum Inhalt und bezeichnete dafür eine eingeleitete strafrechtliche Untersuchung als Bedrohung ihrer Wahlfreiheit.
A propos «Internationale Organisationen»
Ein Wort noch zu den von López erwähnten Internationalen Beoachtungsorganisationen. Im Land sind das vor allem jene der EU (mit denkbar schlechter Geschichte in Sachen Whitewashing des Putsches 2017 im Land) und der OAS (Organisation der Amerikanischen Staaten). Jene der OAS wird geleitet von Eladio Loizaga. Er war paraguayischer Aussenminister in der ultrareaktionären Regierung von Horacio Cartes. Loizaga besitzt viel Agrareform-Land, das er sich in der Zeit der Stroessner-Diktatur widerrechtlich angeeignet hatte. Er war zudem in die Operation Condor involviert[1]. Dazu passt seine Rolle als Landeskader der mit Condor vergleichbaren World Anti Communist League, einer ursprünglich US-taiwanesischen Organisation. Sie war erst auf Asien fokussiert und griff dann auf andere Kontinente über. IIhre US-Abteilung spielte in den 80-er Jahren eine blutige Rolle in Zentralamerika. Seit dem Ende des Kalten Kriegs ist von ihr nicht mehr viel die Rede, auch wenn sie als World League for Freedom and Democracy offenbar weiterexistiert.[2]
Als die beschriebenen Audios öffentlich gemacht wurde, «warnte» Washington vor Wahlbetrug durch Libre. Trump schickte erst den OAS-Generalsekretär vor, dann drohte US-Vizeaussenminister Christopher Landau am 12. November eine «schnelle und entschlossene» Antwort auf einen Wahlbetrug an. Loizaga ist jetzt diplomatischer Teil einer neuen Ultra-Internationalen.
Partido Nacional
So weit, so ungut. Würde die Rechte geeint antreten, wäre es wohl sehr schwierig für Libre, zu siegen. Die Liberalen scheinen die Nationalen stimmenmässig abgehängt zu haben. Dafür hat der Partido Nacional klar die bessere Organisationsstruktur. Die Partei ist wegen ihrer Wahlbetrüge von 2013 und 2017, damals brutal durchgesetzt, offenbar in einem Popularitätstief. Der Hauptprofiteur war der Präsident, Juan Orlando Hernández oder JOH, der nach dem Sieg von Libre an die USA ausgeliefert und dort 2024 zu 45 Jahren Knast verurteilt wurde. Damals begründete dies der zuständige US-Bundesstaatsanwalt Damian Williams so: Hernández «stand im Zentrum einer der weltweit grössten und gewalttätigsten Verschwörungen zum Drogenhandel». In Honduras hat JOH den Drogentransporten insbesondere des Sinaloa-Kartells freies Geleit verschafft und dafür zum Beispiel von dessen Boss, Chapo Guzmán, $ 100 Millionen erhalten. All das keine tolle Wahlempfehlung.
Double bind als Herrschaftsmittel
Das sieht man im Weissen Haus anders. Am 26. November rief Trump die honduranische Bevölkerung dazu auf, Asfura zu wählen: «Der einzige wahre Freund der Freiheit in Honduras ist Tito Afura. Tito und ich können zusammenarbeiten, um die Narcokommunisten zu bekämpfen.»
Das konsternierte die Rechte. Denn die Absprache zwischen den beiden Rechtsparteien ging implizit von einer Liberalen Partei aus, die als einzige Chancen habe, notfalls auch mit der erwähnten «Nachhilfe», Libre zu schlagen. Nur schon, dass sich relevante Mengen Liberaler in Rekordzeit auf Partido Nacional umpolen lassen, ist kaum vorstellbar. (Fast sieht es danach aus, dass man sich in Honduras nicht genügend mit dem Boss verständigt hat.)
Das Weisse Haus legte noch zu. Am 28. November verkündete Trump auf seiner Online-Plattform: «Wenn Tito Asfura die Präsidentschaft in Honduras gewinnt, weil die USA so viel Vertrauen in ihn haben, werden wir [ihn] fest unterstützen. Gewinn er nicht, werden die USA schlechtem Geld kein gutes nachwerfen, denn ein falscher Leader kann einem Land nur katastrophale Resultate bescheren (...) Überdies werde ich den früheren Präsidenten Juan Orlando Hernández voll und komplett begnadigen. Denn er war laut vielen Leuten, die ich sehr schätze, sehr hart und unfair behandelt worden. Das darf nicht vorkommen, erst recht nicht jetzt, wenn Tito Asfura die Wahlen gewinnt. Wählt Tito Asfura zum Präsidenten. Make Honduras great again!»
Die Begnadigung von JOH, einer nicht nur in Libre-Kreisen verhassten Figur, stösst auch in den USA auf Ablehnung. Manchmal aus Sorge, das könne konterproduktiv sein. New York Times fasst die Bedenken eines ehemaligen Chefs für internationalen Operationen der US-Drogenbehörde DEA so zusammen: die Begnadigung «gefährdet den internationalen Ruf der USA und ihrer Untersuchungen von Drogenhandel».
Von solcherlei Bedenken lässt sich die Clique im Weissen Haus nicht beirren. Keine 24 Stunden nach der Begnadigungsankündigung deklarierte ein Präsident im Weissen Haus in einem Post an «alle Luftfahrtgesellschaften, Piloten., Drogenhändler und Menschenhändler» den venezolanischen Luftraum für «Closed in ist entirety». Mit anderen Worten: Wer von/nach Venezuela fliegt, riskiert das LebenDie Einzelbotschaften mögen grotesk widersprüchlich sein – der Drogenbaron kommt frei, der Unbeteiligte wird bombardiert. Das alte Prinzip double-bind als Herrschaftsmittel. Das Diktat der brutalen Machtausübung soll verinnerlicht werden.
Angst oder «Yanqui go home”?
Möglich, dass viele HonduranerInnen aus Angst – siehe die extreme Massierung von US-Streitkräften in der karibischen Nachbarschaft – Trump gehorchen. Aber Compas von Libre meinen, dass es im Gegenteil zu einer patriotischen Aufwallung im Land kommen könne, im Stil ein wenig von Yanqui go home. Die nächsten Tage werden wahrscheinlich sehr turbulent werden. Die Rechte wird ihren Sieg verkünden, Libre wird eine eventuelle Niederlage schlucken.
[1] Unter Aufsicht der CIA wüteten die Geheimdienste der lateinamerikanischen Diktaturen der 70-er und 80-er Jahre gemeinsam gegen die Oppositionellen.
[2] WACL: Ursprünglich eine US-kontrollierte taiwanesische Organisation. Erst auf Asien fokussiert, danach Expansion in andere Kontinente. Der US-Arm spielte spielte in den 80-er Jahren eine blutige Rolle in Zentralamerika. Nach dem Kalten Kriegs unbenannt in World League for Freedom and Democracy ; existiert offenbar weiter.
