Honduras: Morde an Schwulen und Linken

Sonntag, 13. Mai 2012


Neuer Mord an der Nordküste
Dick und Miriam Emanuelsson

(Tegucigalpa, 8.5.12) Am Samstag haben sie Erick Ramírez beerdigt, den Linksaktivisten, Kandidat für die FÜR [Strömung innerhalb der neuen Wahlparteiallianz Libre; die FPR vertritt darin direkt die Volkswiderstandsfront FNRP] und Anführer der LGTBI-Community (Lesbian, Gay, Trans-, Bi-, Intersexual]. Vor wenigen Minuten ermordeten sie einen anderen Anführer der honduranischen Linken und Mitglied von Libre, Edilberto Zolano, Generalsekretär des Partido Socialista Morazánico PSM.
„Wir sind konsterniert und fordern Gerechtigkeit“, sagte Eliodoro Briones Barahona, Organisationsverantwortlicher des PSM, als wir ihn anriefen, um den Mord zu verifizieren. „Zwei Individuen auf einem Motorrad gaben mehrere Schüsse ab und flüchteten sogleich. Er hatte selbst das Barrio in Choloma Sur [im nördlichen Department Cortés] gegründet, das seinen Namen trägt.“
Edilberto Zolano

Und heute wurde Erick Ramírez, 32, beerdigt. Seine Community hatte ihn als Parlamentskandidaten für Libre, den politischen Arm des Widerstandes, für die parteiinternen Wahlen kommenden November und die Parlamentswahlen im November nächsten Jahres aufgestellt. Er war Kommunist, Mitglied der Organisación Política de las Necias / de los Necios. Eine gewaltige Kombination, die in einem Staat wie Honduras sehr viel Mut braucht, umso mehr, als dass der Putschismus seit Juni 2009 intakt ist.
Erick Ramírez

Der Genosse wurde angeblich letzten Samstag erwürgt. Sein Körper wurde am Rand einer Ausfallstrasse der Hauptstadt gefunden. Der Mord hat das ganze Land aufgewühlt.
Dies ist der Beginn eines neuen schmutzigen Krieges im zentralamerikanischen Land, der sich gegen die Linken des FNPR und im Libre richtet, wie mehrere AktivistInnen meinten. Die FPR – Fuerza  de Refundación Popular – ist eine der fünf Strömungen in der Libre-Partei.
„Ich sagte meinen Genossen, lass uns raten, wen als nächster das Los trifft, Erick zu folgen“. Donny Reyes macht uns diesen Kommentar mit trauernder Ironie und Resignation. Er ist Koordinator der Asociación LGTBI Arco Iris [Regenborgen]. Er sieht müde aus, ermattet vom Stress und der Unsicherheit, ob der Tod ihn oder einen seiner Genossen an der nächsten Ecke erwartet. Die LGTB-Community hat allein seit Jahresbeginn 14 ihrer GenossInnen begraben.
Sie sind sich der Drohungen bewusst, die ihnen auf Schritt und Tritt folgen. Trotzdem war Erick Martínez, erzählt Donny Reyes, sehr optimistisch und besorgte die Pressearbeit für den 17. Mai, den Tag gegen Homophobie und Transphobie.
„Frustriert, mit Schmerzen und empört, denn es gibt keine Möglichkeit auszudrücken, was man empfindet. Wir haben sehr wenig Energie, aber wir begleiten Erick heute zu seinem letzten Abschied“.
Abschied von Erick

Der Bruder und Freund fügt an:
„Wir sind erschöpft, und ich glaube, das ist das Ziel dieser Regierung, uns zu erschöpfen und zu desartikulieren. Das kommt jeden Tag näher an uns heran. Es ist nicht mehr die gewöhnliche Compañera, der gewöhnliche Compañero im Viertel, sondern es rückt immer näher an unseren Kreis“.
Er sagt, Honduras müsse sich ändern und neu gründen. Er setzt seine Hoffnung auf die Resistencia und die Libre-Partei,  denn ein auf der Bewegung der honduranischen Massen basierender Volkssieg kann nicht nur die Verfassung ändern und seiner Comunidad zu mehr Rechten verhelfen, sondern auch die Mentalität der Menschen in Honduras verändern.

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(zas, 13.5.12) Erick Ramírez war auch Journalist gewesen. Er ist nun einer der 24 Medienarbeitenden, die seit dem Amtsantritt der Regierung Lobo am 27. Januar 2010 in Honduras ermordet worden sind.
Die Organisation der Necios/as (OPLN) berichtete am 11.5.12, dass seit dem Mord an Erick Ramírez vom 7. Mai 2012 eine weitere Kandidatin dieser Organisation für die Strömung FPR in der Partei Libre telefonisch und per SMS bedroht wird. Fanny Gevawer sagt: „Ich erhalte stark politisch und ideologisch geprägte Beleidigungen, mit denen ich angegriffen werde, weil ich für Rechte eintrete wie das auf sexuelle Diversität, die therapeutische Abtreibung, die Pille danach oder den Kampf der Frauen in diesem Land“.
Fanny Gevawer
 Die OPLN schrieb weiter, dass in ihrem Mai-Bulletin Fotos ihrer vier Libre-KandidatInnen abgedruckt worden sind. „Die vier Fotos“, schrieb OPLN, „sind von Erick Martínez, Fanny Gevawer, Mario Zepeda und Ana Rivera. Es fällt auf, dass Erick Martínez am 7. Mai ermordet wurde, und die Person, die seither bedroht wird, ist das die zweite der Abgebildeten, Fanny Gevawer. Das sorgt für grosse Beunruhigung im Menschenrechtskomitee Cofadeh, an das Fanny Gevawer gelangte“.