31.01.2010
Kolumbien: Bis zu 2000 Leichen in Massengrab
Menschenrechtsorganisationen und Anwohner befürchten zahlreiche Zivilisten unter den Opfern. Armee hatte Tote verscharrt
Von Harald Neuber
amerika21.de
Soldaten und Leichen: Die Mordrate an Zivilisten hat in Kolumbien massiv zugenommen
Bogotá. In Kolumbien ist mutmaßlich das größte Massengrab in der Geschichte Lateinamerikas entdeckt worden. Bis zu 2000 Leichen sollen in den vergangenen fünf Jahren in dem Gebiet La Macarena, rund 200 Kilometer südlich der Hauptstadt Bogotá, von Militärs verscharrt worden sein. Anwohner und Menschenrechtsorganisationen befürchten nun, dass es sich bei zahlreichen Opfern um unschuldige Zivilisten handelt. Die kolumbianische Armee kämpft in dem Gebiet mit gut 21.000 Soldaten gegen die linksgerichtete Guerillaorganisation FARC. In La Macarena sind nach Berichten lateinamerikanischer Medien seither immer wieder Jugendliche und Aktivisten sozialer Organisationen verschwunden.
Nach Angaben der Armee finden sich in dem Massengrab lediglich Leichen von Guerilla-Kämpfer, die im Kampf gefallen sind. Doch an dieser Darstellung gibt es erhebliche Zweifel: "Die Anwohner sagten uns, dass immer wieder Landarbeiter, Gewerkschafter und Mitglieder sozialer Organisationen verschwunden sind", so der Jurist Jairo Ramírez in Presseinterviews. Ramírez hatte das Massengrab im Dezember entdeckt, als er das Gebiet mit einer Gruppe britischer Parlamentarier besuchte. Vertreter der Armee hätten der Delegation gegenüber Kenntnisse über verschwundene Zivilisten geleugnet.
In Kolumbien gibt es nach Ramírez Angaben schätzungsweise 3500 Massengräber, 52.000 Menschen seien verschwunden. Der Fund in La Macarena sei dennoch einzigartig: In der Regel würden 15 bis 20 Leichen gefunden, nicht aber tausende. In dem Gebiet zwischen einer Militärbasis und einem Flughafen wurden so viele Tote verscharrt, dass nach Angaben des Bürgermeisters Elicier Vargas das Grundwasser verseucht ist.
Der US-Senator Sherrod Brown hatte bereits Mitte 2008 darauf verwiesen, dass nach einem Bericht von Menschenrechtsorganisationen zwischen den Jahren 2002 und 2007 knapp 1000 ermordete Zivilisten als Guerilleros in die Statistiken eingegangen sind. Menschenrechtsorganisationen führen dafür zwei Gründe an. Zum einen verlangten die USA Resultate im Kampf gegen die linksgerichtete FARC. Zum anderen bekommen Soldaten in Kolumbien von der Regierung Kopfgelder für getötete Rebellen. Die Zahl der von der Armee ermordeten Zivilisten habe deswegen enorm zugenommen. Nach Ramírez Angaben stammen viele Leichen in dem jüngst entdeckten Grab aus dem vergangenen Jahr.